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Über Mitglieder des
RRK (2022)
Dr. Jan Petersen |
Familie Petersen ‒ Antje, Lotta, Paul und
Jan ‒ meistert ihre ungewöhnliche Situation gemeinsam. |
Wie Paul mit dem Hunter Syndrom lebt
Der Neunjährige
aus Rüsselsheim leidet unter einer seltenen, wenig bekannten Krankheit. Es hat
lange gedauert, bis sie diagnostiziert war.
Von Susanne Rapp
(aus "Main-Spitze" vom 28.02.2022)
Der
neunjährige Paul gehört zu den Menschen, die unter der sehr seltenen angeborenen
und lebensverkürzenden Stoffwechselerkrankung Mukopolysaccharidose (MPS) leiden.
In seinem Fall handelt es sich um MPS Typ II, auch Hunter Syndrom genannt.
Gemeinsam mit seinen Eltern und der dreijährigen Schwester Lotta lebt er in
Rüsselsheim.
Pauls Mutter Antje
Petersen ist seit September im Fundraising und der Öffentlichkeitsarbeit der
Gesellschaft für Mukopolysaccharidosen tätig, einer bundesweit agierenden
Patienten- und Selbsthilfeorganisation, sie kennt sich mit der Erkrankung aus.
Am Samstag war sie mit einem Info-Stand dabei, als der Rewe-Markt in der
Adam-Opel-Straße 800 Kreppel verkaufte und den Erlös von 2.440 Euro an die
Gesellschaft für MPS spendete.
Da MPS zu den
seltenen Erkrankungen zählt ‒ unter 145.000 Geburten in Deutschland ist ein Kind
von MPS II betroffen ‒, kennen selbst viele Mediziner die Stoffwechselkrankheit
und ihre Symptome nicht. "Die Summe der zunächst unspezifischen Symptome ergibt
am Anfang das Bild der Erkrankung." So hatte Paul in den ersten drei
Lebensjahren viele Infekte, besonders an den Atemwegen. Als Baby war er nicht
sehr beweglich, groß und schwer für sein Alter. Es dauerte lange, bis bei ihm
das Hunter Syndrom erkannt wurde. Gut erinnert sich Antje Petersen daran, dass
ein Arzt bei einer Untersuchung erklärte, Paul habe eine Fettleber. Doch als die
Krankheit dann erkannt wurde, war klar, dass es eine typische MPS-Leber war.
Paul besucht eine
Förderschule in Langen, wo er von einer Teilhabeassistentin betreut wird.
Weitere Symptome der Erkrankung sind Hyperaktivität und stete Rastlosigkeit. "Er
ist impulsgesteuert und getrieben", beschreibt seine Mutter. Eine Art Demenz ist
Teil der Erkrankung. Kognitive Fähigkeiten gehen verloren. Wichtig sind für Paul
klare Abläufe und Strukturen im Alltag.
Paul ist sehr
kontaktfreudig. "Er ist ein Strahlemann, ein Seelenfänger mit unbändig guter
Laune", sagt seine Mutter. Fast täglich stehen Therapien an: Physio-, Ergo-,
Hippotherapie und Enzymersatztherapie. Hinzu kommt viel Schriftverkehr und
Bürokratie im Zusammenhang mit Pauls Erkrankung. "Man hat immer irgendetwas, das
zu erledigen wäre." Denn auch diese Vorgänge werden dadurch erschwert, dass MPS
meist unbekannt ist. Es brauche mehr Wissen um und über MPS, sagt Petersen. Die
Erkrankung müsse bekannter werden, damit sie deutlich früher diagnostiziert wird
und nicht erst nach langen Ärzte-Odysseen. "Die Tage sind schon voll. Man kann
keinen Gedanken zu Ende denken, denn Paul fordert einen rund um die Uhr. Man ist
in einem ständigen Alarmmodus", umschreibt Petersen die täglichen Anforderungen.
Die Entscheidung,
mit der kleinen Lotta ein weiteres, gesundes Kind zu bekommen, sei ganz bewusst
gewesen. Klar sei, dass Lotta an manchen Stellen zurückstehen müsse, da die
Mutter viel mit Paul unterwegs sei. Doch als Eltern achten sie darauf, dass auch
Lotta ihren Raum bekomme. Gemeinsam mit ihrem Mann Jan meistert Antje Petersen
jeden Tag aufs Neue. Unterstützung erfahren sie durch den Kontakt zu anderen
betroffenen Familien und das so vielfältige und unschätzbar wichtige Angebot der
Selbsthilfeorganisation.
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