Hockey
kämpft ums olympische Überleben
Internationales Olympisches Komitee fordert Veränderungen. Weltverband
sieht Hockey5 als Zukunftsmodell. Hallen-WM vor dem Aus. Aus Sicht des
IOC hat der Hockey-Sport zwei Nachteile.
Von Björn
Jensen (aus "Hamburger Abendblatt" vom 7. Februar 2015)
In Mali
haben sie jetzt richtig Lust auf Hockey. Leandro Negre erzählt das am
Rande der Hallen-WM in Leipzig mit einem breiten Strahlen auf dem
Gesicht, und das muss man verstehen. Schließlich ist der Spanier, seit
2008 Präsident des Welthockeyverbands FIH, auf einer Mission. 132
Mitgliedsverbände sind dem 68-Jährigen zu wenig, er möchte, dass
weltweit mehr Hockey gespielt wird. Um dafür zu werben, reist er auch in
Winkel der Erde, die mit dem Krummstock bislang ungesegnet waren. Wie
Mali.
Negres
Werkzeug, das Wundermittel, mit dem er auch die Westafrikaner köderte,
heißt Hockey5. Die neue Spielform, bei der nur noch vier Feldspieler
plus ein Torhüter pro Team benötigt werden, soll helfen, in Ländern mit
wenigen Hockeyspielern den Aufbau von Nationalverbänden zu ermöglichen,
die an internationalen Turnieren teilnehmen können. Entstanden war die
Idee, nachdem Hockey, das bei den Herren seit 1928 und bei den Damen
seit 1980 zum olympischen Programm zählt, nach den Spielen 2012 in
London auf der Liste der Streichkandidaten gelandet war. "Wir mussten
reagieren, uns für Neuerungen öffnen", sagt Negre, "und Hockey5 ist
unsere Zukunft."
IOC-Präsident Thomas Bach und
FIH-Präsident Leandro Negre |
Aus Sicht
des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hat Hockey zwei
Nachteile: Es wird weltweit von zu wenigen Nationen ernsthaft betrieben.
Und die 18-köpfigen Kader belegen zu viel Platz im olympischen Dorf,
zumal sich ihr Turnier über die volle Dauer der Spiele zieht. Was läge
also näher, als die Aufgebote durch die Schaffung einer neuen Spielform
zu verkleinern, die dazu noch mehr Nationen zur Teilnahme verhelfen
könnte?
Um diese
neue Spielform testen zu können, beschloss die FIH zweierlei: Bei den
Olympischen Jugendspielen im chinesischen Nanjing im August 2014 wurde
Hockey nur im neuen Format ausgetragen. Und Hockey5 wurde zur Saison
2013/14 weltweit für alle Hallenmatches eingeführt. Hallenhockey wurde
bis dahin mit fünf Feldspielern gespielt. Das Kalkül des Weltverbands
war, durch weniger Spieler mehr Aktionen, mehr Tore und dadurch höhere
Attraktivität zu schaffen. In den Bundesligen waren die Erfahrungen
indes so verheerend, dass der Deutsche Hockey-Bund (DHB) zur kürzlich
abgelaufenen Saison 2014/15 wieder zum alten System zurückkehrte – als
einzige Nation.
Die FIH hat
diesen Alleingang akzeptiert, weil sie weiß, dass sie den starken
deutschen Verband als Aushängeschild für die traditionelle Feldvariante
mit elf Spielern pro Team braucht. Und dass Hallenhockey nirgendwo so
populär ist wie in Deutschland, zeigt sich nicht nur an den Erfolgen der
deutschen Teams bei den bisherigen drei Hallenweltmeisterschaften, wo
sie fünf der sechs Goldmedaillen holten. Dennoch will Negre den Kampf,
auch die Deutschen von Hockey5 zu überzeugen, nicht aufgeben.
Vor allem
warnt er davor, Hallenhockey mit Hockey5 gleichzusetzen, auch wenn, wie
auch in Leipzig, international nur noch mit vier Feldspielern gespielt
werde. "Hockey 5 hat ganz andere Regeln, und es kann vor allem draußen
gespielt werden, so wie es viele neue Mitgliedsverbände wünschen", sagt
er. Tatsächlich unterscheidet sich Hockey5 in zwei Regeln gravierend von
der traditionellen Variante in Feld und Halle: Es gibt keine
Schusskreise mehr, Tore dürfen von überall erzielt werden. Und die
Strafecke als wichtiges Element hat kaum noch Bedeutung.
