Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Dr. Jan Petersen

Paul liebe Fahrzeuge aller Art, berichtet seine Mutter Antje Petersen. Sie engagiert sich in der Gesellschaft für MPS auch für andere Betroffene.   ©Vollfomat

 

 

 

 

 

 

 

Ein todkrankes fröhliches Kind aus Rüsselsheim

Ein Schock für die Eltern: Paul leidet unter einer unheilbaren Stoffwechselkrankheit. Wie die Familie aus Rüsselsheim mit diesem Schicksal umgeht.

Von Markus Jäger (aus "Main-Spitze" vom 12. April 2024)

Den 16. Dezember 2015 wird Antje Petersen niemals vergessen. An diesem Tag erhielt sie einen Anruf des Kinderarztes, der den Verdacht äußerte, dass ihr Sohn Paul an einer äußerst seltenen Stoffwechselkrankheit leidet: Mukopolysaccharidose (MPS), Typ II. Auch wenn die finale Diagnose erst im Januar gestellt wurde, sei ihr nach dem Telefonat und dem anschließenden Blick ins Internet bereits klar gewesen, dass sich der Verdacht auf diese unheilbare und letztlich tödliche Krankheit bestätigen würde.

Denn plötzlich fügten sich die bis dahin unspezifischen Symptome, die sich an ihrem Sohn in seinen ersten drei Lebensjahren gezeigt hatten, zu einem stimmigen Krankheitsbild zusammen, mit unter anderem Paukenergüssen, Nabelbruch, Blähbauch und immer wiederkehrenden Durchfällen. Eine vergrößerte Leber und Milz waren letztendlich die entscheidenden Anzeichen für die tückische Krankheit, bei der den Patienten ein bestimmtes Enzym fehlt, was wiederum zu Ablagerungen von Stoffwechselabbauprodukten im ganzen Körper führt und sich damit negativ auf verschiedenste Organe auswirkt.

"Da liegt ein Leben in Trümmern", macht die 40-Jährige keinen Hehl daraus, welch ein schwerer Schlag bereits der Verdacht auf die tödliche Krankheit für sie und ihren Mann Jan (41) war. Aus ihrem lebensfrohen Sohn war über Nacht ein todkrankes Kind geworden. Gerade einmal 1:162.000 beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind an diesem speziellen MPS-Typ, auch als Hunter-Syndrom bekannt, erkrankt.

Besonders niederschmetternd war für Petersen die Erkenntnis, dass ein Gendefekt ihrerseits, eine sogenannte Spontanmutation, verantwortlich für die Erkrankung ihres Sohnes war. "Du bist schuld", sei ihr da immer wieder durch den Kopf gegangen, auch wenn sie weiß, dass jeder Mensch durchschnittlich etwa zehn Gendefekte in sich trage.

Obwohl es keine Hoffnung auf Genesung für ihren heute elfjährigen Sohn gibt, ist es das Ziel der Eltern, "dass Paul so lange wie möglich glücklich sein kann". Denn sie kenne keinen fröhlicheren Menschen als Paul, der eine große Leidenschaft für Autos und jegliche Fahrzeuge hege.

Seit diesem Schuljahr besucht Paul die Helen-Keller-Schule in Königstädten und hat dort mit einer Teilhabeassistenz eine 1:1-Betreuung. Auch wenn seine geistigen Fähigkeiten sich durch die mit der Krankheit einhergehende Kinderdemenz immer weiter verringern und er mittlerweile geistig auf dem Niveau eines eineinhalb- bis zweijährigen Kindes angelangt sei, habe er die "Energie eines mittleren Atomkraftwerkes". Deshalb darf Antje Petersen ihren Sohn auch nicht lange aus den Augen lassen, zumal er im Zuge der Krankheit die Fähigkeit verloren hat, Gefahren zu erkennen. Das koste sehr viel Energie, doch haben sich die Eltern mittlerweile auf ihr neues Leben eingestellt. "Wir sind ein tolles Team", sagt Petersen über sich und ihren Mann, der beim RRK Hockey spielt, der mit dem Logo der MPS-Gesellschaft auf den Trikots seine Verbundenheit und Unterstützung nach außen zeigt.

Auch ist die mittlerweile vierjährige Tochter Lotta ein großes Glück für die Familie, "das war unsere beste Idee, noch ein Kind zu bekommen", sagt die zweifache Mutter. Die MPS-Gesellschaft, in der sie viele tolle Menschen kennengelernt hätten, sei ebenfalls eine große Stütze, weil dort niemand komisch schaue, wenn Sachen durch die Gegend fliegen und Kinder laut herumschreien. Angst macht den beiden Eltern jedoch der Pflegenotstand, wie Petersen gesteht.

Für pflegende Eltern im Allgemeinen wünscht sich die Rüsselsheimerin mehr Unterstützung, unter den aktuellen Gegebenheiten könnten nicht beide Eltern berufstätig sein. Gehaltseinbußen, wenn man sein Kind pflegt, seien da nicht hilfreich. "Inklusion wird in Deutschland nicht gelebt", bemängelt Petersen und prangert die "strukturellen Probleme" an, die nach ihrer Meinung hierzulande bereits seit Jahrzehnten vorherrschen. Unter großen Anstrengungen würden es ihr Mann, der als Banker arbeitet, und sie, die für die MPS-Gesellschaft für Fundraising und die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, trotzdem schaffen, den Alltag auch unter diesen schwierigen Voraussetzungen zu meistern, denn "Pauli ist unser Pauli, den wir für nichts auf der Welt hergeben würden".