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Über Mitglieder des
RRK (2010)
Oliver Domke |
Oliver Domke |
Die letzte
argentinische Rückhand
Hockey: Der Rüsselsheimer Oliver Domke, ein Mann für die genialen Momente und
spektakulären Tore, beendet seine Karriere
Von Ralph Baumann
(aus "Rüsselsheimer Echo" vom 16.06.2010)
Nun hat er sie – die Zeit, um
endlich mal etwas in Ruhe, ohne Druck in Angriff zu nehmen. Nun muss er nicht
mehr nach Dienstschluss nach Hause hetzen, die Sporttasche packen, um ins
Training an den Rüsselsheimer Sommerdamm zu fahren. Oliver Domke hat am
Samstag letztmals den Hockeyschläger für ein ernsthaftes Match seines
Rüsselsheimer RK in der Hand gehabt. "Wenn ich ihn irgendwann wieder
hervorkrame, dann ganz sicher nur für ein Juxspiel oder ein Seniorenmatch",
sagt der 34-Jährige.
Seit vier Jahren schon
redet der quirlige Angreifer, der laut RRK-Legende Fritz Schmidt "neben Rainer
Seifert der technisch Beste ist, den unser Klub jemals hervorgebracht hat", vom
Aufhören. Immer wieder ließ er sich zum Weitermachen überreden, auch im
vergangenen Jahr. "Da war es mir wirklich sehr, sehr ernst", versichert Domke.
Doch weil mit Stephan Decher ein
Trainer am Main anheuerte, den Rüsselsheims Sturmführer aus gemeinsamen
Nationalmannschaftszeiten kennt und schätzt, hängte Oliver Domke ein weiteres
Jahr dran. Im Laufe der vergangenen Monate merkte er jedoch immer mehr, wie
schwer sich die Belastungen als Polizist und Hockeycrack in Deutschlands
höchster Liga vereinbaren lassen.
In den letzten Spielen, in denen sich
der Ruder-Klub ein weiteres Jahr Erstligazugehörigkeit sicherte, war Domke schon
gar nicht mehr dabei: "Ich hatte immer weniger Lust, habe wenig trainiert, war
dann auch nicht mehr richtig fit, und da macht es keinen Sinn, anderen einen
Platz im Kader streitig zu machen, die immer im Training sind und ihre Leistung
bringen."
Dennoch sei er stolz gewesen, ein
Teil dieser willensstarken Mannschaft gewesen zu sein, die mit viel Leidenschaft
die Klasse gehalten hat. Domkes Ratschlag an seine Kumpels: "Wenn man
konditionell topfit ist, hat man auch ohne große Einzelkönner eine Chance. Auch
in der nächsten Runde." Oliver Domke selbst möchte dann ein wenig Tennis
spielen, mit Freunden joggen und radeln, aber alles in Maßen.
Weil mit Hockey wenig bis gar kein
Geld zu verdienen war, auch nicht für einen Ausnahmekönner wie Domke, entschied
sich der Rüsselsheimer bereits auf dem Höhepunkt seines sportlichen Schaffens
gegen die Nationalmannschaft und für den Beruf. Ein 28-Jähriger, der noch zwei
Jahre zuvor Deutschland zum WM-Titel geschossen und in 194 Länderspielen stolze
101 Tore erzielt hatte, hörte von heute auf morgen auf. Die Fachwelt war
geschockt im Jahre 2004, vor allem aber der damalige Bundestrainer Bernhard
Peters, heute Direktor für Sport und Nachwuchsförderung beim
Fußball-Bundesligisten TSG Hoffenheim.
Peters ist sicher: "Mit Oli wären wir
2004 in Athen Olympiasieger geworden." Der ehemalige Bundestrainer schwärmt von
Domkes schneller Auffassungsgabe, von seinen Geistesblitzen, seiner Kreativität,
seiner blendenden Technik und seiner argentinischen Rückhand, mit der er so
manchen Torhüter düpierte.
Dankeschön: Martin Müller,
Hockey-Abteilungsleiter im Rüsselsheimer RK, verabschiedete den langjährigen
Leistungsträger Oliver Domke nicht nur, sondern der 61-Jährige ließ es sich
auch nicht nehmen, im All-Stars-Team mitzuwirken, das am Samstag gegen die
aktuelle Bundesliga-Formation ein 10:10 erreichte. |
Der Blondschopf, der als Fünfjähriger
von seiner Tante zum Hockeyplatz geschleppt wurde, hätte wohl auch in jedem
anderen Ballsport Karriere gemacht. Kurzzeitig ließ er sich als Erwachsener bei
der SKG Bauschheim und beim TV Haßloch zum Fußballspielen überreden. Ohne
Training wirbelte er auch hier die Abwehrreihen durcheinander.