Genau das
ist der Grund, warum Heino Knuf die beiden unterschiedlichen Systeme
nicht für kompatibel hält. "Hockey5 ist eine andere Sportart", sagt der
Sportdirektor des DHB, "wenn wir komplett darauf umstellen würden, dann
verlören wir unsere Identität." Negre will das gar nicht verhehlen, er
will vielmehr dafür kämpfen, dass die neue Spielform zusätzlich ins
olympische Programm aufgenommen wird. Der Spanier zieht den Vergleich
zum Volleyball, der es geschafft habe, mit der Strandvariante neue
Zielgruppen anzusprechen, ohne seinen Ursprung aufzugeben. "Wir wollen
doch gar nicht, dass das traditionelle Hockey ausstirbt. Wir wollen,
dass der Weltverband durch die Neuerung gestärkt wird", sagt er.
Knuf
dagegen befürchtet, dass spätestens 2024 die traditionelle Feldvariante
keinen Platz mehr bei Olympischen Spielen haben wird: "Es ist das reine
Wunschdenken des Präsidenten, neben dem traditionellen Hockey eine
zweite Variante bei Olympia installieren zu können." Natürlich werde man
sich deshalb mit Hockey5 beschäftigen. "Wir wollen uns der Zukunft nicht
verschließen und können es uns nicht leisten, dort nicht anzutreten",
sagt er, "aber wir werden dafür neue Kader aufbauen müssen. Unsere
Athleten sind schon jetzt zeitlich so überlastet, dass wir ihnen keine
weitere Spielform zumuten können."
Was das für
die deutschen Vereine bedeutet, in denen bislang Hockey 5 als Spielform
nicht angeboten wird, ist schwer abzusehen. Die Frage, ob es für eine
Woche Aufmerksamkeit alle vier Jahre – das IOC spielt längst mit dem
Gedanken, das Hockeyturnier zeitlich einzudampfen – ratsam ist, eine
traditionelle Sportart sterben zu lassen, hat man sich im DHB schon
gestellt. Problem sind die Fördergelder des Bundesinnenministeriums, die
an das olympische Abschneiden gekoppelt sind. "Wir werden diese
Diskussion führen müssen", sagt Knuf, "aber wir werden alles tun, um
Hockey in dem Format zu belassen, in dem es jetzt stattfindet."
Was auf
keinen Fall zur Debatte steht, ist eine Abschaffung der Hallensaison.
"Die Halle ist für die technische und taktische Ausbildung unserer
Jugendlichen ein so wichtiges Element, das werden wir nicht aufgeben",
sagt Knuf. Negre kann das nachvollziehen, dennoch sieht er weltweit nur
eine Zukunft für die Variante unterm Dach, wenn sie ihre Regeln radikal
verändert – hin zu denen, die für Hockey5 gelten. "Deutschland muss
dabei eine Führungsrolle übernehmen. Ansonsten ist es sehr
wahrscheinlich, dass diese WM in Leipzig die letzte ist", sagt er. Knuf
kann das nicht schocken. "Das würden wir zwar bedauern", sagt er, "aber
die Hallen-WM gibt es erst seit 2003, in Deutschland wird aber viel
länger schon erfolgreich Hallenhockey gespielt. Deshalb hätte ein
Abschied der FIH aus dem Hallenhockey für uns keine gravierenden
Einbußen zur Folge."
Es
lebe die Show!
Nicht
spektakulär genug, zu personalintensiv: Die olympische Zukunft des
Hockeys ist gefährdet. Hektisch werden Konzepte zur Modernisierung
geschmiedet. IOC-Präsident Bach ist angetan − trotz höherer
Verletzungsgefahr und kritischer Stimmen aus Deutschland. Wie sehr lässt
sich ein Spiel für Olympia verbiegen?
