Das Interview
führte Stephan Stähler (aus "Rüsselsheimer Echo" vom 12.08.2015)
Heute feiert der SC
Opel Rüsselsheim seinen 109. Geburtstag. In den 60er Jahren war der Verein das
Aushängeschild der Stadt Rüsselsheim. Einer, der den Verein in dieser Zeit
prägte, ist der Ehrenvorsitzende Hans Ludwig, genannt Halu, Blöcher.
Schon als
Jugendlicher spielte er in der ersten Mannschaft, nach Beendigung seiner aktiven
Laufbahn übernahm er im Vereinsvorstand Verantwortung. Sein Abschiedsspiel hatte
Halu Blöcher zu Beginn der 60er Jahre, als eine Auswahl des Westdeutschen
Rundfunks zu einem Benefizspiel für die Rüsselsheimer Partnerstadt Evreux gegen
eine Auswahl von Bediensteten der Stadt Rüsselsheim vor fast 10.000 Zuschauern
im Stadion spielte. Fußball allein genügte Halu Blöcher aber nicht. Viele Jahre
spielte er auch für den Rüsselsheimer RK Hockey. Echo-Mitarbeiter Stephan
Stähler nahm das Gründungsdatum des SC Opel Rüsselsheim zum Anlass, um mit Halu
Blöcher über alte Zeiten zu plaudern.
ECHO: Was fällt
Ihnen ein, wenn Sie an die Saison 1939/40 in der Gauliga Südwest denken? Das war
die damals höchste deutsche Spielklasse.
HALU BLÖCHER: Wir
sind dreimal aufgestiegen und dreimal abgestiegen. Für mich war es etwas
Besonderes, mit 17 Jahren gegen die besten Mannschaften zu spielen. Ich musste
damals heimlich trainieren, da mein Vater mir Fußballtraining verboten hatte.
Ich bin erst 1938 dem SC Opel beigetreten.
ECHO: Was ist
Ihnen aus dieser Zeit als 17-Jähriger am besten in Erinnerung geblieben?
BLÖCHER: Es war
toll mit Spielern wie Torhüter Emil Trarbach, Philipp Nold, Georg Jäger, Peter
Kraus, Heini Heppel, Artur Schucker und Heinz Eckert zusammen zu spielen.
Außerdem war unser Sportplatz meist mit den vielen Zuschauern überfüllt. Oft
hatten Landwirte ihre Fuhrwerke als Tribünen zur Verfügung gestellt. Unsere
Gegner waren unter anderem Eintracht Frankfurt, Kickers Offenbach, VfR Wormatia
Worms, FSV Frankfurt und Phönix Ludwigshafen. Die beste Mannschaft waren damals
die Offenbacher.
Höhepunkt: Bei seinem Abschiedsspiel durfte "Halu"
Blöcher (rechts) gegen Fußball-Legende Fritz Walter antreten.
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ECHO: Heute
befindet sich das Sportgelände des SC Opel Rüsselsheim am Sommerdamm. Wo haben
Sie früher gespielt?
BLÖCHER: Wir haben
damals vor und nach dem zweiten Weltkrieg auf dem Sportgelände an der Haßlocher
Straße gespielt, wo sich heute das Max-Planck-Gymnasium befindet. Im Frühjahr
1950 wurde das Opel-Sportfeld am heutigen Standort des M55 in Nähe der Schmiede
an den SC Opel übergeben. 1957 wurde das Rüsselsheimer Stadion eingeweiht, wo
wir dann unsere Spiele ausgetragen haben. Das Training fand damals auf den
Mainwiesen statt. 1963 begannen in Eigenregie die Bauarbeiten zum Sportgelände
an der Georg-Jung-Straße. Auf dem alten Opel-Sportfeld hatten wir warmes Wasser,
das war schon toll.
ECHO: Wie begann
eigentlich damals der Aufschwung, der 1965 mit dem Aufstieg in die Regionalliga
Süd (damals die zweithöchste deutsche Spielklasse, Anm. d. Red.) seinen
Höhepunkte hatte?
