|
Über Mitglieder des
RRK (2016)
Nicolas Jacobi |
Hat gut lachen: In London 2012 war Nicolas
Jacobi noch Ersatz-Keeper, in Rio de Janeiro ist er der Platzhirsch.
|
Der Geschäftsführer im Tor
Nicolas Jacobi ist die Nummer eins in der deutschen Hockey-Nationalmannschaft –
und Unternehmer. Auch in Rio wird er sich an freien Tagen um sein zweites
Standbein kümmern.
Von Alex Westhoff
(aus "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 22.07.2016)
Bis zum Abflug nach
Rio haben die deutschen Hockey-Herren ein paar Tage Pause bekommen. Zeit zum
Ausspannen, Erholen von einem umfangreichen Trainingsblock mit vielen
Testmatches gegen Topgegner. Zeit zur Einstimmung auf die wichtigsten Wochen des
Hockeylebens: Olympische Spiele. "Die Vorfreude und das Kribbeln sind sehr
ausgeprägt. Und sie werden immer stärker", sagt Nicolas Jacobi, die deutsche
Nummer eins im Tor.
Der 29-Jährige
erholt sich auf seine Weise, hat die Torwartausrüstung gegen Schlips und Kragen
getauscht und nutzt die freien Tage vor Beginn der Mission Gold, um sich nochmal
ausführlich um seinen Betrieb zu kümmern. Am Donnerstag fuhr er von seinem
Elternhaus in Mainz hinüber nach Frankfurt. Bankgeschäfte. Jacobi ist nämlich
nicht nur ein "Torwart von absoluter Weltklasse", wie Bundestrainer Valentin
Altenburg sagt, sondern auch auf anderem Terrain erfolgreich.
Als Geschäftsführer
des Unternehmens Immomio steht er einem erfolgreichen Start-up vor, das wächst
und gedeiht. Das Unternehmen hilft Wohnungsunternehmen und Hausverwaltungen, mit
Hilfe eines Algorithmus neue Mieter für ihre Wohnungen zu finden, um allen
Beteiligten zeitraubende Massenbesichtigungen zu ersparen. Nachdem Jacobi seinen
damals noch erstklassig spielenden Heimatverein Rüsselsheimer RK nach dem
deutschen Hallenmeistertitel 2008 verließ und sich in der deutschen
Hockey-Hauptstadt dem Bundesligaklub UHC Hamburg angeschlossen hat, ist die
norddeutsche Großstadt Mittelpunkt seiner beiden Karrieren – die des
aufstrebenden Sportlers und die des aufstrebenden Geschäftsmanns.
In London war er
mittendrin, aber doch nicht so richtig dabei
Jacobi taugt als
Musterbeispiel dafür, wie man mit Beharrlichkeit und Organisationstalent schon
während der Aktivenzeit in einer Randsportart für das Danach vorbaut. Dennoch
stand Hockey in den vergangenen Jahren bei ihm an erster Stelle, er hat kein
Länderspiel und keinen Lehrgang ausgelassen. In der Hockeyszene sagen viele,
dass Nicolas Jacobi derzeit in der Form seines Lebens spielt. Beim
Vier-Nationen-Turnier in Düsseldorf in der vergangenen Woche sorgten seine,
mitunter nur schwer fassbaren Reflexe und Paraden für einen Erfolg des deutschen
Teams. "Ich habe mich noch nie so gut vorbereitet gefühlt vor einem Turnier. Ich
bin voller Selbstvertrauen und fahre mit einem sehr guten Gefühl nach Rio", sagt
Jacobi.
