Durch Verordnung der amerikanischen
Militärregierung, Militärgesetz Nr. 23, wird den Sportvereinen unter
gewissen Voraussetzungen eine Neugründung erlaubt. Hiervon möchte der
ehemalige Vorstand des RRK Gebrauch machen.
Am 8. April 1946 findet daher durch Einladung
des ehemaligen RRK-Vorstandes im "Stadtcafe"
eine Gründungsversammlung statt, die von 109 ehemaligen
Mitgliedern besucht ist. Die Versammlung beschließt
einstimmig die Neugründung des Rüsselsheimer
Ruder-Klubs 08.
An dieser Stelle sei denen gedacht, die von den RRK-Mitgliedern
aus dem Krieg als Gefallene oder
Vermisste nicht zurückkehren:
Willi Adam,
Heinrich Alt, Fritz Bangert, Heinrich Berner, Franz Bossong, Adam
Breidert, Georg Böhm, Hermann Brepohl,
Rudolf Dorge, Hermann Fischer, Oskar Fischer, Rudolf
Fritz jr., Erich Fröhlich, Walter Gesser, Reinhold Gröber,
Herbert Guckes, Robert Hartmann, Otto Hauck, Otto
Herrlich, Hans Hill, Karl Hill, Heinrich Hohenstein,
Peter Horle, Heinz Hummel, Karl Hungsberg, Ludwig Jordan,
Georg Jung, Wilhelm Kammerer, Konstanze Kerkmann, Heini
Klein, Rudolf Kraft, Paul Krier, Willi Messerschmidt,
Fritz Metzger, Ernst Müller, Carl Niemeier, Franz Pfeffinger, Richard Pfeifer, Rudolf Piotrowski, Wilhelm
Reinheimer, Hermann Röth, Karl Steinmann, Dieter Stroh,
Georg Treusch, Friedrich Wagner, Richard Wagner |
Als Vorstand des neu
gegründeten Rüsselsheimer Ruder-Klubs 08 werden gewählt:
1. Vorsitzender |
Joseph Grass |
2. Vorsitzender |
Karl Müller |
1. Schriftführer |
Hans Knoll |
2. Schriftführer |
Edgar Klein |
1. Kassierer |
Richard Trapp |
2. Kassierer |
Wilhelm Nold |
Sportwart |
Karl Saar |
Jugendleiter |
Philipp Wagner, Wilhelm Nold |
Haus- und Bootswart |
Karl Etter, Fritz Schadt |
Beisitzer |
Oscar Schlieben, Ludwig Hill, Peter Eberle |
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass
Mitglieder, welche der NSDAP angehörten, ein Amt
innerhalb des Vorstands nicht bekleiden dürfen. Von den
verantwortlichen Vorstandsmitgliedern müssen laut
Anordnung der Militärregierung besondere Personalbogen
ausgefüllt und von der Bürgermeisterei dem Landratsamt
zur Genehmigung vorgelegt werden. Ebenso wird eine
Mitgliederliste, die Satzungen, ein Tätigkeitsbericht ab
der Vereinsgründung 1908 bis 1945 und ein Plan über die
Tätigkeit im Jugendsport innerhalb des Vereins verlangt.
Am 2. Juli 1946 schreibt das Landratsamt Groß-Gerau an die Bürgermeister
des Kreises, dass die Militärregierung für Groß-Hessen von dem
Kreis-Sport-, Kultur- und Jugendausschuss jeden Monat einen Bericht über
die Arbeit der bestehenden Jugendgruppen verlangt. Diese Berichte hat
auch der RRK für Rudern und Hockey an den örtlichen Sport- und
Kulturausschuss abzugeben. Die Berichte müssen folgende Punkte enthalten:
1. Name der Jugendgruppe, 2. Art der Tätigkeit, 3. Anzahl der
Teilnehmer, 4. Beschreibung der wichtigsten Ereignisse, 5. Art der
Unterstützung durch die US-Streitkräfte und 6. Hauptprobleme.
In den beiden ersten Berichten des RRK für Rudern und Hockey am 9. Juli
1946 werden unter Nr. 6 folgende Hauptprobleme beschrieben:
Rudern
Unsere Jugend befindet sich in
entgegenkommenderweise des Flörsheimer Ruder-Vereins an einem
Wochenabend und einem Sonntagmorgen in den Flörsheimer Booten,
um auszurudern.
Da unser Bootshaus durch amerikanische Besatzungstruppen z. Zt.
belegt ist, ist eine emsige Durchführung der Ruder-Ausbildung z.
Zt. beschränkt, da Flörsheim nur über zwei Schulboote verfügt.