Der Rüsselsheimer, der seiner
Heimatstadt trotz verlockender Angebote stets treu blieb, war unberechenbar – im
positiven wie im negativen Sinn. Manchmal ging das Temperament mit ihm durch,
und er schwächte sein Team, weil er sich mit dem Schiedsrichter oder einem
Gegner anlegte oder gar mit beiden.
Oft aber war er es, der ein längst
verloren geglaubtes Spiel mit unwiderstehlichen Soli noch aus dem Feuer riss.
Unvergessen ist das nationale Hallen-Halbfinale vor acht Jahren, das der RRK
gegen den UHC Hamburg mit 11:10 nach Siebenmeterschießen gewann. Nach Ende der
regulären Spielzeit hatte es 8:8 gestanden, und Oliver Domke hatte trotz engster
Bewachung seitens der Nordlichter alle acht Tore des RRK erzielt.
Wie sagte doch Mannschaftskapitän
Mirco Fuchs kurz vor Domkes Abschiedsspiel: "Es war für mich eine Ehre, mit so
einem genialen Hockeyspieler in einem Team wirken zu dürfen. Schon als
Jugendlicher war ich beeindruckt, wenn er wieder aus unmöglichem Winkel
getroffen hatte."
Welche sportlichen Erlebnisse sind
bei dem 34-Jährigen besonders haften geblieben? Da seien zum einen die
Olympischen Spiele 1996 und 2000, auch wenn dabei keine Medaillen
heraussprangen. "Doch das Gefühl, tagtäglich mit Weltklasseathleten zusammen zu
sein, zu frühstücken, zu plaudern, das ist schon etwas ganz Tolles." Zum anderen
ist Domke der Europacup-Triumph des vergangenen Jahres in besonderer Erinnerung,
"denn was gibt es schöneres, als in der eigenen Halle, vor all den Freunden und
Verwandten zu gewinnen?"
Bei seinem Abschiedsspiel hat Domke
nicht gewonnen, die Partie zwischen dem aktuellen RRK-Team und einer
All-Stars-Auswehl endete vor knapp 200 begeisterten Zuschauern 10:10. Der
scheidende Star, der nie einer sein wollte und stets bescheiden blieb, traf in
der ersten Halbzeit einmal für die Bundesligamannschaft, ehe er später für die
Auswahl drei weitere Male erfolgreich war, davon zweimal mit seiner Spezialität,
der technisch anspruchsvollen argentinischen Rückhand. Bernhard Peters hat's
leider nicht gesehen, er hätte seine helle Freude gehabt.
Viel gefragt und viel getroffen: Oliver Domke
blickte vor dem Abschiedsspiel im Gespräch mit Moderator Stefan Schröder auf
seine glanzvolle Laufbahn zurück und schlug anschließend noch vier Mal
trefflich zu. |
Letzten Pfiff selbst getätigt
ABSCHIEDSSPIEL
Der dreimalige Hockey-Weltmeister Oliver Domke sagt mit vier Toren servus
Von Martin Krieger
(aus "Main-Spitze" vom 14.06.2010)
Es war kurz vor halb acht, als eine
bemerkenswerte Hockey-Karriere am 12. Juni ihren Schlussakkord erlebte: Oliver
Domke bekam die Trillerpfeife vom Schiedsrichter überreicht und beendete
höchstpersönlich das Abschiedsspiel, das der Rüsselsheimer RK zu Ehren seines
dreimaligen Weltmeisters und Rekordnationalspielers am Sommerdamm organisiert
hatte. "Ich hoffe, ihr habt alle Spaß gehabt. Es sind ja schließlich auch ein
paar Tore gefallen", richtete der 34-Jährige die Worte an die gut 150 Zuschauer,
die den letzten Auftritt des einstigen Weltklassestürmers in einer
Aktivenmannschaft sehen wollten.
