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Über Mitglieder des
RRK (1969)
Georg von Opel |
Dr. Wülfings Vermittlung
überflüssig
Der wahre Grund für
Georg von Opels Rücktritt
Kontroverse mit Neckermanns Sporthilfe - "Tief
erschüttert"
Von Kurt Dobbratz (aus "Main-Spitze" vom
12.03.1969) |
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Man rätselt an allen möglichen Gründen herum, die zum Rücktritt von Dr. Georg
von Opel (56) als Präsident der Deutschen Olympischen Gesellschaft geführt
haben. Das Begründungsschreiben an einen relativ kleinen Personenkreis vom 3.
März 1969, in das wir Einsicht nehmen konnten, deckt die wirklichen Motive auf.
Es heißt dort:
"Seit der Gründung unserer DOG hatte ich die Ehre und Freude, deren Präsident zu
sein. Während dieser 18 Jahre war es mein Bestreben, mich auf einen unmißverständlichen und geraden Weg für die Aufgaben der DOG einzusetzen. Mit
gutem Gewissen glaube ich sagen zu dürfen, daß ich immer nur das zum Ausdruck
brachte, was auch meine wirkliche Auffassung war, und daß ich auch danach
handelte.
Eine direkte Hilfe für die Leistungssportler habe ich, wie Sie wissen, seit fast
zehn Jahren angestrebt. Dennoch war ich erstaunt, als es kurz nach meinem
Herzinfarkt 1966 plötzlich zur Gründung der Stiftung Deutsche Sporthilfe kam. Da
es um die Hilfe für die Leistungssportler ging, habe ich mich mit vollem Herzen
für diese neue Organisation eingesetzt. Umso mehr mußte ich bedauern, daß die
vorgesehene Zusammenarbeit zwischen DOG und Sporthilfe immer schwieriger wurde;
wenn der DSB und die DOG die Eltern der Sporthilfe sind, so ist es umso
verwunderlicher, daß die Sporthilfe vor lauter "Liebe" die DOG so fest umarmt, daß sie erdrückt und sogar arbeitsunfähig wird. Die Entwicklung der Sporthilfe
in den letzten Monaten und Tagen hat mich tief erschüttert. Noch unerträglicher
sind für mich die menschlichen Fehler, die ich in diesen Tagen erlebt habe und
die mit meiner inneren Einstellung einfach nicht zu vereinbaren sind.
Ich bitte Sie deshalb von ganzem Herzen, Verständnis dafür zu haben, daß ich ab
sofort mein Amt als Präsident der Deutschen Olympischen Gesellschaft niederlege.
Gleichzeitig bitte ich Sie, einen anderen Herrn als Vorstandsmitglied bei der
Stiftung Deutsche Sporthilfe einzusetzen.
Dieser Entschluß ist mir sehr schwer gefallen, aber er ist unwiderruflich. Liebe
Freunde, ich hoffe und bitte Sie, versuchen Sie diesen Schritt zu verstehen und
machen Sie mir keine Vorwürfe. Ich stehe Ihnen selbstverständlich immer, wenn
Sie dies wünschen, mit Rat und Tat zur Verfügung."
Stets auf geradem Weg
Obwohl kein persönlicher Name genannt wird, geht aus dem Schreiben
eindeutig hervor. daß die Kontroverse mit Josef Neckermann den Rücktritt von
Opels herbeigeführt hat. Er verläßt die DOG, "weil ich die jetzt im Übermaß
aufgetretenen menschlichen Unberechenbarkeiten nicht mehr verkraften kann".
Dagegen bleibt Georg von Opel weiter Präsiden des Deutschen Schützen-Bundes mit
ca. 600.000 Mitgliedern und er gehört als Mitglied des IOC auch dem
Präsidium des NOK für Deutschland an.
Niemand kann bezweifeln, daß der in Kronberg im Taunus lebende Großindustrielle
stets einen geraden Weg gegangen ist. Der ehemalige Radrennfahrer und
siebenfache deutsche Rudermeister, der bei der klassischen Henley-Regatta seine
größten Erfolge feierte, war ein bescheidener Mann. Er machte wenig Wesens aus
seinem Wirken in der DOG, der er seit der Gründung im Frankfurter
Senckenberg-Museum im Jahre 1951 vorstand. Die ideelle und materielle Förderung
Olympischer Spiele setzte sich die Deutsche Olympische Gesellschaft zum Ziel.
