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Über Mitglieder des
RRK (2016)
Norbert Kindlmann |
Kongeniales Duo: Norbert Kindlmann und
Wolfgang Hottenrott glänzten im Zweier und saßen 1972 im Adam-Achter. |
Ex-Biebricher Norbert Kindlmann saß 1972 im
Ruder-Achter
Von Stephan Neumann
(aus "Wiesbadener Kurier" vom 13.08.2016)
Als Norbert
Kindlmann via TV die Goldfahrten der deutschen Doppel-Vierer in Rio verfolgte,
begann seine innere olympische Flamme sofort zu lodern. Der 72-Jährige, der
einst für die Rudergesellschaft Wiesbaden-Biebrich, später für Hansa Dortmund
startete, ist dem Rudern eng verbunden geblieben.
Unglaubliche
Schinderei am Silvretta-Stausee
Mit seinem aus
Hannover stammenden Partner Wolfgang Hottenrott bildete er im Zweier ohne
Steuermann in den 1970er Jahren ein kongeniales Duo. Ein Tandem, das allen
davonfuhr. Das bekam Karl Adam schnell mit. Für den legendären Trainer stand
damals sofort fest: Kindlmann und Hottenrott sind bei der Mission Gold für den
Olympia-Achter 1972 auf der Anlage Feldmoching-Oberschleißheim gesetzt.
Kindlmann auf Position sechs, Hottenrott auf der Fünf "quasi als Motor des
Bootes", so Kindlmann.
Für ihn bleiben die
Spiele in München im Reigen seiner bewegten Ruderer-Laufbahn als Höhepunkt im
Gedächtnis eingraviert. Kindlmann nennt die Verkettung der facettenreichen
Ereignisse im Rückblick ein "kleines Drama". Es begann mit dem ersten Akt auf
2.000 Meter Höhe am Silvretta-Stausee im österreichischen Vorarlberg. "Um 6 Uhr
und 12 Uhr waren wir im Wasser. Anschließend hat uns Karl Adam noch in
Turnschuhen die Berge hochgescheucht. Mit diesem Höhentrainingslager sollte die
Produktion der roten Blutkörperchen angeregt werden, wodurch mehr Sauerstoff in
die Muskeln gelangt. Alles war darauf ausgerichtet, dass wir im olympischen
Rennen am 2. September um 13 Uhr unseren Leistungs-Höhepunkt erreichen würden",
hat Kindlmann die Schinderei noch vor Augen.
Der 1972 in Luzern
mit 5:38 Minuten über die 2.000-Meter-Distanz aufgestellte Streckenrekord
befeuerte die Hoffnung für München. Dort kam der Adam-Achter gut in Fahrt,
siegte im Halbfinale und ließ dabei auch das Boot des späteren Olympia-Siegers
Neuseeland hinter sich. Sofort begann das Tüfteln mit Blick auf das Finale:
Holzboot oder neuartiges Kunststoffboot? Lange Riemen für ein Rennen mit dem
Wind, kürzere bei Gegenwind? Schließlich wurden Kunststoffboot und lange Riemen
bevorzugt. Doch der Wind drehte und die Neuseeländer enteilten. Bei der
1.500-Meter-Marke lag der Adam-Achter eine Hundertstelsekunde vor den USA, lag
zwei Hundertstel hinter dem DDR-Boot zurück. Doch als Wasser über die
tiefliegende Bordlinie des Kunststoffbootes schwappte, fiel die Sprechanlage des
Berliner Steuermanns Manfred Klein aus. Ohne den Verstärker seiner Flüstertüte
drangen die Kommandos nicht mehr durch. "Eine kleine Anweisung wie etwa 'macht
noch drei Schläge und setzt dann zum Spurt an' hätte schon genügt. So aber war
die Koordination war nicht mehr gegeben", durchlebt Kindlmann nochmals das
bittere Finish. Hinter Neuseeland (6:08,94), den USA, der DDR und der UdSSR
blieb in 6:14,91 Minuten nur Platz fünf.
Prognose:
Deutscher Achter holt heute Gold
"Wir sind zwar
nicht Olympiasieger geworden. Aber im Rückblick bin ich sehr glücklich in diesem
Boot gesessen zu haben. Wir waren eine wunderbare Gemeinschaft. Seit 1997
treffen wir uns mehrfach im Jahr", streicht Kindlmann heraus. Doch zunächst wird
seine innere Olympia-Flamme beim heutigen Achterfinale lodern: "Ich gehe von
einem Zweikampf zwischen den Briten und uns aus und glaube, dass wir gewinnen
werden." |