Verleihung des Silbernen
Lorbeerblattes an die Medaillengewinner der Olympischen Sommerspiele und
der Sommer-Paralympics Athen 2004 durch Bundespräsident Köhler
Mit der Ehrung der deutschen
Medaillengewinner von Athen 2004 nach ihren Erfolgen bei den
bedeutendsten sportlichen Wettkämpfen durch den Bundespräsidenten Dr.
Horst Köhler wird eine über fünfzigjährige Tradition fortgesetzt. An der
Zeremonie im Berliner Zeughaus am 16. März 2005 nahmen auch
Bundesinnenminister Otto Schily, NOK-Präsident Klaus Steinbach und
DSB-Präsident Manfred von Richthofen teil.
Das Silberne Lorbeerblatt
wurde am 23. Juni 1950 von Bundespräsident Theodor Heuss gestiftet. Es
ist die höchste staatliche deutsche Auszeichnung für sportliche
Leistungen. Am 23. Juni 1993 zeichnete Bundespräsident von Weizsäcker
erstmals auch behinderte Sportlerinnen und Sportler mit dem Silbernen
Lorbeerblatt aus.
Das Silberne Lorbeerblatt
wird für herausragende sportliche Leistungen verliehen. Bei der Wertung
wird ein strenger internationaler Maßstab angelegt. Dabei reichen
einmalige Einzel- und Mannschaftsleistungen für eine Auszeichnung
grundsätzlich nicht aus. Wegen der besonderen sportlichen Bedeutung
erhalten die Medaillengewinner der Olympischen Spiele und der
Paralympics generell das Silberne Lorbeerblatt. Sie werden traditionell
durch den Bundespräsidenten persönlich ausgezeichnet.
Die Sportlerinnen und
Sportler erhalten das tragbare Ehrenzeichen, eine Verleihungsurkunde und
jeweils eine Damen- bzw. Herrenminiatur. Dabei werden auf der Rückseite
des Ehrenzeichens Ort und Jahreszahl der Spiele graviert.
"Menschlich und charakterlich sind diese Sportler Vorbilder. Wir können
ihren Siegeswillen und Optimismus in Deutschland gut gebrauchen", sagte
Köhler. Wojtek Czyz, dreifacher Goldmedaillensieger der Paralympics,
bedankte sich im Namen der behinderten Athleten bei Köhler: "Mit ihrer
Anwesenheit in Athen haben sie ein Zeichen gesetzt, dass unser Sport als
Leistungssport anerkannt wird." Birgit Fischer, die in Griechenlands
Metropole bei ihren sechsten Spielen erneut Gold und Silber gewann,
würdigte den Mannschaftsgedanken: "Erfolge sind immer Ergebnisse guter
Teamarbeit."
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Bundespräsident Dr.
Horst Köhler überreicht den Medaillengewinnern der Olympischen
Spiele und der Sommer-Paralympics in Athen, hier der Schwimmerin
Franziska von Almsick, am 16. März 2005 in Berlin das Silberne
Lorbeerblatt. |
Grußwort von
Bundespräsident Dr. Horst Köhler zur Verleihung des Silbernen
Lorbeerblatts
"Mit
der Verleihung ganzer Kränze von Lorbeer habe ich seit meinem Besuch bei
den Paralympics 2004 schon ein wenig Erfahrung. Das Silberne
Lorbeerblatt dagegen verleihe ich heute zum ersten Mal. Ich freue mich
darüber, nicht zuletzt, weil ich selber gern Sport treibe und mich auch
gern als Zuschauer vom Sport begeistern lasse.
Das
Silberne Lorbeerblatt ist die höchste deutsche Auszeichnung für
sportliche Leistung. Ich habe mir zur Vorbereitung auf den heutigen Tag
einmal angesehen, welche Überlegungen Theodor Heuss, der erste
Bundespräsident, angestellt hat, ehe er vor mehr als 50 Jahren das
Silberne Lorbeerblatt stiftete. In einem seiner Briefe schreibt er dazu:
"Ich will aus der Geschichte keine große Sache machen, sondern möchte
annehmen, ein ganz leicht stilisiertes, silbernes Lorbeerblatt würde
einen gewissen, gerade in seiner Einfachheit schlichten Charakter haben.
Natürlich wird jemand sagen können, dass dies nicht gerade
industriefördernd ist, wo man eher mit Humpen oder Bowlen oder Schalen
rechnet ..."
Ich
finde, Theodor Heuss hat auch da weise entschieden. Das Silberne
Lorbeerblatt ist als höchste staatliche Auszeichnung im Bereich des
Sports zum Begriff geworden, und es macht sich am Revers nun wirklich
besser als jeder Humpen.
Das
Silberne Lorbeerblatt würdigt - anders als Goldmedaillen und
Meistertitel - nicht die einmal erbrachte sportliche Bestleistung,
sondern es wird Sportlerinnen und Sportler verliehen, die wiederholt
sportliche Erfolge erzielt haben und auch menschlich und charakterlich
vorbildlich sind.
