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Über Mitglieder des
RRK (2011)
Lisa Lahham |
Träumt vom DM-Finale: RRK-Torhüterin Lisa
Lahham |
Spaß durch Vertrauen
Als Nummer eins hat sich RRK-Torhüterin Lisa Lahham famos
entwickelt
Von Martin Krieger
(aus "Main-Spitze" vom 29.01.2011)
Vor der bislang
größten sportlichen Herausforderung sollte die Konzentration nicht noch wie
sonst in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren Edelmetallkronen oder anderem
Zahnersatz gelten: Lisa Lahham hatte sich am gestrigen Freitag freigenommen.
Verständlich, denn um 13 Uhr wollten sich die Hockeyspielerinnen des
Rüsselsheimer RK auf den Weg zur 50. Endrunde um die deutsche
Hallenmeisterschaft in Duisburg machen, und Lisa hatte noch die rund 60
Kilometer lange Anfahrt von ihrem Wohnort Bad Kreuznach vor sich. Seit knapp
vier Jahren düst die 21 Jahre alte Torhüterin drei bis vier Mal pro Woche über
die Autobahn A 60 hin und her, doch so unter Strom, wie vor diesem Wochenende,
stand sie bislang noch nie. "Ich hoffe, dass ich heute Abend schnell
einschlafe", sagt Lahham.
Gedanken ans Finale
Die große Aufregung ist verständlich.
Schließlich kommt an diesem Samstag (14.15 Uhr) eine jener Bewährungsproben auf
die angehende Zahntechnikerin und kommende Zahnmedizinstudentin zu, die mit dem
Wechsel vom Kreuznacher HC zum RRK mittelfristig verknüpft waren. Im zweiten
Spiel der Vorschlussrunde will Lisa Lahham mit einer weiteren famosen Leistung
zwischen den Torpfosten dazu beitragen, dass der Ruderklub am Sonntag (11.30
Uhr) in der Rhein-Ruhr-Halle zum 14. Male im Finale steht. "Schon allein das
wäre ein Traum", findet Lahham.
Dass die 15-malige Jugend- und
Junioren-Nationalspielerin in dieser Hallenrunde den Durchbruch schaffen und
sich zu einer Leistungsträgerin im Team des neunfachen Titelträgers mausern
würde, damit war noch Anfang November nicht wirklich zu rechnen. "Dass sie das
Potenzial hat, war klar erkennbar. Aber dass sie so konstant auf hohem Niveau
agieren würde, damit war nicht zwingend zu rechnen", sagt Benedikt
Schmidt-Busse.
Lisa Lahham in Aktion im Viertelfinale der
Deutschen Hallenhockey-Meisterschaft 2011 |
Erstmals Nummer eins
Obwohl der RRK-Trainer wusste, dass
es Lisa bei allem Talent im Vergleich zur routinierten Sonja Thüner (41) an der
gerade in der Halle extrem wichtigen Spielerfahrung und einer daraus bedingten
Spielruhe mangelt, hatte er sie vor Rundenbeginn erstmals zur Nummer eins
ernannt. "Ich hatte nicht damit gerechnet, dass der Bene mir das Vertrauen
schenkt, aber genau das hat mir sehr geholfen. So konnte ich einfach besser in
die Rolle hineinwachsen und musste keine Angst haben, bei einem Fehler im
nächsten Spiel vielleicht gleich wieder draußen zu sein. Und je mehr man spielt,
desto besser weiß man, wie die Abwehr insgesamt tickt."
Wie sehr die neue Rolle und die
Sicherheit Lahhams Leistung beförderten, davon konnten sich die Fans in der
Sporthalle Dicker Busch und die fünf Gegner in der Südgruppe regelmäßig
überzeugen. Konkret: Weniger als 23 Gegentore hat keiner der 24 Bundesligisten
kassiert. Vorläufiger Saisonhöhepunkt − das Viertelfinale gegen Schwarz-Weiß
Neuss (3:2) mit einem halben Dutzend spektakulärer Paraden. "Ich denke, das war
ziemlich gut. Und seit dieser Saison macht mir Hallenhockey richtig Spaß. Aber
zu verbessern gibt es an den Basics immer etwas. Und ich glaube auch nicht, dass
man irgendwann ausgelernt hat. Insgesamt können wir Jungen von den Älteren beim
RRK extrem viel lernen", sagt Lisa. Deshalb freue sie sich auch, dass bei der
Fortsetzung der Feldrunde der "freundschaftliche Konkurrenzkampf" mit Sonja
Thüner wieder anrollt. "Beim KHC war ich die einzige Torhüterin. Da fehlt dann
einfach der Ansporn, im Training alles aus sich herauszuholen."
Traum vom blauen Wimpel
Ergo war mit dem Erwerb des
Führerscheins im Frühjahr 2007 der Zeitpunkt gekommen, am Untermain eine neue
Herausforderung zu suchen. "Und natürlich ist ein Wechsel zu so einem
renommierten Verein auch mit der Hoffnung verbunden, irgendwann mal den blauen
Meisterwimpel anzufassen. Zumal dann, wenn man so viel Zeit investiert." Die
heutige Halbfinalaufgabe "TuSLi" hält sie "für machbar" und denkt, "dass der
Sonntag für uns schon noch drin ist". Einen Wunschgegner für ein mögliches
Endspiel hat sie nicht: "Das nehmen wir dann, wie‘s kommt, und werden auf jeden
Fall alles geben."
Ehrung durch Bundestrainer?
