Die Um- und
Ausbauarbeiten am Bootshaus sind Ende des Jahres 1952 zügig
vorangegangen und werden auch 1953 mit Elan fortgeführt. Am 2. Januar
beginnen die Verputzarbeiten im Innern des Hauses, Schlosserarbeiten,
Heizungsanlage, auch Kachelofen folgen, dann ist der Außenputz an der
Reihe. Am 30. April 1953 kann Richtfest im Behelfs-Bootshaus mit
"Rippchen und Kraut" gefeiert werden, zu dem alle Handwerker und Spender
sowie die 15 Mitglieder mit den meisten Arbeitsstunden eingeladen
werden. Die Arbeiten gehen weiter, so dass anfangs Juli die Einweihung
des Bootshauses stattfinden kann.
Bereits im Januar treffen sich die Mitglieder des
RRK zu ihrer Generalversammlung. RRK-Vorsitzender Dr. Karl Renker,
der erneut zum Vorsitzenden gewählt wird, berichtet von dem am Anfang
ganz im Zeichen der olympischen Vorbereitungen der Rudergemeinschaft
stehenden Jahr 1952. Er spricht die nie ganz zu klärende "Pillenaffäre"
bei der Meisterschaftsregatta an sowie auch die zur Zeit in Eigenhilfe
laufenden Umbauarbeiten am wieder freigegebenen Bootshaus. Der zur
Diskussion stehende Gemeinschaftsvertrag zwischen dem Flörsheimer
Ruderverein und dem RRK, der zum 31. Dezember 1952 ausgelaufen ist, wird
in abgeänderter Fassung von der Generalversammlung gutgeheißen. Damit
bleibt der Ruderbetrieb für 1953 noch einmal der
Rudergemeinschaft Flörsheim-Rüsselsheim überlassen.
|
|
Empfang von Ruderern und Offiziellen der Rudergemeinschaft
Flörsheim-Rüsselsheim in Ostende 1953 (1 und 2 - Fritz und
Gretel Brumme, 3 - Heinrich Dreisbach, 4 - Helmut Schwinn, 5 -
Adam Munk, 6 - Erich Kohl, 7 - Carlo von Opel, 8 - Herbert Lock,
9 - Wilfried Seipp, 10 - Georg von Opel, 11 - Rolf Bopp, 12 -
Karl Bauer, 13 - Frl. Meeser, 14 - Werner Gallon, 15 - Albert
Meeser, 16 - Hans Heckmann, 17 - Willi - Schmidt, 18 - Georg
Schneider) |
|
Der Vorstand der
Rudergemeinschaft fasst den Entschluss, von der Ausrichtung der für
den 30. und 31. Mai vorgesehenen Flörsheimer Regatta abzusehen.
Diese Absage kommt überraschend für viele Ruderer und wird bedauert,
war doch die Flörsheimer Regatta in den Jahren 1949 bis 1952 ein sehr
beliebter Regattaplatz für in- und ausländische Rudervereine.
Begründet wird die Absage mit der Erneuerung des RRK-Bootshauses, die
viele Kräfte beansprucht, und auch damit, dass man die bereitstehenden
Mittel 1953 nicht in das "Zuschussunternehmen Regatta" stecken möchte,
sondern anderweitig verwenden möchte.
Zum
Training verpflichtet werden durch Trainer Fritz Brumme in der
Rudergemeinschaft 19 Aktive, 35 Jugendliche
und 3 Steuermänner. Nach einem sieglosen Start im Vierer-mit (Georg von
Opel, Helmut Schwinn, Werner Lock, Willi Schmidt, Stm. Rolf Bopp) und
Zweier-mit (Georg von Opel, Helmut Schwinn, Stm. Carlo von Opel) am
Himmelfahrtstag in Gent auf der 1.500-m-Strecke der 63.
