Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Über Mitglieder des RRK (1983)   

Manfred Liebig, Rainer Seifert

Manfred Liebig

Nur bei den Hockeyfans mochte Wehmut aufkommen

"Polo" Liebig und Rainer Seifert offiziell verabschiedet / "War nie ein Leistungssportler, eher ein Künstler"

Von Karl Ulrich Schliessmann (aus "Main-Spitze" vom 29.08.1983)
 

Rainer Seifert

Wehmut? Nein, Wehmut war nicht mit im Spiel, als sich am Samstag Nachmittag Rainer Seifert und Manfred "Polo" Liebig offiziell aus der ersten Mannschaft des Rüsselsheimer Ruder-Klubs verabschiedeten. Wehmut mag höchstens bei den knapp 100 Zuschauern aufgekommen sein, die an diesem heißen Sommernachmittag wieder einmal an den Sommerdamm gekommen waren, um "ihren" RRK spielen zu sehen, der sich zum Abschied der beiden altgedienten Hockey-Cracks mit keinem minderen maß als mit dem Olympiasieger von München 1972.

Denn die strahlenden Gewinner von München hatten es sich fast ausnahmslos nicht nehmen lassen, für ihren damaligen Mannschaftskameraden Rainer Seifert, aber auch für "Polo" Liebig, den alle aus ungezählten Bundesligaspielen kennen, an den Main zu reisen. Klangvolle Namen waren das, die allesamt ein Stück deutscher Hockeygeschichte repräsentieren und mit ihrem Sieg von München einen bisher unüberbotenen Höhepunkt setzten: Wolfgang Baumgart, der Mann vom SC 80, zwischenzeitlich leicht ergraut, mit Bart und prompt als Römerberg-Inder apostrophiert, Detlef Kittstein und Horst Dröse, natürlich Peter Kraus, der Held von München, und "Schimmi" Schmidt, für den der Olympiasieg nur eine halbe Sache war, weil er sich im Vorbereitungsspiel den Handknochen brach und deshalb nur einmal kurz eingesetzt wurde. "Eddi" Thelen war aus Köln nach Rüsselsheim gekommen, und selbstverständlich war auch Michael Krause mit von der Partie, jener Mann, der mit seinem "goldenen Tor" pakistanische Siegeshoffnungen eliminierte.

Ja, da konnte tatsächlich bei den Hockeyfans Wehmut aufkommen bei diesen Namen und diesen Geschichten um sie herum. Da feierten zwei ihren Abschied aus einem Team, das ohne sie über fast zwei Jahrzehnte hinweg sicher nicht zu einer der erfolgreichsten deutschen Hockey-Mannschaften geworden wäre.

Waren das noch Zeiten, mag manch einer gedacht haben. Waren das noch Zeiten, 1968, als zum Endspiel gegen Köln 3.000 Zuschauer den Platz am Sommerdamm säumten, um an einem ähnlich heißen Sommertag freudentrunken die erste deutsche Feldhockeymeisterschaft zu feiern. Waren das noch Zeiten, als die Köbel-Halle schier bersten wollte, 1973, beim triumphalen Sieg im Hallenendspiel gegen den SC 80 Frankfurt. "Waren das noch Zeiten", wird man künftig sagen müssen, "als der Rainer und der Polo spielten, und der Bäcker-Schimmi und im Tor der Peter Kraus."

In der Tat. Mit diesem Abschiedsspiel am 27. August mit seinen klangvollen Namen und vor dieser kümmerlichen Kulisse von nur rund 100 wirklichen Hockey-Freunden, ist ein Kapitel großartiger Rüsselsheimer Sportgeschichte zu Ende geschrieben worden. Als Hessenmeister bei der B-Jugend begann die Karriere der beiden des Jahrgangs 1946 und 1947. Acht deutsche Meistertitel auf dem Feld und in der Halle, fünf Vizemeisterschaften und den zweiten Platz im Europapokal haben Rainer und Polo gemeinsam errungen, der kleine quirlige Dribbler Seifert dazu noch im Dress der Nationalmannschaft, einen Olympiasieg und eine Europameisterschaft. Das ist für Rainer Seifert der Umstand, dass er damit zusammen mit Fritz Schmidt der erfolgreichste Rüsselsheimer Sportler ist und mit dieser Bilanz auch nur schwer übertroffen werden kann.

Und dann stellt sich der Rainer hin und sagt: "Ich war nie ein Leistungssportler gewesen." Sagt das nicht aus Effekthascherei, nicht des Kokettierens wegen, sondern weil er das so meint und weil das wohl auch tatsächlich so ist. "Ich war ein Künstler", sagt er gleich hintendrauf, diesmal mit Stolz in der Stimme ... Und wer den Rainer gesehen hat, wie er mit leicht gesenktem Kopf in Richtung Tor dribbelte, Abwehrspieler wie Fahnenstangen beim Slalom umkurvte und dann aus schier unmöglichem Winkel "sein" Goal machte, der hatte tatsächlich einen Künstler gesehen, einen Künstler mit Krummstab und Korkkugel.

Für "Polo" Liebig, Rainer Seifert und den RRK 1968 die erste Deutsche Feldhockey-Meisterschaft durch einen 4:1-Sieg zu Hause am Sommerdamm vor etwa 5.000 Zuschauern über Schwarz-Weiß Köln (hinten: Fritz Schneider, Debu Paul, Coach Josef Schnur, Bodo Schäfer, Walter Leichtweiß, Wolfram Jirzik, Manfred Liebig, Rainer Seifert, Helmut Köhler, Fritz Schmidt, Abteilungsleiter Alfred Rausch; vorn: Hans Hermann, Frieder Fleck, Thomas Blivier, Peter Kraus, Randolf Renker, Martin Müller, Michael Heuß)

Als Künstler unter soliden Handwerkern hat man das Recht auf Freiräume. Hart trainiert hat er nur in seltenen Fällen, hat es deshalb anfangs auch schwer gehabt, in der Nationalmannschaft einen Stammplatz zu kriegen. Und ist dann auch als Nichtleistungssportler Olympiasieger geworden. Der Polo war ganz gewiss kein Künstler gewesen, aber wie der Rainer wohl auch kein Leistungssportler. Wo der Seifert Kunststückchen zelebrierte, da schaffte es der Liebig mit sprichwörtlicher Bierruhe und einer enormen Übersicht bei seiner Arbeit als Libero.