Sie brachte für die Entsendung einer deutschen Olympiamannschaft zu den Spielen
1952 in Helsinki eine Million Mark auf, für die damalige Zeit eine gewaltige
Summe. Sie konfrontierte wenig später die Ständige Konferenz der Kultusminister
mit der katastrophalen Situation im Schulsport und sie brachte den "Goldenen
Plan" in Gang.
Georg von Opel und der Trainer des Rüsselsheimer
Ruder-Klubs 08, Fritz Brumme, nach dem Sieg Georg von Opels im Einer des Deutschen
Meisterschaftsruderns 1947 in Mannheim |
Georg von Opel hat gleichermaßen Verständnis für den Breiten- wie für den
Spitzensport. Wer kennt nicht sein Bemühen um Wandern und Spazierengehen mit dem
"Goldenen Schuh"? Beim Olympia in Rom 1960 freute sich der Schützen-Präsident so
sehr über die Goldmedaille von Peter Kohnke, daß er den 17jährigen auf den
Schultern vom Schießstand trug.
Sportaktion in Großbetrieben
Nur schwer hat es von Opel überwunden, daß die Sporthilfe gerade zu einem
Zeitpunkt gegründet wurde, als er nach dem Herzinfarkt aktionsunfähig war. Er
bemühte sich dann doch zu einer guten Zusammenarbeit, lehnte aber eine zu laute
und persönliche Werbung ab. Die Kontroverse Neckermann contra von Opel sollte
von Dr. Wülfing beigelegt werden, aber der DOG-Präsident wartete eine
Vermittlung gar nicht mehr ab. Er war der persönlichen Differenzen müde.
Die Version, daß von Opel "ein sinkendes Schiff" verlassen hat, dürfte aber
falsch sein. Noch in seinem Rücktrittsschreiben betont der scheidende Präsident, daß die DOG-Geschäftsstelle erweitert und schlagkräftiger gemacht werden soll.
Und daß er der Sporthilfe nicht allein das Feld des Wirkens für den Spitzensport
überlassen sehen möchte, geht aus folgender Empfehlung hervor: "Eine weitere
und wichtige Aufgabe der DOG wäre es, in den 100 oder 200 größten
Unternehmungen Deutschlands einen Sportvertreter zu finden, der sich für die
Leistungssportler einsetzt. Diese Aktion könnte sofort durch Briefwechsel
gestartet werden."
Der Rückritt
Aus "FAZ" vom 07.03.1969
vg. Nicht nur die am Sport
interessierte Öffentlichkeit, auch die Sportführer im Lande haben sich gefragt,
was Georg von Opel zu dem Schritt veranlaßt haben mag, der gestern kurz und
knapp gemeldet worden ist: Rücktritt als Präsident der Deutschen Olympischen
Gesellschaft (DOG). Seinen Vorstandskollegen soll der ehemalige Meisterruderer,
der seit ihrer Gründung im Jahr 1951 der DOG vorsteht, sinngemäß geschrieben
haben, die DOG werde von der Stiftung Deutsche Sporthilfe erdrückt, die
Zusammenarbeit sei schwierig. Außerdem führte Georg von Opel wohl auch an, er
könne menschliche Fehler, die begangen worden waren, nicht verkraften.
Trotzdem fragt man sich, was
innerhalb weniger Tage und Stunden in diesem Manne mit so liebenswerten Zügen
vorgegangen sein mag, der zum Beispiel dem Breitensport und überhaupt der
Bevölkerung mit seinem Goldenen Plan helfen wollte, der einer Bewegungsarmut
seiner Mitmenschen den Kampf ansagte mit dem Aufruf, sich einen Goldenen Schuh
zu erwandern, und der damit starke Resonanz fand. Welche Stimmung oder welche
Fehlinterpretation mag plötzlich den Ausschlag gegeben haben? Sicher ist, daß er
sich schon lange Sorgen machte über den Weg und die Führung des Sports, daß er
Willi Daumes Ämteranhäufung beklagte und dem vor einem Jahr in Stuttgart
temperamentvoll Ausdruck verlieh. Aber inzwischen hatten die beiden um den Sport
so bemühten Männer sich offenbar arrangiert. Wenigstens schien das so bei der
außerordentlichen Mitgliederversammlung des Deutschen Sportbundes (DSB) am
letzten Wochenende in Bremen, wo Daume viel an Führung abgab und Georg von Opel,
der das gewünscht hatte, darauf verzichtete, die mit Sicherheit erwartete
Oppositionsrolle weiter zu spielen. Er schwieg in Bremen. Aber am Tage danach
hörte man von ihm im privaten Gespräch wieder Kritik am Verlauf dieser Tagung.
