Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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RRK-Damen-Ruderwanderfahrt mit männlicher Begleitung

auf Hamburgs Gewässern vom 3. bis 5. Juni 2006

 

Teilnehmer: Ursula und Werner Alt, Christine Brossier, Kiyomi Mitschke, Silvia und Rudi Reitz, Hans Salm (FRV), Sigrid Schäfer, Andrea Schindler und Hans-Jürgen Henn (RC 'Dresdenia')

 

RRK-Damen-Ruderwanderfahrt mit Begleitung vom 2.- 6. Juni 2006

Ein alter Rudertraum wird wahr:
Ruderwanderfahrt in Hamburg, eine Städtetour per Ruderboot!

Von Christine Brossier

Als wir uns am Freitagmorgen am Rüsselsheimer Bahnhof treffen, hat jeder erst einmal mit sich selbst zu tun. Die eine kann den Koffer nicht alleine heben – zu groß und zu voll. Die andere konnte ihre Weltstadt-Frisur nicht zu Ende fönen. Und – oh Schreck, oh Graus: es fehlt der für Hamburg so wichtige Tidenplan ...

Trotzdem geht es jetzt los! In Frankfurt warten schon die nächsten MitruderInnen und unsere Flörsheimer Verstärkung.

Im Zug beruhigen sich die Gemüter und beim Würfelspiel wird schnell klar: in jeder Runde ein Kniffel, diese Fahrt steht unter einem Glücksstern.

Hamburg empfängt uns mit Sonnenschein. Wir beziehen unser Hotel und haben bis zum Abendessen noch Zeit für eine Stadtrundfahrt. Wir sehen an  Land, was sich später vom Wasser aus noch eindrucksvoller bestätigt: Hamburg ist eine Stadt der Superlative. Historische Speicher am Hafen, sündige Meilen grenzen an hanseatisch gediegene Einkaufspassagen, wir staunen über edelste Wohngegenden an der Alster und erfahren, dass es in keiner anderen deutschen Stadt so viele Millionäre gibt. Das lässt Damenherzen höher schlagen! Aber: jeder fünfte Hamburger ist schwul, sagt der Stadtführer. Seufz!

Wir treffen uns zum Abendessen in einem bekannten Fisch-Spezialitätenrestaurant mit Blick auf den Hafen. Es schmeckt fantastisch und die abendliche Betriebsamkeit bei Blohm&Voss drüben auf der Werft, die noch spät einlaufenden Frachter mit Lotsengespann machen Lust auf Seegang.

Am nächsten Morgen ist es dann so weit: Aufbruch zum Ruderklub Dresdenia am Osterbek-Kanal, wo wir die Boote geliehen haben.

Erster Rudertag (03.06.06)

Vorher aber noch die wichtigste Zeremonie: Auslosung der Bootsmannschaften. Rudi hat alles vorbereitet und inzwischen wissen wir, er mogelt. Wie anders lässt sich sonst erklären, dass er immer mit den attraktivsten Damen in einem Boot fährt? Wie man hört, soll er sogar bestechlich sein ...

Nachdem dies nun geklärt ist und wir auch mit den Hamburger U-Bahnplänen zurecht gekommen sind, werden wir bei der Dresdenia freundlich empfangen. 

Unser erstes Aha-Erlebnis. Die Dresdenia ist ein ehemaliger Damenklub! Man merkt es am Freizeitprogramm, dessen Schwerpunkt auf Familienrudern liegt, es gibt zwei (!) Küchen und die Boote heißen nicht nach alt-ehrwürdigen (männlichen) Klubmitgliedern, sondern tragen lebenskluge plattdütsche Namen.

"Lot di tied" (für Nicht-Hanseaten: Lass dir Zeit) und "Kehr di an nix" (frei übersetzt: Mach dir nichts draus) liegen für uns bereit. Und da kommt auch schon Hans-Jürgen, Wanderruder-Wart der Dresdenia, der netterweise als Lotse mit uns rudert. 