Und das Kommen sollte sich trotz
einiger weniger Regentropfen und stetig sinkender Temperaturen lohnen. 10:10
(5:4) endete das kurzweilige Kräftemessen zwischen dem aktuellen Erstligakader
des Ruder-Klubs und einer sogenannten All-Stars-Auswahl, in der sich neben
einigen Altgedienten – darunter Abteilungsleiter Martin Müller – und Mitspielern
aus Domkes ersten Aktivenjahren auch etliche Teamkollegen eingefunden hatten,
die inzwischen woanders dem Hartplastikball hinterher jagen. Insbesondere die
Region Hamburg war stark vertreten: Neben Torhüter Nico Jacobi (Uhlenhorster HC)
hatte es auch Konstantin Rentrop, Julian Hofmann-Jeckel (Club an der Alster) und
Sven Wohlfahrt (Großflottbeker THGC) aus diesem Anlass in die Heimat gezogen.
Naheliegend, dass der Mann des Abends
beim Abschied (Domke: "Da sich das über vier Jahre hingezogen hat und ich schon
öfter aufhören wollte, kommen kaum sentimentale Gefühle auf") noch einmal das
tun durfte, was ihn in den 17 Jahren in der ersten Mannschaft ausgezeichnet
hatte: Aufs Tor schießen. Nach einem Treffer in der ersten Halbzeit für seine
aktuellen Teamkollegen, mit denen er sich vor Wochenfrist über den Verbleib in
der Bundesliga freuen konnte, versenkte "Olli D." im zweiten Abschnitt das Runde
noch drei weitere Male für das All-Star-Team im Eckigen – darunter zwei Kracher
mit der argentinischen Rückhand.
Geschenke gab's natürlich auch:
Abteilungsleiter Müller, der vor dem Anpfiff noch einmal Domkes Vereinstreue
hervorgehoben hatte, übergab einen Bildband und ein Getränkepräsent. Die
Mannschaft hatte ebenfalls ein großes Bild mit spektakulären Domke-Szenen
zusammengestellt und überreichte zudem einen Reisegutschein auf die Zugspitze.
"Wer Wandern als ein Hobby hat, sollte auch mal auf dem höchsten Berg
Deutschlands gewesen sein", so Mannschaftskapitän Mirco Fuchs.
Ein originelles Mitbringsel hatte
zudem ein RRK-Schiedsrichter des Abschiedsspiels parat: Walter Isselhard übergab
Olli Domke einen Satz Strafkarten, verziert mit den Konterfeis von drei "Lieblings"-Unparteiischen
des künftigen Seniorenhockeyspielers. Speziell Letzteres erscheint noch immer
schwer vorstellbar ...
"Bin zufrieden, wie es gelaufen ist"
INTERVIEW Vor dem
heutigen Abschiedsspiel blickt Hockey-Weltmeister Oliver Domke auf seine
Karriere zurück
Das Gespräch führte Martin Krieger
(aus "Main-Spitze" vom 12.06.2010)
Der letzte Vorhang fällt an diesem
Samstag um kurz vor halb acht dort, wo der Aufstieg zu einem der weltweit besten
und gefürchtetsten Angreifer einst begann. Nach 29 Jahren, die gekrönt waren von
WM-Triumphen, EM-Siegen und Olympia-Teilnahmen, gespickt mit ungezählten
spektakulären Toren, aber auch immer wieder durchsetzt mit Enttäuschungen und
Verletzungen, klingt Oliver Domkes besondere Hockeykarriere mit einem
Abschiedsspiel im Trikot seines Rüsselsheimer RK aus. Spielpartner am Sommerdamm
ist ab 18 Uhr eine All-Stars-Auswahl. Und weil das bei einem solchen Anlass
üblich ist, darf sich der geneigte Hockey- und RRK-Fan bestimmt auf den einen
oder anderen Domke-Treffer freuen. Für die "Main-Spitze" blickt der 34-Jährige
auf seine Zeit mit Krummstock und Hartplastikball zurück.
Herr Domke, vor Ihrem ersten
Länderspiel im Juni 1994 sollen Sie bei der Teamvorstellung weiche Knie gehabt
haben. Könnte das heute in Ihrem Abschiedsspiel auch passieren?
Da ich noch nie ein Abschiedsspiel
absolviert habe, könnte das natürlich passieren. Ich weiß nur, dass dieses um 18
Uhr startet. Was dann passieren wird, steht in den Sternen. Aber es wird sicher
nicht so sein, dass für mich eine Welt zusammenbricht. Es wird auch ohne so viel
Hockey genug Sachen geben, die ich tun kann.
Als fünfjähriger Knirps sind Sie
erstmals mit Hockey in Kontakt gekommen. Wie hätten die vergangenen 29 Jahre
ausgesehen, wenn Ihre Tante Sie damals zum Tennis oder Fußball gelotst hätte?