In dem Rüsselsheimer Bootshaus ist im Keller ein Ruderbecken
eingerichtet, in dem seither unsere Ruderer ihre Ausbildung
erhielten. Es wäre zu begrüßen, wenn durch den örtlichen Sport-
und Kulturausschuss daraufhin gearbeitet würde, dass uns unsere
Bootshalle und unser Ruderbecken im Bootshaus für die Ausbildung
wieder zur Verfügung gestellt würde. Da am morgigen Tage die
amerikanischen Besatzungstruppen das Bootshaus verlassen, wäre
dies vielleicht die gegebene Zeit, die dauernde Freigabe zu
erwirken.
Ende Juli und Anfang August finden die ersten Ruderwettkämpfe in
Frankfurt/M. und Offenbach/M. statt. Wir werden uns
voraussichtlich mit unserer Jugend beteiligen. |
Hockey
Das Hauptproblem des Hockeysports dient dazu, den
sportlichen Werdegang, Gesundheit und Wohl der Jugend zu
erhalten und zu fördern, um unserem Volke eine neue Lebensbasis
zu schaffen.
Die Jugendmannschaft des RRK hat durch Austragung von
Freundschaftsspielen gegen Frankfurter Vereine sowie gegen
Hanau, Limburg und Wiesbaden im Berichtsmonat schöne Erfolge
erzielt. Dagegen treten bei der Schüler- und 2. Damenmannschaft
Schwierigkeiten infolge von Schläger- und Ballmangel auf, worauf
zu schließen ist, dass vorgenannte Mannschaften sich noch nicht
an einem Wettspiel beteiligen konnten.
Als zweites Problem wären die Fahrt- und Reisemöglichkeiten
anzuschneiden. Es wäre zu erwünschen, da die Vereine des
Hockeysports gegenüber Fuß- und Handballvereinen weiter
auseinander liegen (Frankfurt, Limburg, Bad Kreuznach, Fulda,
Heidelberg, München, Stuttgart), den Straßenverkehr an Sonn- und
Feiertagen für sportliche Zwecke freizugeben.
Vom Fachverband für Hockey in Frankfurt/M. ist bis zum Beginn
der neuen Spielsaison 1946/47 Spielsperre bis 1. September 1946
eingetreten. |
Die das RRK-Bootshaus seit November 1945 nutzende Einheit
der US-Streitkräfte räumt am 8. Juli 1946 das Haus. In der ersten Zeit
nutzte die US Army das Bootshaus als Soldatenheim, später als Tanzlokal,
die ausgebrannte Bootshalle, die ein neues Dach erhalten hatte, diente
als Unterstand für zwei Reitpferde und das nötige Futter. Die Räumung
veranlasst den Vorstand des RRK, Ende Juli einen Brief an die
Militärregierung schreiben und um Freigabe zu bitten.
Mit Schreiben vom 15. August 1946 teilt das Landratsamt Groß-Gerau
mit, dass die Ausübung der Sportarten Rudern,
Kanu und Hockey innerhalb des
RRK wieder erlaubt ist. Das Abhalten von außergewöhnlichen Versammlungen
(Mitgliederversammlungen usw.) bedarf weiterhin einer besonderen
Genehmigung.
Zum 31. August 1946 hat der RRK 248 Mitglieder, davon 190 Erwachsene
(140 Rudern, 50 Hockey) und 58 Jugendliche (32 Rudern, 26 Hockey).
Vereinslokal der Ruderer ist das Gasthaus "Weißer Hirsch" an der
Schillereiche und der Hockeyspieler das Gasthaus "Zur Ludwigshöhe" (Schaab Louis).
Der
RRK gewinnt die Meisterschaft von Hessen 1946 im Feldhockey
(hinten: Karl Heuß, Josef Schnur, Lutz Peters, Karl Saar, Hans
Eisen, Wilhelm Blöcher, Heinz Bopp, Werner Klepper; vorn:
Wilhelm Nold, Willi Filtzinger, Walter Muchow) |
Der RRK ist damit in dieser schweren Zeit ein Ruderverein ohne Boote und
ohne Bootshaus. Die wenigen verbliebenen Aktiven absolvieren als Gäste
beim Flörsheimer Ruderverein und bei Nassovia Höchst ein
gelegentliches Training. Die Frauen und die Jugendlichen trainieren
unter Philipp Wagner, die Aktiven unter Fritz Brumme.
Es werden am 11. August die Regatta in Offenbach-Bürgel (1
Sieg), am 25. August die Regatta in Flörsheim (3 Siege) und am 8./9.
