Überfülltes Bootshaus. Viele mußten stehen. Sie haben es gar nicht gemerkt.
So packend, so interessant war es. Die ganze Rudergemeinschaft hätte es hören
sollen. Hier sprach ein Sportsmann aus Leidenschaft. Er sprach von seiner großen
Neigung. Von Kämpfen, von Sieg und Niederlage, vom Schönen und Schweren des
Trainings, von Starts im In- und Ausland, vom Kampfe gegen die Elemente und vom
größeren Kampfe gegen sich selbst. Es kam aus dem Herzen. Drum ging es zum Herzen
und schwang noch lange nach. Es zeigte den wahren Menschen und den vorbildlichen
Sportsmann.
"Ich werde als 2. Vorsitzender des Deutschen Ruderverbandes alles tun", sagte
er, "was in meiner Macht steht, um unseren Rudersport in den Vordergrund zu
bringen. Ich denke, daß dadurch die Liebe zu meinem gewählten Sport nur noch
größer werden wird. Was aber davon könnte Ihnen von Nutzen sein? Ich möchte, daß
Sie erkennen werden, daß Idealismus, Ausdauer und Sportgeist nicht stark genug
sein können!"
Mir sind die Siege, mir ist später die Meisterschaft nicht in den Schoß
gefallen. Mit 14 Jahren begann ich. Mit 17 Jahren saß ich im Einer. 11 Mal
startete ich in diesem Jahr und 11 Mal war ich Letzter im Felde. Es war ein
Rekord im Hinterherfahren! Die Zeitung schrieb: "Wir empfehlen dem jungen Opel,
sich in einer anderen Sportart zu versuchen!" Das war gut. Das reizte mich. Das
gab mir neue Energie. Nun erst recht, sagte ich zu mir.
Im nächsten Jahre kam ich nach England. Ich sollte dort studieren. Schon in den
ersten Tagen landete ich beim Thames RC. Eric Phelps wurde mein Trainer und mein
Freund. Er sagte: "Wenn Du alles genau umgekehrt machst, als wie Du jetzt
ruderst, dann kann es richtig werden!" So habe ich jeden Morgen und jeden Abend
fleißig trainiert; denn ich wollte ein großer Ruderer werden.
Es kam mein erstes Jungmannrennen. Bei 200 m lagen wir noch Alle auf gleicher
Höhe. Ich war selbst erschrocken, wie gut es ging und bekam Mut. Ich überwand
meinen kritischen Punkt und gewann dieses Rennen. Ein Glücksgefühl überkam mich,
wie ich es nur selten wieder gehabt habe. Es war mein erster Sieg auf fremdem
Boden!
Bald darauf kam mein erstes Seniorrennen. Ich gewann den Vorlauf, den
Zwischenlauf und im Endlauf gab es totes Rennen. Ich war so fertig, daß ich kurz
nach dem Ziel umkippte. Nun sollte ich zum vierten Male antreten, obwohl ich
noch von den drei Vorrennen erschossen war. Aber, ich habe es geschafft. weil
ich den "inneren Schweinehund" überwunden habe. Insgesamt konnte ich im gleichen
Jahr sieben Einerrennen gewinnen, ohne auch nur eine einzige Niederlage
hinnehmen zu müssen.
Georg von Opel und die Meisterruderer
der Rudergemeinschaft Flörsheim-Rüsselsheim werden 1949 in Rüsselsheim
festlich empfangen |
Es kam der dramatische Kampf gegen den Franzosen Saurin in Henley, den ich mit
nur 2 m Vorsprung gewann! Es kam der Kampf gegen den Kanadier Joe Wright um die
Meisterschaft von Kanada. 50 Meter vor dem Ziel lagen wir noch immer auf
gleicher Höhe. 20 Meter vor dem Ziel gab Wright auf und verlor damit sein erstes
Rennen überhaupt. Es war eine Sensation. Weniger, weil ich gesiegt hatte, als
weil Kanadas Ruderliebling aufgegeben hatte. 1934 folgte in Nordamerika, die
Meisterschaft in der Kurzstrecke. 1935 der Sieg im berühmten
Hollandbecher-Rennen in Amsterdam trotz Erkältung und Fieber.
Aber, das ist eben der Sportsmann Georg von Opel. Wie sagte er zum Schluß?
"Für
jeden von Euch ist hier die Möglichkeit gegeben, ein großer Ruderer und damit
einmal Meister zu werden. Ihr müßt nur die Begeisterung und den inneren Wunsch
mitbringen, sportlich wirklich etwas Großes zu leisten. Ich bin bei Treibeis
gerudert. Ich bin im Februar bei Schnee und Kälte 500 km gerudert. Ich bin in
einem Jahre bis zu 5.000 km gerudert. Das sportliche Blut in mir trieb mich.
Kilometer werden auch Euch zu Meistern machen. Ihr habt hier manchen Vorteil,
den Andere nicht haben. Nutzt ihn für Euch aus! Was Ihr aber mitbringen müßt,
das ist eine unbändige, tiefe und ausdauernde Begeisterung. Sie ist der Motor
für jeden Sportsmann. Lernt, den inneren Schweinehund überwinden. Kommt nicht
mit faulen Ausreden. Wälzt nicht Eure Schuld auf Andere ab. Wenn man will, dann
geht alles. Wer aufgibt, der ist kein Sportsmann. Wenn Ihr dies aus meinem
Vortrag behaltet, dann habe ich heute nicht umsonst zu Euch gesprochen. 1950
wird es zeigen, wie Ihr an Euch gearbeitet habt. Dazu wünsche ich Euch eine
glückliche Hand!"
So sprach der Präsident der Rudergemeinschaft. Hatte ihn eingangs der 1.
Vorsitzende des Flörsheimer RV, Heinrich Dreisbach, begrüßt und ihm im Namen aller Anwesenden
herzlichst zur Wahl zum 2. Vorsitzenden des Deutschen Ruderverbandes gratuliert
und ihm als äußeres Zeichen der Freude einen wundervollen Blumenstrauß
überreicht, so dankte ihm am Schlusse seines Vortrages der Ruderlehrer Ehlert in
herzlichen Worten und sagte u. a., daß sich die Rudergemeinschaft glücklich
fühlen müsse, einen solchen aktiven und ehrlichen Sportsmann als ihren
Präsidenten zu haben; denn die Jugend hätte nur nötig, diesem Vorbilde
nachzueifern und nachzuleben. Dann gäbe es für die Rudergemeinschaft
Flörsheim-Rüsselsheim auf Jahre hinaus keine Sorgen.