Internationalen Regatta, bei der nach 16-jähriger Unterbrechung
erstmals wieder deutsche Ruderer am Start sind, folgen Mitte Mai erfolgreiche Starts im Achter
und Vierer in Ostende. Der Kohl-Vierer siegt im "Großen Vierer-mit",
der Schmidt-Vierer und der Achter in Sprintrennen. Dann
folgt das Finale des "Großen Achters", zu dem sich die Rudergemeinschaft
durch einen Vorlaufsieg gegen Antwerpen und Brüssel qualifiziert hat. In
einem Fünf-Boote Feld schiebt sich die Rudergemeinschaft mit Wilfried
Seipp, Hans Heckmann, Georg von Opel, Helmut Schwinn, Werner Gallon,
Horst Höhmann, Herbert Lock, Willi Schmidt und Steuermann Rolf Bopp bei 1.200 Metern
am London RC und Antwerpen SC vorbei und ficht mit Antwerpen einen äußerst
verbissenen Endkampf aus. Zwanzig Schläge vor dem Ziel ist Antwerpen
(sechs Helsinki-Kämpfer im Boot und zwei Olympiasieger auf den
Schlagplätzen) einen Meter vor, zehn Schläge weiter der Flörsheim-Rüsselsheimer
Achter – ein kleiner Vorsprung ist gewonnen. Aber dann retten die belgischen
Schlagleute mit ihrer Helsinki-Erfahrung ihre Mannschaft mit
letzter Kraft über die Ziellinie. 6:14,0 min ist die Zeit für Antwerpen,
6:14,2 min die Zeit für den Schmidt-Achter, geschlagen auf den Plätzen der
London RC, CdeR Brüssel und RSN Brüssel.
Bootstransporter der RuGem auf der Fahrt nach Ostende 1953 (Georg von
Opel, Hans Heckmann, der junge Carlo von Opel, Rolf Bopp, Herbert Lock,
Adam Munk)
|
Sieg des Achters der RuGem (links) im Sprintrennen in Ostende 1953 |
Es folgen weitere Siege auf
deutschen Regatten. Auf der Mainzer Regatta holt sich der Kohl-Vierer
den "Ersten Vierer-ohne" und den "Ersten Vierer-mit", der Schmidt-Achter
mit Adam Munk für Georg von Opel an Bord siegt am ersten Tag nach einem
harten Bord-an-Bord-Kampf im Achter gegen Amicitia Mannheim und den RV
Cassel, belegt am zweiten Tag hinter Amicitia jedoch nur den zweiten
Platz, die eine Hälfte des Achters entscheidet den "Zweiten Vierer-mit"
für sich und Tonguç Türsan holt sich den "Leichten Senior-Einer".
Anschließend geht es zur Heidelberger Regatta (2 Siege), zur
Offenbacher
Jugend- (1 Sieg) und zur Mannheimer Regatta (3 Siege), wo sich jedoch
auf der 1.900-m-Strecke der Kohl-Vierer gegen Köln 77 und der Schmidt-Achter gegen Amicitia Mannheim
nicht durchsetzen können. Es stellt sich die Frage, Vierer und Achter
umzubesetzen, um mit dem Achter zum Erfolg in der Spitzenklasse zu
kommen. Doch Meinungsunterschiede in den beiden Lagern − FRV und RRK − verhindern das.
Außerdem kommt es zum Streit zwischen Achter und Trainer Fritz Brumme,
so dass Fritz Brumme nur noch den Kohl-Vierer vom Flörsheimer Bootshaus
aus trainiert, während Gerhard Ruppert das Training des Achters vom
Rüsselsheimer Bootshaus aus leitet.
Neun Siege bei der Gießener Regatta,
darunter drei Siege im "Ersten Achter" und drei Siege im Einer durch
Tonguç Türsan, und ein Sieg in Frankfurt durch
den Kohl-Vierer im "Kaiserpreis", jedoch auch Niederlagen dieses Vierers folgen.
Am Wochenende der Frankfurter Regatta anfangs Juli startet
der Achter der Rudergemeinschaft im "Thames Challenge Cup" der
Henley-Regatta.
