Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Jochen Zimmermann

Wenn der Sturm die Suppe verschüttet

Segeltörn - Der Kostheimer Jochen Zimmermann segelte um die Seychellen - Hoher Seegang und viel Sonne

Von Kristian Dittmann (aus "Rüsselsheimer Echo" vom 17.04.2004)
 

Das ukrainische Segelschulschiff "Khersones" ist Anfang Dezember aus seinem Heimathafen Kerch auf der Krim ausgelaufen, um Afrika in sechs Monaten zu umrunden. Ende Februar verlässt der Dreimaster Durban, um über La Reunion zu den Seychellen zu segeln. Mit an Bord ist auch Jochen Zimmermann aus Kostheim.

Voller Erwartungen kommen gut siebzig Trainees, zahlende Gäste, die aus dem winterlichen Deutschland nach Südafrika geflogen sind, in Durban an Bord. Auf einem der größten Segelschiffe der Welt Inseln abzuklappern, die zu den Perlen der Erde gehören: das muss der absolute Traum sein.

Im gleißenden Sonnenschein legt die Khersones ab, fährt durch den Containerhafen der Millionenstadt und vorbei an Ausflugslokalen. Dutzende Menschen stehen an der Pier und winken, als sich der seltene Gast mit drei tiefen Tönen aus seinem Horn verabschiedet.

Draußen auf dem Indischen Ozean weht der Khersones ein frischer Wind genau entgegen, keine Chance, Segel zu setzen. Mit der Kraft ihrer Hilfsmaschine arbeitet sie sich gemächlich voran. Der 61jährige frühere Heizungsinstallateur Jochen Zimmermann sitzt an Deck und liest: "Ich bin als junger Mann bei der Marine gewesen und freue mich darauf, über den Indischen Ozean zu segeln – hier war ich noch nie.“

"Es ist nicht einfach, ein ruhiges Plätzchen zu finden“, sagt Jochen Zimmermann, aber beschweren will er sich nicht, denn schon als er die Reise buchte, wusste er, dass die Khersones ein Arbeitsschiff ist auf dem ständig gewerkelt wird. Insgesamt sechzig gut zwanzigjährige Kadetten absolvieren während der Reise um Afrika herum ein Pflichtpraktikum für ihr Seemannsstudium. Im Rotationsprinzip durchlaufen sie ihre Stationen, wechseln Küchenhandtuch gegen Pinsel und helfen den Maschinisten, verstopfte Toiletten zu säubern – sieben Tage die Woche.

Nach ein paar Tagen verschlechtert sich das Wetter. Die Sonne verzieht sich hinter dicken Wolken, manchmal regnet es und der Wind bläst stark bis stürmisch. Schwer stampft das Schiff in den Wellen, die Mannschaft spannt dicke Seile als Hilfsgeländer über Deck und beim Essen kann man sich kaum auf den langen Bänken halten. Wer sich in gewohnter Manier drei Kellen Suppe auflöffelt, findet die Hälfte davon auf dem mit Gummimatten ausgelegten Tisch wieder und hier und da kippt eine Thermoskanne mit süßem Saft um. Die Stimmung ist gedämpft, einige sind seekrank, andere dämmern verkeilt in ihrer Koje vor sich hin.

Auch für Kapitän Sukhina ist die Situation alles andere als einfach. Denn während er sein Schiff um den Süden Madagaskars herum navigiert, nähert sich der tropische Wirbelsturm "Gafilo“ dem Norden der Insel. Zwar ist Madagaskar gut 1.800 Kilometer lang und der Sturm noch weit weg, doch ist die Bahn von Zyklonen kaum vorhersehbar. Und in seinem Zentrum entwickelt Gafilo unvorstellbare Windgeschwindigkeiten von bis zu 250 km/h – doppelte Orkanstärke.

Den Traum vom Segeln in den Tropen haben sich die Trainees vorerst abgeschminkt. Gebannt verfolgen sie in den nächsten Tagen die Wettermeldungen mit der Zugbahn von "Gafilo“. Während der Zyklon zweimal über Madagaskar wütet, Palmen entwurzelt und eine Fähre zum Kentern bringt, hält Kapitän Sukhina auf Abstand, weicht nach Südosten aus. An Deck weht es mit bis zu 60 km/h, aber die können dem Schiff nicht gefährlich werden und nach zwölf Tagen läuft die Khersones im Hafen von Le Port auf La Reunion ein. "Nein, Angst hatte ich nicht“, sagt Jochen Zimmermann, "aber es ist schon ein gutes Gefühl, jetzt im Hafen zu sein.“ Schon am nächsten Nachmittag geht es weiter Richtung Seychellen.

Und endlich spielt auch das Wetter mit: himmlisch warme, tropische Luft weht über das Deck. Kaum ist die Dunkelheit da und mit ihr die Sterne, klingelt es dreimal kurz-lang durch die Lautsprecher: Segelalarm. Eine Minute später tauchen die Scheinwerfer des Schiffes Deck und Masten in warmes gelb. Fast gespenstisch schön sieht das mitten auf dem pechschwarzen Meer aus. Und dann traben die Kadetten mit ihren Klettergurten zum Appell, entern auf und lösen die an den waagerechten Rahen festgebundenen Segel.

Als wollte der Wind sich für die erste Woche entschuldigen, bläst er das Schiff in den nächsten Tagen beständig gen Norden. Die Sonne scheint und die Menschen an Bord blinzeln zurück. Selbst das Rostklopfen der Kadetten scheint weniger zu stören. Jochen Zimmermann steht mit einer kleinen Gruppe am Fockmast und schaut nach oben. Da wollen sie hin. Unter Anleitung eines Offiziers kraxeln sie wie Piraten in Abenteuerfilmen die Wanten hoch. Auf jeder der drei Salinge, kleinen Plattformen, die wie Balkone aussehen, machen sie Halt, genießen die Aussicht und klettern weiter.

Nach acht Tagen kommt Mahé, die Hauptinsel der Seychellen, in Sicht. Erst ganz in grau, dann immer grüner und schließlich kann man sogar weiße Strände sehen. Jochen Zimmermann steht an der Reling: "Mit einem Schiff unter Segeln die Seychellen anzulaufen – das ist schon etwas ganz besonders Schönes.“

Auf einem Großsegler segelte der Kostheimer Jochen Zimmermann, Hausverwalter im RRK-Vorstand, zu den Seychellen