BLÖCHER: Am 14.
April 1962 wurden Willi "Wiho" Hofmann und ich zum Ersten und Zweiten
Vorsitzenden gewählt. Wir wurden damals als Rebellen bezeichnet. Eine große
Unterstützung war unser damaliger Bürgermeister Dr. Walter Köbel, der unsere
Ideen teilte und für die Entwicklung der Stadt überragend war. Bereits vor
unserer Wahl hatten wir Gespräche mit einigen Spielern geführt. Wiho hatte
damals als Sportamtsleiter die besten Kontakte, was uns zugute kam. In der
Saison 1964/65 wurden wir Hessenmeister mit 100:39 Toren und 56:12 Punkte, was
bis heute Hessenrekord ist. Unser Ziel war es, einen Aufschwung einzuleiten, da
der SC Opel zuvor in der zweiten Amateurliga vor lediglich 100 oder 150
Zuschauern spielte.
ECHO: Was machte
diesen Erfolg möglich?
BLÖCHER: Das lag
vor allem daran, dass ein Großteil der Spieler beim SC Opel in der Jugend
ausgebildet wurden. Dies war vor allem das Werk von Hans Euler, der bis 1963
insgesamt 36 Jahre trainierte. "Die Euler-Buben" waren in den 50er Jahren im
gesamten Kreis bekannt. Auch ich hatte unter ihm in den 30er Jahren trainiert.
Der Stamm unseres Teams 1965 wurde von Euler ausgebildet. Einige von unseren
Spielern wurden auch in die Auswahlmannschaften eingeladen. Zu den
Auswärtsspielen sind wir mit einem Bus der Adam Opel AG fahren, zudem haben wir
unsere Spieler mit Anzügen ausgestattet. Das war unser Flair. Großen Eindruck
bei Gesprächen mit neuen Spielern machten das Stadion und die Trainingsplätze am
Main.
ECHO: Was war
Ihr Mitstreiter Willi Hofmann für ein Mensch?
BLÖCHER: Als
ehemaliger Stadtrat sowie Sport- und Presseamtsleiter hatte er viele gute
Kontakte. Neben seinem Engagement zur Verschwisterung mit Evreux führte er als
Manager auch Conny Rudhof zum Box-Europameister. Außerdem war der Mitbegründer
und erster Redaktionsleiter des Rüsselsheimer Echo. Wir waren beide Jahrgang
1922 und ein tolles Duo.
ECHO: Wo wurde
eigentlich damals gefeiert?
BLÖCHER: Unser
Vereinsheim war das heutige Weinlokal "Schaab-Louis" in der Ludwigstraße.
Unvergessen sind die Feierlichkeiten im "Blauen Salon".
ECHO: Wie sehen
Sie die Entwicklung, nachdem das Duo Hofmann/Blöcher 1968 die Ämter abgab?
BLÖCHER: Wir haben
damals unsere Ämter praktisch ohne Schulden abgegeben. Zudem spielten bei uns
viele Spieler aus der eigenen Jugend, was später nicht mehr Fall war. Beim
Abstieg 1971/72 waren fast nur noch auswärtige Spieler in der Mannschaft. Mit
Rang zehn hatten wir in der ersten Spielzeit die beste Saison gespielt. Mit
knapp 14.000 Zuschauern gegen Offenbach hatten wir in diesem Jahr auch den
besten Besuch. Die neuen Verantwortlichen wollten es damals besser machen,
hatten aber nicht das Fachwissen.
ECHO: Halten Sie
einen ähnlichen Höhenflug wie in den 60er Jahren heute noch möglich?
BLÖCHER: Das ist
nur möglich, wenn von den Rüsselsheimer Vereinen jeweils die drei besten
Vereinsmitarbeiter in einem Verein zusammen kommen. Die Kräfte im Rüsselsheimer
Fußball müssten gebündelt werden. Die Basis mit den Sportanlagen ist vorhanden.