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Über Mitglieder des
RRK (2012)
Gerrit Rothengatter |
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Schwierige Aufgabe reizt noch immer
INTERVIEW Trainer Gerrit Rothengatter will die RRK-Hockeyspieler in
Erster und Zweiter Bundesliga fest etablieren
Das
Gespräch führte Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 07.04.2012)
Noch acht Tage bleiben den Hockeyspielern
des Rüsselsheimer RK. Mit dem Gastspiel am 14. April bei TG Frankenthal hebt
sich der Vorhang zum zweiten Teil der Feldsaison in der Zweiten Bundesliga,
Gruppe Süd. Nach lediglich vier Punktgewinnen aus den ersten neun Spielen laufen
die Nachfahren des neunmaligen Deutschen Meisters Gefahr, binnen eines Jahres in
der drittklassigen Regionalliga zu versinken. Trainer Gerrit Rothengatter (43),
nach der Rückstufung aus der Eliteliga seit August beim Ruderklub am Ruder und
in der Halle mit seinem Team am letzten Spieltag unglücklich des Oberhauses
verwiesen, ist um die Aufgabe bei seinem Heimatverein nicht zu beneiden.
Herr Rothengatter, das Osterfest
erinnert an das Sterben und die Auferstehung von Jesus Christus. Sehen Sie, im
übertragenen Sinne, Parallelen zwischen dieser biblischen Geschichte und ihrer
Situation als Trainer der Rüsselsheimer Hockeyspieler?
Ich glaube nicht daran, dass ein Mensch
nach seinem Tod je auferstanden ist. Somit erübrigt sich die Frage.
In der Halle ist eine Hoffnung,
nämlich trotz des personellen Aderlasses die Bundesliga zu halten, für den RRK
kurz vor Weihnachten gestorben. Bevor hier ab November an einer Auferstehung,
sprich am Wiederaufstieg gearbeitet werden kann, will zunächst eine andere
heikle Mission zu einem hoffentlich glücklicheren Ende geführt werden. Wie fest
sind Sie davon überzeugt, dass im Freien der freie Fall in die Regionalliga noch
abgewendet werden kann?
Es wird auf alle Fälle sehr schwierig und
entscheidend von der Abstiegskonstellation in der Ersten Liga abhängen. Trifft
es dort zwei Südvereine, müssten bei uns drei Teams raus. Wir haben gut und hart
trainiert, vornehmlich im athletischen Bereich. Andere Mannschaften wie der
Dürkheimer HC konnten sich intern verstärken.
Ihre Mannschaft startet in acht Tagen
bei TG Frankenthal mit der Hypothek des Tabellenletzten und gerade mal vier
Punkten in die Rückrunde. Wie viele Zähler werden nötig sein, um am Ende auf der
sicheren Seite zu stehen?
In der zurückliegenden Saison hat eine
Mannschaft unglaubliche 23 Punkte aus 18 Spielen gebraucht, um die Liga zu
halten. Ich rechne in dieser Saison mit deutlich weniger Punkten. Wenn es in der
Südgruppe bei zwei Absteigern bleiben sollte, reichen vermutlich 14 Punkte.
Haben Sie konkrete Vorstellungen,
gegen welche Gegner der RRK punkten kann beziehungsweise muss?
Grundsätzlich können wir gegen alle Teams
bestehen. Das haben wir schon in der Hallensaison gezeigt, in dem wir von zehn
Spielen bei der Hälfte gepunktet haben. Ganz wichtige Dreier wären natürlich
gegen TSV Mannheim, Dürkheimer HC und Osternienburger HC. Aber auch die
Stuttgarter Kickers, die zu uns kommen, sehe ich in Reichweite.
Sie waren selbst viele Jahre am
Sommerdamm und sogar eine Saison bei Lazio Rom in den höchsten Spielklassen
unterwegs. Warum steht Ihr vor Jahresfrist noch erstklassiges Team aktuell so
schlecht da?
Ich hatte den Eindruck, dass vor Beginn
der Runde nicht überall die optimale Einstellung zu den nun zweitklassigen
Gegnern und die richtige Selbsteinschätzung vorhanden war. Die Jungs kamen aus
der Ersten Liga und dachten, eine Klasse tiefer läuft es von selbst. Dazu war
die personelle Situation durch die vielen Abgänge sehr schwierig. Und es hat
sich auch in der Halle, wo wir die wenigsten Tore aller 24 Bundesligisten
erzielt haben, gezeigt, dass uns vorne ein richtiger Knipser gefehlt hat.