Von Peter
Penders (aus "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 7. Februar 2015)
Natürlich
haben die deutschen Spieler bei der 4. Hallenhockey-WM wieder den Titel
als Ziel − und dafür sprechen ja auch einige Gründe. Zum einen finden
die Titelkämpfe in Leipzig statt, neben dem Heimvorteil spielt auch die
besondere Affinität zum Hallenhockey für die beiden deutschen
Auswahlmannschaften eine Rolle. Die deutschen Herren gewannen alle drei
bisher ausgespielten WM-Titel, die Damen zwei von drei. Ein deutscher
Doppelerfolg wäre aber auch aus ganz anderen Gründen eine lohnenswerte
Geschichte − er hätte historische Bedeutung. Der Internationale
Hockey-Verband (FIH) lässt kaum einen Zweifel daran, dass er bei seinem
nächsten Kongress Weltmeisterschaften in der Halle wieder abschaffen
wird. Das Spiel unter dem Dach soll sich dann zu einer allein
europäischen Sache entwickeln, während auf den anderen vier Kontinenten
das offenbar neue Lieblingsformat der IHF vorangetrieben werden soll.
"Hockey Global" heißt das Zauberwort − und gespielt wird dabei mit vier
Feldspielern quer über einen halben Feldhockeyplatz, mit Banden an den
Seiten und an den Grundlinien. Weil von überall auf das Tor geschossen
werden darf, entfallen die hockeytypischen Merkmale wie Schusskreise und
die Strafecken.
An
jährliche Regeländerungen haben sich die Hockeyspieler gewöhnt. Wenn
ehemalige Aktive nach ein, zwei Jahren ohne Besuch eines Hockeyspiels
mal wieder als Zuschauer zu einem Spiel kommen, erkundigen sie sich
zuerst nach den neuesten Regeln. Hockey hat so über die Jahre nicht nur
das Abseits abgeschafft, die frühe für Laien kaum durchschaubare
Sperrungsregel eliminiert, das Interchanging − die ständige Möglichkeit
zum Ein- und Auswechseln wie beim Eishockey oder Handball − und den
Selfpass eingeführt, durch den bei einem Freischlag nicht mehr ein
Mitspieler angespielt werden muss, sondern sich jeder den Ball selbst
vorlegen und dann weiterspielen kann. Das hat für deutliche
Veränderungen gesorgt: Das Tempo ist noch höher geworden, die Anzahl der
Tore deutlich gestiegen, und trotz der kürzeren Spielzeit von
international inzwischen 4 x 15 Minuten (noch eine Änderung im Vergleich
zu den noch bei den Olympischen Spielen in London angewendeten 2 x 35
Minuten) ist die Nettospielzeit einer Hockeypartie kaum kürzer − wenn
überhaupt − als bei einem Fußballspiel mit seinen zwei Halbzeiten à 45
Minuten.
Das alles
ist aber offenbar nicht spektakulär genug. Obwohl das olympische
Hockeyturnier in London ausverkauft war und spielend eine noch größere
Zuschauerkapazität hätte verkraften können, geriet Hockey zur seiner
eigenen Verblüffung nach den Spielen 2012 auf die Rote Liste der bei
Olympia gefährdeten Sportarten. Zu wenig Verbände (131), zu wenig
unterschiedliche Sieger − die Vorwürfe wirkten ein wenig konstruiert,
und in der Hockeyszene halten sich deshalb hartnäckig Gerüchte: Der
amerikanische Fernsehsender zahlt dem Internationalen Olympischen
Komitee (IOC) 4,38 Milliarden Dollar für die Übertragungsrechte bis 2020
und 7,65 Milliarden Dollar für die Zeit von 2021 bis 2032. Auch und
gerade natürlich für Hockey − aber damit ist Eishockey gemeint.
Feldhockey gilt in den Vereinigten Staaten als Mädchensport, und die
Amerikanerinnen sind kein Medaillengarant.
Die Sorge
um die olympische Zukunft hat hektische Betriebsamkeit bei der FIH
ausgelöst. Zunächst wurden auf Geheiß des IOC die Kriterien für die
Olympiaqualifikation verändert. Nun werden die Plätze für das olympische
Turnier nicht mehr in kontinentalen Wettbewerben ausgespielt, sondern in
der vierteiligen World League, die angeblich auch kleineren Nationen
größere Chancen einräumt. Theoretisch mag das stimmen, praktisch aber
bringt es viele nationale Verbände aufgrund der weltweit verstreuten
Turniere an den Rand des finanziellen Kollapses. Kurzfristige Neuerungen
aber sind die Hockeyspieler gewohnt, doch nichts verunsichert die Szene
nun so wie die Einführung des neuen Kleinfeld-Formats, das zunächst
Hockey5 genannt wurde und dafür sorgte, dass auch beim längst
eingeführten Hallenhockey nur noch mit vier statt mit fünf Feldspielern
agiert werden darf − der nationale Spielbetrieb in Deutschland bildet da
die Ausnahme. Dort wird nach einem Versuchsjahr wieder in der alten
Version gespielt, bei der WM in Leipzig mussten sich die Deutschen auf
die Schnelle wieder umstellen.
