Die "Frankfurter Allgemeine
Zeitung" schreibt am 29. Juli 2014 über die Mangelware "Hockeytrainer"
in Hessen
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Mangelware Hockeytrainer
In
Hessen gibt es zu wenige Übungsleiter, und die Vereine haben nicht genug
Geld, um einen zu bezahlen. Jetzt will der Landesverband für die Jobs
werben und sie attraktiver machen.
Von Nikolai
Huland (aus "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 29. Juli 2014)
"TEC
Darmstadt sucht Herrentrainer" steht auf der Homepage des Darmstädter
Vereins. Es ist nicht das erste Mal, dass der Drittligaklub ohne Coach
dasteht. Bevor der bislang letzte Trainer den Verein im April verließ,
hatte die Mannschaft anderthalb Jahre keinen Coach. Davor pendelte ein
Jahr ein Hockeylehrer aus Essen nach Darmstadt. Nun ist wieder Not am
Mann.
Darmstadt
ist nicht der einzige der 28 Hockeyklubs in Hessen, der auf der Suche
nach einem Hockeytrainer ist; Rüsselsheim, Hanau, Safo Frankfurt suchen
auch. Der Markt gilt als schwierig, manche sagen: "Er ist tot." In
Hessen fehlen gute Trainer – und den Vereinen fehlt das Geld, um einen
der wenigen qualifizierten Coaches zu bezahlen. Sie gehen nach Hamburg,
Köln oder Mannheim, weil sie dort mehr verdienen können.
Nur
wenige Diplomtrainer ausgebildet
Der bislang
letzte Trainer des TEC Darmstadt, Alexander von Scheven, ist ein
ehemaliger Bundesliga-Spieler, der in Darmstadt promovierte. Er coachte
erfolgreich, die Mannschaft war auf dem Feld nach der Hinrunde
ungeschlagener Tabellenführer. Nachdem von Scheven weg war, weil er
einen Job in Köln bekam, lief es bei den Darmstädtern nicht mehr so gut;
Ludwigsburg konnte sich noch an den Hessen vorbeischieben und stieg in
die Zweite Bundesliga auf. Thorsten Saemann, Abteilungsleiter Hockey bei
TEC Darmstadt, sagt über den ehemaligen Trainer von Scheven: "Es war ein
Glücksfall, dass er da war. Das war wie ein Treffer im Lotto." Nun will
der Verein am liebsten einen hauptamtlichen Nachfolger, um langfristig
planen zu können. Saemanns Wunschlösung: Ein Trainer mit Konzept für
Erwachsenen- und Jugendbereich, denn nur mit einem starken Unterbau aus
dem eigenen Verein könnten langfristig Erfolge gefeiert werden, sagt
Saemann. Doch ein gut ausgebildeter Trainer kostet einen Verein 60.000
bis 70.000 Euro pro Jahr. Diese Summe übersteigt den Etat eines
durchschnittlichen Hockeyvereins um ein Vielfaches.
Hochqualifizierte Hockeytrainer sind in Deutschland schwer zu finden:
Der Deutsche Hockeybund bildet alle zwei Jahre 16 bis 18 A-Lizenztrainer
aus, an der Kölner Trainerakademie haben seit den 70er Jahren 76
Hockeytrainer das Diplom geschafft. Das ist die höchstmögliche
Qualifikation. Chris Faust ist einer dieser Diplomtrainer. Er ist seit
zwei Jahren hauptamtlicher Jugendtrainer bei Safo Frankfurt und darf
sich von der IHK geprüfter Sport- und Vereinsmanager nennen. Faust sagt:
"Tophockey gibt es in Hessen nicht mehr. Dafür wurde zu viel
verschlafen." Die hessischen Vereine hätten den Strukturwandel im
deutschen Hockey verpasst. Klubs in Hamburg, im Rheinland oder in
Mannheim arbeiteten inzwischen professionell. Dort gebe es Strategien,
wie Geld in die Kasse kommen soll, und Netzwerke mit der Wirtschaft, um
zum Beispiel Arbeitsplätze für Spieler und Trainer zu organisieren.