Lassen sich die Defizite überhaupt so
schnell ausmerzen oder braucht so etwas einfach mehr Zeit als eine Saison?
Ich glaube, die Mannschaft hat nun die
richtige Einstellung gefunden. Dies beweisen die Testspiele gegen unterklassige
Gegner wie den Limburger HC, wo wir 5:0 gewonnen haben. Dazu hat Luca Müller in
der Vorbereitung angedeutet, dass er auf einem guten Weg ist, ein echter
Torjäger zu werden. Und dadurch, dass es im Kader dank der Rückkehrer Thorsten
Küffner, Jonas Hof sowie Timo Lehner und sieben bisherigen B-Jugendlichen
quantitativ viel besser aussieht, ist auch ein besseres Training möglich und der
Konkurrenzdruck steigt.
Sie haben als Trainer beim Wiesbadener
THC und TEC Darmstadt weniger im Fokus gestanden als bei ihrem Heimatverein.
Haben Sie schon mal bereut, hier zugesagt zu haben?
Ich ahnte, dass es so kommen würde. Als
Eigengewächs des RRK war nichts anderes zu erwarten. Aber ich sagte schon
damals, dass ich diese schwierige Aufgabe als reizvoll empfinde. Auch wenn ich
das Ganze nicht für so aufreibend und beschwerlich gehalten hätte.
Als RRK-Eigengewächs haben Sie Ihre
hier tätigen Trainerkollegen und die Nachwuchsarbeit beim Ruderklub bestimmt
beobachtet. Sind gravierende Fehler gemacht worden, die sie jetzt ausbaden
müssen?
Jetzt Fehler bei anderen Trainern zu
suchen wäre unfair und nicht richtig. Fakt ist jedoch, dass meine beiden
Vorgänger sich ausschließlich um die erste Mannschaft gekümmert haben und eigene
gute Nachwuchsspieler, wie etwa Niklas Isselhard, es sehr schwer hatten. Zudem
habe ich beobachtet, dass richtig gute Talente beim RRK in der ersten Mannschaft
nicht Fuß fassen konnten, nun aber bei anderen Vereinen herausragende Leistungen
bringen. Beispiel Julian Hofmann-Jeckel: Den habe ich beim WTHC als A-Knabe
kennen gelernt, bevor er zum RRK wechselte. Er spielt jetzt bei Alster Hamburg,
ist mehrfacher Deutscher Meister und im Sturm Leistungsträger seiner Mannschaft.
Beim RRK hatte er diese Einsatzzeiten nicht. Woran das lag, kann ich nicht
beurteilen, heute nur feststellen.
Gesetzt den Fall, der RRK findet sich
am Ende der Feldsaison tatsächlich in der drittklassigen Regionalliga wieder −
was würde das für den Verein und Sie selbst bedeuten?
Der Verein hat sich dem Leistungssport
verschrieben. Solange man Erste oder Zweite Bundesliga spielt, ist das okay.
Dass Traditionsklubs wie Rot-Weiß München, Limburger HC oder HC Heidelberg die
Rückkehr aus der Regionalliga bisher nicht geschafft haben, sind
Negativbeispiele für den RRK. Was das für mich zur Folge hätte? Keine Ahnung;
das müssten die Verantwortlichen entscheiden. Ich kann nur sagen, dass ich bei
meinem Verein als Herrentrainer angefangen habe, um langfristig etwas
aufzubauen. Mein Hauptziel ist, die mir anvertraute Mannschaft in der Halle in
der Ersten und auf dem Feld fest in der Zweiten Bundesliga zu etablieren. Und
das ist realistisch.
Ihr Sohn Nico wird im Sommer zwölf
Jahre alt. So Sie noch Trainer der ersten Mannschaft sein sollten, wenn er in
vier, fünf Jahren dort mitspielen darf − was denken Sie, in welcher Liga wird
das sein?
Ich werde mein Bestes geben, damit die
Talente im RRK die Möglichkeit erhalten, Leistungssport zu betreiben und
Leistungshockey zu spielen. Auf dass wir auch zukünftig Sportler aus Berlin,
München etc. als Gäste in Rüsselsheim begrüßen dürfen. |