Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Über Mitglieder des RRK (1974)                                  

Fritz Schmidt

Wenn Hockey zum täglichen Brot eines Bäckermeisters gehört

Für Fritz Schmidt, den Rüsselsheimer Kapitän des Hockey-Nationalteams, beginnt der Tag in der Nacht

Von Wilhelm Grün (aus "FAZ " vom ...02.1974)
 

Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da − so heißt es nicht nur in einem bekannten Schlagertext. Für Fritz Schmidt, Kapitän des frisch gebackenen Hallenhockey-Europameisters, Mitglied der Goldmedaillen-Mannschaft und Boss des mehrfachen deutschen Hockeymeisters Rüsselsheimer RK, der bereits wieder nach dem nächsten Hallentitel greift, gehört dieser Satz gewissermaßen längst zum täglichen Brot. Bei dem viel beschäftigten Bäcker- und Konditormeister klingelt der Wecker gewöhnlich nachts gegen halb Drei und treibt den Teilhaber im elterlichen Geschäft an die Teig- und sonstigen Maschinen. Wenn andere Leute sich zum zweiten Frühstück niedersetzen und ihr frisches Brötchen vom ersten Frühstück fast vergessen haben, hat Fritz Schmidt bereits das Ende seines Tagwerks erreicht. Doch das scheint nur so. Denn ab zehn Uhr, noch bevor das Mittagessen an der Reihe ist, gehört er seinem Rüsselsheimer Klub oder − wie bei einem Besuch sichtbar wurde − er wälzt die Geschäftsbücher.

Das alles vollbringt er freilich nicht auf einsamer Bahn. Eingebettet in ein wohl sortiertes Familienunternehmen mit dreißigköpfiger, zum Teil seit Jahrzehnten mitwirkender Belegschaft und drei Filialen an exponiert gelegenen Stellen der Stadt, schafft er es sozusagen in Teamwork. Und vielleicht bezieht er gerade aus diesem privaten Bereich jenen Blick für ein mannschaftlich effektvolles Zusammenspiel, das die Hockeymannschaft des Rüsselsheimer RK bei ihren großen Erfolgen, insbesondere seit dem Meisterschaftsjahr 1968, so augenfällig auszeichnet, ein Zusammenspiel, in dem der Star nicht vergisst, dass er nur mit den anderen zusammen erst einer ist. Vielleicht wird damit auch die Frage beantwortet, wie ein Spitzensportler vom Schlage eines Fritz Schmidt diese Rolle mit einem Beruf, der seinem Mann gewiss rund um die Uhr auslastet, auf einen Nenner zu bringen vermag.

Endspiel um die Deutsche Feldhockey-Meisterschaft 1973 am Sommerdamm in Rüsselsheim − Vor 5.000 Zuschauern siegt Rot-Weiss-Köln 2:0, das ist "nur" die Vizemeisterschaft für den RRK − Die Mannschaften betreten das Spielfeld (vorn der RRK mit v.l. Frieder Fleck, Rainer Seifert, Manfred Liebig, Wolfgang Beck, Klaus Held, Bodo Schäfer, Wolfram Jirzik, Wolfgang Schneider, Martin Müller, Mike Martin und "Boss" Fritz Schmidt)

Für ihn selber scheint das überhaupt kein Kunststück zu sein. "Meine acht Stunden Schlaf habe ich auf jeden Fall pro Tag!", beruhigt er den Frager. Freilich gehört dazu auch das Talent, zu jeder Tages- und Nachtzeit − ob im heimischen Bett oder im Flugzeug − sofort und fest schlafen zu können. Fritz Schmidt kann es, wie etwa ein Flug nach Südafrika bewies, als er sich in Frankfurt quer auf leere Jumbo-Sitze legte, irgendwann über den Wolken kurz zu einem Trunk erwachte und am Zielort topfit ausstieg.

Daß er freilich seine Hockeyweltreise - nur Australien und Südamerika fehlen noch in seiner Sammlung - nicht verschlief, beweisen die zahlreichen Souvenirs, für die (und die sportlichen Auszeichnungen!) er noch eine passende Vitrine sucht, sofern sie nicht seine Wohnung bereits schmücken. Die Teppiche, die die Füße des Besuchers umschmeicheln, sind garantiert echt und selbst mitgebracht. Für sie bestand weniger die Gefahr, in die die jetzt gewonnene Europameisterschaftsauszeichnung nach der Rückkehr aus Berlin geriet. Sie steckte noch in der Tasche des Trainingsanzuges, und der steckte − wie es sich gebührt − flugs in der Waschmaschine. Sie − und auch die Auszeichnung − hat es glatt überstanden.

Überstanden hat wohl auch Fritz Schmidt sen., Chef des Hauses, die Tatsache, dass sein Filius nicht Fußballer geworden ist. Er, der bei den Rüsselsheimern als Linksaußen und Torwart aktiv tätig war, musste schließlich die Feststellung von Fritz akzeptieren: "im Fußball wird nach Altersklassen gespielt und nicht nach Leistung!" Und da konnte er wohl zuviel für sein Alter.

Das spürten auch die Hockeyspieler, als der Vierzehnjährige für Hessens Nachwuchsauswahl nicht alt genug erschien. Mit fünfzehn stand er dann in der 1. Mannschaft des RRK, mit zwanzig in der Ländermannschaft. Dass Hessens Nachwuchsteam dann noch auf ihn zurückgreift und den Franz-Schmitz-Pokal gewann, versteht sich am Rande. Und dass er das Fußballspielen nicht verlernt hat, wissen die Rüsselsheimer Kicker nur zu gut. Oft genug wurden sie von den Hockeyspielern besiegt. Schließlich hat man mit Professor Zimmermann einen Onkel in der DFB-Spitze. Das verpflichtet!

97 Länderspiele im Hockeydress (dazu 16 in der Halle) hat Fritz Schmidt hinter sich gebracht, im März wäre beim Treffen gegen Wales und im Londoner Turnier das 100. Spiel fällig gewesen. Doch seinem Klub zuliebe verschiebt er diesen persönlichen Erfolg. Er macht dafür mit seinen Klubkameraden die schon längst versprochene Südafrikareise mit. Eigentlich passt dieser Entschluss in das Verhältnis der Spieler untereinander, die auch privat offensichtlich das Teamwork pflegen. Als Fritz Schmidt einst aus Berufsgründen auf die Teilnahme am Baseler Turnier verzichten wollte, erschienen ein paar Spielkollegen und griffen beim Zwetschgenkuchenaufsetzen so kräftig zu, dass es doch noch klappte.

Gewiss wird der "Tortenkönig von Rüsselsheim" − wie es manchmal in der umfangreichen Hockeykorrespondenz liebevoll heißt − irgendwann einmal nicht mehr so einfach herauszuhauen sein. In diesem Jahr wird Papa Schmidt 65 und das Geschäft 50 Jahre alt. Dann wird wohl der Spielmacher des Hockeyfeldes ein anderes Spiel zu machen haben, für dessen Präzision immer noch Mutti Schmidt Tag für Tag sorgt und in dem auch Frau Ute ihre Rolle spielt. Doch vorerst wird Fritz Schmidt dort, unweit der Fabriktore, wo das Hockey wahrlich zum Volkssport gedieh, den Stock noch kräftig schwingen und in Claudia (11) und Fritz jun. II. (noch 9) die gelehrigsten Schüler haben. Ohne Brot kann gewiss kein Bäcker leben. Ein Bäckermeister namens Fritz Schmidt ohne Hockey gewiss auch nicht ...