Die übliche Ruderstrecke vom Bootshaus entweder bis zur Schleuse
Eddersheim oder bis zur Schleuse Kostheim. Kostheim ist unseren
rudernden Damen lieb und wert, aber, bekanntlich sind Frauen
unternehmungslustiger als Männer und deshalb zieht es sie - auch
auf dem Wasser - in die Ferne. Ausgeheckt wurde eine zweitägige
Wanderfahrt - Samstag, 08. Juli, und Sonntag, 09. Juli. Rheinfähige
Wanderfahrtboote organisierte flugs Sylvia Gummersbach bei der
Mainzer Ruder-Gesellschaft, sie ist dort Vereinsmitglied. So eine
Ruderwanderfahrt bedarf guter Planung und einiger Logistik und
das ist alles nicht so einfach wie es aussieht. Werner und Rudi
schleppen also zwei Doppelvierer mit dem Anhänger von Mainz nach Erfelden, dort werden die Boote samt Zubehör abgeladen, dann
wird der Bootsanhänger von ihnen nach St. Goar gebracht und beim
dortigen Ruderverein abgestellt, das ganze erfolgt mit zwei Pkw,
denn ein Auto wird für die Rückfahrt mit dem Hänger benötigt.
Los geht es Samstag morgens am Bootshaus und Ludwig Dörsam fährt
uns mit unserem Vereinsbus quer durchs hessische Ried nach
Erfelden zum idyllisch gelegenen Bootshaus des RC Neptun
Darmstadt (mangels eigenem Fluß rudern die Darmstädter in Erfelden). Dort werden die Ausleger an die Boote geschraubt
(Aufriggern),
die Rollsitze eingebaut, die Skulls eingelegt und ab geht die
Fahrt über neun Kilometer auf dem Altrhein zwischen Kühkopf und
dem hessischen Festland. Bei Flußkilometer 473 mündet der
Altrhein in den Rhein und dank eigener Flußgeschwindigkeit,
starkem Schiffsverkehr, großen Wellen und Steinbuhnen, die vom
Land aus ins Wasser ragen, um die Wellen zu brechen und die Flußgeschwindigkeit
in den Kurven zu mildern, geht mit den beiden Vierern "die
Post ab". Dank guter Flußkarten und der umsichtigen
Aufsicht von Wolfgang Gummersbach überqueren wir den Rhein und
landen bei Kilometer 477 zum Picknick am Oppenheimer Strandbad.
Mangels Bootssteg müssen alle im Fluß aus dem Boot - eine
ziemlich wacklige und abenteuerliche Angelegenheit - und dann
werden die Boote an Land getragen. Das Ehepaar Gummersbach hat
ein komplettes Picknick mitgeschleppt, also Käse und Würste,
Brot und Brötchen, Wein, Bier und sonstige Getränke - es
mangelte uns an nichts. Es ist ein schönes Gefühl: Wir auf dem
großen Sandstrand, das Wetter ist friedlich, der Rhein gluckert
und jede Menge Schiffe sausen stromab oder kämpfen gegen die Strömung
stromauf - es ist irgendwie eine andere Welt. Das gesamte
Picknick wurde ausgerichtet zu Ehren des Geburtstages von Uschi
Alt. Wenn sie ihren Geburtstag jedes Jahr so feiert, freuen wir
uns.
Leicht ermattet schleppen wir unsere Boote wieder aufs Wasser und
nach weiteren 26 Kilometern Ruderarbeit, vorbei am schönen Mainz,
landen wir zufrieden am Bootshaus der MRG. Schnell machen wir uns
landfein, denn Sylvia und Wolfgang Gummersbach bitten zum Empfang
bei sich zu Hause - Aperitif, ausgesuchte Vorspeisen,
Hauptgericht und feine Nachspeisen, dazu Faßbier und Brot oder
Weißwein. Alles was Küche und Keller Gutes zu bieten haben -
nochmals herzlichen Dank auf diesem Weg!
