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Über Mitglieder des
RRK (2009)
Lydia Haase |
Lydia Haase |
Angekommen auf der
großen Bühne
Lydia Haase findet auf dem
Hockeyplatz immer einen Weg.
Bei der EM zeigt das Talent des Rüsselsheimer RK, dass auch das Nationalteam
von ihrem Spiel profitieren kann.
Von Alex Westhoff (aus FAZ vom
31.08.2009)
AMSTERDAM. Auf der Rückbank nachts um halb zwölf. Da wurde für
Klassenarbeiten gelernt, wurden Hausaufgaben gemacht, und Sprechstunde zwischen
Eltern und Töchtern waren diese täglichen Fahrten auch. 14 Jahre lang fuhr die
Familie Haase fast täglich die 90 Kilometer zwischen dem heimischen Wilhelmsfeld
im Odenwald und der Anlage des Rüsselsheimer RK. Nachmittags hin, abends zurück.
Ein totaler Einsatz für die Leidenschaft der beiden Mädchen: Hockey. Ein
Einsatz, der sich ausgezahlt hat. "Ich bin total zufrieden mit meinen Leistungen
bei meinem ersten großen Turnier." Dass Lydia Haase dies einmal einen Tag vor
dem Finale einer Hockey-Europameisterschaft so selbstbewusst sagen könnte, daran
war in den Jahren der ewigen Fahrerei natürlich noch nicht zu denken. Ob im
Halbfinale im Amsterdamer Wagener-Stadion gegen kampfstarke Engländerinnen oder
in der Vorrunde gegen die technisch versierten Spanierinnen - Lydia Haase findet
mit der Kunststoffkugel am Schläger immer einen Weg. Die Zweiundzwanzigjährige
ist angekommen in der deutschen Damen-Nationalmannschaft, auf der großen
Hockey-Bühne. Wo das noch hinführen kann, hat sie ja bei ihrer großen Schwester
gesehen: Mandy Haase, die viereinhalb Jahre älter ist als Lydia, gehörte zum
famosen Gold-Team bei Olympia 2004 in Athen. "Meine Schwester ist mein großes
Vorbild", sagt Lydia Haase. Und das, obwohl sie, die wuselige, dribbelstarke
Angreiferin, auf dem Kunstrasen ganz andere Aufgaben hat als die Defensivkraft
Mandy.
Silber für die deutsche
Damen-Nationalmannschaft bei der EM 2009 in Amsterdam (Lydia Haase vorn
links) |
Bei den Olympischen Spielen in London 2012 wollen sie gemeinsam für Deutschland
auflaufen. Und wenn es nach Lydia Haase geht, dann soll da auch bitte schön
"Gold" herausspringen. "Das ist unser Ziel." Bei der EM in Amsterdam, wo die von
Spiel zu Spiel sich steigernde deutsche Mannschaft sich am Samstag nur Gastgeber
Holland im Endspiel 2:3 geschlagen geben musste, war Lydia die einzige Haase im
Team. Mandy hat eine halbjährige Pause von der Auswahl des Deutschen
Hockey-Bundes eingelegt, um sich auf die letzten Klausuren und die
Abschlussarbeit ihres Sportstudiums zu konzentrieren. "Ich rechne fest mit der
Rückkehr von Mandy", sagte Bundestrainer Michael Behrmann. "Sie ist ja eine der
Trainingsfleißigsten." Das gilt auch für Lydia, die sich mit ihrer frischen,
unbekümmerten Spielweise einen Platz als Stürmerin im EM-Kader gesichert hat.
Das "Knipser-Gen" ginge ihr aber noch etwas ab, sagt der Bundestrainer, der
jedoch ihre Vorzüge als Vorbereiterin schätzt und auf ihre Fähigkeit baut, im
gegnerischen Kreis viele Strafecken herauszuholen.
Vor dem Finale musste Behrmann Lydia Haase, die im siebten Semester
Grundschullehramt in Heidelberg studiert, aber eine für sie traurige Nachricht
überbringen: Sie musste sich das Spiel von der Tribüne aus anschauen - sie war
jene Feldspielerin, die der Bundestrainer vor jedem EM-Spiel aus dem Kader
streichen muss. Auf der Tribüne saß die Offensivspielerin neben der langjährigen
Rüsselsheimer Torhüterin Barbara Vogel, die sich bei der EM mit Yvonne Frank
zwischen den Pfosten abwechselte. Barbara Vogel spielt mittlerweile für den
Berliner HC, die Schwestern Haase haben sich vor zwei Jahren, der kürzeren
Anfahrt wegen, der aufstrebenden Zweitligamannschaft des Mannheimer HC
angeschlossen. "Ich hoffe, dass es dieses Jahr mit dem Aufstieg in die
Bundesliga klappt", sagt Lydia Haase, die sich nach den Jahren als "Küken" bei
den RRK-Damen nun in Mannheim als Nationalspielerin in einer ganz anderen Rolle
wiederfindet. "Dort muss ich Verantwortung übernehmen und versuchen zu führen."
Nach der Wende siedelte die Familie Haase 1989 von Leipzig in den Odenwald über.
Beim Rüsselsheimer RK durchlief Lydia später von der U16 bis zur U21 alle
Juniorennationalmannschaften, wurde deutsche Meisterin und Europacup-Siegerin
mit den Damen. "Klar, dass der Rüsselsheimer RK mich geprägt hat", sagt sie. Im
Gegensatz zur Vereinsarbeit sind die Schwestern für Deutschland bislang nur
während eines Lehrgangs in Südafrika zusammen aufgelaufen. Auch wenn Lydia Haas
mittlerweile keine Hausaufgaben mehr zu erledigen hat, die Lehrbücher für die
Uni hat sie bei allen Hockey-Reisen dabei. "Aber meist nur für das schlechte
Gewissen", sagt sie. |