Der Ruderverein Rüsselsheim besteht im Jahr 1928 20 Jahre. Die Rudertätigkeit nimmt unter der Leitung
von "Pip" Friedrich Traiser und Peter Horle gegenüber dem
Vorjahr einen enormen Aufschwung.
Bereits am 21. Januar 1928 hält der RVR im Bootshaus seine
Generalversammlung ab, die gut besucht ist. Mit der Entwicklung der
Wirtschaftskasse, d.h. dem Geschäft des RRK in seiner
Bootshaus-Gastronomie, und den sportlichen Erfolgen im vergangenen Jahr
kann man nicht zufrieden sein. Der Vorstand wird fast geschlossen
wiedergewählt, die Leitung des RVR verbleibt damit in den bewährten
Händen von Wilhelm Bersch.
Erste Kappensitzung
im RVR-Bootshaus 1928 (hinten: Wilhelm Krämer, Otto Stopfer,
Rudolf Fritz, Theo Petzold, Albert Dittmann, Friedebert Armbruster, Ludwig Hill, Karl Müller,
Joseph Grass, Oscar Schlieben, Otto Stocker; vorn: Will Pabst, Marcel Schopfer) |
Winterarbeit
im Ruderbecken 1928 (hinten: Karl Meurer, Leo Daum, Fritz
Brumme, Philipp Jung, Wilhelm Heil,
Marcel Schopfer, Wilhelm
Petzold, Adam Müller; vorn: Friedrich Traiser, Gotthard
Roßbach, Karl Pöppel) |
Anzeige in der
"Main-Spitze" am 4.Februar 1928 |
Anzeige in der
"Main-Spitze" am 28. April 1928 |
Anzeige in der
"Main-Spitze" am 3. März 1928 |
Am 4. Februar 1928 veranstaltet der RVR in allen Räumen des
Bootshauses einen großen Faschingsrummel für Mitglieder, Angehörige,
Freunde und Gönner.
Die Hockeyabteilung trifft sich während der Wintermonate mit auswärtigen
Mannschaften zu Wettspielen, wobei der RVR immer zwei Herrenmannschaften
stellen kann.
Traditionsgemäß wird das Anrudern von den
Rudervereinen in Raunheim, Flörsheim und Rüsselsheim gemeinsam
durchgeführt. Wir zitieren die "Main-Spitze":
"Das Anrudern vom
Sonntag ist gleich vielen andern sportlichen Veranstaltungen
dem Unwetter teilweise zum Opfer gefallen. Der Wettergott ist
anscheinend aber auch im besonderen den Ruderern nicht gut
gesinnt, den während die ganze vorige Woche denkbar bestes Wetter
war, setzte Sonntag früh schon ab und zu ein Sprühregen ein, der
nachmittags von einem orkanartigen Unwetter abgelöst wurde. Für
die Jugend der Ruderer, die auf dem Wasser zu Hause ist, war dies
jedoch kein Hindernis, dem Ruf ihrer Vereine zum
gemeinschaftlichen Anrudern in großer Anzahl zu folgen.
Das gemeinsame Anrudern der Rudervereine von Raunheim, Flörsheim
und Rüsselsheim fand seinen Auftakt in der Bootstaufe des RVR, der
zwei Schulboote, die den Namen "Eleonore II" und "Seppl"
(diesen zum Gedenken des leider allzu früh verstorbenen Trainers
des Vereins, Herrn Josef Dörrstein) erhielten, in den Dienst
stellen konnte.
Frühzeitig war auf dem Wasser reges Leben, und es war ein
stattlicher Anblick, als sich die große Flotte von weit über 20
Booten um 2.30 Uhr in Bewegung setzte. Jedem Zuschauer musste klar
werden, dass in der Gesamtsportbewegung Rudern wohl einen der
Hauptfaktoren bildet. Hoffentlich trug diese gemeinsame
Veranstaltung der Rudervereine dazu bei, dem Rudersport erneut
Freunde zu erwerben.
Die Auffahrt der Boote ging von der Brücke bis zum Bootshaus
Undine, von dort aus zurück im Kiellinie bis Raunheim. Der
Raunheimer Ruder-Klub konnte gleichzeitig einen Rennvierer und
einen Rennachter in Dienst stellen. Die Boote waren kaum zur
ersten Fahrt auf dem Wasser, als ein starkes Unwetter einsetzte,
das die bis dahin stimmungsvoll verlaufene Feier jäh unterbrach.
Das Wetter konnte indes die Ruderer nicht daran hindern, ihre
Boote auch wieder nach Hause zu rudern." |
Anrudern beim RVR
1928 mit Taufe von zwei Booten, dem Gig-Vierer "Eleonore II" und
dem Schulzweier "Seppl" |
Klarer Sieg des
RVR im Ersten Jungmann-Vierer in Frankfurt 1928 durch Karl
Pöppel, Marcel Schopfer, Karl Meurer, Fritz Brumme und Stm.