Wir zitieren den "Rudersport":
Der
Flörsheim-Rüsselsheimer Achter auf dem Weg von Henley nach
Hause, hier beim Zoll am Kai von Ostende nach Verlassen der
Fähre |
Überhaupt der Thames-Cup. In ihm wird alles
untergebracht was nicht woanders starten darf oder kann. Er
macht in seiner Ausweitung den Engländern Sorgen. Diesmal hatte
er 41 Meldungen erhalten. Aus dem Ausland: Kent-School,
Princeton-Universität und Flörsheim-Rüsselsheim. Dazu Colleges,
Rudervereine, Royal Air Force und eine Jugendmannschaft. Wegen
der großen Zahl der Meldungen waren am Freitag der Vorwoche
durch Vorrennen neun englische Mannschaften ausgeschieden
worden. Blieben immer noch 32 Achtermannschaften in diesem
Rennen.
Zum Abschneiden der Mannschaft von Flörsheim-Rüsselsheim
folgendes: Der Achter der Rudergemeinschaft gewann sein erstes
Rennen gegen King`s College London überlegen. Nur noch in einem
anderen Rennen gab es an diesem Tage wie bei
Flörsheim-Rüsselsheim als Richterspruch "easily". Am zweiten Tag
musste die Rudergemeinschaft gegen die Princeton-Universität
antreten. Die Amerikaner gewannen dieses Rennen mit einer Länge.
Sie waren besser vom Start weggekommen. Auf der Strecke gab es
ein "level", aber Flörsheim-Rüsselsheim kam nicht vorbei. Die
Zeit dieses Rennens war eine neue Rekordzeit für den Thames-Cup:
6:45 Minuten, acht Sekunden unter dem alten Rekord. ...
... Vom britischen Standpunkt war es eine große Genugtuung,
dass der
Thames-Cup, erstmals gestiftet im Jahr 1868, der elfmal in zwölf
Jahren über den großen Teich nach den Vereinigten Staaten
gegangen war, in diesem Jahr im Land blieb. Die siegreiche
Mannschaft der Königlichen Luftwaffe zeigte großes
Durchstehvermögen, aber die amerikanische Mannschaft der
Princeton-Universität wäre vielleicht nicht schon im Semifinale
ausgeschieden, wenn sie sich nicht im Vorlauf gegen die
Rüsselsheimer, die sie, scharf nachsetzend, bis zu einem 40er
Schlage herauftrieben, mehr verausgabt hätte, als ihnen taktisch
lieb war. Die Auseinandersetzung zwischen den
Flörsheim-Rüsselsheimern und den Amerikanern war eines der
schärfsten Rennen der ganzen Regatta. |
Es folgt die
Regatta in Essen, wo Tonguç Türsan zwei Einerrennen gewinnen kann und
der Kohl-Vierer in beiden Vierern knapp verliert, außerdem mit dem
Vierer des RV Cassel in Renngemeinschaft im Achter startet, aber auch
hier klar gegen Amicitia Mannheim das Nachsehen hat. Dennoch wird der
Kohl-Vierer wegen seiner Stetigkeit in den Leistungen vom DRV im Vierer-mit für den Dreiländerkampf in Bled gemeldet, wo man sich
allerdings dem jugoslawischen Boot klar geschlagen geben muss.
Erfolgreicher Einerruderer der
RuGem Flörsheim-Rüsselsheim 1953 ‒ 11 Siege
und Deutsche Hochschulmeisterschaft: Tonguç Türsan, hier mit Georg Löhr am Bootssteg |
Fünf Siege im Seniorvierer-mit 1953: Horst
Rocker, Edmund Petry,
Hans Schneider, Horst Zimmermann und Steuermann
Hubert Klein (vorn) |
Nach den
sich anschließenden Regatten in Offenbach (4 Siege), Hannover (2 Siege),
Stuttgart (1 Sieg) und Frankfurt (1 Sieg) steht die
Meisterschaftsregatta auf dem Mannheimer Mühlauhafen auf dem Programm.
In der Rudergemeinschaft gibt es noch einmal den Versuch, aus Vierer und
Achter einen Achter mit Titelchancen zu "basteln", doch die Meinungen
sind zu unterschiedlich, so dass keine Einigung zustande kommen kann.