Beim goldenen
Triumph der deutschen Hockey-Herren in London vor vier Jahren war er mittendrin,
aber doch nicht so richtig dabei. Als sogenannter P-Akkreditierter war der
damalige Ersatzkeeper zwar im Olympischen Dorf, auf dem Trainingsplatz und bei
den Partien stets im Mannschaftskreise. Doch als die Kameraden bei der
Medaillenzeremonie ihre goldenen Plaketten abholten, durfte er nicht mit aufs
Podest. "Das war schmerzhaft", erinnert er sich. Zumal er noch heute von den
verbliebenen Olympiasiegern in der Mannschaft für seine damaligen Verdienste am
vorzüglichen Binnenklima rund um das Team gelobt wird. Zum Beispiel produzierte
Jacobi nach jedem Match einen mit Musik unterlegten Film mit allen
Highlightszenen, der vor der nächsten Partie gezeigt wurde.
Jacobi hat jetzt
etwas zu verlieren
Nach London und dem
Ende der internationalen Laufbahn von Max Weinhold rückte Jacobi zum
Führungsspieler und zur neuen Nummer eins auf, wurde Europameister 2013.
Bundestrainer Markus Weise gewährte verdienten A-Kader-Spielern im Duell mit
Neulingen einen Bonus. Nach dem überraschenden Wechsel Weises zum DFB im
vergangenen November war der passé. Nachfolger Altenburg betonte, dass unter
seiner Regie mit Blick auf Rio alle bei null anfangen würden. Jacobi empfand
dies als "Schlag in die Magengrube. Die bangen Monate zuletzt haben in meinem
Kopf Spuren hinterlassen." Als Nummer zwei mit nach London fahren zu können, war
damals ein Erfolg.
Nun hatte er etwas
zu verlieren: den Nummer-1-Status. Die Anspannung wich erst Anfang Juli, als
Altenburg seine Auserwählten für Rio bekanntgab und der Hesse nun tatsächlich
als Platzhirsch in das olympische Turnier geht, in dem alle das dritte Gold in
Serie erwarten. "Ich gebe nichts auf diese Art von Erwartungshaltung. Unser Ziel
ist das Viertelfinale, also die dicken Spiele, in denen es um die Medaillen
geht", sagt Jacobi, der an den freien Tagen das W-Lan im Olympischen Dorf nutzen
wird, um nach seinem Unternehmen zu sehen. "Ich brauche das, um den Kopf
freizubekommen", sagt er.
Familienmitglieder
von ihm sind nach wie vor im Rüsselsheimer RK aktiv. Seine Mutter und seine
älteste Schwester, die einstige Nationalspielerin Lisa, sind in der Jugendarbeit
tätig. Seine kleinere Schwester Lena, auch sie ehemals für Deutschland aktiv,
ist wieder in die Region zurückgekehrt und wird womöglich wieder das RRK-Trikot
tragen. Die Schwestern stellten einst den kleinen Nico ins Tor, weil sie
jemanden brauchten, der ihre Schüsse versucht zu parieren. Es ist ihnen schon
häufig gedankt worden.
Hockey-Herren
gewinnen Olympia-Bronze bei Fürste-Abschied
Zum vierten Mal
in Serie bringen die deutschen Hockey-Herren Edelmetall mit nach Hause. Kapitän
Moritz Fürste gewann mit seinem Team in seinem letzten Länderspiel Bronze. Die
Entscheidung fällt gegen den Erzrivalen Niederlande im Penaltyschießen.
Der deutsche Keeper Nicolas Jacobi jubelt nach dem Penaltyschießen, bei dem
er gut pariert hat. |
Aus "Hannoversche
Allgemeine" vom 18.08.2016
Moritz Fürste sank
nach dem Shootout-Drama mit Happy End weinend auf die Knie, dann bejubelte er
mit Tochter Emma auf dem Arm den krönenden Abschluss seiner Karriere.
Dank Penalty-Killer
Nicolas Jacobi haben Deutschlands Hockey-Herren um den scheidenden Kapitän in
Rio Olympia-Bronze gewonnen. Torwart Jacobi behielt im Nervenduell gegen die
Niederlande zweimal die Oberhand und sorgte damit für grenzenlosen Jubel. "Ich
habe dafür gebetet, dass ich nicht mehr schießen muss", sagte der als letzter
Schütze vorgesehene Fürste. "Wir haben heute alles erreicht, was möglich war.
