Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Nicole Loeck

Sie hört fast nichts und hält fast alles

RRK-Torhüterin Nicole Loeck erneut zum DHB-Lehrgang eingeladen / Joggen und bergeweise Salat

Von Andrea Duphorn

Andere Teenager verzieren die Wände ihrer Zimmer mit den Postern von Popgruppen, Schauspielern oder Fußballteams. Bei Nicole Loeck sind es Urkunden. 14 hessische Meisterschaften - sieben in der Halle und sieben auf dem Feld -, zwei süddeutsche und zwei DM-Titel hat die 17jährige mit verschiedenen Nachwuchs-Hockeyteams des Rüsselsheimer Ruder-Klubs (RRK) gesammelt. Darüber hinaus zählte sie beim Gewinn der deutschen Meisterschaft 1997 (Feld) und 1998 (Halle) sowie den Europacup-Siegen 1998 (Halle und Feld) zum Aktivenaufgebot des Bundesligavereins. Das allein wäre vielleicht noch nichts besonderes. Was die Erfolge der Berufsschülerin gegenüber allen ihren Mitspielerinnen aufwertet, ist der Umstand, daß die junge Torhüterin des RRK von Geburt an praktisch gehörlos ist.

Die angehende Modellbaumechanikerin hat ein Resthörvermögen ab 95 Dezibel. Das entspricht in etwa jener Lautstärke, ab der ein tieffliegendes Flugzeug jegliches Gespräch unterbindet. Zwei Hörgeräte und die Fähigkeit, von den Lippen ablesen zu können, helfen Nicole Loeck, sich im Alltag zurechtzufinden. Auf dem Hockeyfeld müssen ein wachsames Auge, ein überdurchschnittliches Reaktions- wie Antizipationsvermögen - das frühzeitige Erkennen einer Situation - wettmachen, was ihre Mitspielerinnen oft allein über das Gehör erkennen können. Etwa, wenn ein Ball nicht richtig getroffen oder von einem Schläger abgefälscht wird. „Ich sehe das", sagt Nicole Loeck. Gleiches gelte für die Pfiffe der Schiedsrichter, die sie - trotz der Hörgeräte - selten wahrnimmt. „Wenn die anderen aufhören zu spielen, höre ich auch auf." Probleme habe es deshalb aber noch nie gegeben.

„Als Nicole zum ersten Mal im Training war, hat uns unser Trainer erklärt, daß sie nicht gut hören kann und daß wir sie beim Sprechen anschauen müssen, damit sie sehen kann, was wir sagen", erinnerte sich Mitspielerin Jana Schwärzel. Dies habe sich bislang aber noch nie nachteilig auf das Spiel ausgewirkt. „Wir haben uns daran gewöhnt, daß wir bei ihr nicht einfach was nach hinten rufen können, sondern abwarten müssen, bis sich dafür Zeit ergibt. Wir haben uns darauf eingestellt", sagt die Jung-Nationalspielerin.

Seit ihrem zehnten Lebensjahr steht Nicole Loeck beim Ruder-Klub zwischen den Pfosten, nachdem sie sich zuvor fünf Jahre lang im Fußballtor versucht hatte. Als sie nicht mehr mit den Jungs zusammenspielen durfte, sah sie sich nach einem neuen Betätigungsfeld um. Von den Kniffs und Tricks, die ihr die frühere Nationaltorhüterin Bianca Heinz verriet, habe sie anfangs sehr profitiert. Und inzwischen hat sie den einen oder anderen Einsatz im RRK-Bundesligateam hinter sich. „Aber da bin ich wegen der vielen Zuschauer immer noch viel zu aufgeregt". Die 1:1-Situationen - egal ob beim Penalty, den kurzen Ecken oder aus dem Spiel heraus - sind es, die Nicole besonders mag: „Es macht mir Spaß, herauszulaufen, vor allem in der Halle", sagt sie. Auf dem Feld lasse sie sich von der Härte der Schüsse zuweilen noch etwas abschrecken. „Die holen manchmal aus wie mit einem Baseballschläger."

Bei der süddeutschen Jugend-Hallenmeisterschaft Ende Februar in Mannheim war es Nicole Loeck gewesen, die ihrem Team den Finaleinzug und damit auch vorzeitig das DM-Ticket sicherte. Sie hielt im Turnierverlauf fünf Penalties und wurde damit ihrem Ruf als „Siebenmeter-Killerin" einmal mehr gerecht und später zur besten Torhüterin gewählt. Und daß das RRK-Team zwei Wochen später in Goslar nach vier Unentschieden nicht über Rang fünf hinauskam, lag ebenfalls nicht an ihr. „Nicole hat gut gehalten. Wir haben unsere Chancen nicht genutzt", sagt Jana Schwärzel.

Dies hat wohl auch Juniorinnen-Nationaltrainer Heino Knuf so gesehen, der die Keeperin aufgrund der gezeigten Leistungen neben fünf weiteren RRK-Talenten zum zentralen U 18-Lehrgang vom 19. bis 23. März ins Bundesleistungszentrum des DHB nach Köln eingeladen hat. „Sie hat sich kontinuierlich weiterentwickelt, und daher ist diese Berufung auch ausschließlich sportlich begründet. Man kann gut mir ihr arbeiten, weil sie immer sehr konzentriert ist. Und natürlich ist es eine positive Erfahrung, daß trotz einer Behinderung leistungsorientierter Sport möglich ist", sagt Knuf. Vor zwei Jahren war sie schon einmal eingeladen worden. „Damals waren meine Laktatwerte aber zu schlecht", erinnert sich Nicole Loeck. Damit die Berufung ins Nationalteam nicht noch einmal an mangelnder Fitneß scheitert, geht sie neben den üblichen drei Trainingseinheiten pro Woche seit einiger Zeit fast jeden Tag joggen - „obwohl Laufen eigentlich nicht so mein Ding ist".

Auch in anderer Hinsicht hat sich die ehrgeizige junge Frau dem Sport zuliebe umgestellt. Salat etwa habe sie früher nie gegessen - bis RRK- und Damen-Bundestrainer Berti Rauth sie darauf hingewiesen habe, daß das gesund sei. „Nun essen wir bergeweise Salat", sagt Loeck. Was tut man nicht alles für seinen großen Traum, die Olympischen Spiele. „Auf keinen Fall Sydney 2000, aber vielleicht 2004 in Athen". Ein Grund mehr, warum die Auszubildende bei der Adam Opel AG den Tagen in Köln entgegenfiebert. Im Gegensatz zu den Übungseinheiten im Verein gebe es dort ein spezielles Torwarttraining. Mögliche Fortschritte werden ihre Mitspielerinnen beim RRK am ehesten zu spüren bekommen.

Deutsche Meisterschaft 1997 in der Halle für die A-Mädchen des RRK durch einen 5:1-Finalsieg über Großflottbek (hinten: Eva Golke, Andrea Schlieter, Nathalie Bischel, Lena Schüder, Mandy Haase, Mareike Thomas, Bettina Edlefsen; davor: Nina Günther, Maren Pfefferkorn, Elena Christl, Jana Schwärzel; vorn: Nicole Loeck)