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Über Mitglieder des
RRK (1989)
Rudolf Müller |
Menschen, mit denen wir sprachen: Rudi Müller
Den Verzicht auf den Rathausjob in
Raunheim
bedauert der Opel-Betriebsrat nicht
Von
DIRK FEUERRIEGEL (aus "Main-Spitze" vom 23.02.1989) Vor eineinhalb
Jahren war er besonders gefragt, musste wohl die wichtigste Entscheidung treffen:
Rudi Müller, der am heutigen Donnerstag seinen 50. Geburtstag feiern kann,
sollte sich damals entscheiden zwischen Politik und Beruf, sprich Engagement bei
Opel. Als Werner Wicht in der Bürgermeister-Nachfolgeregelung aus dem Rennen
war, hatte die SPD den Wunsch an ihn herangetragen, sich doch als Kandidat zur
Verfügung zu stellen, denn vom möglichen Koalitionspartner WIR wusste man, dass
der Rudi Müller problemlos mittragen würde. Eine Entscheidung also, wie Rudi
Müller heute rückblickend feststellt, die ihm nicht leicht fiel, die er aber
auch nicht bedauert. Rudi Müller folgte den Bitten seiner Gewerkschaftsfreunde
von der IG Metall, doch für die Arbeit im Betriebsrat und im Aufsichtsrat von
Opel weiter zur Verfügung zu stehen. Er spricht es nicht aus, aber man merkt ihm
an, dass die Entscheidung für Opel und gegen den Einstieg in die hauptamtliche
Politik auch eine Herzensentscheidung war. Rudi Müller wurde am 23. Februar 1923 in Rüsselsheim geboren. Übrigens nicht im
Krankenhaus, denn das gab es damals in der heutigen Opelstadt noch nicht. Es
folgten Schule, der Krieg und dann die Lehre als Werkzeugmacher von 1956 bis
1959 bei Opel. In der technischen Leitung war er bald als technischer Zeichner,
war Teilekonstrukteur im Bereich Fahr- und Triebwerkskonstruktion. Der IG Metall
gehörte er mit dem Tag seines Eintritts bei Opel an und er begann auch bald,
sich für die Gewerkschaft im Betrieb zu engagieren. Der Weg war dann
vorgezeichnet: 1972 wurde er in den Betriebsrat gewählt, wo er bis 1975 für den
Bereich Entwicklung, Kosten und Design zuständig war. 1975 dann die Wahl zum
stellvertretenden Betriebsrats- und Gesamtbetriebsratsvorsitzenden ‒ Funktionen,
die er auch heute noch bekleidet. Seit 1983 sitzt Rudi Müller als Vertreter der
Arbeitnehmer im Opel-Aufsichtsrat.
Rudolf Müller mit dem
Jungmann-Achter des Rüsselsheimer Ruder-Klubs im Jahr 1958 (hinten:
Hans Miethge, Heini Voges, Stm. Ragnar Otto, Manfred Wolf, Rudolf
Müller, Gerhard Ketter; vorn: Karl Lotz, Hans-Karl Gerbig, Klaus
Zander) |
Das ist die eine Seite. Die andere ist die politische. 1964, als er heiratete,
kam er nach Raunheim. Seit Mai 1968 ist er Mitglied der SPD, wobei er bei der
damaligen Bilanz '70 nicht vorne mitmischte. Er war Juso-Vorsitzender und wurde
1973 erstmals zum Zweiten Vorsitzenden der Partei gewählt. Im Anschluss, von 1978
bis 1983, war er Parteivorsitzender ‒ ein Amt, das er seit 1988 wieder
bekleidet. Kommunalpolitisch aktiv ist er seit 1972, wobei Rudi Müller von
Anfang an dem Sport-, Jugend- und Sozialausschuss angehörte, dessen Vorsitzender
er seit 1977 ist. Inzwischen ist er auch stellvertretender Fraktionsvorsitzender
und nach dem 12. März wird er sicherlich von der neuen SPD-Fraktion zum
Vorsitzenden gewählt werden. Dass er dann seine engagierte Arbeit für die Vereine
im Fachausschuss aufgeben muss, wird ihn dann ein wenig schmerzen.
Zu den Vereinen und hier zum Sport hat Rudi Müller schon immer eine enge
Beziehung gehabt. Er war aktiver Rennruderer im RRK und heute, wenn es die
spärlich bemessene Freizeit erlaubt, dann betätigt er sich noch als
Wanderruderer. Auch dem Laufen, dem Jogging, ist Rudi Müller sehr zugetan. Er
war einer der Mitinitiatoren der beiden Städteläufe nach Le Teil und Trofarello
‒ und er war, der Chronist kann es bestätigen, einer der besten Läufer. Die
beiden Läufe sind für ihn ganz persönliche Höhepunkte in seinem Leben gewesen.
Ausdauer hat Rudi Müller, der auch gerne Ski fährt. Das merkt man im politischen
wie im gewerkschaftlichen Bereich. Wenn man wie er 50 Jahre alt wird, dann ist
das Zeit, zurückzublicken, aber auch nach vorne zu schauen ‒ denn die aktivste
Zeit des Lebens hat man in diesem Alter hinter sich. Mit der Festlegung auf die
Opel-Betriebsratsarbeit hat Rudi Müller für sich einen wichtigen Schritt
vollzogen - wenngleich er durch das parteipolitische Engagement als
Fraktionschef künftig noch mehr eingespannt sein wird.
Dass Rudi Müller mit Blick auf die Kommunalwahl einen ganz bestimmten Wunsch hat,
nämlich die absolute Mehrheit der SPD, ist verständlich. Aber er wünscht sich in
der Partei eine stärkere Diskussion der Mitglieder und eine Möglichkeit, sich
stärker der Jugend hinzuwenden, damit den Weg zur SPD findet.
Als Betriebsrat
ist sein Wunsch, dass die Arbeitsplätze in Rüsselsheim auf Dauer gesichert werden
können, dass ältere Kollegen früher in Rente gehen und die Jüngeren in ihrem
ausgelernten Beruf eingesetzt werden können. Gerade das letztere ist ihm ein
ganz besonderes Anliegen.
Privat gibt es sicherlich auch einige Wünsche
‒ mehr
Zeit fürs Radfahren und mehr Zeit zum Lesen. Früher habe er viele Biographien
gelesen, heute komme er fast gar nicht mehr dazu, bedauert Rudi Müller, der
seinen 50. heute morgen im Werk und heute Abend im KCW-Bootshaus feiern wird.
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