So starten beim Deutschen Meisterschaftsrudern
und den gleichzeitig stattfindenden Jugend-Bestenkämpfen in Mannheim
anfangs August für die RuGem Flörsheim-Rüsselsheim der Kohl-Vierer im
Vierer-mit, der Baumgardt-Vierer im Jugend-Vierer und zwei Achter. Der Flörsheimer Achter, der von Fritz
Brumme trainiert wird, startet in der Besetzung mit Horst Rocker, Edmund Petry,
Hans Schneider, Horst Zimmermann, Georg Schneider, Erich Kohl, Adam Munk,
Schlagmann Karl Bauer
und Steuermann Hubert Klein, der Rüsselsheimer Achter unter der Trainingsleitung
von Gerhard Ruppert und des Frankfurters Karl Momberger mit Wilfried Seipp,
Hans Heckmann, Georg von Opel, Helmut Schwinn, Werner Gallon, Horst Höhmann,
Helmut Lock, Schlagmann Willi Schmidt und Steuermann Rolf Bopp.
Zum Vierer-mit haben neun Boote gemeldet. Der Flörsheimer Kohl-Vierer
belegt im 2. Vorlauf den letzten Platz, muss in den Hoffnungslauf, siegt
hier und steht damit im Finale. Jedoch Köln 77 und Favorite Hammonia
Hamburg bestimmen das Rennen, im Ziel liegen die Kölner 3,1 Sekunden vor
Hamburg, 1,2 Sekunden zurück folgt die RG Oberrad, dann Köln 91, auf dem
fünften Platz der Kohl-Vierer der RuGem und Letzter wird der Bremerhavener
RV. Der Flörsheimer Baumgardt-Vierer siegt im Vorlauf des
Jungruderer-Vierers, muss sich allerdings in einem der beiden Zwischenläufe mit dem vierten
Platz begnügen, so dass das Finale abgehakt werden muss.
Wie im Vierer-mit haben auch neun Boote zum Achter gemeldet, so
dass zunächst zwei Vorläufe
zu überstehen sind. Der Bauer-Achter aus Flörsheim belegt in seinem
Vorlauf klar zurück den dritten Platz, und auch der Schmidt-Achter aus Rüsselsheim
kann in einem äußerst knappen Rennen − Mannheimer RV Amicitia 5:47,5
min, Der Hamburger und Germania RC 5:47,6 min und RuGem
Flörsheim-Rüsselsheim 5:47,7 min − nur Dritter werden. Zu dem folgenden
Hoffnungslauf treten die
Flörsheimer nicht mehr an, die Rüsselsheimer kommen als Dritte ins Ziel,
damit sind auch sie im Endlauf nicht dabei. Deutscher Meister wird Amicitia Mannheim vor dem Hamburger und Germania RC
und dem Mannheimer RC.
Bei den Herbstregatten in
Limburg und Frankfurt wird nochmals der
Rudernachwuchs in Rennen geschickt, so dass hier vier Regattasiege dazu
kommen. Insgesamt kann die
Rudergemeinschaft im Jahr 1953 mit 38 Rennsiegen, davon
33 im Renn- und 5 im Gig-Boot, in der DRV-Jahrespunkttabelle nach
ersten Plätzen in den Jahren 1951 und 1952 mit 270 Punkten noch einen
dritten Platz hinter dem Kölner RV 1877 mit 320 Punkten und dem
Mannheimer RV Amicitia mit 300,5 Punkten belegen.
Getrenntes Trainieren und Starten von Mannschaften in der
Regattasaison 1953 erweisen sich als der Beginn des
Auseinanderlebens der Rudergemeinschaft Flörsheim-Rüsselsheim. Zunehmende
Uneinigkeiten führen schließlich dazu, dass in einer Sitzung der
Rudergemeinschaft am 26. August 1953 im RRK-Bootshaus beschlossen wird,
die Rudergemeinschaft Flörsheim-Rüsselsheim zum 15. September 1953
aufzulösen. Dazu schreibt Heino Knopp in der "Nachtausgabe" am Tag der Auflösung
einen Nachruf:
Flaggen auf halbmast
Zur
Auflösung der RuGem Flörsheim-Rüsselsheim
Am heutigen Dienstag ist die RuGem Flörsheim-Rüsselsheim
sanft entschlafen. Sie hatte einen normalen Exitus, wie
Vorstandsmitglied Dr. med. Karl Renker konstatierte;
Komplikationen im Krankheitsbild ließen bereits seit langem das
Schlimmste befürchten, das nunmehr auch eingetreten ist.