Ganz oben: Dank eines späten Domke-Tores zum
finalen 2:1-Sieg über Australien wurde Deutschland 2002 in Malaysia zum
ersten Mal Hockey-Weltmeister. |
Na ja, zum Glück wissen wir das
nicht. Ich bin zufrieden, wie es bei mir gelaufen ist. Ich habe viele nette
Menschen und Freunde durch das Hockey gefunden. Es war immer und überall eine
familiäre Atmosphäre zu spüren. Ich habe zwar ein großes Talent, was
Ballsportarten angeht. Aber in anderen Sportarten braucht man vielleicht auch
noch mehr Glück, um ganz nach oben zu kommen, da es mehr Sportler gibt, die
diese Sportarten betreiben. Ich bin meiner Tante aber sehr dankbar, dass sie
mich zum Hockey gebracht hat. Außerdem konnte ich bei der SKG Bauschheim und
beim TV Haßloch drei, vier Jahre etwas Fußballluft schnuppern. Das war auch ganz
interessant.
Sie wurden als größtes deutsches
Talent des Jahrgangs 1976 gepriesen und einige Male als bester Spieler einer
bedeutenden Veranstaltung ausgezeichnet. Was konnten Sie besser als viele
andere?
Das haben immer andere Leute
bewertet. Vielleicht hat es den Menschen gefallen, dass ich auf dem Platz mal
etwas gemacht habe, was die Trainer nicht so vorgegeben haben und ich aus dem
normalen Spielmuster ausgeschert bin. Ich hatte wohl auch das Glück, dass
ziemlich viele Sachen davon geklappt haben. Im Vereinstraining und bei der
Nationalmannschaft konnte ich immer alles probieren, ohne dass mir jemand genaue
Vorgaben gemacht hat. Das ist bei anderen Spielern vielleicht anders gewesen. Es
gibt viele gute Verteidiger und Mittelfeldspieler, aber als Stürmer schießt man
nun mal die meisten Tore. Vielleicht werden deshalb in vielen Sportarten fast
immer Offensivspieler gewählt.
Welche Erfolge haben den größten
Stellenwert für Sie?
Die Feld-Weltmeisterschaft in
Malaysia 2002 und auf jeden Fall der Hallen-Europacupsieg in Rüsselsheim vor
heimischem Publikum mit der Vereinsmannschaft 2009.
Und was waren die größten
Enttäuschungen?
Vielleicht die verpasste
Bronzemedaille in Atlanta bei den Olympischen Spielen 1996. Enttäuschend waren
aber auch die Trainer-Entlassungen von Torsten Althoff und Kai Stieglitz durch
die jeweiligen Vereinsmannschaften. Das hätte man bestimmt auch etwas anders
regeln können, obwohl ich dazu nicht den 100-prozentigen Überblick hatte. Schade
war auch, dass Berti Rauth, der uns Mitte der neunziger Jahre in die Bundesliga
geführt hat, aufgrund der Doppelbelastung die Herren dann aber abgegeben hat.
Ich hätte gerne unter ihm die ein oder andere Bundesligasaison gespielt.
Für die Olympischen Spiele 2004 in
Athen wollte Bundestrainer Bernhard Peters Sie unbedingt zu einem Comeback
überreden und nicht wenige Stimmen besagen, dass mit Ihnen mehr als Bronze
möglich gewesen wäre. Haben Sie diesen Entschluss jemals bereut?
Nein, diesen Beschluss habe ich
niemals bereut. Die Entscheidung, in der Nationalmannschaft ein Jahr nach dem
WM-Sieg aufzuhören, kam von heute auf morgen, da ich keine Lust mehr verspürte,
den hohen Trainingsaufwand zu leisten. Ich habe mit 14 Jahren im
Jugendnationalteam angefangen und bis zu meinem 27. Lebensjahr durchgängig in
der Nationalmannschaft gespielt. In dieser Zeit gab es fast nur Schule,
Ausbildung, Hockey. Das kann man nur so lange machen, wie man 100 Prozent
dahinter steht, und das war mit 27 nicht mehr der Fall. Dass mit mir mehr als
Bronze möglich gewesen wäre, glaube ich nicht. Vier Jahre später habe ich ja
auch nicht mitgespielt, und da hat es dann für Gold gelangt. Um solche Titel zu
holen, braucht man immer eine intakte Mannschaft und wenig Verletzte, aber eben
auch ein Quäntchen Glück.
