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Über Mitglieder des
RRK (2016)
Rolf Bopp |
Hat das besondere Achterrennen vor 65
Jahren in England noch klar vor Augen: Rolf Bopp |
"So kurz nach dem Krieg..."
Vor 65 Jahren
sorgte der Achter der RG Flörsheim-Rüsselsheim bei der Henley Royal Regatta für
Furore
Von Dirk Winter
(aus "Main-Spitze" vom 8. Juli 2016)
Stadtteile, ja
ganze Städte wurden ausradiert im deutschen Bombenhagel auf England und bei den
verheerenden britischen Vergeltungsschlägen. Hunderttausende Menschen kamen ums
Leben, etwa 13.000 allein in der Brandnacht von Darmstadt. Und doch reisten im
Sommer 1951, gerade mal sechs Jahre nach Kriegsende, Mannschaften der
Rudergemeinschaft Flörsheim-Rüsselsheim (RFR) nach England. "Wir hatten alle
Bammel so kurz nach dem Krieg", sagt Rolf Bopp, das einzige noch lebende
Mitglied des RFR-Achters. Aber die Sorge erwies sich als unbegründet: "Die Leute
dort waren sehr freundlich zu uns."
Anreise über den
Ärmelkanal mit dem Flugzeug
Der Unternehmer
Georg von Opel, Mannschaftsmitglied, Förderer und RFR-Gründer, habe die damals
Aufsehen erregende Tour möglich gemacht. Über einen befreundeten englischen
Profiruderer, Eric Phelps, sei der Kontakt zustandegekommen. Mit dem Flugzeug
reisten die Südhessen über den Ärmelkanal, um sich zunächst bei einer Regatta in
Marlow in die Riemen zu legen. Dort, im Südosten Englands, schaffte der RFR
zweite Plätze im Einer, Doppelzweier und Achter.
Bei der königlichen
Regatta im nahen Henley indes sorgte allein der Achter für Furore. Wilfried
Seipp, Adam Munk, Georg Schneider, Helmut Schwinn, René Kuhn, Georg Boller,
Georg von Opel, Karl Bauer und Steuermann Rolf Bopp starteten bei der Henley
Royal Regatta, eine seit 1839 ausgetragene Rennwoche auf der Themse bei
Henley-on-Thames. Alljährlich in der ersten Juliwoche, stets von Mittwoch bis
Sonntag, wird dort nahe der Insel Temple Island um die Wette gerudert.
Als Bopp von den
historischen Ereignissen erzählt, sitzt er in einem Rüsselsheimer Café,
begleitet von Carlo von Opel, dem ältesten Sohn von Georg von Opel (1912 bis
1971). Bopp muss nicht lange im Gedächtnis kramen: Die Erinnerungen sprudeln so
lebendig aus dem 86 Jahre alten Rüsselsheimer heraus, als ob er die Regatta
gerade erst hinter sich hätte.
Das
Flörsheim/Rüsselsheimer Oktett, Deutscher Meister von 1947 bis 1949 und 1951,
war seinerzeit das führende deutsche Team. Eine Nationalmannschaft wie heute der
Deutschland-Achter gab es noch nicht. Auf der schmalen Strecke von Henley, die
immer nur zwei Boote zulässt, gewannen die Männer vom Main ein
Ausscheidungsrennen nach dem anderen. Bis sie sich im Finale um den "Thames
Challenge Cup" mit dem Achter der Universität von Pennsylvania (USA) maßen. An
jenem 7. Juli vor 65 Jahren, einem Samstag, lag der RFR-Achter lange vorn. 2.000
Meter hielten die Kräfte, also genauso lange wie die olympische Distanz, die
Bopps Kameraden an den Riemen gewohnt waren. Aber die Strecke in Henley ist noch
112 Meter länger, und da hatten die US-Studenten mehr zuzusetzen.
Dabei sollen sie
sich restlos verausgabt haben. In der Chronik des Rüsselsheimer RK, die aus
einem Beitrag von Walter Umminger im Fachmagazin "Rudersport" zitiert, heißt es
dazu: "Zwei Mann wurden besinnungslos aus dem Boot getragen und die anderen
fielen um, wo sie standen oder saßen." Rolf Bopp bekam davon nichts mit, wie er
erzählt, denn die Anlegestelle des RFR-Boots sei gut 50 Meter von jener der
Amerikaner entfernt gewesen. Der Rüsselsheimer betont aber, dass auch seine
rudernden Vorderleute alles gegeben hätte: "Unsere Leute sind zwar nicht
umgefallen, aber geschafft waren sie auch." Carlo von Opel erfuhr von seinem
Vater, dass der Achter aus Pennsylvania nicht viel, aber eben doch besser
gewesen sei.
