|
Über Mitglieder des
RRK (1987)
Walter Leichtweiß |
|
Walter Leichtweiß:
Mannschaftssport
fördert Gemeinschaft Von
Wolfgang Wenzel (aus "Main-Spitze" vom 2. Mai 1987) |
Im bürgerlichen Beruf setzt er ins technisch Machbare um,
wo Automobil-Designer zuvor den künstlerischen Strich gezogen haben. In seiner
sportlichen Karriere hat er mit dem unbedingten Willen zum Erfolg
Mannschaftsgeist geschmiedet ‒ erst als Aktiver mit dem "Krummstock" aus
halbrechter Position, dann als "Coach" einer schon Legende gewordenen
Mannschaft.
Glanz huscht über die Augen von Walter Leichtweiß, wenn er von den
Hockeykameraden spricht, die im Aufbruch 1968 den Rüsselsheimer RK zur deutschen
Meisterschaft zu führen begannen. Inzwischen ist die Geschichte über dieses
ruhmreiche Kapitel hinweggegangen, als die Sportstadt Rüsselsheim noch von zwei
Säulen getragen wurde ‒ vom Fußballverein SC Opel und seinem Nachbarn, dem RRK.
Die Konjunktur des Erfolges weist nach unten. Die RRK-Hockeyabteilung, von 1972
bis zur letzten Meisterschaft in Heidelberg von Leichtweiß als Trainer geführt,
kämpft allerdings immer noch in der Bundesliga ums sportliche Überleben; immer
dicht vor dem Abstieg.
Für Walter
Leichtweiß
und den RRK 1968 die erste Deutsche Feldhockey-Meisterschaft
(hinten: Fritz Schneider, Debu Paul, Coach Josef Schnur, Bodo
Schäfer, Walter Leichtweiß, Wolfram Jirzik, Manfred Liebig,
Rainer Seifert, Helmut Köhler, Fritz Schmidt,
Abteilungsleiter Alfred Rausch; vorn: Hans Hermann, Frieder
Fleck, Thomas Blivier, Peter Kraus, Randolf Renker, Martin
Müller, Michael Heuß) |
Doch in dem Ex-Coach lebt ein Stück Elitebewußtsein fort, der Ehrgeiz, Sieg und
Platz abzuringen mit einer "verschworenen Gemeinschaft, die das Letzte zu geben
bereit ist". Vor knapp drei Monaten nahm er wie selbstverständlich die
Hessenmeisterschaften der Hockey-Senioren mit. Aus dem Vereinsleben hat er, als
er vor einigen Tagen seinen 50. Geburtstag feierte, sich sonst zurückgezogen,
spielt Tennis und beobachtet aus der Distanz des Erfahrenen, in welche Richtung
die Dinge im Rüsselsheimer Hockeysport treiben. Eines, gilt für ihn als gewiss:
die hohe Zeit des RRK, gemessen an den Maßstäben der sechziger Jahre, als sich
auf dem Rasen am Stadion einige Spieler der späteren Olympiamannschaft von 1972
zu bewähren begannen, ist vorbei. Das hängt an den materiellen Voraussetzungen,
am Fehlen eines Kunststoffrasens, der schnelle Spieltechniken gestatten würde.
Aber auch an der Kommerzialisierung des Sportes. Nachwuchsspieler aus den
eigenen RRK-Reihen können die Spielstärke kaum halten, für auswärtige Spieler
ist Rüsselsheim als Hockeystadt nicht mehr so interessant.
"Für uns war Hockey ein und alles", das klingt wie ein Glaubensbekenntnis aus
dem Mund des Ex-Coachs, der als Bub lieber Fußball beim SC Opel spielen wollte,
dann aber 1947 zum RRK stieß, weil der Hockeyplatz fast vor der Tür seines
Elternhauses lag. Sein Einstieg fiel in die Zeit, als man sich für die Ästhetik
des Hockeyspiels zu interessieren begann, das "körperlose Spiel" bevorzugte.
"Ein Hockeyschläger ist schon ein Gerät mit dem man Gewalt ausüben kann", weiß
Walter Leichtweiß. Während der fünfziger und frühen sechziger Jahre besaß Hockey
den Charakter des feudalen Privatsports ‒ Begegnungen wurden auf der Ebene von
Freundschaftsspielen ausgetragen, Punktrunden lösten diese Form der
Wettkampforganisation erst später ab. Mit 16 Lenzen spielte Walter Leichtweiß in
der ersten RRK-Mannschaft. "Meine Generation", urteilt er heute, "machte das
Rüsselsheimer Hockey in Deutschland erst zum Begriff". Sport war für den
späteren Trainer und seine Gesinnungsgenossen "Lebensinhalt" und somit
sinnstiftend ‒ im Unterschied zu heute, wo es schwerer sei, junge Leute der
berauschenden Unterhaltungsindustrie zu entziehen und sie zu begeistern.
1962 nahm Leichtweiß als RRK-Spieler zum ersten Male an einer deutschen
Meisterschaft teil, zwei Jahre später hatte sich die Mannschaft bis ins
Viertelfinale vorgeschoben, trat in der Halle in Wolfsburg "zum erstenmal
wirklich in Erscheinung". 1968 errang der RRK die deutsche Meisterschaft, ohne
aber in die Bundesliga aufgenommen zu werden, weil die Qualifikation über
Landesausscheidungen erfolgte: "Und der RRK war nur Zweiter oder Dritter in
Hessen."
Das hat in ihm gerührt. 1969 klappte der Aufstieg, 1971 stand der RRK mit
Leichtweiß wieder an der Spitze, anderthalb Jahre später wechselte er das Trikot
des Aktiven mit dem Gewand des Spielertrainers, um noch einmal sieben Jahre lang
Hockeygeschichte für Rüsselsheim zu schreiben. Als der RRK 1979 in Heidelberg um
den Titel kämpfte, trat Walter Leichtweiß vom aktiven Sport ab. Eine Erkenntnis
ist geblieben: "Für junge Menschen ist es gut, Mannschaftssport zu betreiben,
mit Gleichgesinnten zum Erfolg zu kommen. Denn außer dem Sport lernt er Menschen
kennen und bewegt sich in der Gesellschaft ganz anders."
|