Oliver Domke im Abschiedsspiel |
Bei der Hallen-DM 2000 in Essen
haben Sie im Halbfinale beim 11:10-Sieg über UHC Hamburg bis zum
Siebenmeterschießen (8:8) alle RRK-Tore erzielt und 70 Minuten durchgespielt.
War dies das größte Spiel Ihrer Karriere?
Es war bestimmt eines der kuriosesten
Spiele von der Trefferausbeute her. Aber die meisten Tore habe ich dort durch
Eckenableger geschossen, was vorher auch nicht so planbar ist. Beim
Siebenmeter-Schießen haben die Anderen dann ja auch zeigen können, dass wir als
Team nicht umsonst da waren.
Sie haben in Ihrer Laufbahn alle
lukrativen Angebote finanzstarker Vereine abgelehnt und sind dem RRK stets treu
geblieben. Warum?
Weil ich hier immer gut aufgehoben
war, und ich eigentlich nicht so der Weltenbummler bin. Dazu kamen Schule,
Ausbildung und Studium, die ich hier begonnen und abgeschlossen habe. Ich war
mit der Nationalmannschaft oft genug im Ausland und spätestens nach drei Wochen
froh, wieder zu Hause bei der Familie und bei meinen Freuden zu sein.
Auf und neben dem Platz sind Sie
immer mal wieder angeeckt, manche würden auch sagen unangenehm aufgefallen. Was
mögen Sie selbst an sich am Wenigsten?
Na ja, das war oder ist so meine Art
gewesen. Jeder Mensch hat wohl seine schwachen und guten Seiten. Ich kann es
nicht haben, verarscht zu werden. Wenn man zu schlecht war, um zu gewinnen, ist
das für mich okay. Aber wenn man merkt, dass jemand persönlich etwas gegen einen
hat, dann wurde es für mich immer schwer, das zu akzeptieren. Und mit dem RRK
hatte ich oft das Gefühl, dass wir gegen größere Vereine nie eine Lobby hatten.
Es gab genug Schiedsrichter in meiner Karriere, mit denen ich nie Probleme
hatte. Die haben das ein oder andere persönliche Wort an einen gerichtet und
alles war geregelt. Andere hatten eher eine arrogante Art, zu pfeifen.
In der Endphase der aktuellen
Saison sind Sie nicht mehr im RRK-Team aufgelaufen. Fällt der Abschied leichter,
weil es die Mannschaft am Ende ohne Sie geschafft hat?
Man wird sehen, wie leicht es mir am
Samstag fällt. Es ist schön zu sehen, dass die Mannschaft nun so weit ist, dass
es nicht auffällt, ob ich dabei war oder nicht. Das hat mich für die Mannschaft
sehr gefreut. Durch die Arbeit konnte und wollte ich nicht mehr so viel
trainieren, und da war es für den neuen Trainer zunehmend schwerer, gegenüber
der Mannschaft zu verkaufen, warum ich spielen soll und andere nicht, die auch
Leistung gezeigt haben. Ich bin jedenfalls sehr stolz in dieser Mannschaft
gespielt zu haben, die den Klassenverbleib geschafft hat.
Trauen Sie dem RRK zu, sich
dauerhaft in der Bundesliga etablieren zu können?
Das muss man abwarten. Durch die
Abgänge und weil Trainer Stephan Decher aufhört, wird die nächste Saison
bestimmt nicht einfacher als diese. Aber die Mannschaft hat nun gesehen, was sie
kann und was nicht. Sie muss konditionell noch besser werden, um spielerische
Defizite auszugleichen. Auf Dauer müssen auch wieder mehr Eigengewächse
gefördert werden, sodass es wieder mehr Jugend- und dann vielleicht auch wieder
erwachsene Nationalspieler im Verein gibt. Ansonsten wird es verdammt schwer,
die Bundesliga zu halten.
Wie sieht die Zukunft ohne
Leistungshockey aus und schließen Sie ein Comeback definitiv aus?
Wenn ich etwas gemacht habe, dann
immer zu 100 Prozent. Das Ende meiner Karriere zur Belustigung meiner Freunde
habe ich nun schon über vier Jahre vor mir hergeschoben. Aber dieses Mal ist
wirklich Schluss. Jetzt kann ich vielleicht mal das eine oder andere Turnier mit
den Senioren mitspielen, aber vor allem mal ein Wochenende ohne Hockey verplanen
und mich einfach erholen. Ich freue mich, etwas mehr mit Freunden und meiner
Freundin zu unternehmen oder mich meinem neuen Hobby, einem Oldtimer, zu widmen.
