Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Walter Leichtweiß

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"Der Klub war das Leben"

Statt Hockeybällen jagt Walter Leichtweiß nun Wildschweinen hinterher

Von Andrea Duphorn (aus "Main-Spitze" vom 31. Mai 2003)

Wer Walter Leichtweiß in seinem Zuhause in der Frankfurter Straße besucht, wird von Felix und Maik erst einmal eingehend beschnuppert. Die beiden Jagdhunde, eine vier Jahre alte deutsche Bracke und ein pfiffiger Rauhaardackel mit dunklen Knopfaugen, sind so etwas wie die Leibgarde des langjährigen Hockeyspielers vom Rüsselsheimer RK, der in den siebziger Jahren auch als Trainer noch manch stattlichen Erfolg feierte.

Mit dem rüstigen Ruheständler, der bis vor vier Jahren noch für das Seniorenteam der Nauheimer Tennisgemeinschaft ans Netz ging, einen Termin zu vereinbaren, um mit ihm über seine sportliche Vergangenheit und die Zeit danach zu plaudern, ist nicht einfach. Das liegt zum einen daran, dass das für Walter Leichtweiß "alles so lange her" und "doch gar nicht mehr interessant" ist. Zum anderen aber auch daran, dass der 66-Jährige viel beschäftigt ist. Mit Umbauarbeiten an seinem Elternhaus, mit Reisen, vor allem aber mit dem Jagen. Überwiegend im Odenwald, aber auch in Brandenburg, Polen oder Kroatien.

Zur Person

ڤ Name: Walter Leichtweiß
ڤ Geboren: 27. April 1937 in Rüsselsheim
ڤ Familienstand: verheiratet, drei Kinder, drei Enkelkinder
ڤ Beruf: technischer Angestellter (im Ruhestand)
ڤ Sportliche Erfolge: zwei deutsche Feldmeisterschaften (1968 und 1971) und diverse Europapokal-Medaillen als Aktiver, fünf DM-Titel (Feld: 1975, 1977 und 1978 / Halle: 1976 und 1979) als Coach des RRK-Hockeyteams
ڤ Hobbies: Sport (Tennis, Skifahren)

Dass der gebürtige Rüsselsheimer im Alter von zehn Jahren zum Hockey fand, lag schlicht und einfach daran, dass der Hockeyplatz im wahrsten Sinne des Wortes "um die Ecke" lag. Zum Fußballtraining hätte das jüngste von vier Geschwistern durch die ganze Stadt und bis "fast nach Bischofsheim" gemusst.

"Viele aus unserem Viertel ‒ ich könnte bestimmt zehn aufzählen ‒ haben damals angefangen Hockey zu spielen", erinnert Leichtweiß sich zurück. "Das war ein richtiger Boom. Wir sind runter auf den Platz gegangen, haben uns an den Kreis gestellt und Bälle aufs Tor geschossen." Der "Weiße Hirsch", später dann auch wieder das Clubhaus des RRK, das nach dem Zweiten Weltkrieg von den Amerikanern beschlagnahmt und als Casino genutzt worden war, wurden zum Treffpunkt für die Jugend und zur zweiten Heimat für den jungen Walter Leichtweiß.

Einer von fünf DM-Titeln als Coach: Walter Leichtweiß (obere Reihe, rechts) hat maßgeblich zur Blütezeit der RRK-Hockeyspieler beigetragen. Hier hat sich das erfolgreiche Team 1976 in Duisburg nach dem finalen 9:8-Erfolg gegen Rot-Weiß Köln zum Gruppenbild formiert (hinten: Roland Segner, Frieder Fleck, Manfred Liebig, Martin Müller, Fritz Schmidt, Masseur Karl-Heinz Bog, Coach Walter Leichtweiß; vorn: Alfred Segner, Joachim Ziemer, Dr. Randolf Renker, Peter Kraus, Rainer Seifert, Wolfgang Beck).

"Der Klub, das war das Leben", sagt er. "Wir haben uns zum Skatspielen oder am Sonntag zum Tanztee dort getroffen. Die Gemeinschaft war das, was uns ausgemacht hat. Darauf beruhten alle unsere Erfolge."