Friedrich Traiser |
Die Rennmannschaften des RVR starten zunächst auf der großen
Jubiläums-Regatta in Frankfurt mit gutem Erfolg. Lassen wir erneut die "Main-Spitze" zu Wort kommen:
"Der Ruderverein
Rüsselsheim beteiligte sich am 23. und 24. Juni an der großen
Frankfurter Regatta. In Anbetracht des 40 jährigen Bestehens des
Frankfurter Regatta-Vereins sowie der mit den großen Rennen
verbundenen Ausscheidungsrennen für die Olympiade in Amsterdam
war dieser Regatta ganz besondere Bedeutung zugefallen, was auch
ohne weiteres an der Zahl der abgegebenen Meldungen zum Ausdruck
kam.
Der Ruderverein Rüsselsheim bestritt mit der Mannschaft Karl
Pöppel, Marcel Schopfer, Karl Meurer, Fritz Brumme, Steuer
Friedrich Traiser den Ersten Jungmann-Vierer. In Anbetracht des
starken Feldes (16 Boote) qualifizierten sich lediglich drei
Vereine zum Hauptrennen, welches den Ruderverein Rüsselsheim
gegen den Mainzer Ruder-Verein und Frankfurter Ruderverein als
Sieger sah.
Der Achter, zusammengesetzt aus vorgenanntem Vierer, ergänzt
durch die Herren Ludwig Eisele, Leo Daum, Wilhelm Heil und Peter
Ganzer, bestritt den Preis von Oberrad, in welchem er auf
ausgezeichnete Konkurrenz stieß, welche sich auf den Regatten
in Heidelberg, Worms, Stuttgart und Karlsruhe schon bewährt
hatte. Im Hauptrennen lagen Undine Offenbach, Mainzer
Ruder-Verein, Wormser Rudergesellschaft und Ruderverein
Rüsselsheim noch am Start. Undine Offenbach, welche ihr
Fahrwasser verließ, wurde ausgeschlossen und das wiederholte
Rennen sah Ruderverein Rüsselsheim mit einer knappen Länge als
Sieger vor Worms.
In beiden Rennen fiel die gute
Form unserer Mannschaften angenehm auf. Diese beiden Erfolge,
errungen gegen stärkste Konkurrenz, haben gezeigt, dass der
Ruderverein Rüsselsheim heute wohl über den stärksten
Jungmann-Vierer und Achter Süddeutschlands verfügt." |
Es folgen die Regatten in Gießen, Höchst, Heidelberg, Mainz und Bad
Ems. Auch auf der Regatta in Gießen siegen die Mannschaften mit Fritz
Brumme am Schlag im Ersten Jungmann-Vierer und Ersten Jungmann-Achter,
außerdem die zweite Hälfte des Achters im Zweiten Jungmann-Vierer. Der
Jugend-Vierer mit Hermann Jahn, Fritz Bangert,
Georg von Opel, Karl Saar und Stm. Bernhard Nachmann kann in Heidelberg einen
Sieg holen. Doch in Höchst, Mainz und Bad Ems gelingt kein erster
Platz.
RVR-Jungmannachter
1928 in Frankfurt siegreich (Stm. Friedrich Traiser, Fritz
Brumme, Karl Pöppel, Leo Daum, Karl Meurer, Marcel Schopfer,
Wilhelm Heil, Peter Ganzer, Ludwig Eisele) |
Nach den Sommerregatten wird 1928, wie in den letzten Jahren als
Abschluss der Rudersaison
im Herbst, bereits anfangs August
der "Städte-Achter" ausgetragen, an dem sich außer dem RVR der
Flörsheimer RV und die RG Undine Rüsselsheim beteiligen. Hier zeigt
sich die Überlegenheit der Ruderer des RVR, die dieses Achterrennen
mit anderthalb Bootslängen gegen den FRV und mit einer weiteren Länge Abstand
gegen die RGUR gewinnen. Anschließend wird das Training für den
Jungmann-Achter beendet.
Im Herbst folgen noch Regatten in Boppard, Mainz und Frankfurt. Zwei weitere Siege gelingen einem
Jungmann-Vierer mit Wilhelm Petzold, Rudolf Liedke, W. Burr, Gotthard Roßbach
am Schlag und Fritz Brumme am Steuer in Boppard und auf der Herbstregatta in Frankfurt, außerdem
ein Sieg dem Jugend-Vierer in Mainz.
Insgesamt
werden im Jahr 1928 auf sieben
offenen Regatten also 9 Siege für
den RVR errungen, dazu der Städte-Achter. Unter den 500 Vereinen des Deutschen Ruderverbandes liegt der
RVR damit etwa an der 35. Stelle.
Aus Anlass der am 26. August 1928 vorgenommenen Einweihung
der Opelbrücke zwischen Rüsselsheim und Flörsheim nimmt der RVR in Gemeinschaft
der Rüsselsheimer, Flörsheimer, Raunheimer und
Hochheimer Ruderer an einer gemeinsamen Auffahrt teil.