Jetzt soll das alles vorbei sein? Nein, ganz gewiss nicht. Mit seiner Bierruhe wird Polo Liebig wohl immer noch einmal in die Bresche springen, wenn den Jungen der Kragen zu eng wird. Und der Seiferts Rainer will jetzt zwar vorrangig Tennis spielen, aber in der Seniorenmannschaft wird er trotzdem noch mitklickern. Da spielen nämlich die, die schon vor zwanzig Jahren mit ihm ins Training gezogen sind. Spielen da, weil`s ihnen Spaß macht. "Und wenn Sport Spaß macht, dann muss auch was Schönes dran sein."

"Ich war in allen fünf Kontinenten, ich habe unheimlich viel gesehen. Das nimmt mir keiner mehr ab." Wehmut? Nein, Wehmut war bei Rainer und Polo ganz gewiss nicht dabei, als am Samstag Nachmittag zu ihrem Abschied der RRK den Olympiasieger mit 4:1 besiegte und ein Rainer Seifert dabei zum letzten Mal als einer der Torschützen der ersten Mannschaft des RRK über den Stadionlautsprecher genannt wurde.


Rainer Seifert und "Polo" Liebig nehmen Abschied

Am Samstag werden zwei große Hockey-Karrieren endgültig beendet / Gegner ist ein "All-Star-Team"

Aus "Main-Spitze" vom 26. August 1983

Auch wenn es in den vergangenen beiden Jahren ein wenig stiller um den Rüsselsheimer RK geworden ist, so ändert das nichts daran, dass die Opelstädter zu den erfolgreichsten deutschen Hockey-Vereinen der Nachkriegszeit gehören. Acht Titel und fünf Vizemeisterschaften auf dem Feld und in der Halle belegen dies nachdrücklich, zwei Akteure, die maßgeblich an diesen Triumphen beteiligt waren, werden am Samstag offiziell aus dem Kreis der ersten Mannschaft verabschiedet. Rainer Seifert (35) und Manfred "Polo" Liebig (36) beenden ihre Karriere, wiewohl letzterer auch nach seinem offiziellen Abschied bestimmt noch das eine oder andere Mal mithelfen wird, wichtige Bundesliga-Punkte zu erringen.

RRK-Trainer Fritz Schmidt, langjähriger Kapitän der Nationalmannschaft, lud zu diesem Anlass den Stamm der Elf ein, die 1972 in München olympisches Gold gewann, bis auf "Michi" Peter und Peter Trump, die zur Zeit in Amstelveen um Europameisterschaftslorbeer streiten, folgten fast alle "Schimmis" Einladung zum Abschiedsspiel für die beiden verdienten RRK-Kämpen.

Von Schwarz-Weiß Köln kommen Michael Krause und Jost Finke, dazu gesellt sich von Rot-Weiß Köln Eddy Thelen, es fehlen auch nicht Detlef Kittstein und Wolfgang Baumgart vom SC 80 Frankfurt sowie Horst Dröse vom Lokalrivalen SaFo. Die TG Frankenthal entsendet ihren Kapitän "Jogi" Pehlke, komplettiert wird das "All-Star-Team" von den drei Rüsselsheimern Peter Kraus, Wolfgang Beck und wie könnte es anders sein − Fritz Schmidt.

Beim Anpfiff der Partie um 16 Uhr werden Rainer Seifert und "Polo" Liebig das Trikot ihres Stammvereines tragen, um dann eine Viertelstunde später in den Kreis der Ex-Internationalen hinüberzuwechseln.

Mit dieser Begegnung ziehen die beiden ehemaligen Leistungsträger den Schluss-Strich unter eine fast 20-jährige Laufbahn. 1963 vertraten sie − 16 und 17 Jahre alt − erstmals die RRK-Farben, 1968 erlebten Seifert und Liebig mit dem Gewinn der deutschen Meisterschaft ihren ersten großen Erfolg. Während im Anschluss daran "Polo" von den Triumphen der Vereinsmannschaft zehren mußte, weil auf internationaler Ebene der Heidelberger Ausnahmekönner "Michi" Peter den ihm in der Nationalelf allemal zustehenden Platz als Libero verbaute, begann für Rainer Seifert am 8. März 1969 in Lahore seine Karriere als Nationalspieler. Insgesamt 122 Berufungen erhielt der quirlige Stürmer in der Folge, erlebte zwei Olympische Spiele (1972 in München und 1976 in Montreal) mit, war bei Welt- und Europameisterschaften dabei.

Mit dem Hockey werden die beiden aber noch lange nicht aufhören. Fritz Schmidt setzt darauf, dass "Polo" Liebig in die Bresche springt, wenn einmal Not am Mann sein sollte, Rainer Seifert wird bei den Alten Herren der Korkkugel nachjagen und bereitet bereits jetzt der Konkurrenz bei den Senioren einiges Kopfzerbrechen, denn von seinen Fähigkeiten hat der 35-Jährige kaum etwas verlernt.

Damit möglichst viele Zuschauer an den Sommerdamm kommen, um den Abschied einen würdigen Rahmen zu verleihen, ist der Eintritt zu der Partie frei.