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Über Mitglieder des
RRK (2005)
Holger Kraft |
"Aus dem Erlanger Ensemble verleiht
einzig Holger Kraft seiner Rolle Profil und Differenziertheit"
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Jüdischer Student
tötet Burschenschaftler
"Erlangen" in
Erlangen - Kantorowicz-Stück uraufgeführt
Aus "Gießener Anzeiger" vom
09.03.2005
Mit
dem Thema Antisemitismus setzt sich das Theater Erlangen in seiner neuen
Produktion "Erlangen" auseinander, die am Montagabend im Markgrafentheater
uraufgeführt wurde. Der deutsch-jüdische Literat Alfred Kantorowicz (1899 bis
1979) hatte in dem 1929 entstandenen Drama eigene Erlebnisse in der fränkischen
Stadt zu einer Studie über das Aufkeimen des Nationalsozialismus während der
Weimarer Republik verdichtet. Das von dem Wiener Komponisten Alexander Kukelka
in eine musikdramatische Form übersetzte Stück wurde vom Publikum mit viel
Beifall aufgenommen. Hauptfigur ist der jüdische Student und ehemalige
Frontsoldat Ernst Horkheimer (Holger Kraft), in dem sich Parallelen zu
Kantorowicz selbst finden lassen. Horkheimer will in Erlangen sein Studium
beenden, gerät aber rasch in die aufgeheizte Atmosphäre eines
Universitätslebens, das von rechtsnationalen Burschenschaften mit ihren
antisemitischen und antidemokratischen Tendenzen geprägt ist.
Regisseur Christian von Treskow
verlegt das Geschehen in einen nüchternen holzgetäfelten Saal mit Bänken
ringsum, der als Hörsaal, Wirtshaus und Warteraum gleichermaßen dient. Erhöht
sitzt das "Volk", ein 80-köpfiger Chor. "Erlangen" endet in der Katastrophe, als
Horkheimer in Notwehr einen Burschenschaftler erschlägt und sich alle von ihm
abwenden - auch seine jüdischen Freunde, die sich in der Illusion wiegen,
einfach wieder zur Tagesordnung übergehen zu können.
Weitsichtig hatte Kantorowicz, der
1933 nur knapp den Nazis entkam und emigrieren musste, das Erstarken des
Antisemitismus und die bevorstehende Judenverfolgung thematisiert. Dennoch wirkt
der Text, den der Erlanger Dramaturg Sven Kleine in den Tiefen des Internets
entdeckt hatte, heute reichlich angestaubt, langatmig und oft unfreiwillig
komisch. Dies hatte auch Regisseur Treskow erkannt und sich entschlossen, das
Stück über Musik zu transportieren. Die vom Nürnberger "Ensemble Kontraste"
gespielte Komposition von Alexander Kukelka reicht von schrillen Dissonanzen bis
zur Walzerseligkeit. Die Schauspieler, die meist in in einer Art Sprechgesang
agieren, kompensieren mit viel Engagement manch stimmliches Problem.
Dunkle Kapitel der
Vergangenheit
Von Katharina Tank
(aus "Donaukurier" vom 08.03.2005)
Dass es viel "Wissenswertes
über Erlangen" gibt, stellte dank Max Goldt ein Song der deutschen Popgruppe
"Foyer des Arts" bereits in den 1980er Jahren fest – ironisch natürlich. In den
1990er Jahren widmete sich dann das Theater Erlangen unter Dramaturg Magnus
Reitschuster um so ernsthafter einigen dunklen Kapiteln der Erlanger
Vergangenheit und Gegenwart. Und jetzt bringt eben dieses Theater unter
Intendantin Sabina Dhein – bekannt für ihren Mut zu ebenso ambitionierten wie
umstrittenen Projekten – mit der Uraufführung von "Erlangen", einem Musiktheater
des Wiener Komponisten Alexander Kukelka nach dem gleichnamigen Schauspiel des
Publizisten Alfred Kantorowicz, erneut einen gerne verdrängten Abschnitt
Lokalgeschichte auf die Bühne des Markgrafentheaters. Skandalfrei und unter
großem Beifall des ausverkauften Hauses.
So
hätte denn also auch Erlangen seine Fleißer. Das auf Kantorowicz eigenen
Erfahrungen als Erlanger Student basierende Schauspiel aus dem Jahr 1929
dokumentiert das aufgeheizte politische und gesellschaftliche Klima der
Garnisons- und Universitätsstadt in der Weimarer Republik: Der jüdische Student
Ernst Horkheimer (Holger Kraft) gerät im Jahr 1923 unversehens zwischen
die Fronten von Kleinbürgermief, studentischem Rechtsradikalismus,
linksrevolutionären Kräften und saturierter Großbürgertum. Seine Versuche, sich
zu behaupten, schlagen fehl: als er schließlich in Notwehr einen
Burschenschaftler erschlägt, ist mit dem Urteil "zwölf Jahre Zuchthaus" sein
Schicksal besiegelt.