Wir stechen in See – es ist empfindlich kalt, der Himmel grau verhangen und es weht eine steife Brise – Küstenwetter eben.  

Schon nach den ersten Metern im Osterbek-Kanal ist allen klar, hier ist rudertechnische Anpassung gefragt. Holz-Skulls ohne Gummi-Überzieher und Bootsbreite der tidentauglichen Gefährte sind gewöhnungsbedürftig.

Aber dann das erste Highlight: die Außenalster am Samstagmorgen. Ein Stadtpanorama besonderer Güte! Hans-Jürgen erklärt uns die Kirchtürme und anderen Sehenswürdigkeiten, die im Halbrund vor uns liegen.

Wir überqueren den welligen See, rudern längs der Uferpromenade, vorbei an Botschaftsgebäuden und Parkanlagen. Alles blüht und grünt und wir genießen den Anblick. Zwei renommierte Ruderclubs liegen an unserer Strecke. So machen wir eine "Harmonie"Pause (Erweiterung des RRK-Wortschatzes) beim RCFH - Ruder-Club Favorite Hammonia. Hier ist alles vom Feinsten und wir staunen nicht schlecht. 

Weiter geht’s über die Binnenalster, vorbei am Hotel Vier Jahreszeiten, dem Rathaus und dem Jungfernstieg, zur Rathausschleuse. In Hamburgs Innenstadt herrscht rege Betriebsamkeit, vom Rathausmarkt dröhnt die Musik des Beach-Volleyballplatzes herüber, den man eigens aufgeschüttet hat. Es geht weiter durch den Kanal unter den Alsterarkaden bis zur Schaartor-Schleuse und, in Sichtweite des Hafens, hinein in die alte Speicherstadt. Giebelhäuser aus Backstein zeugen von hamburgischer Kaufmannstradition und sind noch heute das größte Lager für Kaffee, Tee und Orientteppiche in Europa. In einem ehemaligen Speicher befindet sich das Zollmuseum, vor dem ein altes Zollboot schaukelt. Wir befinden uns hier in Tide-Gewässer. Aber wir haben Glück, es ist Flut und so kommen wir gut voran. Wir sehen, wo Hamburgs ehrgeizigstes Bauprojekt beginnt, die HafenCity und gelangen unbehelligt von den gefürchteten Rundfahrt-Barkassen in die Elbe. Jetzt wird’s anstrengend – gegen Wind und Wellen rudern wir unter den mächtigen Fluttoren der Sperrwerke hindurch bis wir die Bille erreichen. Hier ist nicht nur das Wasser ruhiger, es scheint sogar die Sonne. Von weitem sehen wir die Stadt liegen, den Michel, den Rathausturm und rudern nun vorbei an ruhigen Schrebergärten bis zum Biller RC.  

Damit ist die erste Ruderstrecke geschafft, wir haben viele neue Eindrücke gewonnen und wandern müde gen U-Bahn. Wie war das noch mal? Müssen wir über Barmbek?

Es folgt das Abendprogramm. Altona ist total angesagt. Beim Aussteigen können wir einen Ruderkameraden gerade noch davon abhalten, ein paar kurzberockten Flower-Power-Girls zu folgen, die unterwegs sind zur Hamburger Schlagernacht … Hier geht’s lang, Rudi, durch Hamburgs "In-Viertel" bis zur alten Schiffsschrauben-Fabrik, wo jetzt die beste hanseatische Pizza serviert wird. Woher wir das wissen? Wir haben einen Joker – Sigrids ortskundige Cousine. Das Ambiente bei "Eisenstein" ist wirklich genial. 

Zweiter Rudertag (04.06.06)

Inzwischen sind wir U-Bahn-Profis. Mensch Werner, logo müssen wir in Barmbek umsteigen!