Der
gesamte deutsche Rudersport hat in tiefer Trauer seine Flaggen
auf halbmast gesenkt, und Beileidstelegramme aus aller Welt
geben unverfälscht Ausdruck von der großen Beliebtheit, der sich
der Schlachtruf "Jumbo" überall erfreute.
Ehrender Nachruf
Selbst Heinz Loosen, der grimmige Rivale von Köln 77, vergaß
allen Hader und kondolierte, DRV-Präsident Dr. Walter Wülflng
aber hat in einem Blitztelegramm einen ehrenden Nachruf im
"Rudersport" versprochen, dessen Umfang und Aufmachung selbst
den kürzlichen "Rückblick 1951 – 1953" bei weitem noch übertreffen
sollen.
Gern gesehener Gast
Wohl getan, meine Lieben. Denn: die RuGem
Flörsheim-Rüsselsheim war der erfolgreichste deutsche
Ruderverein der Nachkriegszeit. Noch vor der Wiederaufnahme des
DRV in die FISA weilte der Opel-Achter in Henley. Der gute Name
Georg von Opels öffnete Tür und Tor; man erwies sich des
Präsidenten würdig und war überall ein gern gesehener Gast.
Der Achter, von Fritz Brumme trainiert, war das Paradestück, mit
dem vier Meisterschaften errungen wurden. Die
Vierer-Kombinationen waren nicht minder erfolgreich, und selbst
im Skiff langte es 1947 zu einem Titelgewinn.
"Regatta der Superlative"
Die alljährliche Pfingstregatta mit gutem Recht als die "Regatta
der Superlative" propagiert, war für viele das rudersportliche
Großereignis des Jahres und hatte all die Namen aufzuweisen, die
führend waren im europäischen Rudersport. Anthony Rowe, Gewinner
der "Diamond Sculls", kam mit Eric Phelps aus England an den
Untermain (und wurde von Waldi Beck geschlagen!), Schmid/Kalt
vom Seeclub Zug dominierten im Zweier-ohne. Schweden,
Franzosen, Belgier, Österreicher, Jugoslawen, Türken und
Australier: wer zählt die Völker, nennt die Namen, die all' zu
Opel rudern kamen ...
Und dies soll nun vorbei sein? Passé? Kaum zu glauben. Ganz
Schlaue behaupten, Georg von Opel habe nur die Firma gewechselt.
Wer weiß? |
Wesentliche Voraussetzung für die Loslösung des RRK vom
Flörsheimer RV ist das fertiggestellte RRK-Bootshaus.
Etwa ein Jahr nach der Freigabe kann der RRK vom 3. bis 5.
Juli 1953 mit wohlgelungenen Veranstaltungen sein in
Eigenhilfe renoviertes Haus einweihen. Die Anwesenheit
des Präsidenten der FISA, Gaston Mullegg,
gibt dem Einweihungsfest die besondere Note. Für die
unter seiner Leitung und auch von ihm persönlich
geleistete Aufbauarbeit wird Friedrich Traiser
mit der Goldenen Vereinsnadel
ausgezeichnet und zum Ehrenmitglied des
RRK ernannt. Wir zitieren aus dem "Mitteilungsblatt der
Rudergemeinschaft Flörsheim-Rüsselsheim":
Am 3., 4. und 5.
Juli wurde die Weihe des Bootshauses gefeiert. Es waren zwar nur
die Abendstunden dafür vorgesehen, aber es wurde Tag, das lag
wohl an den Gästen und war ein Zeichen dafür, dass es allen sehr
gut gefallen hat.