Und was bezweckt Georg
von Opel mit der direkten Ansprache der Deutschen Sporthilfe? Er (DOG) hat sie
zusammen mit Daume (DSB) aus der Taufe gehoben und gehörte als DOG-Präsident
ihrem Vorstand an. Er hat das neue Unternehmen, das Sozialwerk des Sports, noch
vor kurzem öffentlich bejaht. Auch bei den Sportführertagungen, die Ende Februar
den Verlauf der Bremer Versammlung beeinflußten, anerkannte er die Aufgabe der
Stiftung. Er selbst machte kein Hehl daraus, daß er für die DOG nun eigentlich
keine Aufgabenstellung mehr sehe, daß er sich frage, ob sie überhaupt noch einen
Sinn habe. Das war natürlich überzogen. Aber zur fast gleichen Zeit beklagte er
in Frankfurt auch die angebliche Konkurrenz zwischen Sporthilfe und DOG, obwohl
er wußte, daß sich am Spendenaufkommen für seine Organisation nichts geändert
hatte. Immerhin schien es doch so, als ob er im Hinblick auf die Spiele in
München seine Olympische Gesellschaft wirkungsvoller machen wollte. Tatsächlich
veröffentlichte gleich darauf die DOG ein umfangreiches Programm guter Taten,
gezielt auf München 72. Ein paar Tage später nun der Rücktritt in offenbar
tiefer Resignation.
Georg von Opel will, wie
zu hören ist, den Deutschen Schützenbund weiter führen, dem er schon viele Jahre
vorsteht. Aber er hat mit seinem jüngsten Entschluß von sich aus mehr als eine
wichtige Position aufgegeben. Als Willi Daume in Bremen bekanntgab, er wolle
seine Präsidentschaft im Nationalen Olympischen Komitee (NOK) in andere Hände
legen, da glaubten viele, der Chef der DOG werde sein Nachfolger. Das scheint
nun sehr fraglich oder überhaupt nicht mehr diskutabel zu sein. Georg von Opel,
in den dreißiger Jahren viel bewunderter Leistungssportler, hat sich nach dem
Krieg ohnehin auf die Seite des Breitensports, des Sports für jedermann,
geschlagen. Und das war keine schlechte Entscheidung. Wenn er auch kürzlich erst
bekannte, er sehe ein, daß Hochleistungssport in dieser Welt notwendig und zu
fördern sei, daß deshalb der neu geschaffene Bundesausschuß für den
Leistungssport einer starken Führung bedürfe, so nahm er doch für sich in
Anspruch, der Entwicklung in der Spitze nur "mit Schmerz" zuzusehen.
Bedeutet also sein Rücktritt als
DOG-Präsident und damit auch in Ämterverbundenheit sein Ausscheiden aus der
Stiftung Deutsche Sporthilfe seine völlige Abwendung von Führungsaufgaben in der
Ära des Hochleistungssports? Hat er für sich entschieden, nur noch Beobachter,
mahnend und korrigierend, sein zu wollen? Allein er selbst kann das beantworten.
Aber kann er das? Es fällt schwer, dem Georg von Opel der letzten zwölf Monate
gedanklich voll zu folgen. Aber sein jüngster Entschluß ist doch der Augenblick,
ihm zu danken für die achtzehn Jahre, die er der Deutschen Olympischen
Gesellschaft an ihrer Spitze widmete, aus der er nicht nur mit dem Goldenen
Plan, der heute für Länder und Gemeinden eine Richtschnur geworden ist,
wertvolle Impulse für die Freizeitgestaltung in unserer technischen Welt gab. Zu
danken sind ihm mannigfache Initiativen im Sport, nicht zuletzt die
Mitbegründung der Stiftung Deutsche Sporthilfe. Man wird von ihm, der einen der
mitgliederstärksten Fachverbände führt, noch manchen Rat und Anstoß erwarten
dürfen, vielleicht auch weiterhin eine Unruhe, die belebend bleibt. |