Alles gegeben hätte Lisa Lahham auch
darum, analog zu RRK-Schlussmann Andreas Späck eine echte Chance geboten zu
bekommen, einen Platz im Kader für die 3. Hallen-WM in Polen zu ergattern. "Ich
habe eine Mail vom Bundestrainer bekommen, dass ich dem erweiterten Kader
angehöre. Dass ich nun doch nicht dabei bin, damit kann ich leben. Aber ich
hätte mir schon gewünscht, dass der Bundestrainer mir seine Entscheidung mal in
einem persönlichen Gespräch erläutert, nachdem man vorher ein bisschen heiß
gemacht wird." Auch Benedikt Schmidt-Busse findet die Ausladung schade: "Ich
hätte es ihr gegönnt und es wäre auch verdient gewesen."
Darf sich freuen: Lisa Lahham hat eine erstklassige Saison auf das
Bundesliga-Parkett gezaubert. |
Sei‘s drum. Vielleicht kommt Michael
Behrmann (Hamburg) am Sonntag gar nicht umhin, mit Lisa Lahham zu reden.
Traditionell ehrt der Bundestrainer bei den Endrunden auch die beste Torhüterin.
Schnell ein- und durchzuschlafen dürfte die beste Basis sein. Und schon mal vom
10. blauen Meisterwimpel zu träumen, ist durchaus erlaubt ...
So gut war Lisa Lahham noch nie
Von Olaf Paare (aus "Rhein-Zeitung"
vom 03.02.2011)
Hockey − Wenn es
eine Person gibt, die beim Rüsselsheimer RK, dem Frauen-Hockey-Bundesligisten,
als Insiderin bezeichnet werden kann, dann ist das Hanne Zöller. Viele Jahre
fungierte die Bad Kreuznacherin als Betreuerin und gute Seele. Ihre Urteilskraft
hat also Gewicht. Und deshalb ist das folgende Kompliment wie ein Ritterschlag:
"Was Lisa Lahham in dieser Saison gezeigt hat, war einfach sensationell." Die so
Gelobte kommt aus Windesheim und hütet den Kasten des Traditionsvereins.
In der zurückliegenden Hallensaison
gelang der endgültige Durchbruch zur Stammkraft. Lieferte sich die 21-Jährige
bisher ein heißes Duell mit der erfahrenen Sonja Thüner, ließ sie die 41-Jährige
nun hinter sich. Im ersten Saisonspiel erhielt Lisa Lahham den Zuschlag von
Trainer Benedikt Schmidt-Busse. Als ihre Konkurrentin später eine
Bewährungschance erhalten sollte, verletzte sich Thüner. Lisa Lahham blieb also
im Kasten, brillierte, und fortan gab es keinen Grund mehr für einen Wechsel.
"Das Vertrauen vom Trainer zum Saisonstart hat mir sehr gutgetan", erzählte sie.
Hinzu kamen auch die überzeugenden Leistungen des gesamten Teams. "Das
Zusammenspiel mit meinen Vorderleuten hat klasse geklappt", fand Lisa Lahham.
Doch auch an sich selbst hat die Windesheimerin, die beim Kreuznacher HC
ausgebildet wurde, eine Entwicklung festgestellt: "Früher war mein Problem, dass
ich zu viel nachgedacht habe. Wenn beispielsweise eine Stürmerin auf mich
zugekommen ist, habe ich überlegt, machst du jetzt das oder doch lieber das. Und
das ist das Schlechteste, was du machen kannst. Deshalb habe ich es auch
abgestellt." Lisa Lahham vertraut nun mehr ihrem Instinkt und packt dabei
energisch zu. "Alles zusammen war das sicher meine bisher beste Saison."
Ganz bewusst klammert die 21-Jährige
dabei das vergangene Wochenende aus. Als überraschender Tabellenführer der
Bundesliga-Gruppe Süd hatten sich die Rüsselsheimerinnen für das Final Four um
die deutsche Meisterschaft qualifiziert. Im Halbfinale ging es in Duisburg gegen
den TuS Lichterfelde. "Wir haben nicht unser Potenzial ausgeschöpft, nicht die
Mannschaft und auch ich nicht", sagte Lisa Lahham selbstkritisch. Dabei
kassierte sie beim 3:4 zwei Siebenmeter und ein absolutes Glückstor (vom
Innenpfosten prallte der Ball über die Linie). Nach Ablauf der Spielzeit hatten
die Hessinnen zudem noch eine Strafecke, die die Verlängerung hätte bringen
können. Doch die ging haarscharf vorbei. "Im ersten Moment war die Enttäuschung
sehr groß. Wenn du im Halbfinale bist, willst du auch ins Finale. Trotzdem ist
die Saison richtig gut verlaufen", resümierte die Windesheimerin. Der
Karrieresprung der Lisa Lahham ist auch den Bundestrainern aufgefallen. Für die
Hallen-WM im Februar in Polen steht sie im erweiterten Kader. Auch fürs Feld hat
Cheftrainer Michael Behrmann sie auf der Rechnung, hat das Gespräch gesucht.
"Als Feldspielerin hat man es einfacher, weil es mehr Möglichkeiten gibt", sagte
die Torfrau. Trotzdem sind die Perspektiven für eine 21-Jährige nicht schlecht.
Bis zu den Olympischen Spielen in London dürfte es schwer werden, am Status der
drei, vier etablierten Torfrauen, die vor ihr stehen, zu kratzen. Aber danach
könnte die Stunde von Lisa Lahham im Nationalkader schlagen.
Die Konkurrenzsituation in
Rüsselsheim gehört übrigens der Vergangenheit an. Sonja Thüner verlässt den RRK.
"Schade, der Zweikampf mit ihr hat mich sehr motiviert und mir viel gebracht. In
jedem Training an seine Grenzen gehen zu müssen, um spielen zu dürfen, das war
eine gute Schule", erklärte Lisa Lahham. Doch mit noch mehr Spielpraxis in der
Bundesliga dürfte sie ihrem Traum Nationalteam weiter näher kommen. |