Der Gewinn der ersten deutschen Meisterschaft für den RRK anno 1968 ‒ am Sommerdamm wurde Schwarz-Weiß Köln vor 5.000 Zuschauern 4:1 besiegt ‒ sei für ihn das Schönste gewesen. "Weil überhaupt niemand damit gerechnet hat", erklärt er. "Nach der Vorrunde haben wir auf dem letzten Platz gestanden und in der Rückrunde dann alles gewonnen. Eine Überraschung für ganz Hockey-Deutschland." Dass ihm ‒ wie anderen RRK-Talenten auch ‒ die Berufung ins Nationalteam versagt blieb, führt Leichtweiß darauf zurück, dass Rüsselsheim noch keine Lobby hatte. "Die Nationalmannschaft hat sich damals aus Spielern aus Hamburg, Köln oder Berlin rekrutiert. Wir waren ein Provinzverein ‒ obwohl wir gut Hockey gespielt haben." Dass dem RRK als Deutscher Meister die Aufnahme bei der Bundesliga-Gründung 1969 verwehrt blieb, bestätigt Leichtweiß' Vermutung.

Mit 16 bestreitet Leichtweiß sein erstes Spiel im Herrenteam des RRK ‒ und bleibt mehr als zwanzig Jahre dabei. "Damals ist fast mein ganzes Geld für die Fahrten zu den Trainingsspielen oder unsere Reisen nach Ostasien, Süd- und Ostafrika draufgegangen", erinnert er sich. 1973 übernimmt er zusätzlich zur Position im rechten Mittelfeld das Coaching, wechselt 1975 schließlich ganz auf die Trainerbank. "Eigentlich hatte ich nie die Absicht, die Mannschaft zu coachen", erzählt Leichtweiß. Von Hans Eisen, dem rührigen Abteilungsleiter jener Jahre (Leichtweiß: "Er hat es verstanden, unsere Leistung zu verkaufen, auch in den Medien") und dem langjährigen Nationalmannschafts-Kapitän Fritz Schmidt ließ er sich dann doch überreden. "Es war eine schöne Zeit, trotz aller nervlichen Belastung", sagt er.

Dennoch zieht er im Frühjahr 1979, kurz nach dem Gewinn des dritten DM-Titels in der Halle, einen Schlussstrich. "Wir wollten im Odenwald bauen. Ich habe mich danach relativ  schnell  distanziert, wollte nicht im Hintergrund wirken", erzählt er. "Aber ich habe noch viele Jahre bei den Senioren gespielt." Wenn er heute ab und an der aktuellen Hockey-Generation zuschaut, ist er nicht begeistert: "Der Sport hat sich gewandelt und für mich an Attraktivität verloren. Ein Solo, bei dem ein Spieler mal zwei, drei Gegner stehen lässt, ist die Ausnahme. Und das Brettlegen hat das Hallenhockey tot gemacht."

Unweit von seinem Häuschen im bayrischen Boxbrunn (Landkreis Miltenberg), "in freier Natur, mit viel Platz drum herum", hat er inzwischen auch ein rund 450 Hektar großes Jagdrevier gepachtet. "Ich bin mit der Jagd groß geworden", erzählt Leichtweiß. "Mein Vater hat mich schon als Vierjähriger auf den Hochsitz mitgenommen." Mindestens einmal in der Woche zieht es ihn in sein zwischen Michelstadt und Amorbach gelegenes Revier. "Das hat etwas mit Passion zu tun. Was früher der sportliche Ehrgeiz war, ist heute die Jagd für mich." Die Radkästen seines dunkelgrünen Geländewagen sind mit Schlamm bespritzt. "Wir haben Riesenprobleme mit den Wildschweinen", berichtet Leichtweiß. Für die Schäden, die diese Tiere auf den Ackerflächen der Bauern verursachen, muss er aufkommen. "Die Jagd ist eine Notwendigkeit. Aber es macht mir einfach auch unglaublichen Spaß, vom Hochsitz aus Rehe mit ihren Kitzen zu beobachten. Vor allem jetzt im Sommer, wenn es nachts ganz ruhig ist, ist das schön."