Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

Dieser Bereich der "alten RRK-Homepage" im Vintage-Look enthält auch Inhalte wie Berichte von 2000 bis 6/2018,
wie "In memoriam", wie "Über RRK-Mitglieder", wie Links, wie Suchen, wie ... usw.

>>> Zur neuen RRK-Homepage <<<                    >>>Datenschutzerklärung<<<                   >>>Impressum<<<

Archiv

Chronik "Der Klub"

Chronik Hockey

Chronik Rudern

Chronik Tennis

Über RRK-Mitglieder

In memoriam

Links

Suchen


Was macht eigentlich ...?

Über Mitglieder des RRK (2003)                        

Steffen Kerkmann

 

 

Ruder gegen Rad getauscht

WM-Dritter Steffen Kerkmann hat seit 20 Jahren kein Boot mehr betreten

Von Andrea Duphorn (aus "Main-Spitze" vom 22.11.2003)
 

RAUNHEIM Das Wohnzimmer ist fest in Kinderhand. Begeistert tobt der zwei Jahre alte Max auf dem Sofa herum. "Guck mal, ich kann schon auf einem Bein hüpfen!", kräht er fröhlich. Die sechs Monate alte Kira liegt bäuchlings auf der roten Decke, die die Eltern auf dem Boden ausgebreitet haben, verfolgt mit wachem Blick das ausgelassene Treiben ihres großen Bruders. Steffen Kerkmann quittiert es mit einem Lächeln. In Jogginghose und T-Shirt bekleidet lässt sich der Papa am Esstisch nieder. Sieben HM-Titel sowie ein erster Platz, zweite und dritte Plätze bei deutschen Meisterschaften hat der ehemalige Ruderer des Rüsselsheimer RK Ende der 70-er, Anfang der 80-er gesammelt und sich als WM-Dritter vom Leistungssport verabschiedet.  

Das Poster mit dem Schlauchboot paddelnden Snoopy über der Couch ist so ziemlich das Einzige, was sich in dem kleinen Einfamilienhaus unweit des Raunheimer Bahnhofs mit der sportlichen Vergangenheit des zweifachen Familienvaters in Verbindung bringen lässt. "Es gibt nur noch wenige Erinnerungen und Kontakte aus dieser Zeit", sagt Steffen Kerkmann.

Zur Person

ڤ Name: Steffen Kerkmann
ڤ Geburtstag (am/in): 1. März 1961 in Rüsselsheim
ڤ Familienstand: Verheiratet, zwei Kinder (Max/zwei Jahre, Kira/sechs Monate)
ڤ Beruf: Freischaffender Software-Spezialist
ڤ Sportliche Erfolge: Sieben HM-Titel; ein erster DM-Platz, zweite und dritte DM-Plätze im Vierer und Achter; Bronze bei der B-WM 1983 im Vierer mit Stm.
ڤ Hobbys: Familie, Rad fahren

Mehr als 20 Jahre ist es inzwischen her, dass der gebürtige Rüsselsheimer zuletzt ein Ruder in der Hand hatte. "Nach der B-Weltmeisterschaft 1983 im norditalienischen Candia habe ich nie wieder einen Fuß in ein Boot gesetzt", erzählt er. "Ich habe aufgehört und alles verdrängt. Unser Trainer Klaus Köppen hatte die Vision, die Rüsselsheimer Renngemeinschaft als Deutschland-Achter zu den Olympischen Spielen nach Los Angeles zu bringen. Aber dazu hätten wir das Trainingspensum noch einmal stark erhöhen müssen, und das wäre mir definitiv zu viel gewesen."

Kerkmann hat sich stattdessen in Darmstadt ein Zimmer in einer WG gesucht und begonnen, Elektrotechnik zu studieren. Sein Vordiplom hatte er 1986 nach sechs Semestern als einer der ersten in der Tasche. "Danach habe ich fast zwei Jahre lang nichts gemacht", sagt er. "Ich habe gejobbt, war Monate lang in Griechenland unterwegs, habe Pakete ausgefahren, frei nach dem Motto, lass dir Zeit, genieße das Leben, in den Tag hinein gelebt, meine Jugend exzessiv nachgeholt."