Tägliches
Trainingspensum nach der Arbeit auf dem Main
Speziell
vorbereitet auf die ungewohnt lange Strecke hätten sie sich nicht, so Bopp: "Wir
haben trainiert wie immer." Da alle Mannschaftsmitglieder berufstätig gewesen
seien, hätten sie auch gar nicht die Zeit gehabt, ihr Trainingspensum zu
erhöhen. Unter der Leitung von Trainer Fritz Brumme, der Ruderer des
Rüsselsheimer RK und des RFR zu zehn DM-Titeln führte, sei täglich nach der
Arbeit auf dem Main bei Flörsheim gerudert worden. Während des
England-Aufenthalts habe das Team zweimal täglich trainiert.
Viel Freizeit blieb
da nicht: Bopp ist besonders eine Einladung in den altehrwürdigen, 1818
gegründeten Leander Club in Erinnerung geblieben. Der Ruderverein aus
Henley-on-Thames ist einer der ältesten und erfolgreichsten der Welt. Auch einen
Ausflug nach London unternahm die Gruppe: "Wir haben den Tower besichtigt, wo
man damals als junger Kerl gar nicht hingekommen wäre", so Bopp. Für den noch
bis 1956 aktiven Steuermann war es eine bis heute unvergessliche Reise. Nur
eines missfiel Rolf Bopp, wie er schmunzelnd anmerkt: "Das Essen in England war
schwer zu ertragen."
Dieses historische Bild zeigt den Flörsheim-Rüsselsheim Achter an der
Rennstrecke in Henley-on-Thames (Steuermann Rolf Bopp, Schlagmann Karl
Bauer, Georg von Opel, René Kuhn, Wilfried Seipp, Adam Munk, Helmut Schwinn
‒ verdeckt, Georg Boller; es fehlt Georg Schneider) |
Nach 2.112 Metern hauchdünn geschlagen: Der
RFR-Achter in der Besetzung mit Steuermann Rolf Bopp, Schlagmann Karl Bauer,
Georg von Opel, Georg Boller, René Kuhn, Helmut Schwinn, Georg Schneider,
Adam Munk und Wilfried Seipp am 7. Juli 1951 bei der legendären
Henley-Regatta. |
"Wir hatten alle
Bammel"
Heute vor 65
Jahren sorgte der Achter der Rudergemeinschaft Flörsheim-Rüsselsheim bei der
Henley Royal Regatta für Furore. Steuermann Rolf Bopp erinnert sich.
Von DIRK WINTER
(aus "Rüsselsheimer Echo" vom 07.07.2016)
Stadtteile, ja
ganze Städte wurden ausradiert im deutschen Bombenhagel auf England und bei den
verheerenden britischen Vergeltungsschlägen. Hunderttausende Menschen kamen ums
Leben, etwa 13 000 allein in der Brandnacht von Darmstadt.
Und doch reisten im
Sommer 1951, gerade mal sechs Jahre nach Kriegsende, Mannschaften der
Rudergemeinschaft Flörsheim-Rüsselsheim (RFR) nach England. "Wir hatten alle
Bammel so kurz nach dem Krieg", sagt Rolf Bopp, das einzige noch lebende
Mitglied des RFR-Achters. Aber die Sorge erwies sich als unbegründet: "Die Leute
dort waren sehr freundlich zu uns."
Achter sorgt für
Furore
Der Unternehmer
Georg von Opel, Mannschaftsmitglied, Förderer und RFR-Gründer, habe die damals
Aufsehen erregende Tour möglich gemacht. Über den befreundeten englischen
Profiruderer Eric Phelps sei der Kontakt zustande gekommen. Mit dem Flugzeug,
einer Lockheed Super Constellation, reisten die Südhessen über den Ärmelkanal,
um sich zunächst bei einer Regatta in Marlow in die Riemen zu legen. Dort, im
Südosten Englands, schaffte der RFR zweite Plätze im Einer, Doppelzweier und
Achter.
