Von Detlef Volk
(aus "Main-Spitze" vom 18.08.2023)
Nauheim. Frisch und
gut erholt aus dem Urlaub zurückgekommen, äußert sich Marco Müller im
Sommergespräch zur aktuellen politischen Lage in Nauheim. Positiv überrascht
zeigt sich der Fraktionsvorsitzende der Grünen dabei vom Start des neuen
Bürgermeisters Roland Kappes. Der parteilose Amtsinhaber binde aktiv Verwaltung
und Gemeindevorstand in seine Arbeit ein, hat Müller erfahren. Später werde
Kappes aber auch ohne Fachleute zu den verschiedenen Themen Auskunft geben
müssen. Jetzt sei er aber noch in der Einarbeitungsphase.
Ins Auge gefallen
sind Marco Müller die vielen neuen Tempo-30-Schilder. Das sei wohl noch eine
Anordnung aus der Zeit des Vorgängers, vermutet der 45-Jährige. Der Vorschlag
von Kappes, ganz Nauheim zur 30er-Zone zu machen, sei sicher die bessere Lösung.
Auffallend sei in den ersten Tagen mit dem neuen Bürgermeister dessen klarer
Stil. Wie bei der Kita-Containeranlage äußere er klar seine Meinung. Roland
Kappes höre aber auch zu, nehme Argumente an und gehe Kompromisse ein. "Mir
gefällt das bisher", so Müller.
Das Wahlergebnis
sei ein klares Signal aus der Bevölkerung gewesen. Sie wollten einen Macher, der
Themen aktiv aufgreife. Nun müsse Kappes die Verwaltung bei dieser Arbeit
mitnehmen. So könne eine Aktion nachhaltig mit dem Hintergrundwissen aus der
Verwaltung untermauert werden.
Mit Blick auf die
anstehenden Haushaltsberatungen hat Müller, der als Betriebsratsvorsitzender in
einem Maschinen- und Anlagenbau-Unternehmen in Darmstadt arbeitet, kein gutes
Gefühl. "Das werden harte Zeiten werden", sagt er. Und fürs nächste Jahr
erwartet Müller keine Verbesserung. Die Rahmenbedingungen für die Kommunen und
für den Kreis seien schlecht. Vor allem der Kreis bringe einige Ungewissheit mit
ins Spiel.
"Der Dezember ist
für die Haushaltsverabschiedung zu früh", findet Müller. Geplant ist laut Kappes
und der Verwaltung, das Zahlenwerk fürs nächste Jahr im Oktober einzubringen. Da
der Kreis aber noch nicht einmal für dieses Jahr einen genehmigten Haushalt
habe, möchte Müller lieber auf die Zahlen aus Groß-Gerau warten.
In Nauheim sehe es
aktuell nicht ganz so schlecht aus. "Ein bisschen Rücklage ist noch da", so
Müller. Es müsse sich nun zeigen, ob alle geplanten Projekte noch in diesem Jahr
umgesetzt werden können. Zudem gebe es noch einige Stellenneubesetzungen im
Rathaus. Müller nennt dabei den Bereich Umwelt, wo Thomas Arnold in den
Ruhestand gewechselt ist. Außerdem müsse der Klimamanager ersetzt werde.
Bei den
Haushaltsberatungen hofft Müller, der seit 2008 bei den Grünen ist und seit 2011
der Gemeindevertretung angehört, auf Arbeitsgruppen. Dort könnten, abseits der
politischen Diskussion, neue Ideen entwickelt werden. Als konkretes Thema nennt
Müller das Thema Bauhof. Wie können die Bürger eingebunden werden, um die
Bauhofmitarbeiter zu entlasten, wie machen es andere Kommunen und was müsse
überhaupt gemacht werden, nennt er Details. Das Beispiel mit den Zäunen entlang
des Seewegs zeige, es gebe noch Freiraum. In diese Richtung gehe auch die
jüngste Aktion des Bürgermeisters mit der Säuberung der Grünanlagen und
Baumscheiben.
Ein anderes Thema
könnte der Sportpark sein. Sportförderung sei wichtig, betont Müller. Die Frage
müsse aber erlaubt sein, ob der Sportpark noch eine öffentliche Anlage oder doch
schon Vereinsanlage sei. Hier stelle sich die Frage nach der Einbindung der
Vereine, etwa bei der Pflege der Anlage.
Die weitere
politische Arbeit der Grünen sieht Müller eng mit dem Wahlprogramm verbunden.
Dazu gehöre die jüngst verabschiedete Umorientierung bei der
Waldbewirtschaftung. Mit Ökopunkten könne gut Geld verdient werden, sagt Müller.
Und dies unabhängig vom Weltmarktpreis für Holz.
Generell möchte
auch der grüne Kommunalpolitiker mehr konzeptionelle Arbeit in den Ausschüssen
und der Gemeindevertretung und weniger Einzelfallentscheidungen. Dazu gehöre
auch die Bebauung in Nauheim. Da es wohl keine neuen Baugebiete geben werde,
müsse sich grundsätzlich über Verdichtung im Ortsgebiet unterhalten werden. Da
seien Einzelfallentscheidungen, wie jüngst beim TKW-Gelände, schlecht. Er
schlägt vor, die Flächen in ihrer Gesamtheit neu zu beplanen. Die
Gemeindevertretung müsse sagen, wie sich die Gemeinde in Zukunft entwickeln
soll. „Wir brauchen ein Konzept.“
Dass es beim
Gewerbepark Süd jetzt zu Verzögerungen komme, sei klar die Schuld des früheren
Bürgermeisters Jan Fischer (CDU). Der Antrag der Grünen zur Änderung des
Bebauungsplans aus dem Jahr 2011 – damals noch ohne konkrete
Klimaschutzmaßnahmen – sei vor dem Spatenstich für die Erschließung des Geländes
gestellt und beschlossen worden. "Der B-Plan hätte im April fertig sein können",
so Müller. "Das wurde einfach liegengelassen", ärgert er sich. "Das ist ein
Problem der Führung, nicht der Politik."