Der Klubabend am Freitag war der Familie gewidmet, ein
offizielles Programm war nicht vorgesehen. Vielleicht war das
der Grund, weshalb es schon gleich so gemütlich anfing. Sofort
wurde intern beschlossen, dass am Donnerstagabend die
Stammtischbesucher ihre Armbanduhren beim Wirt abgeben müssen
und dass die schöne Bauernstubenuhr abgestellt wird. Die
protestierenden Ehefrauen wurden nach diesem Beschluss, durch
einen Huckepack-Tanz mundtot gemacht, wobei die Tänzer immer
wieder behaupteten, dass sie alle in den Himmel kommen, weil sie
so brav sind. |
Saal
und Vorstandszimmer des renovierten Bootshauses 1953
Bauernstube des renovierten Bootshauses 1953 |
Seite
aus dem "Goldenen Buch des RVR" anlässlich der Einweihung
des renovierten RRK-Bootshauses am 4. Juni 1953 |
Der Festkommers am Samstagabend war der offiziellen Weihe des
wiederaufgebauten Bootshauses gewidmet. Gaston Mulleg, der
Präsident der FISA, konnte leider an diesem Abend nicht bei uns
sein, da sein Flugzeug über zwei Stunden Verspätung hatte.
In seiner Festansprache führte Dr. Karl Renker u. a. aus,
dass
der Bau eines Hauses das Ziel eines Menschen sei und von allen
Sportvereinen müssten besonders Rudervereine nach dem Bau eines
Bootshauses streben. Nach dem geschichtlichen Überblick sagte er
zum Abschluss, dass die Zahl der gefallenen Aktiven erschütternd
wäre und dass die durch den Krieg entstandenen Verluste nur durch
erhöhten Fleiß und zähen Willen ausgeglichen werden können. Er
wünsche, dass dieses Haus nie mehr ein solches Schicksal erleiden
möge, wie in der Vergangenheit.
"Pip" Traiser
meinte: "Wir haben die Hemdsärmel hochgekrempelt und angefangen.
Ein jeder hat nach bestem Können, Vermögen und Interesse
mitgeholfen. 5.400 Arbeitsstunden wurden
von den Mitgliedern geleistet!" Er übergab dem RRK-Vorsitzenden Dr. Karl Renker
feierlich die Schlüssel des neu erstandenen Hauses. |
Die Hockeyabteilung trägt, wie schon in
den Vorjahren, Freundschaftsspiele gegen namhafte Gegner
aus, besucht das Osterturnier in Bad Kreuznach und das
Pfingstturnier in Lahr. Anfang September folgt eine
Wettspielreise der 1. Herrenmannschaft in die Schweiz,
bei der fünf Spiele ausgetragen werden, darunter gegen den
Schweizer Meister, Stade Lausanne, wovon vier siegreich
und eines unentschieden beendet werden.
Die Erste
Herrenmannschaft des RRK beim Oster-Hockeyturnier in Bad Kreuznach
1953 (hinten: Alfred Rausch, Philipp Gütlich, Karl Saar, Ludwig
Kraft, Fritz Schneider, Josef Schnur, Werner Leonhardt, Hans
Richter; vorn: Werner Klepper, Heinz Klein, Dieter Cezanne) |
Das renovierte Bootshaus des Rüsselsheimer Ruder-Klubs 08 im Jahr
1953 |
Im Herbst findet die Hockey-Hauptversammlung im RRK-Bootshaus
statt. Trotz des guten Umfeldes – zwei fabelhaft hergerichtete
Hockeyplätze und ein wiederhergestelltes Klubhaus mit wunderbaren
Gesellschaftsräumen – lässt die Mitarbeit sehr viele Wünsche offen. Der
Besuch der Versammlung ist so schlecht, dass keine komplette
Abteilungsleitung gebildet werden kann. Abteilungsleiter bleibt Karl
Saar, Kassierer Alfons Margraf sowie Jugendtrainer Werner Klepper und
Fritz Schneider.
Bei der
Hessischen Hallenhockey-Meisterschaft 1953/54, die bereits am
zweiten Dezember-Wochenende in Wiesbaden ausspielt wird und bei der
achtzehn Mannschaften in drei Gruppen um den Einzug in die Endrunde
kämpfen, kann
zwar die Endrunde erreicht werden, jedoch in die Entscheidung
kann der RRK nicht eingreifen. Hessenmeister wird der Wiesbadener THC.
Insgesamt spielt die Hockeyabteilung mit sieben Mannschaften – Erste
Herren, 1b-Herren, Alte Herren, Damen, Jugend, Schüler und Mädchen, es
werden 106 Spiele ausgetragen, davon werden 45 gewonnen, 41 verloren
und 20 enden unentschieden.