So naturalistisch detailverliebt der
Text des Schauspiels daherkommt, so expressionistisch verdichtet und überhöht
ist die Textfassung von Marc Pommerening: Aus der episch breitgewalzten
Geschichte wird ein mitunter allzu sehr verknappter assoziativer Bilderbogen mit
exemplarischem Charakter, der die vereinzelten typisch expressionistischen
Elemente der Vorlage – eingestreute Songs und der Gebrauch eines Chors –
herausstellt und verstärkt. Kukelkas nahezu durchkomponierte Partitur tut ein
übriges, dem Abend den Charakter eines Brecht/Weill-Revivals zu geben:
eindrucksvolle Chor-Arrangements, revueartige Nummern, "klassische"
Schauspieler-Chansons, schmelzend lyrische Passagen oder die Integration
zeitgenössischen deutsch-nationalen Marschliedguts machen die musikalische
Bandbreite "Erlangens" aus, die das Nürnberger "Ensemble Kontraste" unter
Leitung des Komponisten mit ebenso viel Akkuratesse wie Dynamik intonierte.
Doch erst die hochkarätige (genaue,
nuancierte, spannungsvolle) Inszenierung des Erlanger Hausregisseurs Christian
von Treskow formt aus diesem Material Bühnenvorgänge von zwingender Ästhetik.
Von Treskows unbedingter Stilwille führt ihn, was die Schauspieler angeht,
diesmal weg von allen Manierismen zu einem sehr klaren, demonstrativen Realismus
mit gewohnt präzisen und effektvollen Arrangements und sparsamem
Requisiteneinsatz. Die meisten machen – auch wenn die sängerische Qualität sehr
unterschiedlich ist – eine gute bis sehr gute Figur, insbesondere Andreas Petri
(Erich Koerber), Lutz Wessel (von Pipenhold) und Tjadke Biallowons (Frau Cohn)
können in jeder Hinsicht überzeugen.
Der Chor schließlich (Erlanger Bürger als Erlanger Bürger), von Bühnenbildner
Jürgen Lier hufeisenförmig erhöht rund um einen leeren, holzgetäfelten Innenraum
– halb Gerichts-, halb Hörsaal mit Arena-Charakter – platziert, changiert in
seiner Bedeutungsvielfalt von blutdürstigem Publikum über unbeteiligte Zeugen
bis hin zur schweigenden Masse der "Mitläufer".
Fazit: Zu einem wirklich großen
Theaterabend reicht es nicht – dazu fehlt es an tragischer Fallhöhe, dazu wird
die (persönliche wie geschichtliche) Katastrophe doch zu klein gespielt –,
nichtsdestotrotz: ein verdienstvolles Unternehmen.
Deutschlandradio
Von Jörn Florian Fuchs
"...
Tatsächlich entstand da eine unspezifische Geschiebe- und Gemengelage: da sind
sehr mäßige Darsteller, die – wenn sie singen müssen – dies eher unwillig und
vor allem an der Rampe tun, auch dadurch zerfällt der Abend in eine Abfolge von
bloßen Nummern. Auch die neue Textfassung will nicht recht überzeugen, hinter zu
vielen Ecken lugen zu seichte Kalauer hervor. Aus dem Erlanger Ensemble verleiht
einzig Holger Kraft seiner Rolle Profil und Differenziertheit, der Rest
bleibt durchwegs blaß. Das Ensemble Kontraste interpretiert die
quietschend-boulevardesken Kurt-Weill-Paraphrasen zwar solide, an einigen
Stellen driftet die Musik allerdings vollends ins Musicalhafte ab – was dem
Thema des Stückes extrem schadet, es nachgerade torpediert. Die mangelnde
Personenführung und eine fast völlig fehlende Lichtregie tun dazu leider ein
Übriges. Im Uraufführungspublikum befanden sich auch einige Schulklassen, die
vor allem die recht hilflosen Gesangsversuche vornehmlich durch Kichern und
Hüsteln goutierten. "Erlangen" in Erlangen ist eine vertane Chance, die weder
Autor noch Thematik in irgendeiner Form gerecht wird. Schade!"
Holger
Kraft und die Jubilare des Rüsselsheimer Ruder-Klubs 08 im Jahr 2001:
Holger Kraft (25 Jahre), Werner Pfeifer (25), Helmut Schumacher (40), Rolf
Sittmann (60), Wolfgang Gummersbach (25), Heike Richter (25), Klaus Jeske
(1998: 25), Charlotte Wippich (60), Detlev Welters (25), Friedebert
Armbruster (75), Peter Emig (2000: 25), Dr. Randolf Renker (50), Heiner
Bindrim (2000: 25), Dr. Christoph Krehl (25) und RRK-Vorsitzender Prof.
Dr. Dietmar Klausen. |
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