Stimmen zu Oliver Domke
▪ Bernhard Peters
(Hockey-Bundestrainer bis 2006; seither Jugend- und Sportdirektor bei 1899
Hoffenheim): Oliver Domke war schon ein ganz außergewöhnlicher Spieler,
der die Situationen einfach schneller erfasste als andere. Dank seiner
kreativen Techniken konnte er manche Dinge, speziell die argentinische
Rückhand, einfach viel früher. Mit dem Ball war er unheimlich schnell und er
hat sehr wenig Chancen gebraucht. Ich erinnere mich an unglaubliche Treffer von
ihm bei unserem ersten WM-Turniersieg 2002. Und das Bild, wie er nach dem
Endspiel auf dem Tor saß, wird mir immer im Gedächtnis haften. Däs war ein
typischer Ausdruck seiner Spontanität. Es war einfach klasse, mit so einem
Spielertyp zusammengearbeitet zu haben. Schade war nur, dass er zu früh mit
Hochleistungshockey aufgehört hat. Ich bin mir absolut sicher, dass wir mit ihm
2004 Olympiasieger geworden wären.
▪ Mirco Fuchs (RRK-Mannschaftskapitän):
Für mich war es immer eine besondere Ehre und einfach nur genial mit so
einem einzigartigen Spieler in einer Mannschaft zusammengespielt zu haben. Ich
war früher schon beim Zuschauen total beeindruckt, wenn er mal wieder ein
unmögliches Tor erzielt hatte. Sein Auftreten war zwar nicht selten
grenzwertig, aber darüber konnte ich eigentlich immer gut wegsehen. Er hat
zweifellos seine Eigenarten, hat sich aber nie verbiegen lassen und immer
100 Prozent für die Mannschaft gegeben. Ich werde ihn definitiv sehr vermissen.
▪ Berti Rauth (früherer
RRK-Trainer): Als kleiner Junge hatte der Olli im Kindertraining schon einen
irren Bewegungsdrang. Sehr früh hat er geniale Dinge gemacht, durch die
er sich von den Anderen abgesetzt hat. In den ersten Jahren hat er oft die
Flucht nach vorne ergriffen und erst Ruhe gegeben, wenn der Ball mindestens
einmal drin war. Später hat er mehr Ruhe entwickelt und darüber dann bei großen
Turnieren nicht selten der gesamten Weltspitze die Grenzen aufgezeigt.
Und wenn bei der WM in Utrecht 1998 nach einem Domke-Rückhandtreffer aus vollem
Lauf unter die Latte 15.000 Holländer aufstehen und applaudieren, dann sagt das
alles über seine Reputation aus. Andere Vereine oder Klubs hätten so einen
Spieler zur Ikone hochstilisiert, aber in Deutschland haben viele
Handwerker mehr Glanz als dieser unglaublich geniale Typ. Er ist zweifellos ein
ganz Großer, auch weil er immer bescheiden geblieben ist. Ich wünsche
ihm, dass er mit Stolz auf das zurückblicken und genießen kann, was er geleistet
hat.
▪ Fritz Schmidt (RRK-Olympiasieger
von 1972): Nach Rainer Seifert war der Olli technisch das Beste, was
der RRK hervorgebracht hat. Allein das hat mich schon total gefreut. Als Spieler
war er genial, vor allem in puncto Einsatz und Schnelligkeit. Nicht
verstanden habe ich, dass er für Olympia in Athen 2004 nicht ins Nationalteam
zurückgekehrt ist, obwohl er da voll im Saft stand. Das habe ich ihm auch so
gesagt. Wie alle Guten hatte auch er oft das Gefühl, benachteiligt zu
werden und ist dann mal ausgerastet. Dafür habe ich Verständnis – ich war ja
auch kein Leiser ... (kri).
Oliver Domke: Stationen − Erfolge
▪ 1.
