Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Holger Kraft

Holger Kraft in "Ein Abend für die Liebe" auf der Theater-Hinterbühne

 

 

 

 

 

 

 

Ein böses Foul vor Toresschluss

SECHZIG90   Rüsselsheimer Theatergruppe spielt "Ein Abend für die Liebe" auf der Hinterbühne / Attacke gegen das "Volkstheater"

Von Stephan A. Dudek (aus "Main-Spitze" vom 28.09.2013)
 

In Rüsselsheim gibt es zwei "erwachsene" Theatergruppen. Eine davon, "Das verdammte Volkstheater", hat am Donnerstag im "Adlerpalast" die letzte von sechs ausverkauften Wiederaufführungen des "Raketen Fritz" absolviert. Die andere, "sechzig90", zeigte zur gleichen Zeit auf der Theater-Hinterbühne vor kleinem, sich vornehmlich aus Schülerinnen und Schülern rekrutierendem Publikum "Ein Abend für die Liebe".

Besucherzahlen

Während sich das "Volkstheater" wegen schlechter Erfahrungen mit dem Eigenbetrieb "Kultur 123" kürzlich ausdrücklich in eine selbst verordnete Autonomie verabschiedete, hält sich "sechzig90" weiterhin unter den schützenden und fördernden Fittichen der städtischen Kulturverweser auf. Angesichts der Besucherzahlen scheint "Kultur 123" aufs falsche Pferd gesetzt zu haben. Doch wie sieht die Sache künstlerisch aus?

Man durfte gespannt sein. Denn nachdem "sechzig90" zuletzt mit dem Zwei-Frauen-Stück "Vier Wände", vor allem aber mit dem für Rüsselsheimer Theater-Verhältnisse epochalen "Angst. Ich. Wenn die Nacht am tiefsten" glänzen konnte, lag diesmal die Latte der Erwartungen hoch, auch weil der wegen seiner im tschechischen Prag geleisteten Theaterarbeit hoch gelobte Thomas Zielinski diesen "Abend für die Liebe" inszenierte.

Es begann gut. Holger Kraft gab schweigend zur musikalischen Begleitung von Kai Beck einen Single-Mann, der auf den Besuch seiner Liebsten wartet. Je klarer es wird, dass sie ihn versetzt hat, desto drastischer verwandelt sich die Erzählung in eine Beschreibung der tristesten aller Lieben: der uneingelösten.

Kraft spielt das fantastisch. Mimik, Körperspannung, Selbstbeherrschung lassen die lähmende Atmosphäre fassbar werden. Im Kontext der aktuellen Rüsselsheimer Theater-Debatte heißt das: Beim "Volkstheater" kann das keiner, selbst die Profis der durchreisenden Tourneetheater erreichen selten derart eindringliche Momente, sind sie doch allzu oft in die Oberflächlichkeit erzählerischer Kontinuitäten eingespannt. "Das Leben ist ein Traum. Das Aufwachen ist‘s, was uns tötet", heißt es.

Und tatsächlich: Was folgte, war ein schmerzhaftes Erwachen, eine Mischung aus Banalität, Beleidigtsein und verströmter Langeweile. Die Aufzählung von Titeln und Trainern der Frankfurter Eintracht, eine frauenfeindliche Tirade voller F-Wörter sollte offenkundig weitere Facetten eines pervertierten Liebesbegriffes illustrieren. "Wann ist da endlich mal eine, die richtig ist? Eine, die das Maul hält..." Spätestens hier ist weder den Akteuren noch dem Regisseur eine nachvollziehbare Auflösung des verächtlichen Furors eingefallen. Also tritt Musiker Beck aus seiner Rolle, sprengt die Kontinuität des Theaterabends und versucht, spielend, den Kollegen zu besänftigen. Hier ist alles verloren. Und dennoch setzten die "sechzig90"-Aktivisten noch einen drauf: "Willste Konsenstheater spielen? Dann geh rüber in den ,Adlerpalast‘", raunzt Krafts Kunstfigur den ihm in die Quere kommenden Partner an. Ein ungehöriger Kommentar zur Arbeit von Kollegen, ein böses Foul auf offener Bühne. Kurz darauf, nach 55 Minuten war Spielschluss.

Den Mund etwas zu voll genommen hat die Theatergruppe „sechzig90“ bei der Ankündigung ihres Themenstücks „Ein Abend für die Liebe“ – der Theaterabend im Stadttheater mit Holger Kraft (Foto) und Kai Beck hielt nicht, was die Ankündigung versprach.


Zu wenig für das Riesenthema

Sechzig90 – Lauer "Abend für die Liebe" der Rüsselsheimer Theatergruppe – Darsteller und Musik überzeugen

Aus "Rüsselsheimer Echo" vom 28. September 2013
 

gm - Der verstorbene Marcel Reich-Ranicki erkundigte sich bei einer Sitzung der Gruppe 47 bei einem Autor, dessen Text gerade besprochen wurde, ob es wirklich nötig gewesen sei, das zu schreiben. So hart die Frage ist, man muss sie leider unter dem Eindruck des jüngsten Bühnenprojekts der Künstlergruppe "sechzig90" stellen.

"Ein Abend für die Liebe" sollte es werden, was da am Donnerstagabend von Kai Beck und Holger Kraft unter der Regie von Thomas Zielinski auf der Hinterbühne des Stadttheaters aufgeführt wurde. "Ein großer Begriff ist die Liebe, dem sich da angenommen wird. Der zerlegt, in seinen Facetten seziert und in seiner Relevanz und Bedeutung für unserer aller Gegenwart im September 2013 überprüft wird.", heißt es in der Presseerklärung – eine Nummer kleiner hätte es auch getan. Denn viel mehr als den in sexistischen Sprüchen gipfelnden Frustanfall eines verschmähten Liebhabers hatte die Aufführung nicht zu bieten.

Die von dem Regisseur in Aussicht gestellten "vielen lyrischen Passagen" des "ruhigen, poetischen Abends" erschöpften sich in zusammenhanglos montierten Textfragmenten von Fjodor Dostojewski und Virginia Woolfe, die die uninspirierte Inhaltsleere der Produktion erfolglos zu kaschieren versuchten. Selbst ein zotiges Liedchen des triebgestauten Protagonisten erwies sich als auf regionale Bezüge hin umgedichtete Version eines alten Songs der Blödel-Truppe "Insterburg und Co.".

Die Aufführung endet etwas jäh mit einer Reminiszenz an den Schwulen-Western "Brokeback Mountain": Die beiden Darsteller besaufen sich am Lagerfeuer und gehen miteinander ins Bett, sprich: Zelt.

Nicht dass Holger Kraft und Kai Beck nichts zu bieten hätten: Krafts darstellerische Fähigkeiten sind bemerkenswert und die von Beck komponierte Begleitmusik könnte als Soundtrack für einen Film von Claude Chabrol durchgehen. Aber irgendwie fügt sich nichts zu einem Ganzen und nach der knapp einstündigen Aufführung bleibt die Frage, was das alles soll, unbeantwortet.

Überdies streikt zwischendurch auch noch das Playback und Kai Becks hektische Kommunikationsversuche mit der Bühnentechnik stehlen dem Bühnengeschehen die Show.

Nein: Wer sich einem solchen Riesenthema stellt, muss schon mehr aufbieten. Der Versuch einer unterhaltsamen Reflexion ist trotz einiger Lacher nicht geglückt.

Zu den Paradestücken von "sechzig90" lässt sich "Ein Abend für die Liebe" jedenfalls nicht zählen.