Hans-Jürgen wartet schon an der Endstation und im RV-Bille sind bereits andere Ruderwanderer beim Einsetzen der Boote. Woher kommt ihr, wohin des Wegs – und gute Fahrt. Auch wir legen ab und merken, dass die Mannschaften sich inzwischen so gut an einander und ans Boot gewöhnt haben, dass keiner mehr wechseln will.

Über die Bille und angrenzende Kanäle rudern wir gen Elbe. Diesmal GEGEN die Tide. Und es ist immer noch kalt, grau und vor allem windig. Bevor es gänzlich auf die Elbe rausgeht, wird nach einem spektakulären Anlegemanöver (Lob an die Steuerleute) eine Harmoniepause in einem urigen Ponton-Restaurant eingelegt. Hier gibt es wärmende Getränke mit Rum. Derart gestärkt kreuzen wir die aufgewühlte Elbe und biegen wieder in die Kanallandschaft der Speicherstadt ein. Die ist in Ebbe-Stimmung und wir müssen uns kräftig in die Riemen legen. So haben wir nur wenig Augen für die altehrwürdigen Backsteinbauten und sind froh, als die Schleuse zum Alsterfleet in Sicht - und damit ruhigeres Gewässer in Reichweite kommt. Noch zweimal schleusen, dann haben wir’s geschafft: wir sind in der Binnenalster.

Wir umrunden das neon-blaue Tor aus Stahlstangen, das die Hamburger hier im Wasser wie vielerorts an Land zu Ehren der Fußball-Weltmeisterschaft errichtet haben. Doch halt, warum fährt unser Schwesterboot Backbord daran vorbei? Wir halten uns Steuerbord und wären fast unter die Alsterfontäne geraten, die in einem hohen Bogen ihr Wasser spritzt. Im Reitz`schen Boot gibt es eine kleine Meuterei, denn der Steuermann will nicht abdrehen. Schließlich lässt er dann doch über Backbord wenden und wir rudern in die Außenalster. Hatten wir auf ruhiges Wasser gehofft? Auf der Alster tummeln sich die Segler, denn der Wind weht böig, das Wasser ist aufgewühlt und wir haben Mühe vorwärts zu kommen. Jetzt täte ein kleiner Halt gut, deshalb legen wir unter widrigen Umständen beim RC Allemannia an. Noch ein Edelclub mit Alsterblick.

Es ist aber niemand da, der uns öffnen kann. Deshalb schweigen wir diskret über die anschließende Harmonie-Pause ...

Durch raues Wasser geht es weiter über die Außenalster, vorbei an Vereinshäusern der Segler und am prächtigen Atlantic-Hotel, wo Udo Lindenberg eine Suite bewohnt. Unser Hamburg-Lotse lässt uns in den Eilbek-Kanal einbiegen, der als besonders romantisch gilt. Hier ist es wirklich lauschig, grün bewachsene Ufer zu beiden Seiten und vor allem: ruhiges Wasser im Sonnenschein. Als das Fleet sich zum Kuhmühlenteich erweitert, legen wir eine Gedenkminute ein. Für Christine werden hier Kindheitserinnerungen wach. Da steht die St.Gertrud-Kirche, in der sie getauft wurde. Es geht weiter in den Kanal hinein bis er nicht mehr befahrbar ist, dann rudern wir zurück in die Außenalster. Jetzt noch einmal alle Kräfte mobilisieren und gegen Wind und Wellen ankämpfen, bis endlich die Einmündung zum Osterbek-Kanal erreicht ist. Bei der Dresdenia lassen wir unsere Ruderboote und verabreden uns mit Hans-Jürgen zum Abendessen in einer portugiesischen Hafenkneipe. 

Allabendliche U-Bahnfahrten. Nur zur Sicherheit: müssen wir in Barmbek ...?

Beim Portugiesen ist ordentlich was los und die Speisekarte mehrere Seiten lang. Hafenstimmung.  