Werner Alt, Heike
Dambmann-Knöss, Ursula Alt, Wolfgang Gummersbach und am Steuer
Christine Brossier
Am Sonntag
Vormittag dann um 10.00 Uhr wiederum Treffen bei der MRG. Wer jemals dort Ruderboote über die Leitplanken der Straße
hinweg gehoben und dann die steile Treppe hinab zum Bootssteg
geschleppt hat, weiß, wie schön wir es mit unserem Mainvorland
vor dem Bootshaus in Rüsselsheim haben! Nach 20 Kilometer Fahrt
- die Weinberge des Rheingaus steuerbord und die Rheinhessens
backbord, was will der Mensch mehr - landen wir im Bootshaus der
Geisenheimer Rudergesellschaft an. Dort gibt es ein kräftiges
Mittagessen und das haben wir denn auch nötig, denn der
Nachmittag über 33 Kilometer hat es in sich. Es kommt Wind auf,
es regnet, es schüttet, es schüttet und regnet. Unentwegt
Wasser von oben, so daß wir die Sehenswürdigkeiten nicht genießen
können. Die einmalig schöne Pfalz bei Kaub - man kann dort
anlanden und sie besichtigen -, der Binger Mäuseturm und das berühmte
"Binger Loch" - alles grau in grau.
Trotzdem: das Binger Loch ist schon ein Ereignis! Sylvia und
Wolfgang, die die Strecke kennen, steuern die beiden Vierer und
mit enormer Flußgeschwindigkeit in starker Strömung treiben wir
zwischen Ufer und Flußbojen flußab. Ich war - ehrlich gesagt -
froh, als wir das hinter uns hatten, denn Ufermauern, Schiffe und
Bojen waren mir viel zu nah und das ganze noch bei wild bewegtem
und schnellem Wasser.
Der Rhein ist bekanntlich eine internationale Wasserstraße
erster Klasse und auf den Zentimeter genau vermessen. Trotzdem
gibt es im Binger Loch den "kürzesten Kilometer". Dies
ist relativ einfach erklärt: Das Binger Loch war bis Ende der 80er
Jahre wegen der sehr engen Fahrrinne, hoher unterirdischer Felsen
und eines unterirdischen "Wasserfalles", also ein
Riesenloch in das der Rhein sozusagen unter Wasser hinabstürzte,
bei der Flußschifffahrt außerordentlich gefürchtet. Die
vorgenannten Umstände riefen große Wasserwirbel und eine außerordentlich
hohe Fließgeschwindigkeit hervor. Jedes Schiff mußte einen
Lotsen an Bord nehmen und dieser war in der Lage, die Schiffe
heil durch die Passage zu bekommen. Mit Sprengungen und
raffinierten Wasserbaumaßnahmen wurden die Hauptgefahrquellen in
den 80er Jahren beseitigt und der Fluß stellenweise begradigt,
also verkürzt. Pfiffigerweise hat man dann den Rhein bis zur Flußmündung
in die Nordsee nicht neu vermessen, sondern den begradigten
Kilometer um einige hundert Meter gekürzt.
Nach über 50 Tageskilometern kamen wir glücklicherweise in St.
Goar an. Die Damen benutzten zur Rückfahrt die Bundesbahn und
kamen dank einer Flasche Wein und einer Tüte Gummibärchen vergnügt
in Mainz an. Der Rest der Mannschaft verlud die Boote und genoß
die Heimfahrt entlang des schönen Rheins. Geregnet hat es bis
nach Hause.
Zwei Tage unterwegs waren Uschi und Werner Alt, Christine Brossier, Heike Knöß, Silvia Reitz, Wolfgang Gummersbach,
Sigrid Schäfer und Wolfgang Mack. Je einen Tag Heike Leisegang,
Sylvia Gummersbach, Rudi Reitz und Ragnar Otto. |