Im
Teufelskreis des Sponsorings
Das
Hockeyteam des Rüsselsheimer Ruder-Klubs war lange eines der
erfolgreichsten des Landes, doch seit einigen Jahren geht es bergab. Die
Gründe: Coach Berti Rauth wechselte 2007 zum Hamburger Verein Club an
der Alster, nachdem er 28 Jahre die Hockeyabteilung erfolgreich gelenkt
hatte; und ein Jahr später zog sich Sponsor Opel zurück. Die Herren des
RRK spielen seit zwei Jahren in der Regionalliga und müssen seit mehr
als einem Jahr auf einen Spielertrainer zurückgreifen. Martin Müller
leitet die Hockey-Abteilung des Vereins und damit die Suche nach einem
Trainer: "Der Markt gibt Trainer nicht her, und wir haben auch einen
gewissen Qualitätsanspruch. Es gibt derzeit niemand, den wir zu einem
Gespräch einladen könnten." Erschwert wurde die Suche bislang, weil die
Damenmannschaft des RRK, sie spielt in der Bundesliga, ebenfalls bis vor
kurzem einen Trainer suchte. Um hier nicht ebenfalls einzubrechen, hatte
diese Aufgabe Priorität. Nach einem halben Jahr ohne Coach einigte sich
der RRK mit Maciej Matuszynski. Das zusätzliche, nötige Geld für einen
Herrentrainer aufzutreiben sei fast unmöglich, sagt Müller: "Das ist ein
Teufelskreis. Ohne Erfolg gibt es keine Sponsoren, ohne Sponsoren keinen
Erfolg!"
Geld von
Sponsoren hin oder her – Trainer gibt es nicht allzu viele. Chris Faust
glaubt, dass zu wenige junge Leute noch Trainer werden wollen: "Man ist
sozial isoliert: Hockeytrainer arbeiten, wenn andere auf der Couch
sitzen." Die Problematik verschärfe sich durch Maßnahmen in der
Bildungspolitik in den letzten Jahren, wie Umstellungen auf G8 sowie
Bachelor- und Master-Studiengänge. "Das ist ein großes Problem für den
Sport. Junge Trainer haben keine Zeit mehr."
Ideal,
aber rar: Lehrer-Trainer-Stellen
Der
Hessische Hockeyverband (HHV) habe erkannt, dass etwas getan werden
muss, sagt Bernd Monsau, stellvertretender Vorsitzender des HHV. "Wir
müssen signalisieren, dass wir als Verband mehr Trainer ausbilden
wollen." Dazu soll der vom HHV jährlich angebotene Lehrgang für die
Trainer-C-Lizenz mit 25 Plätzen besser beworben werden. In den letzten
Jahren waren die Lehrgänge allerdings ausgebucht. Außerdem will Monsau
den Vereinen dabei helfen, sich wie die Klubs in Hamburg oder im
Rheinland aufzustellen: Er plant, Konferenzen zu organisieren, bei denen
es darum gehen soll, wie Hockeyvereine Trainern bessere Perspektiven
bieten können – Hilfe zur Selbsthilfe also. Eine Idee dafür ist die
"duale Karriere". Vereine sollen sich darum kümmern, Trainer parallel
zum Job im Verein eine Anstellung zu beschaffen. Eine ideale, aber rare
Lösung dafür sind die Lehrer-Trainer-Stellen. Dies bedeutet, dass an
Sportschulzentren Lehrer zusätzlich auch Vereins- oder
Verbandsmannschaften trainieren und hauptsächlich vom Land bezahlt
werden. Insgesamt gibt es in Hessen 75 dieser Stellen, für Hockey
allerdings nur drei: In Limburg, Hanau und Rüsselsheim; eine vierte ist
für Frankfurt beim Kultusministerium beantragt. Helmut Simshäuser von
der Landesservicestelle für Sport macht aber wenig Hoffnung, dass noch
weitere Stellen für Hockey möglich werden. "Da ist wenig Luft nach oben.
Hockey ist eine kleine Sportart."
In
Darmstadt wartet Thorsten Saemann auf einen kompetenten Trainer. Falls
sich einer meldet, der ins Profil passt, will der Verein das Geld für
die ersten zwei Jahre zusammenbekommen. Saemann ist optimistisch, dass
das klappt; mögliche Geldgeber stünden wohl bereit. Falls sich aber kein
passender Trainer finden lässt, würde der TEC es auch mit einem
Herren-Honorartrainer probieren – falls sich denn einer mit Qualität
finden lässt. |
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