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vom 25.10.2023
Hanau – Die
Kinzig habe ich bisher in aller Ruhe beim Stand-up-Paddling erkundet. Dabei habe
ich mich schon immer gefragt, bei welcher Sportart die zwei Meter über dem
Wasser hängenden Tore benötigt werden. Dank meines Besuchs bei der SKG weiß ich
das jetzt: beim Kanupolo. Fünf Spieler pro Team, jeweils ausgestattet mit Kajak,
Paddel, Schutzweste und Helm, versuchen einen Wasserball im gegnerischen Tor
unterzubringen. Klingt simpel, ist es aber nicht.
Das
Handling ist gar nicht so einfach. Vor allem, wenn noch ein Ball ins Spiel
kommt. |
Julian Parsons
begrüßt mich auf der Anlage und von Beginn an sehe ich ein Funkeln in seinen
Augen, sobald es um "seine" Sportart geht. Kein Wunder, denn kaum einer kennt
den Kanusport in Hanau so gut wie er: Trainer im Kanupolo und Wildwasser,
jahrelanger Kanupolo-Wart, Funktionär im Hessischen Kanuverband. Gemeinsam
suchen wir mir ein Kajak aus, das knapp drei Meter lang, 60 cm breit ist und
dank seines Materials aus Carbon bloß 14 kg wiegt. Bevor wir aber mit Übungen
auf dem Wasser starten, erklärt mir Julian den richtigen Einsatz des
Doppelpaddels, das in sich 90 Grad gedreht und ergonomisch geformt ist. Wir üben
den korrekten Einsatz beider Arme im koordinativen Zusammenspiel, um eine gerade
Fahrlinie zu halten. Ganz besonders aufmerksam höre ich den einzelnen Schritten
des korrekten Ein- und Ausstieges in das bzw. aus dem Kajak zu ‒ denn hier
vermute ich den Fall der Fälle, nämlich ins Wasser.
An Land mache
ich mich gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen unter Anleitung von Daniel
Schifner, U21-Nationalspieler, sportartspezifisch warm. Wir erwärmen unsere
Schultern ausgiebig ‒ denn diese spielen eine besonders wichtige Rolle.
Schultermobilität, Rumpfkraft, Fangen, Werfen sowie ein kurzes Kontaktspiel
gehören zu den Standardübungen. Dabei wird eine schnelle Passentscheidung durch
Gegnerdruck provoziert. Und jetzt: Ab aufs Wasser. Fotograf Mike deutet meinen
konzentrierten Blick korrekt und bringt sich extra in Position, um meinen
"Reinfall" zu dokumentieren ‒ zum Glück gebe ich ihm für diesen Plan keine
Bühne. Damit sich während des Trainings kein Wasser in meinem Kajak sammelt,
bekomme ich eine Spritzdecke aus Neopren, die ich über die Sitzluke des Bootes
stülpe. Auf meine Frage, inwiefern ich die Eskimorolle, bei der man sich mitsamt
Kajak einmal seitlich um die eigene Achse dreht, beherrschen muss, antwortet
Julian trocken: "Es kommt darauf an, wie du dich anstellst ‒ es gibt Steine und
Enten, mal sehen, was du bist." Noch nie zuvor habe ich mir so sehr gewünscht,
eine Ente zu sein. Auf dem Wasser starten wir mit dem Passen und Fangen in
Kleingruppen, zunächst auf der Stelle und im Anschluss in Bewegung. Mit meiner
Passgenauigkeit bin ich recht zufrieden, aber die Kontrolle des Kajaks fordert
mich heraus. In der Anschlussübung bekommen wir einen Pass zugespielt, fangen
den Ball im Fahren und schließen mit einem Torwurf ab. Ich treffe das Tor, aber
so richtig stramm fühlt sich mein Wurf nicht an. Obwohl ich als Hockeyspielerin
über eine gute Rumpfkraft verfüge, ist es doch eine sehr spezifische Kraft, die
im Sitzen abgerufen werden muss, um eine gute Wurfhärte zu generieren.
Im
Abschlussspiel bin ich begeistert von der Handlungsschnelligkeit und Power, die
notwendig sind, um Einfluss auf das Spiel nehmen zu können. Ich weiß nicht, ob
meine mangelnden Skills oder meine pure Begeisterung für die Leistung aller
Trainingsteilnehmer dazu geführt hat, dass ich persönlich mich eher als weniger
einflussreiche Spielerin wahrgenommen habe. Dankbar für eine außergewöhnliche
Bewegungserfahrung in idyllischer Atmosphäre und in einem wahnsinnig herzlichen
Umfeld kann ich das Kajak trocken verlassen. Ab jetzt werde ich bei jeder Fahrt
mit dem Stand-up-Paddelboard an mein Training bei der SKG denken und stolz
darauf sein, dass ich eine Ente bin.