Ich fühle mich gerade genauso wie nach den Olympiasiegen."
Mit 4:3 im
Penaltyschießen behielt die DHB-Auswahl im Spiel um Platz drei die Oberhand,
nachdem es in der regulären Spielzeit nach Toren von Jorrit Croon (35. Minute)
und Martin Häner (42.) 1:1 gestanden hatte. Nach Bronze 2004 sowie Gold 2008 und
2012 kehren die DHB-Herren damit zum vierten Mal in Serie mit Edelmetall von
Olympia zurück. "Wir sind wahnsinnig froh, dass wir das geschafft haben", sagte
Jacobi. Bundestrainer Valentin Altenburg war ebenfalls erleichtert: "Wir hatten
uns auf Bronze eingeschworen. Es fühlt sich gerade an, als ob wir alles gewonnen
haben."
Wenige Stunden vor
dem Match hatte Fürste seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft via Facebook
bekanntgegeben. "Heute werde ich das letzte Mal im Nationaltrikot auflaufen. Ein
letztes Mal alles geben um für Deutschland, das Team und für mich eine
olympische Medaille zu gewinnen", schrieb der 31-Jährige in einer längeren
Erklärung.
"11 Jahre, 291
Länderspiele, unendliche Momente, Emotionen und Erfahrungen, Freundschaften,
Siege und Niederlagen. All das durfte ich in meiner Hockey-Karriere erleben."
Der Abschluss wurde dann noch einmal richtig emotional. Nach zwei Olympiasiegen,
einem WM- und zwei EM-Titeln krönte der Hamburger seine beeindruckende Laufbahn
mit Bronze.
Vor vier Jahren
hatten sich Deutschland und die Niederlande noch im Endspiel von London
gegenüber gestanden. Nach enttäuschenden Leistungen im Halbfinale fanden sich
beide Schwergewichte nun im kleinen Finale wieder. Dort dominierte der
Weltranglistendritte, sündigte aber im Abschluss. Gleich reihenweise wurden
beste Chancen vergeben.
Diese
Nachlässigkeit rächte sich. Wie aus dem Nichts verwandelte der Europameister
durch Croon einen Angriff zum Führungstreffer, doch Häner glich zum 1:1 aus. So
ging es ins Penaltyschießen, wo Jacobi gleich den ersten Versuch der
Niederländer abwehrte. Tobias Hauke, Mats Grambusch, Timm Herzbruch und Linus
Butt verwandelten danach für Deutschland. "Wir sind super zuversichtlich ins
Shootout gegangen", berichtete Butt. Als Jacobi auch den letzten Schuss des
Erzrivalen durch Sander de Wijn abwehrte, brachen dann alle Dämme bei der
deutschen Mannschaft.
Nach Bronze 2004 sowie Gold 2008 und 2012
nun mit Bronze 2016 die vierte olympische Medaille in Folge für die deutsche
Hockey-Nationalmannschaft der Herren (hinten: Oskar Deecke, Torwart Tobias
Walter, Oliver Korn, Co-Trainer Frederik Merz, Timm Herzbruch,
DHB-Sportdirektor Heino Knuf, Tom Grambusch, Niklas Wellen, Martin Häner,
Timur Oruz, Martin Zwicker, Moritz Trompertz, Bundestrainer Valentin
Altenburg, Mats Grambusch, "Physio" Andreas Papenfuß, Teamarzt Dr. Willi
Widenmayer, Teammanager Eric Langner, Co-Trainer Matthias Becher; vorn:
Linus Butt, Torwart Nicolas "Nico" Jacobi, Christopher "Wes" Wesley, Florian
"Flocke" Fuchs, Tobias "Tobi" Hauke, Christopher Rühr, Kapitän Moritz "Mo"
Fürste, Mathias Müller, Co-Trainer Michael McCann |
|