September die Regatta in Frankfurt (3 Siege) besucht mit
unterschiedlichen Erfolgen. Erfolgreichste Mannschaft ist der leichte
Vierer der Rgm.
RRK/FRV mit fünf Rennsiegen in der Besetzung Georg
Hofmann (FRV), Edgar Thielmann (RRK), Philipp Roth (RRK), Peter
Messerschmitt (FRV) und Stm. Hanswalter Messer (FRV).
Dann steht die sportlich wertvollste Prüfung des Jahres an, die Länder-Vergleichskämpfe
am 22. September 1946 in Frankfurt, zu der die Rudervereine von Lübeck
bis Mannheim ihre besten Ruderer entsenden. Einige Tage vorher müssen
sich die Mannschaften aus Großhessen qualifizieren, dabei auch der
leichte Vierer der Rgm.
RRK/FRV, der nun mit Gerhard Ruppert (FRV) für Georg Hofmann an den
Start geht. Und auch in dieser Besetzung gelingt ein Sieg, womit die
Startberechtigung für die Länder-Vergleichskämpfe verbunden ist.
Im Mittelpunkt der Regatta auf der traditionellen Gerbermühlstrecke in
Frankfurt stehen die acht Vergleichskämpfe, von denen die Vertreter des
großhessischen Rudersports, bei dem die Aufbauarbeit am weitesten
fortgeschritten erscheint, vier, Baden zwei, Nordrhein und Westfalen je
einen gewinnen. Das Rennen des Tages ist der Vergleichskampf im Achter,
den Nassovia Höchst in überzeugendem Stil vor Amicitia Mannheim und der
Rgm. Hannover nach Hause fährt. Weitere Erfolge für Hessen erkämpfen der
wiederholt erfolgreiche Flörsheimer RV im Vierer-ohne, der noch einen
zweiten Platz im Vierer-mit hinter Amicitia Mannheim belegt, die
Frauen des Frankfurter RV 1865 im Doppelvierer und auch der
Renngem.-Vierer RRK/FRV im "Leichtgewichts-Vierer mit Stm."
in der Besetzung Gerhard Ruppert (FRV), Edgar Thielmann (RRK), Philipp Roth (RRK), Peter
Messerschmitt (FRV) und Stm. Hanswalter Messer (FRV), der sein
Rennen sicher vor Germania Homberg und dem Kölner RV 1877 gewinnt. Dieser Sieg
kommt
einem Meisterschaftssieg nahe, da ein Deutsches
Meisterschaftsrudern noch nicht stattfindet.
Insgesamt erringt
der RRK 1946 somit 9 Rennsiege. Erfolgreichste Ruderer des
RRK im Jahr 1946 sind die Ruderer Edgar Thielmann und Philipp
Roth mit je sieben Regattasiegen.
Jetzt macht es sich bezahlt, dass im RRK in jahrelanger
Entwicklung eine Hockeyabteilung
gewachsen ist, die unabhängig von wertvollem
Sportmaterial den Verein mit geselligem und sportlichem
Leben erfüllen und über diese schweren Jahre
hinwegbringen kann.
Verstärkt durch zurückgekehrte Wehrmachtsangehörige
entwickelt sich bald ein flotter Hockey-Sportbetrieb. Neben einer 1. und
2. Herrenmannschaft spielen auch zwei Damenmannschaften, eine Jugend-
und eine Schülermannschaft.
Die
Herrenmannschaft kann an den Gau-Verbandsspielen
1945/46, deklariert als Frankfurter Stadtmeisterschaft, teilnehmen, da
der 33-jährige Karl Saar, Besitzer eines metallverarbeitenden Betriebes
in Rüsselsheim, eine Mannschaft "zusammentrommeln" kann, die zur Hälfte
bei ihm selbst, zur Hälfte bei der Adam Opel AG beschäftigt ist.
Mitkonkurrenten sind der TSV 1857 Sachsenhausen, der SC 1880, der TV
1868 Frankfurt, Rot-Weiß Frankfurt, die Eintracht, der SC
Forsthausstraße und der THC Höchst. Am Ende der Runde, anfangs Juni 1946
hat es der Rüsselsheimer Ruder-Klub geschafft. Der Hockeymeister von
Frankfurt und inoffizielle Landesmeister von Groß-Hessen heißt
RRK. Zum ersten Mal ist die Meisterwürde nicht nach Frankfurt gefallen.
Der RRK spielt mit der Mannschaft Willi Filtzinger, Wilhelm
"Willi" Nold, Walter Muchow, Josef "Seppel" Schnur, Lutz Peters, Karl Saar, Hans Eisen,
Karl Heuß, Wilhelm "Helmi" Blöcher, Heinz Bopp und Werner Klepper.
