Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Horst Aussenhof

Musikalische Porträts, komponiert von Stefan Hakenberg, zeigen die Lebenslinien der Menschen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

"So rebellisch war ich doch nie"

Lebenslinien: Musikalisch Porträtierte sehen sich in Kompositionen meist treffend charakterisiert

Von Klaus Mümpfer (aus "Main-Spitze" vom 06.11.2017)

"So rebellisch war ich doch nie", protestierte die 86-jährige Elfriede Rehm auf die Frage des Moderators Stephan A. Dudek, ob sie sich in der Musik "Immer wieder aufgestanden" des Komponisten Stefan Hakenberg erkannt habe. Die Frau mit dem künstlichen Arm hat nach einem schweren Unfall vor Jahren ihren Optimismus nicht verloren, gestand aber, dass die Komposition "Immer wieder aufgestanden" sie ansonsten treffend charakterisiere. Ähnlich wie ihr erging es der Reisebüro-Leiterin Marianne Przybylski-Heczko, die auf die Frage Dudeks antwortete, es sei ihr schwergefallen, sich in der Musik "Fell nicht so dick" zu erkennen.

Vielleicht liegt es daran, dass der Darmstädter Stefan Hakenberg die Rüsselsheimer Bürger nur indirekt aufgrund einer Interview-Aussage und eines Profils, das die Psychoanalytikerin Brigitte Pahlke erstellt, musikalisch porträtierte. Möglich ist aber auch, dass die Betroffenen ihre verborgenen Sehnsüchte nicht so klar sehen, wie es das interdisziplinäre Kunstprojekt "Lebenslinien" der Künstlerin Inge Besgen vorgibt.

DAS PROJEKT

"Lebenslinien" ist ein interdisziplinäres Projekt der Malerin Inge Besgen. Komponist ist Stefan Hakenberg. Hakenberg und Besgen wollen die Zusammenarbeit für mindestens fünf weitere Jahre fortsetzen. Ein Förderverein "Freunde der Lebenslinien" soll gegründet werden. (mpf)

So sagte der langjährige Sportler Ralf Jurcyk zwar, dass er sich selbst als harmonisch und ruhig einschätze, die lebhafte Komposition "Hinausgelaufen" aber den Faden genau getroffen habe. Ähnlich erging es Horst Aussenhof, Pädagoge und Gründer der IKS Big Band, der sich mit der Komposition "Gänsehautmomente" treffend charakterisiert sah. "Manchmal habe ich selbst den Eindruck, dass die Band abhebt und fliegt." Zugleich lobte er die Schöpferin der "Lebenslinien", die Menschen zusammenbringe.

Ein zentrales Thema der Malerin Besgen ist die Struktur, die sich als "Lebenslinie" durch ihr Schaffen zieht. Für jedes Projekt der inzwischen elften Auflage sucht die Initiatorin einige Bürger für lange Interviews aus, aus deren Aussagen die Psychiaterin Pahlke anonymisiert Profile ausarbeitet, die wiederum einem Komponisten zur musikalischen Umsetzung vorgelegt werden. Das Jazzquartett "Common Ground" mit dem Bassisten Matthias Akeo Nowak, dem Tenorsaxofonisten Sebastian Gille, dem Pianisten Achim Kaufmann und dem Schlagzeuger Bill Elgart rundete das Konzert ab.

Kaufmann griff oftmals ins Instrument, zerrte die Saiten des Flügels, leitete manche Kompositionen aber auch mit kraftvollen Akkordeinwürfen ein. Er hämmerte in die Tasten oder zitierte volksliedhafte Melodien – ganz wie Hakenberg es wollte. Saxofonist Gille ließ sein Instrument eruptiv aufschreien blies überspitzte High-Note-Linien, grummelte in Untertönen oder setzte seinen Atem als Geräusch ein. Bassist Matthias Akeo Nowak strich und zupfte harmonisch reizvolle Linien, während Bill Elgart die Felle seiner Trommeln sanft mit den Besen strich oder mit den Sticks hart und polyrhythmisch schlug. Dann klopfte der Bassist den Korpus seines großen Instrumentes, presste der Saxofonist seine Stakkati aus dem Blech.

"Kunst und Kultur ist der Kitt, der Rüsselsheim prägt und zusammenhält", betonte Moderator Dudek in seinen einleitenden Worten.


Projekt "Lebenslinien": Ein reizvolles Wagnis

Die Künstlerin Inge Besgen bezieht auch die Klangmalerei in ihr interdisziplinäres Schaffen ein. Stefan Hakenberg hat nun ihre "Lebenlinien 11" für die Band Common Ground vertont.

