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Über Mitglieder des
RRK (2001)
Jennifer Lutz |
Ein Franziskus für die Ewigkeit
Noch allein unter Männern: Jennifer Lutz ist
Steinbildhauerin der Mainzer Dombauhütte
Von Lars Hennemann (aus
"Main-Spitze" vom 12.05.2001)
MAINZ/RÜSSELSHEIM - Unter einem schützenden Plexiglas-Dach
steht auf einem Innenhof direkt neben dem Mainzer Dom ein Block aus
rotem Odenwald-Sandstein. Jennifer Lutz bearbeitet ihn mit Knüpfel,
Punktiergerät, Pressluft-Pistole und Schlageisen, dem typischen Handwerkszeug
einer Steinbildhauerin. Geduldig, Punkt für Punkt, arbeitet sie aus dem Block
das Bild des Heiligen Franziskus heraus. Die Vorlage steht direkt neben ihr:
eine etwa 150 Jahre alte Statue des Heiligen, die normalerweise im Mainzer
Wohnsitz von Karl Kardinal Lehmann steht. "Ihr fehlten schon Arme und Beine.
Weil die Gäste des Kardinals sich gerne vor der Statue fotografieren lassen,
habe ich mich darum beworben, eine neue Kopie anzufertigen", erzählt Lutz.
Die 22-jährige Rüsselsheimerin hat einen zumindest für Frauen ungewöhnlichen
Beruf. "Nach dem Abitur wollte ich etwas Handwerkliches lernen. Also habe ich
mich bei der Mainzer Dombauhütte beworben." In der Berufsschulklasse war sie
eine von drei Frauen neben 33 Männern, und auch an der Dombauhütte arbeitet sie
seit der Gesellenprüfung zur Steinbildhauerin neben vier männlichen Kollegen.
"Ich weiß, dass manche Frauen in der Wirtschaft nicht in diesem Beruf
eingestellt werden, weil es heißt, dass sie die körperliche Belastung nicht
aushalten."
Dass Lutz über eine gute Kondition verfügt, glaubt man ihr sofort. Die Aktive
des Rüsselsheimer Ruder-Klubs (RRK) war Junioren-Nationaltorhüterin im Hockey:
"Wenn das auch in der richtigen Nationalmannschaft klappen könnte, hätte ich
auch nichts dagegen", lacht sie. Mit der Bundesliga-Mannschaft des RRK, mit der
sie vor wenigen Wochen Europapokal-Siegerin wurde, trainiert sie dafür viermal
pro Woche. "Dafür lässt mir die Arbeit an der Dombauhütte die Freiheit. Wenn ich
auf Baustellen nach Termin arbeiten müsste, sähe das wahrscheinlich anders aus."
Aufgaben wie die Franziskus-Statue sind aber selbst an der Dombauhütte, wo nicht
der raue Wind der freien Wirtschaft weht, eine Ausnahme: "Normalerweise sorgen
wir für die Erhaltung des Doms und anderer kirchlicher Gebäude", berichtet Lutz.
Damit haben sie mehr als genug zu tun. Bei der jetzt beginnenden, auf 15 Jahre
angelegten Sanierung des Doms wird die Dombauhütte natürlich mitwirken, aber
ohne fremde Hilfe stemmten Lutz und ihre Kollegen dieses Projekt auf keinen
Fall. Trotzdem freut sie sich jetzt schon darauf, in luftiger Höhe auf Gerüste
klettern zu können: "Stellen Sie sich vor, ich gehe irgendwann mit meinen Enkeln
durch Mainz und kann ihnen dann sagen, an welcher Stelle ich gearbeitet habe."
An und für sich sei der Dom im Vergleich zu Köln oder dem Ulmer Münster noch in
relativ gutem Zustand. Zurzeit kämpfen die Handwerker vor allem mit zwei
Problemen. "Die Steinersatzmasse, die man 1975 anlässlich der 100-Jahr-Feier an
vielen Stellen aufgetragen hat, platzt ab", berichtet Lutz. Und dann sind da
noch die Tauben: "Die bekommen hier in der Innenstadt so viel Futter, dass sie
acht Mal pro Jahr brüten können. Und Taubenkot ist das aggressivste, was es
gibt", seufzt sie.
Auch deswegen steht ihr Franziskus wohl unter Glas. Ein halbes Jahr hat Lutz für
ihn Zeit. Dann soll die neue Statue wieder die Gäste von Kardinal Lehmann
erfreuen. Hat Lutz das Gefühl, an etwas Besonderem zu arbeiten? "Irgendwann wird
wieder jemand meine Statue kopieren. Man verewigt sich da schon auf eine gewisse
Weise." Nach Mann oder Frau wird dann wohl niemand mehr fragen.
Jennifer
Lutz, einfach nur glücklich nach einem Finalsieg im Siebenmeterschießen
über den Berliner HC
in Les Ponts de Cé,
die RRK-Damen sind Hallenhockey-Europacup-Sieger 2001, haben
den Hallen-Europacup zum
10. Mal gewonnen. |
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