Die Damenmannschaft des RRK belegt in der Spielrunde
1945/46 unter neun Mannschaften den sechsten Platz. Die
Leitung der Hockeyabteilung liegt in den Händen von Karl
Saar.
Die Damen und Herren des
RRK auf ihrer Hockeyreise nach Süddeutschland im November 1946, hier
in München vor ihrem "Bunker-Hotel"
(links: Werner Klepper, Pauline Hill, Ludwig Kraft, ..., Charlotte Krebs,
Karl-Heinz Engert, Maria Herdt,
Hans Richter; rechts: Luise Höflich, Irene Traiser, Friedel Harth, Eleonore Trommer, ..., Annemie
Hummel, Irma Bambach, Hans Eisen, ..., Käthe Sieben, Wilhelm
Blöcher, Walter Muchow) |
Im November reisen die Hockeyspieler mit einer Damen- und
einer Herrenmannschaft nach Süddeutschland und tragen
Spiele in Nürnberg, München und Stuttgart aus. Die Herrenmannschaft des RRK mit Hans Poschmann im Tor, mit Walter Muchow und Wilhelm
Blöcher in der Verteidigung, mit Werner Klepper, Hans Eisen und Ludwig
Kraft in der Läuferreihe sowie mit Karl Heuß, Lutz Peters, Ludwig
Körber, Karl Saar und Josef Schnur im Sturm spielt gegen den Nürnberger
HTC 1:1, Rot-Weiß München 1:1, Münchner SC 1:1 und verliert gegen RSG
Stuttgart 1:0. Dagegen müssen die RRK-Damen vier Niederlagen hinnehmen,
gegen NTHC 3:1, gegen RWM 3:0, gegen MSC 3:1 und gegen RSGS 6:0. Die
Mannschaft spielt im Tor mit ... Jung, in der Verteidigung mit Pauline Hill
und Irma Bambach, im Lauf mit Luise Höflich, Lucie Moser und Maria Herdt
sowie im Sturm mit Käthe Sieben, Hedwig Traiser, Charlotte Krebs, Anni
Diehl und Annemie Hummel.
Nach Abschluss der Vorrunde der Punkspiele 1946/47 liegt die
Herrenmannschaft im Dezember hinter Altmeister Sachsenhausen 1857 und
Eintracht Frankfurt auf dem dritten Platz.
Da das Bootshaus noch von der Besatzungsmacht
beschlagnahmt ist, wird Ende des Jahres das Gasthaus "Zum Löwen"
als Vereinslokal gewählt. Anlässlich einer Siegesfeier am
zweiten Weihnachtstag in diesem Gasthaus werden die RRK-Ruderer Edgar
Thielmann und Philipp Roth sowie ihre Flörsheimer Bootskameraden mit der
RRK-Klubnadel geehrt, Trainer Fritz Brumme wird mit der Silbernen
Verdienstnadel des RRK ausgezeichnet und auch die
Hockey-Meistermannschaft mit Karl Heuß, Josef Schnur,
Lutz Peters, Karl Saar, Hans Eisen, Wilhelm Blöcher,
Heinz Bopp, Werner Klepper, Wilhelm Nold, Willi Filtzinger
und Walter Muchow erhält die Silberne Verdienstnadel
des RRK. In seiner Laudatio stellt RRK-Vorsitzender Joseph
Grass die einzelnen Spieler durch "Presseaussagen" vor:
"Auf
der Lauer liegt der klug spielende "Helmi" Blöcher ... Der
Vollstrecker Karl Heuß ... Es ist eine Freude den technisch
gut spielenden Walter Muchow zu sehen ... Es ist alle Ehre
wert, eine ganze Halbzeit den mächtigen Angriffen des
württembergischen Meisters durch den Torwart Willi Filtzinger,
den stocksicheren "Willi" Nold und "Helmi" Blöcher
standzuhalten ... Der jugendliche Werner Klepper liefert
ein brauchbares Läuferspiel, auch Heinz Bopp zeigt gute
Fortschritte, so dass Hans Eisen im Mittellauf gute
Unterstützung in seinen entwicklungsfähigen Nebenleuten hat ...
Der Flinke, stabile Josef Schnur ... Karl Saar nahm
blitzschnell eine Vorlage von Lutz Peters direkt auf und
ehe sich der Frankfurter Tormann versah, war der Scharfschuss auch
schon im Tor ... " |
Gegen Zahlung einer Anerkennungsgebühr an die Stadt Rüsselsheim
wird der Hockeyplatz am Sommerdamm dem
RRK zur Verfügung gestellt.
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