Horst Aussenhof

Von CHARLOTTE MARTIN (aus Rüsselsheimer Echo" vom 06.11.2017)

Es sei ihre Vision, sämtliche Rüsselsheimer in ihrem Projekt "Lebenslinien" musikalisch porträtiert zu sehen: Stephan A. Dudek begrüßte Inge Besgen am Freitag als den künstlerischen Motor des interdisziplinären Kunstprojekts, das weithin einzigartig ist und dem in seiner Kühnheit eine solche Vision durchaus erlaubt ist.

Der Jazzer und Zeitungsredakteur Dudek moderierte die elfte Auflage der "Lebenslinien" auf der Hinterbühne. Inge Besgen (85), deren Schaffen sich seit 2007 auf die Realisierung der "Lebenslinien" konzentriert, war im voll besetzten Saal ebenso gespannt auf die akustische Umsetzung wie das Publikum:

Lässt sich das Wesen eines Menschen in Musik übersetzen? Ein Wagnis ist dies allemal, und so überraschte es auch die mitarbeitende Psychologin Brigitte Pahlke nicht, als sich am Ende nicht jeder der vier Porträtieren des Abends (insgesamt sind es fast 50) in der Musik wiederfand.

Inge Besgen hat zur Arbeit an den "Lebenslinien" für die nächsten Jahre Stefan Hakenberg, Komponist und Dozent der Akademie für Tonkunst Darmstadt, gewinnen können. Erstmals hatte er nun die anonymisierten Gesprächsanalysen der Psychologin vertont. Auf die Kompositionen folgen Besgens grafische Notationen ("descriptions of music"), so dass das Projekt – ausgehend vom O-Ton der Interviewten – Musik und Bild paart.

Keine leichte Kost

Wenn's um die Psyche geht, ist leichte Kost nicht zu erwarten. Und so waren auch die vier Stücke, gespielt vom brillanten Jazz-Quartett Common Ground, äußerst komplex. Vom harmonischen Fluss konnte keine Rede sein, als sich die zerklüfteten, zögernden, scheuen und aufbrausenden Charakteranteile der Porträtierten in Klang verwandelten. Grandios spielten die Musiker – der junge Tenorsaxofonist Sebastian Gille warf sich mit Feuer hinein, ließ sein Instrument japsen, glucksen, aufschreien. Schlagzeuger Bill Elgart, ein Urvater des Jazz, beschwor am Becken banges Zittern herauf oder ließ das Leben vorwärtsjagen, während der virtuose Kontrabassist Matthias Akeo Nowak dunkel zupfend eine Spur legte, die über alle Brüche hinweg zuverlässig pulsierte. Pianist Achim Kaufmann gab helle Töne wie Splitter dazu, setzte schräge Akzente.

Allein das Porträt des Jazzers und IKS-Band-Gründers Horst Aussenhof enthielt entspannte Swing- und Liedelemente. "Gänsehautmomente" war die Komposition überschrieben, die Aussenhof galt, und sie kam als Porträt eines Jazzers durch jazzige Musik am leichtfüßigsten daher.

Die anderen drei Stücke, jeweils mit einem Wort oder Halbsatz aus den Interviews überschrieben, verlangten dem Publikum Konzentration ab. Zudem stand ja lange Zeit die Frage im Raum: Wessen Lebenslinie erklingt denn hier? Die Auflösung erfolgte dann per Einblendung des Namens.

Lieber ins Mauseloch

"Immer wieder aufgestanden" hieß das Stück für Elfriede Rehm, eine Rüsselsheimer Altersgenossin der Künstlerin. "Ich war doch nie so rebellisch", kommentierte sie die Musik, als Stephan A. Dudek sie zur Bühne bat. Und: "Ich gehe lieber in ein Mauseloch, ich wollte heute eigentlich nicht hierher." Unter Beifall suchte sie erleichtert ihren Platz im Halbdunkel wieder auf.

Ralf Jurczyk, einst ambitionierter Leichtathlet, war der dritte im Bunde der Porträtierten. Er finde sich in der positiven Aggressivität und in den Einsamkeitsmomenten des ihm zugedachten Stücks (Titel "Hinausgelaufen") wieder, sagte er.

Marianne Przybylski-Heczko aber, als Geschäftsfrau sowie Förderin der Kultur bekannt, sagte freiweg: "Ich hielt mich bisher für einen fröhlichen, lebenszugewandten Menschen und finde mich in der Musik nicht wirklich wieder." Für Inge Besgen aber ist Musik vor allem jene Kraft, die Unsagbares und Unbewusstes hörbar macht, ihre Notationen bilden das kunstvolle Gerüst dazu