In Henley sorgte
nur der Achter für Furore. Wilfried Seipp, Adam Munk, Georg Schneider, Helmut
Schwinn, René Kuhn, Georg Boller, Georg von Opel, Karl Bauer und Steuermann Rolf
Bopp starteten bei der Henley Royal Regatta, eine seit 1839 ausgetragene
Rennwoche auf der Themse bei Henley-on-Thames. Alljährlich in der ersten
Juliwoche, stets von Mittwoch bis Sonntag, wird dort nahe der Insel Temple
Island um die Wette gerudert.
Zeitzeuge Rolf Bopp, umrahmt von Johannes Hoffmann und Carlo von Opel. |
Als Bopp dieser
Zeitung von den historischen Ereignissen erzählt, sitzt er in einem
Rüsselsheimer Café, begleitet von Carlo von Opel – dem ältesten Sohn von Georg
von Opel (1912 bis 1971) – und dem befreundeten Johannes Hoffmann. Bopp muss
nicht lange im Gedächtnis kramen: Die Erinnerungen sprudeln so lebendig aus dem
86 Jahre alten Rüsselsheimer heraus, als ob er die Regatta gerade erst hinter
sich hätte. Das Flörsheim-Rüsselsheimer Oktett, deutscher Meister von 1947 bis
1949 und 1951, war seinerzeit die führende deutsche Mannschaft. Eine
Nationalmannschaft wie heute der Deutschland-Achter gab es noch nicht.
Vor Erschöpfung
umgekippt
Auf der schmalen
Strecke von Henley, die immer nur zwei Boote zulässt, gewannen die Männer vom
Main ein Ausscheidungsrennen nach dem anderen. Bis sie sich im Finale um den
Thames Challenge Cup mit dem Achter der Universität von Pennsylvania (USA)
maßen.
An jenem 7. Juli
vor 65 Jahren, einem Samstag, lag der RFR-Achter lange vorn. 2.000 Meter hielten
die Kräfte, also genauso lange wie die olympische Distanz, die Bopps Kameraden
an den Riemen gewohnt waren. Aber die Strecke in Henley ist noch 112 Meter
länger, und da hatten die US-Studenten mehr zuzusetzen. Dabei sollen sie sich
restlos verausgabt haben.
In der Chronik des
Rüsselsheimer RK, die aus einem Beitrag von Walter Umminger im Fachmagazin
Rudersport zitiert, heißt es: "Zwei Mann wurden besinnungslos aus dem Boot
getragen und die anderen fielen um, wo sie standen oder saßen." Bopp bekam davon
nichts mit, wie er erzählt, denn die Anlegestelle des RFR-Boots sei gut 50 Meter
von jener der Amerikaner entfernt gewesen.
Der Rüsselsheimer
betont aber, dass auch seine rudernden Vorderleute alles gegeben hätte: "Unsere
Leute sind zwar nicht umgefallen, aber geschafft waren sie auch." Carlo von Opel
erfuhr von seinem Vater, dass der Achter aus Pennsylvania nicht viel, aber eben
doch besser gewesen sei.
Trainiert wie
immer
Speziell
vorbereitet auf die ungewohnt lange Strecke hätten sie sich nicht, so Bopp: "Wir
haben trainiert wie immer." Da alle Mannschaftsmitglieder berufstätig gewesen
seien, hätten sie auch gar nicht die Zeit gehabt, ihr Trainingspensum zu
erhöhen. Unter der Leitung von Trainer Fritz Brumme, der Ruderer des
Rüsselsheimer RK und des RFR zu zehn deutschen Meistertiteln führte, sei täglich
nach der Arbeit auf dem Main gerudert worden. Während des England-Aufenthalts
habe das Team zweimal täglich trainiert.
Viel Freizeit blieb
da nicht: Bopp ist besonders eine Einladung in den altehrwürdigen, 1818
gegründeten Leander Club in Erinnerung geblieben. Der Ruderverein aus
Henley-on-Thames ist einer der ältesten und erfolgreichsten der Welt. Auch einen
Ausflug nach London unternahm die Gruppe: "Wir haben den Tower besichtigt, wo
man damals als junger Kerl gar nicht hingekommen wäre."
Für den noch bis
1956 aktiven Steuermann war es eine bis heute unvergessliche Reise. Nur eines
missfiel Rolf Bopp, wie er schmunzelnd anmerkt: "Das Essen in England war schwer
zu ertragen." |