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Über Mitglieder des
RRK (2010)
Oliver Domke |
Einst im Nationaltrikot. Oliver Domke war
Welt- und Europameister. |
Hockey
Oliver Domke: Die ewige Nummer 9
Von Stefan Hermanns (aus "Der Tagesspiegel" vom 30.01.2010)
Mit seinen Fähigkeiten und seinen Erfolgen wäre Oliver Domke in
vielen anderen Sportarten ein Superstar geworden. Aber Domke spielt Hockey. Nun
will er seinen letzten Titel gewinnen.
In seinen
besten Momenten schafft es Oliver Domke immer noch, die Zeit scheinbar
anzuhalten. So wie im Viertelfinale zur deutschen Meisterschaft vor drei Wochen
in Berlin. Es läuft die letzte Minute vor der Pause, Domke ist gefangen im
hintersten Eck des Felds, Torhüter Uli Bubolz hat ihm den Weg verstellt: Es gibt
keinen Ausweg. Eigentlich. Doch die Nummer 9 vom Rüsselsheimer RK zaubert einen
Heber aus dem Handgelenk. Der Ball fliegt über Bubolz hinweg, er steigt hoch und
höher. Was soll das jetzt?, fragen sich die Zuschauer – dann stürzt die Kugel
fast senkrecht zur Erde und landet ein paar Zentimeter neben dem Pfosten im Aus.
Das soll das. Die Halle raunt.
Mit seinen Fähigkeiten und seinen
Erfolgen wäre Oliver Domke in vielen anderen Sportarten ein Superstar geworden.
Aber Domke spielt Hockey. Und das auch nur noch mit gebremstem Schaum. Vor
sieben Jahren hat er in der Nationalmannschaft aufgehört, nach 101 Toren in 194
Länderspielen – gerade 27 war er da. "Ich war schwer zu motivieren", erzählt er.
"Mir hat der Spaß gefehlt."
Dabei hat Domke auch als
Hockeyspieler jede Menge Spaß gehabt: Er hat fast alles gewonnen, was es zu
gewinnen gibt, war Weltmeister auf dem Feld und in der Halle, dazu
Europameister; nur eine Olympiamedaille wird er nicht mehr gewinnen. Die
Endrunde um die deutsche Meisterschaft in der Schmeling-Halle ist sein letzter
großer Auftritt als Hockeyspieler. Im März wird Oliver Domke 34, im Sommer hört
er auf. Endgültig.
Spaß und Erfolg waren
das eine, aber "ich habe auch viel sausen lassen müssen", sagt Domke.
Hockeyspieler sind Amateure, die ihren Sport professionell betreiben müssen,
wenn sie international mithalten wollen. Dem einen fällt das leichter als dem
anderen. "Ich bin leider kein so helles Köpfchen, das intensiv Hockey spielen
und nebenbei noch seinen Doktor machen kann", hat Domke einmal gesagt. Er war
eher der Fußballer unter den Hockeyspielern, einer, der vor allem auf seinen
Instinkt gehört hat. Bei der WM 2002 spielte er mit weißblond gefärbten Haaren,
so wie einst Thomas Strunz. Nach dem Finale, das er mit seinem Tor zum 2:1 für
die Deutschen entschieden hatte, turnte er übermütig auf der Latte.
Hockey oder Studium, Beruf oder
Hockey? "Bei mir ging immer nur das eine", sagt Domke. Er hat eine Ausbildung
zum Industriekaufmann gemacht und anschließend ein BWL-Studium angehängt – nur
um weiter Hockey spielen zu können. 2004, ein paar Monate vor den Olympischen
Spielen in Athen, traf Domke dann eine Grundsatzentscheidung: gegen die
Nationalmannschaft und für eine Laufbahn als Beamter.
Für die Bundesliga reicht es noch. Im
Viertelfinale gegen den BHC erzielte Domke schon nach 15 Sekunden das 1:0. "Er
ist immer noch extrem torgefährlich", sagt sein Trainer Stephan Decher,
"technisch unbeschreiblich gut, nie ausrechenbar." Fast auf den Tag genau vor
zehn Jahren hat Domke in einem Halbfinale einmal alle Tore für seine Mannschaft
erzielt. Das Spiel endete 8:8. Inzwischen sitzt er häufiger mal auf der Bank,
gern auch etwas länger, und vom alten Kampfgewicht ist er gut fünf Kilogramm
entfernt. "Man merkt, dass ich nicht mehr so fit bin", sagt Domke. Der Aufwand,
den er betreibt, liegt nicht mal bei zehn Prozent dessen, was er als
Nationalspieler leisten musste. Wenigstens einmal pro Woche will er mit der
Mannschaft trainieren. Manchmal schafft er nicht mal das: "Meine Lust auf
Training liegt fast bei null."
Eigentlich wollte Domke im Sommer,
nach dem Aufstieg auf dem Feld, aufhören. Dann hat man ihm gesagt, dass Decher
neuer Trainer in Rüsselsheim wird. "Scheiße", hat er gedacht, weil er gleich
wusste, was das für ihn bedeutet. Decher kennt er aus der Nationalmannschaft,
sie verstehen sich blendend – nur seinetwegen hat er noch ein Jahr drangehängt.
Aber Oliver Domke hat noch Ziele: erst den Titel in der Halle holen und dann den
Abstieg auf dem Feld verhindern. Das wäre noch mal ein Höhepunkt, sagt er. "Und
dann ist auch gut." |