Anzeige in der
"Main-Spitze" am 4. August 1928 |
Anzeige in der
"Main-Spitze" am 15. September 1928 |
Beim Abrudern mit interner Regatta am 16. September werden acht Rennen
ausgefahren. Im Rennen um die Vereinsmeisterschaft im Einer, dem
"Preis von der Horlach", siegt Peter Horle mit etwa
drei Bootslängen vor dem sich wacker wehrenden Fritz Brumme. Außerdem
werden folgende Rennen ausgetragen:
Schüler-Vierer
"Preis vom Negerdorf"
1. Boot: Hermann Jahn, Fritz Bangert, Karl Saar, Georg von
Opel, St. ... Enders
2. Boot: Mannschaft Karl Renker
Die mit 10 Sekunden Vorsprung abgelassenen Schüler hielten
sich sehr gut gegen die kampferprobte Opel-Mannschaft, deren
größere Routine einen sicheren Sieg herausholte.
Schüler-Zweier
"Preis vom Bopps-Eck"
1. Boot: ... Kyritz, R. Müller, St. Karl Heuß
2. Boot: Mannschaft Rudolf Fritz
Die stärkere Müller-Mannschaft konnte ihren Gegner sicher
halten und gewinnt mit zwei Längen.
Erster
Vierer "Preis vom Robiger"
1. Boot: Wilhelm Petzold, Rudolf Liedke, Wilhelm Heil,
Gotthard Roßbach, St. Karl Hill
2. Boot: Mannschaft Albert Meeser
Harter Kampf bis auf 1.000 Meter, den alsdann die
Roßbach-Mannschaft gegen den nachlassenden Gegner überlegen
gewinnen kann.
Meister-Zweier
"Preis der Mainflinger"
1. Boot: Karl Meurer, Richard Trapp, St. Willi Klein
2. Boot: Mannschaft Marcel Schopfer
3. Boot: Mannschaft Paul Diehl
Schlechte Steuerung, hierdurch behindert gibt Mannschaft
Diehl auf halber Fahrt auf, schärfster Kampf der beiden
übrigen Mannschaften bis ins Ziel. Mit Luftkasten-Länge
gewonnen.
Zweiter
Vierer
"Preis von den Fichten"
1. Boot: Heinrich Klein, Adam Müller, Alfred Körbel, Philipp
Jung, St. Alfons Margraf
2. Boot: Mannschaft Otto Sechting
3. Boot: Mannschaft Karl Hungsberg
Überlegener Sieg der Jungmannschaft. Die Gegner laufen in
großem Abstand ein.
Erster
Schüler-Zweier "Preis vom Asel"
1. Boot: Hermann Jahn, Karl Saar, St. Fritz Brumme
2. Boot: Mannschaft Karl Schömbs
3. Boot: Mannschaft Georg von Opel
Anfänglich harter Kampf, den die Mannschaft von Opel, gut im
Rennen liegend, infolge Riemenverwechslung aufgeben muss.
Sicherer Sieg der eingespielten Saar-Mannschaft.
Großer Achter
"Preis von der Brücke"
1. Boot: Wilhelm Petzold, Ludwig Eisele, Wilhelm Heil,
Gotthard Roßbach, Peter Horle, Richard Trapp, Karl Pöppel,
Fritz Brumme, St. Karl Hill
2. Boot: Mannschaft Paul Diehl
Harter Kampf der beiden gleichwertigen Mannschaften, der
erst im Ziel mit einer knappen halben Länge entschieden
wird.
|
Nach den Ruderrennen finden noch
Wasserspiele statt, deren Höhepunkte die "Büttenmeisterschaft" und das "Fischerstechen"
sind. Mancher Teilnehmer muss mit einem nassen Bad vorlieb nehmen, bis
der Sieg feststeht.
Mit von 74 Ruderern ausgeführten 1.221 Fahrten und 5.015
Bootskilometern wird die größte Anzahl von Fahrten in einer
Rudersaison seit Bestehen des RVR erzielt. Sieger im
Fahrtenpreis-Wettbewerb wird Peter Horle mit 265 Fahrten und 803
geruderten Kilometern vor Marcel Schopfer.
Endlich kann im Herbst der Bau eines eigenen
Hockeyplatzes in Angriff genommen werden. Unter
Leitung des Hockey-Sportwarts Peter Horle wird die
Fohlenweide in unmittelbarer Nähe des Bootshauses mühevoll
planiert und mit einer Aschendecke versehen.
"Goldenes Buch des RVR", gestiftet von den Damen des Vereins 1928 |
Einladung zum "Hes´chen-Essen"
des RVR am 22. Dezember 1928 |
Am 25. Juli 1928 begeht der RVR sein 20-jähriges Jubiläum,
das jedoch infolge der sportlichen Inanspruchnahme der
Ruderer nicht an diesem Tag gefeiert werden kann; aber am
10. November wird das Fest nachgeholt. Anlässlich des
Jubiläums stiften die Damen dem RVR das "Goldene
Buch".
Auf Veranlassung des Vergnügungsausschuss-Vorsitzenden,
Friedebert Armbruster, findet Anfang Dezember das erste
Hasenessen im RVR statt, an dem sich etwa 60 Mitglieder
beteiligen. Diese "Hasenkneipe"
wird des guten Anklanges wegen drei Wochen später als
"Hes'chen-Essen" wiederholt.
|