Diese
Vorbildfunktion von Sportlerinnen und Sportlern halte ich für mindestens
ebenso wichtig, wie es die sportlichen Höchstleistungen sind. Wenn
Sportler wie Sie ihre Mitbürger durch Einsatz, Energie und Erfolg
begeistern, dann sind Sie viel mehr als Spitzenathleten und
Publikumsmagneten. Ihre Mitbürger lassen sich über den Sport hinaus
beflügeln von Ihrem Enthusiasmus und Ihrer Disziplin. Der Sport gibt
nicht nur denen, die ihn betreiben, sehr viel, er hat auch eine große
Bedeutung für unsere Gesellschaft als ganzes. Auf dem Spielfeld, in der
Loipe, in der Sporthalle wird geformt und wird wirksam, was überall auf
der Welt gebraucht wird: Vorbilder durch Leistung und Persönlichkeit.
Unter den am 16. März 2005 in Berlin vom Bundespräsidenten mit dem
Silbernen Lorbeerblatt ausgezeichneten Sportlern sind natürlich auch
die RRK-Hockeyspielerinnen Silke Müller, Denise Klecker und Mandy
Haase, die für die gemeinsam mit der deutschen
Damen-Hockey-Nationalmannschaft in Athen gewonnene Goldmedaille
geehrt werden. |
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Die
Vereinten Nationen haben das Jahr 2005 zum Jahr des Sportes erklärt.
Warum ist der Sport überhaupt ein Thema für eine internationale
politische Organisation, mag man sich fragen? Eben weil der Sport Dinge
im Menschen fördert, die jede Gesellschaft reicher machen: Teamgeist,
Respekt, Engagement und vor allem Fairness. Sport verbindet Menschen
weltweit, baut Brücken, bringt uns im friedlichen Wettkampf zusammen.
Sport zeigt uns, dass wir uns gerade durch friedlichen Wettbewerb
gegenseitig anspornen und voneinander lernen. Beim Sport erfahren wir,
dass Wettbewerb hart sein kann, aber wir erfahren auch, dass er eben
nicht persönliche Gegnerschaft oder gar Feindschaft bedeutet. Der Wille
zur Höchstleistung, der Mut, seine Kräfte mit anderen zu messen und die
Zähigkeit, selbst nach einer Niederlage wieder aufzustehen und weiter an
sich zu arbeiten - all das sind unverzichtbare Tugenden auch für jede
offene, im Wettbewerb stehende Gesellschaft.
Ob
Profis oder Amateure, ob Sportler mit oder ohne Behinderung, ob
Olympioniken oder Hobbyathleten: Alle leisten sie ihren eigenen,
unverzichtbaren Beitrag dazu, diese Tugenden zu stärken. Fast drei
Millionen Deutsche engagieren sich ehrenamtlich für den Sport, ganz zu
schweigen von den Abermillionen Sportbegeisterten daheim vor den
Fernsehern und Radios. Für diese und für viele andere sind Menschen wie
Sie Vorbilder, weil Sie mit Ihrem Können, mit Ihrem Einsatz und mit
Ihrer Fairness für all das Gute stehen, das eine Gesellschaft wie die
unsere hervorbringen und voranbringen kann. Gerade wir in Deutschland
können den Optimismus, die Energie und den Siegeswillen gut gebrauchen,
den Sie bewiesen haben. Jede und jeder von Ihnen verdient die besondere
Anerkennung, die durch die Verleihung des Silbernen Lorbeerblatts heute
zum Ausdruck kommt.
Höchstleistung ist ein Wort, das eigentlich nicht mehr steigerbar ist.
Dennoch möchte ich den Behindertensport noch ganz besonders würdigen:
Mein Besuch bei den Paralympics in Athen war für mich ein
unvergessliches und tief beglückendes Erlebnis. Ich habe dort Menschen
mit Behinderung kennen gelernt, die einen Mut und Leistungswillen haben,
die für mich eine große Ermutigung waren und von denen sich viele eine
große, große Scheibe abschneiden können. Deutschland war bei den
Paralympics sehr erfolgreich. Das ist ein Ausdruck der guten
Entwicklung, die der Behindertensport bei uns genommen hat; und ein
anderer Ausdruck dieser guten Entwicklung ist es, dass das Silberne
Lorbeerblatt für Medaillengewinne bei den Paralympics längst gute
Normalität ist.
Sportlicher Erfolg hat immer viele Väter und Mütter. Dazu gehören
Mannschaftskameraden und Betreuer, Sportverbände und Trainer, Freunde
und natürlich die ganze Familie. Wenn Sie die alle mitgebracht hätten,
dann hätten wir uns ein paar Kilometer weiter, in der
Max-Schmeling-Halle, treffen müssen. Ich grüße herzlich diejenigen, die
Sie hierher mitgebracht haben, und bitte grüßen Sie auch alle
diejenigen, die heute nicht mit dabei sein können.
Bei der
Olympischen Spielen und bei den Paralympics habe ich einige Male den
Satz gehört: "You won Silver, you lost Gold." Diesen Satz habe ich nie
so recht verstanden, denn jede Medaille ist doch ein Riesenerfolg. Zum
Silbernen Lorbeerblatt passt der Satz erst recht nicht. Da kann es nur
heißen: "You won Silver, keep going for Gold!"
Ich
wünsche Ihnen allen auch weiterhin viel Erfolg. Bleiben Sie uns allen
ein Vorbild!"
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Die Empfänger des Silbernen Lorbeerblattes am 16. März 2005 mit dem
Bundespräsidenten und dem Bundesinnenminister im Berliner Zeughaus
nach der Verleihung |
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