Im RRK feiern im Jahr 1953
zwölf Jubilare ihr 25-jähriges Jubiläum; es sind die Mitglieder
Friedebert Armbruster, Willi Filtzinger, Georg Franke,
Karl Jacob, Edgar Klein, Willi Klein, Wilhelm
Nold, Dr. Karl Renker, Josef Saar, Karl Schömbs,
Josef Schön und Curt Schrod.
Im Laufe des Jahres verliert der RRK den Ruderkameraden Friedrich
"Fritz" Schadt und, durch einen tragischen Unfall, den jungen Hockeykameraden
Peter Büdel.
Flörsheim-Rüsselsheim
holt die
Gemeinschaftsflagge ein
"Ein Rückblick auf sieben Jahre sportlicher Aufbauarbeit"
Von Paul Elschner
(aus "Rudersport" vom 23. Oktober 1953)
Die Leitung der in Liquidation
getretenen RuGem Flörsheim-Rüsselsheim hat nachstehende
Verlautbarung herausgegeben: "Die Mitglieder der RuGem
Flörsheim-Rüsselsheim haben im Einvernehmen mit den beiden
Stammvereinen Flörsheimer RV 08 und Rüsselsheimer RK 08
zum 15. September 1953 die Auflösung der Renngemeinschaft
beschlossen. Durch die erfolgreiche Spitzen- und
Breitenarbeit der Rudergemeinschaft haben sich die beiden
Vereine derart entwickelt, dass der Wunsch nach einer
stärkeren Entfaltung ihres Eigenlebens entstand. Auf Grund
der langjährigen Erfahrungen in gemeinsamer sportlicher
Arbeit und vieler Erfolge halten beide Vereine es in
Zukunft für das zweckmäßigste, ihre Jugend unter eigener
Flagge starten zu lassen und von Fall zu Fall für die
erstklassigen Mannschaften die Form einer Renngemeinschaft
zu wählen."
Eingeweihte wussten, dass bereits seit
mehr als einem Jahr gewisse Spannungen bestanden, die sich
schließlich verdichteten, was durch die zweifache
Achtermeldung zu den diesjährigen Meisterschaften
unterstrichen wurde. Es soll nicht unsere Aufgabe sein, zu
den eingetretenen Ereignissen Stellung zu nehmen, um so
mehr nicht, als die auf Veranlassung des Rüsselsheimer
Partners in dessen Bootshaus stattgefundene
Auflösungsversammlung einen durchaus harmonischen und
würdigen Verlauf nahm. Sie stand unter Leitung von Dr.
Georg von Opel, assistiert von den beiden
stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Karl Renker
(Rüsselsheim) und Heinrich Dreisbach (Flörsheim) und
gipfelte in der Feststellung, dass sich Dr. Georg von Opel
und Fritz Brumme große Verdienste um die Rudergemeinschaft
erworben haben. Mag die Situation gewesen sein wie sie
will, eines steht jedenfalls fest: es hat eine
Gemeinschaft ihre Flagge eingeholt, die während ihres
fünf- bzw. siebenjährigen Bestehens nicht nur für den
mainischen und hessischen, sondern für den gesamten
deutschen Rudersport außerordentlich viel getan und
erreicht hat. Es bedarf gewiss nicht des Hinweises, dass
sich die Rudergemeinschaft auch im Ausland einen Namen
schaffte. Von Flörsheim-Rüsselsheim aus wurden zu einer
Zeit, als der DRV noch nicht wieder in die FISA
aufgenommen war, die ersten internationalen
Startbeziehungen aufgenommen, und das in einer Epoche
größter rennsportlicher Erfolge der Rudergemeinschaft, die
von 1947 bis 1952 die erste Stelle in der Punkttabelle
eingenommen hat. Unbestreitbar – und das werden auch die
aus bestimmten Gründen zurückhaltend urteilenden Stellen
zugeben müssen –, haben zwei Männer am Untermain das
uneingeschränkte Verdienst, durch ihr vielseitiges Wirken
für den deutschen Rudersport Großes geleistet zu haben.