A-Länderspiel: 15. Juni 1994 in Frankfurt (2:1 gegen Pakistan)
▪
Letztes A-Länderspiel: 22. Januar 2006 in Eindhoven (4:3 gegen Polen;
EM-Finale)
▪
Länderspiele: 203 (182 Feld / 21 Halle); dazu weitere 63 Einsätze in
DHB-Nachwuchsteams
▪
Länderspieltore: 111 (Feld 79 / Halle 32)
▪
WM-Titel: 1993 (Junioren Feld); 2002 (Feld), 2003 (Halle)
▪
EM-Titel: 1995 (Feld), 2003, 2005 (Halle)
▪
Olympische Spiele: Atlanta 1996 (4.), Sydney 2000 (5.) |
▪
Champions-Trophy-Siege: 1995, 1997, 2001
▪
Deutscher Meister: 1990 (Feld) und 1991 (Halle) mit den A-Knaben des RRK;
2008 (Halle)
▪
Europacup-Gewinner: 2009 (Halle)
▪
World-Games-Sieger: 2005 (Halle)
▪
Bundesliga-Aufstiege: 1996 und 2008
▪
Ehrungen: Bester Spieler der
Hallen-DM 2000 und 2008 sowie bei der Feld-WM 1998 in Utrecht |
Abschied
von Oliver Domke
Der Schläger kommt in die Ecke
Von Christian Stör (aus
"Frankfurter Rundschau" vom 11.06.2010)
Irgendwann muss
einfach Schluss ein. "Es wird Zeit, dass die jungen Spieler an die Reihe
kommen", sagt Oliver Domke, der am vergangenen Sonntag zum letzten Mal das
Trikot des Rüsselsheimer RK getragen und danach den Hockeyschläger aus der Hand
gelegt hat. "Und außerdem", fügt der ehemalige Nationalspieler ein wenig
spitzbübisch hinzu, "bin ich ja auch langsam alt genug, um aufzuhören." Das
klingt fast so, als wäre er eine Art Hockey-Methusalem – was er mit seinen 34
Jahren aber ganz sicher nicht ist. Trotzdem freut er sich auf die Zeit nach der
Karriere, die mit dem Abschiedsspiel am Samstag (18 Uhr) im Rüsselsheimer
Stadion am Sommerdamm offiziell zu Ende gehen wird.
Eigentlich wollte Domke schon im
vergangenen Jahr seine Karriere beenden, wurde dann aber im letzten Moment noch
vom neuen Trainer Stephan Decher zum Weitermachen überredet. "Jetzt habe ich
aber einfach nicht mehr genug Zeit", sagt der Diplom-Verwaltungswirt, der sich
nicht mehr abends nach der Arbeit "zum Training hinquälen" will. Dazu fehlt ihm
inzwischen der Antrieb.
Auffallend ist, dass der gebürtige
Rüsselsheimer während seiner gesamten Karriere als Sportler seine Heimatstadt
nie verlassen hat. Von klein auf spielte er Hockey für den Rüsselsheimer RK.
Seinem Hobby Fußball ging er beim TV Haßloch und bei der SKG Bauschheim nach.
Aber das liegt ja um die Ecke von Rüsselsheim. Ein Wechsel zu einem
Hockey-Bundesligisten in der Großstadt oder gar im Ausland kam für ihn trotz
vieler Angebote nie in Frage. "Das Umfeld passt hier einfach, deshalb wollte ich
immer hier bleiben", sagt Domke, der "stolz darauf" ist, dass er Hockey
ausschließlich beim RRK gespielt hat.
Oliver Domke in
einem seiner letzten Bundesligaspiele |
Höhepunkt Europapokal
Auf Reisen ging es für
ihn eigentlich immer nur dann, wenn er das Dress der Nationalmannschaft trug.
Das allerdings war nicht gerade selten der Fall, immerhin hat er in seiner
Nationalmannschaftskarriere insgesamt 198 Länderspiele auf dem Feld (105 Tore)
und fünf Länderspiele in der Halle (sechs Tore) bestritten, ist Europa- und
Weltmeister geworden und hat dreimal die Champions Trophy gewonnen. Der Erfolg
bei der WM 2002 in Kuala Lumpur war natürlich besonders schön, denn das
entscheidende Tor zum 2:1 im Finale gegen Australien erzielte kein anderer als
er selbst. Bei Olympia reichte es zwar nur für die Plätze vier (Atlanta) und
fünf (Sydney). Als größten Erfolg auf Vereinsebene bezeichnet Domke den Gewinn
des Europapokals in der Halle vor einem Jahr. "Das habe ich als Spieler vorher
nie erlebt – und dann auch noch in eigener Halle. Das war etwas ganz
Besonderes."
Vom Sport wird Domke
auch in Zukunft nicht lassen können. Ob Tennis oder Radtouren – etwas mehr Zeit
als bisher wird er dafür aufbringen können. Genauso wie für seinen alten Opel
Diplomat, den der passionierte Oldtimerfahrer seit gut einem Jahr besitzt. Den
Hockeyschläger wird er dagegen kaum noch benutzen. "Vielleicht bei einem
Senioren- oder Juxturnier." Sonst nicht. Irgendwann muss einfach Schluss sein.
