Von Martin Krieger
(aus "Main-Spitze" vom 10. September 2014)
Christian
Zimmermann ist Kummer gewöhnt. In den fast fünf Jahren, in denen sich der
47-Jährige beim Hockey-Bundesligisten Rüsselsheimer RK als Assistenztrainer
einbringt, hat er weitaus mehr Spielerinnen gehen als kommen gesehen. Und
bestimmt manch herbe Enttäuschung erlebt. An Negativmeldungen gewöhnen mag er
sich deshalb aber offensichtlich nicht. Der jüngste Verlust an spielerischer
Substanz, die Zimmermann und dessen polnischer "Chef" Maciej Matuszynski wenige
Wochen vor dem Saisonstart hinnehmen mussten, ging dem Co-Trainer arg an die
Nieren. Denn erst beim Abfragen der Aufstellung nach den ersten beiden
Punktspielen in Mannheim und Köln räumte Zimmermann notgedrungen und hörbar
frustriert ein: "Helena Faust spielt nicht mehr für uns."
Lotta Hof kann
diese Reaktion verstehen: "Je später eine solche Entscheidung mitgeteilt wird,
umso schwieriger ist es, zu planen", sagt die 24 Jahre alte Spielführerin des
Ruderklubs. "Selbstverständlich hätten wir uns sehr gefreut, wenn die ‚Heli‘ bei
uns geblieben wäre, denn leichter wird es ohne sie natürlich nicht. Aber wir
können es ihr nicht verübeln, dass sie sich anders entschieden hat. Und wer
weiß, vielleicht kommt sie ja in zwei Jahren wieder zurück." Schließlich habe
die technische versierte Mittelfeldspielerin erst nach Ablauf der Wechselfrist
erfahren, an welcher Universität sie ihren Master-Abschluss in Angriff nehmen
kann. "Und da es erst im Oktober losgeht, hatten wir schon ein wenig Hoffnung,
dass sie uns zumindest ein paar Spiele geholfen hätte. Aber das hätte bedeutet,
dass sie dann die gesamte Rückrunde woanders gesperrt gewesen wäre", erläutert
Hof.
Genau das ist auch
der Grund, warum Helena Faust (23) dem RRK nach 13 erfolgreichen Jahren –
gekrönt von der Berufung zu einem Lehrgang des A-Nationalteams anno 2012 – den
Rücken kehren und sich wohl dem Münchner SC anschließen wird. "An der Uni
Augsburg kann ich mein interdisziplinäres Studium in Französisch und Englisch so
fortführen, wie ich es mir wünsche. Im Umkreis war das leider nicht möglich",
sagt die 24-Jährige. Derzeit schreibt sie an ihrer Bachelor-Arbeit in Mainz,
will bis Ende des Monats den zehn bisherigen Seiten 20 weitere hinzugefügt
haben. Und nach dem Uni-Start in Augsburg (6. Oktober) möglichst bald für den
Münchner SC auflaufen. "Natürlich ist mir bewusst, dass der RRK vor einer
schweren Saison steht, und deshalb habe ich darüber auch länger nachgedacht.
Aber die gesamte Rückrunde zuschauen, wollte ich auch nicht."
Dass das Verhältnis
zu den langjährigen Mitspielerinnen durch ihre Entscheidung nicht gelitten hat,
davon ist auszugehen. "Zu den Heimspielen werde ich auf alle Fälle kommen. Und
auch wenn der Härtefallantrag durchgeht und ich in München spielen kann, werde
ich dem RRK weiterhin die Daumen drücken." So auch am Sonntag (14 Uhr), wenn
besagter MSC zum zweiten Saisonheimspiel an den Sommerdamm kommt. Und sogar
Christian Zimmermann hat sich offensichtlich wieder beruhigt – denn: "Ich habe
ihn gefragt, ob ich weiter ins Training kommen darf und er hat zugestimmt."