Es würde den Rahmen des von der
Redaktion zur Verfügung gestellten Raumes sprengen, wollte
man alle die Erfolge, und die von Flörsheim-Rüsselsheim
ausgegangenen Anregungen aufzählen; sie liegen auf dem
Gebiet des Rennsports, des Regattawesens, des Bootsbaues.
Es soll nur kurz daran erinnert werden, welche stolze
Erfolgsserie die Mannschaften der RuGem
Flörsheim-Rüsselsheim (1947 und 1948 waren die Ruderer in
einer Renngemeinschaft zusammengefasst) in den verflossenen
sieben Jahren nachweisen können. Ihre 303 Siege erkämpften
sie in Deutschland auf 27 Regattabühnen, einschließlich
aller Großplätze mit Ausnahme von Hamburg, und im Ausland
beim Dreiländerkampf 1951 in Wien, ferner in Basel und
Ostende. Die Senioren starteten außerdem in Marlow, wo sie
wertvolle zweite Plätze im Finale belegten, in Gent,
Henley und Bled. Die Siege verteilen sich auf alle
Bootsgattungen. Im Jahre 1947 wurden die Erfolge mit den
Meisterschaften im Einer, Achter und "Leichten Vierer-mit"
und im darauffolgenden Jahr ebenfalls im Achter, Vierer-ohne und
"Leichten Vierer-ohne" gekrönt. Auch im Jahre
1949 gelang es Flörsheim-Rüsselsheim, seine Meistertitel
im Vierer-ohne und Achter erfolgreich zu verteidigen.
Das Jahr 1950 brachte viele große
Allgemeinsiege, auch im Achter, der Titel in dieser
Bootsgattung musste aber an Köln 77 abgegeben werden. Auf
dem Floßhafen in Mainz holte die Achtermannschaft 1951 ihren
Meistertitel zurück und war somit zum vierten Male in
dieser Bootsgattung Sieger. In Renngemeinschaft mit Undine
Offenbach wurde auch der Sieger im Doppelzweier gestellt.
Außer diesen zehn Deutschen Meisterschaften reichte es
1952 zum Doppelzweiersieg bei den Jugend-Bestenkämpfen und
in der vergangenen Saison wurde der Einer-Titel bei den
Deutschen Hochschulmeisterschaften an den Untermain
gebracht. Die Preise aus vielen hochwertigen Achter- und
Viererrennen auf den bedeutendsten deutschen Regatten
wanderten in die beiden Bootshäuser.
Neue Wege wurden bei der Ausrichtung
der alljährlichen Flörsheimer Regatta beschritten und
teilweise von den benachbarten Groß- und mittleren
Regatten übernommen. Die Werbung durch
Flörsheim-Rüsselsheim ging soweit, dass der Untermain im
Jahre 1950 eine Regatta präsentieren konnte, die in ihrer
zahlenmäßigen Besetzung unerreicht dasteht. Die
Rekord-Statistik dieser Regatta weist eine Beteiligung von
3.100 Ruderern aus 89 Vereinen, zusammengefasst in
annähernd 700 Booten aus. In der 117-jährigen Geschichte
des deutschen Rudersports ist das einmalig. Die beiden
letzten Flörsheimer Regatten trugen internationalen
Charakter und brachten Klassemannschaften aus England, der
Schweiz und Australien an den Start. Neben Spitzenkönnern
aus Österreich, Schweden und Jugoslawien gingen
Mannschaften aus Belgien und der Türkei in die Rennen.
Welcher deutsche Ruderverein hat in einem Zeitraum von nur
sieben Jahren eine solch stolze Erfolgsbilanz aufzuweisen?
Nur ungern vermisst man im
vereinsstarken Main-Rhein-Gebiet die zu einem festen
Begriff gewordene Flörsheimer Regatta. Es dürfte jedoch
damit zu rechnen sein, dass die beiden nun wieder ihr
Eigenleben führenden Rudervereine in den Städten
Rüsselsheim und Flörsheim sich nach der nächstjährigen
Unterbrechung doch wieder zur Ausschreibung einer Regatta
entschließen werden. |
|