"Es
langt jetzt"
30 Jahre
Rüsselsheimer RK: Oliver Domke vor seinen letzten drei Hockeyspielen
Von Alex Westhoff (aus
"FAZ" vom 27.05.2010)
Oliver Domke ist 34 Jahre alt. Wie
viele Stunden in seinem Leben er Schienbeinschoner getragen hat und einen
Hockeyschläger in den Händen hielt, "will ich gar nicht wissen". Es sind die
letzten Tage, an denen der frühere Nationalspieler auf die Anlage des
Rüsselsheimer RK kommt. Stutzen hochziehen, Schuhe schnüren, Mundschutz rein –
seitdem er vier ist, tut er dies. Und trotz zahlreicher anderer Offerten stand
auf Domkes Trikot 30 Jahre lang immer: Rüsselsheimer RK. "Ich habe nie den Drang
verspürt, hier wegzumüssen", sagt er. Nun könnte man meinen, dass so einer vor
seinen letzten Trainingseinheiten und seinen letzten drei Bundesligaspielen
wehmütig wird, mit seinem feststehenden Abschied vielleicht hadert. Nicht so
Oliver Domke. "Es langt jetzt", sagt er und lässt den Blick über die
Kunstrasenplätze am Sommerdamm schweifen. Er wohnt immer noch nur fünf
Fahrradminuten entfernt.
Lust und Unlust am Spiel hielten sich
bei ihm in den vergangenen Jahren stetig die Waage. Seit vier Saisons spricht
der gebürtige Rüsselsheimer eigentlich schon von Abschied – wegen der Karriere
bei der Polizei und um "einfach mal etwas anderes zu machen, sich mal anderen
Dingen zu widmen". Jedes Jahr konnte er von Mitspielern und Trainern wieder
überredet und dann auch überzeugt werden, noch ein Jahr dranzuhängen. Auf die
Extraklasse "vom Olli" und seinen Torjägerqualitäten verzichtet keine Mannschaft
gerne. Und der Mittelstürmer entschied sich immer wieder für den Sport und damit
auch für die Begleitumstände des Bundesligahockeys, die ihm schon lange
widerstreben: Training, Mannschaftssitzungen, ewige Fahrten durch die ganze
Republik. "Das Tor steht immer noch in der Mitte", sagt Domke. Und seine Tore
erzielt er immer noch dank seiner Technik, seines ausgeprägten Instinkts und
seiner Ruhe im gegnerischen Schusskreis. Auch wenn der RRK als schwächstes
Vorrundenteam viele Niederlagen bezog und es Spiele gab, "bei denen ich besser
zu Hause geblieben wäre". Nun kämpft Domke in der Abstiegsrunde um ein Happy End
beim RRK. An diesem Sonntag können die Hessen im wichtigen Spiel bei der TG
Frankenthal dem Klassenziel nahe kommen – oder auch den vielleicht
entscheidenden Schritt Richtung zweite Liga machen.
Bei Domke, der in 203 Länderspielen
mehr als 100 Tore erzielte, überwog in den vergangenen Wochen wieder die Unlust
an seinem Sport. Zig Trainingseinheiten im Dauerregen waren nicht nach dem
Geschmack des Weltmeisters von 2002, der im Finale in Malaysia damals das
Siegtor schoss. "Nach so vielen Jahren Leistungshockey ist man auch vom Kopf her
irgendwann nicht mehr bereit", hat RRK-Trainer Stephan Decher Verständnis für
seinen prominentesten Spieler.
Abgesehen vom Europapokalsieg in der
Halle im vergangenen Jahr, hat Domke sich mit seiner Treue zum kleinen RRK die
Chance auf mehr nationale Titel und Triumphe genommen. Die Meriten holte er sich
dafür mit der Nationalmannschaft: zweimal Europameister, dreimal Gewinner der
Champions Trophy. Eine olympische Medaille blieb dem Hessen aber versagt. Nah
dran war er 1996 in Atlanta, als er im Spiel um Bronze kurz vor Schluss das 1:0
erzielte, sich kurz auswechseln ließ, um Luft zu schnappen – und das Spiel 1:2
verloren ging. Am Sonntag, dem 6. Juni, wird Domke das letzte Mal in offizieller
Spielermission für den RRK auflaufen. Danach, sagt er, werde er vielleicht mal
zum Zuschauen kommen. Und ab und an mal montagabends zum Training: in der
Altherrenmannschaft. |