Vor einem Spiel bei den "Olympic
Youth Games" 2014 im chinesischen Nanjing im "Hockey5s" |
Hockey5 ist
aber schon wieder von gestern, jedenfalls der Name, nun ist der besseren
Unterscheidung wegen von "Hockey Global" die Rede − es soll nach
FIHLesart das Format werden, das dem Sport eine bessere Verbreitung
garantieren soll, weil nun auch kleine Nationen, die nur über wenige
Hockeyspieler verfügen, an einem Spielbetrieb teilnehmen können und der
FIH so die nötigen neuen Verbände zuführen sollen.
Entstanden
ist die Idee, weil das IOC für die Youth Games eine andere Spielform
wünschte. In Nanjing wurde im vergangenen Jahr erstmals auf dem
Kleinfeld gespielt − und das IOC war begeistert über das Spektakel mit
vielen Toren. Auch Leandro Negre, der FIH-Präsident, war angetan, vor
allem wohl über die wohlwollenden Worte des IOC-Präsidenten. "Thomas
Bach wollte beim Finale wegen anderer Verpflichtungen nur im ersten
Drittel zuschauen und blieb dann bis zum Schluss", sagt der Spanier,
"und danach hat er gesagt, dass sollten wir auch bei Olympia haben."
Ins Schema
der angestrebten neuen Strukturen Olympischer Spiele würde das passen,
und das lässt die Hockeyspieler hellhörig werden. Mehr Sportarten bei
gleichbleibender Anzahl von Athleten − das geht nur, wenn woanders
gestrichen würde. Einzelne Disziplinen in Sportarten bietet etwas
Potential, aber der größte Brocken auf einmal wäre bei
Mannschaftssportarten zu erreichen. "Deshalb haben wir die größten
Bedenken, wenn wir uns die einzelnen Mannschaftssportarten anschauen. Am
Basketball wird sicher nichts geändert, da könnte mit der in Nanjing
erprobten Drei-gegen-drei-Variante noch etwas dazukommen. Handball und
Volleyball kann man nicht verkleinern, also was bliebe übrig?", fragt
sich Heino Knuf, der Sportdirektor des Deutschen Hockey-Bundes. Die
Antwort läge mit "Fußball" auf der Hand, den selbst der Internationale
Fußball-Verband hat kein Interesse daran, dass bei Olympischen Spielen
die besten Spieler der Welt antreten und das Ganze so eine Konkurrenz
für Weltmeisterschaften werden könnte. Auch die Vereine murren alle vier
Jahre, wenn mitten in der Saison Spieler abgestellt werden müssen. Doch
die Hoffnung, dass Fußball gestrichen werden könnte, hegt im Hockey
niemand.
Das
olympische Hockeyturnier aber bündelt alle Nachteile, die dem
IOC-Programm zuwiderlaufen. Je zwölf Mannschaften mit 18 Akteuren plus
Trainern und Betreuern, die zwei Wochen lang viele Plätze im Olympischen
Dorf blockieren und am Ende ganze sechs Medaillen ausspielen, das klingt
gefährlich angesichts der IOC-Pläne. Das Format, das Hockey weltweit
weiterentwickeln und promoten soll, könnte so gleichzeitig das größte
Gefährdungspotential bieten. "Wenn das IOC und die FIH diese Art Hockey
so toll finden, wäre das doch eine Steilvorlage", sagt der deutsche
Bundestrainer Markus Weise, ein Olympionike der besonderen Art. Er hat
2004 in Athen die Damen und danach 2008 und 2012 die Herren zum
Olympiasieg geführt. "Ein tolles Spiel würde durch einen Show-Evevent
ersetzt − na bravo", sagt er. Weise ist froh, dass er sich gedanklich
nicht weiter damit beschäftigen muss. Bis zu den Olympischen Spielen
2020 in Tokio gibt es den Garantiebestand − was 2024 passiert, ist
offen.