Dritter Rudertag (05.06.06)

Er lässt sich gut an: bei Sonnenschein und Windstille legen wir bei der Dresdenia ab und folgen dem Kanal zunächst in den Stadtparkteich. Wochenendstimmung. Es haben sich schon einige Picknicker eingefunden, Angler und Modell-Schiffer. Wir rudern durch die Alsterfleete – es ist herrlich. Grün-bunte Gärten und gepflegte Anlagen mit eigenem Bootssteg. Es ist wie in einer Parklandschaft zu Wasser. Als wir in den Rondeel-Teich rudern, kommen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus. Hier können wir sehen, wo die Reichen und Schönen leben. Ein Anwesen ist prächtiger als das andere. Weiter geht es über die Fleete durch Winterhude auf den Alsterfluss. Auch hier können wir uns gar nicht satt sehen an den Schönheiten der Gegend.

Wir machen eine kurze Rast und fahren zurück in die Alsterfleete. Inzwischen teilen wir uns das Wasser mit gemütlich dahinfahrenden Alsterdampfern und jeder Menge Ausflugspaddlern. Auch einige Ruderboote kreuzen wir. Man merkt: Hamburg ist eine Wasserstadt. Am und zu Wasser tummeln sich die Wochenendler. Wir sind mittendrin und genießen die Stimmung.

Mittags legen  wir beim "Akademischen Ruderclub" an und werden wieder einmal überrascht vom hanseatischen Ambiente:  gediegene Clubatmosphäre in Leder. Während wir uns noch fragen, wie wohl akademisches Rudern geht und wo die Damentoilette ist, erklären uns zwei adrette Studenten, dass dies ein reiner Männer-Ruderverein sei. Soso! Glücklicherweise sehen sie es nicht gar so eng und nehmen uns freundlich auf.

Wir bleiben nicht lange und rudern bald weiter durch Hamburgs Alsterfleete, bestaunen die "Kehrseiten" der großbürgerlichen Anwesen und beschließen, wiederzukommen. Was für ein genialer Tag! Wir haben Hamburg wirklich von allen Seiten kennen gelernt. Windig-grau mit schwierigen Wasserverhältnissen und sonnig-grün auf ebenen Wasserstraßen. Unser heutiges Ziel ist Kübis-Bootshaus, ein Muss für jeden Hamburg-Ruderer. Dort beschließen wir den Nachmittag, bevor wir endgültig den Rückweg einschlagen und unsere Wanderfahrt in der Dresdenia beenden.  

Boote säubern, aufräumen, ein herzliches Dankeschön an Hans-Jürgen, dann (nicht über Barmbek) zurück ins Hotel. Die ersten reisen schon am Abend ab, wir anderen gehen noch einmal typisch Hamburgisch essen. Direkt am Michel versuchen sich alle an Labskaus – und tatsächlich, es schmeckt! Auch dieses Restaurant erweist sich als vortrefflich, meiner Tante sei Dank.  

Am nächsten Tag haben wir noch Zeit für Hafenrundfahrt und Einkaufsbummel, dann nehmen wir den Zug Richtung Frankfurt. Eine wunderschöne Ruderwanderfahrt ist damit zu Ende. 

Alle MitfahrerInnen bedanken sich ganz besonders herzlich bei Rudi und Werner für die supertolle Vorbereitung dieser Hamburg-Fahrt und die gewohnt verlässliche Durchführung!

Vielen Dank auch allen HelferInnen, speziell Silvia für die Auskundschaftung günstiger Fahrt- und Hotelkonditionen. Sigrid und Cousine haben sich um unser leibliches Wohl verdient gemacht.  

Vielen herzlichen Dank an Hans-Jürgen für die orts- und fachkundige sportliche Betreuung in Hamburger Gewässern, die uns eine große Bereicherung war! Wir bedanken uns bei der Dresdenia für das Ausleihen der Boote.  

Alle MitruderInnen waren eine prima Runde, gemixt wie wir waren, die Damen mit Herrenbegleitung, die Rüsselsheimer mit Flörsheimer und Hamburger Verstärkung!

Euch allen ein liebes "Hummel, Hummel!"