Alle in einem Boot: Im Vierer mit Steuermann des RRK feierte Steffen Kerkmann (links) 1983 seinen größten Erfolg als Ruderer. Nach dem Gewinn des Eichkranzes (Deutsche Meisterschaft der Ruderer bis 23 Jahre) im Vierer mit Stm. wird er mit dem RRK-Vierer im norditalienischen Candia Dritter der Weltmeisterschaft dieser Altersklasse (Steffen Kerkmann, Achim Erhard, Harald Blum, Lutz Beyer und Stm. Thomas Alt, nicht im Bild)

Ein "völlig emotionaler Anfall" seiner Mutter sei der Grund dafür gewesen, dass der bis dahin sportlich nicht aktive Junge im Alter von 16 Jahren beim Rudern landete. "Der Hit war das nie", sagt der 42-Jährige heute. "Ich war damals noch sehr jung, wusste nicht, was ich wollte und was nicht. Meine Eltern haben mich zum Rudern gesteckt, und ich hab's einfach getan. Mit Überzeugung war ich nie dabei." Dennoch heimste der älteste von drei Brüdern in den Riemenbooten des RRK zwischen 1978 und '83 sieben Hessenmeistertitel ein, trainierte am Ende 15 bis 20 Stunden die Woche, wurde in den B-Kader des Deutschen Ruder-Verbands berufen und stand in Renngemeinschaft mit Athleten aus Frankfurter und Mainzer Vereinen bei deutschen Meisterschaften regelmäßig auf dem Podest. Die "ewige RRK-Bestenliste" weist Kerkmann noch heute mit 55 Siegen auf Rang 14 aus elf Plätze hinter seinem 18 Jahre jüngeren Bruder Lars.

Seit 1997 lebt er wieder in Raunheim. Als das Haus neben dem der Eltern zum Verkauf stand, hat er nicht lange überlegt und zugeschlagen. Als freischaffender Softwarespezialist entwickelt er seit acht Jahren Redaktionssysteme zur Herstellung von Fachzeitschriften wie "DM-Euro" oder "Stiftung Warentest". Leicht sei es ihm nicht gefallen, nach seiner Auszeit wieder ins Studium zurückzufinden, erzählt er. Die Selbstdisziplin, die er sich beim Rudern angeeignet habe, um die Sache durchzuziehen, habe ihm dabei geholfen. "Als ich dann Anfang 1993 mit dem Studium fertig war, hatte ich es schwer, einen Job zu finden. Nach dem Mauerfall war der Markt einfach zu."

Inzwischen hat er sein Auskommen gefunden, das Büro in seinem früheren Kinderzimmer eingerichtet und findet so zwischendurch oft noch Zeit, mit Kira und Max zu spielen. "Beim Software-Entwickeln kommt's auf das Ergebnis an, und nicht auf die Zeit, die man dafür braucht", erklärt er.

Auch sportlich ist Kerkmann wieder aktiv. "In dem Jahr, in dem ich 40 geworden bin, habe ich angefangen, fast exzessiv Rad zu fahren", berichtet er. "Da war ich ziemlich unförmig, habe am Tag etwa eineinhalb Päckchen Zigaretten geraucht, abends Bier getrunken und irgendwann gedacht: So geht man vor die Hunde ..." Seit er bis zu vier Mal in der Woche ein bis zwei Stunden mit dem Mountainbike durch Wald und Wiesen strampelt, fühlt er sich besser. "Das Quälen macht mir Spaß", sagt er.

Konkrete Pläne für seine Zukunft hat er nicht. "Bis die Kinder aus dem Haus sind, so vor sich hin leben und schauen, was sich ergibt, vielleicht kommt ja auch ein Lottogewinn?", zählt er augenzwinkernd auf. Ob Max oder Kira sportlich mal in seine Fußstapfen treten werden? Steffen Kerkmann lacht. "Wer weiß? Meine Mutter sagt jedenfalls hin und wieder: 'Der Max wird mal Ruderer.'"