Die Frage
wird sein, wie bereitwillig die FIH ist, den Charakter der gesamten
Sportart zu verändern − wegen möglicherweise dann nur noch einer Woche
Hockey alle vier Jahre beim olympischen Turnier. Vor allem der Aspekt,
dass bei "Hockey G" von überall auf das Tor geschossen werden darf,
sorgt allgemein für Stirnrunzeln. Der Schusskreis signalisiert jedem
Spieler von klein auf ein verändertes Abwehrverhalten und eine besondere
Wachsamkeit wegen der Gefahr von erheblichen Verletzungen. In Nanjing
endete das Turnier für einen deutschen Jugendspieler so mit einer
schweren Kopfverletzung, in Australien gab es bei Tests ähnliche
Zwischenfälle. "Wir haben im Hockey viele Regeln aus Sicherheitsgründen
verschärft − und jetzt sagt die FIH plötzlich: weg damit! Und das nur
des Spektakels wegen?", sagt Weise. Er wundert sich.
Die Wucht,
mit der die FIH seine "Hockey G"-Variante vorantreibt, überrascht die
nationalen Verbände, manche entsetzt es sogar. Bereits die
U16-Europameisterschaft im nächsten Jahr in der Schweiz soll nur auf dem
Kleinfeld gespielt werden, was Paul Schneider, den Sportdirektor des
Schweizer Hockey-Verbandes, vor Probleme stellt. "Wir haben noch
überhaupt keinen Platz dafür, und nicht jeder Hockeyplatz ist so ohne
weiteres dafür geeignet. Außerdem weiß noch niemand, woher die in
Nanjing verwendeten höheren Banden kommen sollen, und andere
Sicherheitsaspekte sind auch noch nicht geklärt." Nicht nur für
Schneider wirkt das Ganze wenig durchdacht, weil die Strukturen bislang
komplett fehlen. "Der U16-Kader hat 22, 24 Spieler. Künftig braucht man
aber noch die Hälfte − was sag ich den anderen? Die muss ich nämlich
auch weiterentwickeln, weil ich sie nämlich ein paar Jahre später
brauche, wenn im Herrenbereich wieder mit elf Akteuren gespielt wird."
Negre, dem
FIH-Chef, aber schwebt vor allem eine weitere Disziplin im Hockey vor.
Das neue Format soll irgendwann mit anderen Akteuren als zweiter Event
bei Olympischen Spielen ausgetragen werden. Ähnlich wie Fußball würde
11er-Hockey dann schon vor der olympischen Eröffnungsfeier beginnen und
das Teilnehmerfeld etwas verkleinert werden, damit in der zweiten Woche
auf derselben Anlage nach Umbauarbeiten "Hockey G" gespielt werden
könnte. Dass diese Vision Realität werden könnte, halten die wenigsten
für wahrscheinlich, und auch die Versicherung der FIH, das neue Format
solle keineswegs das gewohnte 11er-Hockey ersetzen, beruhigt nicht
unbedingt. "Solange ich FIH-Präsident bin, wird sich daran nichts
ändern", sagte Negre, was zum einen an den Satz "niemand hat die
Absicht, eine Mauer zu errichten" erinnert − und zum anderen natürlich
völlig richtig ist und deshalb keine Bedeutung hat: Der Spanier ist 70
Jahre alt, seine Amtszeit endet in zwei Jahren.
Die kleine
Hockeywelt ist aber in Aufruhr. Ein Wechsel zu "Hockey G" würde den
gesamten Sport verändern. Die Stimmen mehren sich, dann eben lieber auf
Olympia zu verzichten, wenn es das IOC so wolle. Die Rettung aber bietet
vielleicht eine andere Entwicklungsidee der FIH: Künftig will sie
weniger Gelder in ihre Programme für den asiatischen Raum stecken,
sondern Hockey in den Vereinigten Staaten promoten und eine Struktur im
amerikanischen Raum aufbauen. Der Deutsche Hockey-Bund begrüßt diese
Idee. "Denn eines ist doch klar", sagte Heino Knuf: "In Indien und
Pakistan hast du die Zuschauer, in den USA aber die großen
Olympiasponsoren und die Fernsehgelder." Und nichts scheint deshalb
wichtiger als eine amerikanische Mannschaft mit großen Medaillenchancen. |