Von Hans-Jürgen Kalweit (aus
"Darmstädter Echo" vom 18.03.2003)
Wer in Rüsselsheim nach einem
Friedrich-Konrad Schmidt fragt, wird nur unverständliches Kopfschütteln ernten.
"Wer soll'n dess sei? Ach, de' Hoggehspieler. Sie meine de Schimmi. Ei, dess
müsse' se auch saache." In Rüsselsheim ist der "Schimmi" (den Namen erhielt der
Vater in jungen Jahren, weil er die damals beliebten, teuren "Jimmy"-Schuhe
trug) bekannt. Wie ein bunter Hund sozusagen. 1972 ist er in München
Hockey-Olympiasieger geworden, auch wenn er sich bei seinem internationalen
Abschluss nicht als Olympiasieger gefühlt hatte. Wegen einer Handverletzung
hatte Fritz Schmidt nur 29 Minuten auf dem olympischen Hockeyfeld gestanden. Die
großartige Karriere endete mit einer Enttäuschung.
Am kommenden Mittwoch wird "Schimmi",
der wohl bekannteste Hockey spielende Bäcker oder der wohl bekannteste backende
Hockeyspieler, 60 Jahre alt. "Awwer so alt fühl' isch misch net", sagt er
lachend. In Mainz wurde er am 19. März 1943 geboren, und doch ist er
Rüsselsheimer Urgestein. Dort übernahm er die väterliche Backstube, erweiterte
sie kontinuierlich. "Awwer isch back' net mit dene Zusätz. Bei mir gibt's Brot
und Kuche wie bei Muttern." Darauf legt er Wert schon immer, jede Nacht in der
Backstube.
Die liegt einen guten
Hockey-Treibschlag vom Platz am Rüsselsheimer Sommerdamm entfernt. Logisch
daher: Der junge Fritz spielte Hockey. Mit großem Erfolg, denn das Talent war
schnell erkannt. Das Bäcker-Handwerk hat er in Darmstadt gelernt, im Café
Schwarz in der Rheinstraße. Der 15 Jahre alte Lehrling musste seinen Darmstädter
Meister überreden, als er an einem der üblichen arbeitsreichen Sonntage erstmals
in der ersten Mannschaft des Rüsselsheimer RK eingesetzt werden sollte, im
übrigen gegen den damaligen Hessenmeister TEC Darmstadt. Der RRK gewann 2:1. "Isch
glaub', isch hab e Tor geschosse." Der Zeitungsartikel überzeugte den
Bäckermeister in Darmstadt: Fritz Schmidt hatte fortan die Erlaubnis, zwischen
der Sonntagsarbeit Hockey spielen zu dürfen.
Durch Hockey hat er die Welt bereist.
Mit dem RRK und mit der Nationalmannschaft, für die er 154 Länderspiele
bestritt. Wie viele Spiele er für seinen RRK bestritt, weiß er nicht. Aber: "Mit
41 habb isch mei letzt' Bundesligaspiel gemacht." Da kommt ganz schön was
zusammen. Mittelfeldspieler Fritz Schmidt, über Jahre hinweg zentrale Figur im
RRK-Spiel, war zwischen 1968 und 1979 an allen acht deutschen Titeln des RRK
beteiligt. Er war der Chef. Und wenn zum Beispiel sein technisch überaus
begabter Mannschaftskollege Rainer Seifert mal wieder die Soli übertrieb, dann
schallte "Schimmis" kräftige Stimme: "Rainer, fummel net. Gib endlich de Ball
riwwer."
Hockey spielt er heute nicht mehr. Im
gerade renovierten heimischen Keller verstauben die Schläger von einst. Golf hat
er schon Anfang der siebziger Jahre entdeckt, zu einer Zeit, als er noch
Hockey-Nationalspieler war, auf der britischen Insel, bei einem
Hockey-Länderturnier. Golf lässt ihn heute nicht mehr los, ist seine liebste
Freizeit-Beschäftigung. Denn an Ruhestand denkt er selbst mit 60 nicht, warum
auch. Er bekennt, die tägliche, nein die nächtliche Arbeit in der Backstube
macht ihm Spaß, "irschendwie brauch isch dess. Immer nur Golf spiele, iss aach
nix."
Schmidt kann stundenlang über Hockey
reden. Und tagelang über Golf. Dass die Olympiasieger von 1972 mittlerweile
nahezu komplett von Hockey zu Golf gewechselt sind, wen wundert das bei der
Schmidt'schen Überzeugungsarbeit und -kraft. Zumal er die jährlichen
Zusammenkünfte des 72er-Siegerteams organisiert: "Früher haben wir Radtouren
gemacht, heute spielen wir Golf." Wie wichtig es dem mittlerweile Handicap vier
spielenden Fritz Schmidt damit ist, zeigt, dass der Spielführer des Golfparks
Bachgrund beim Lieblingsthema Golf häufig ins Hochdeutsche verfällt.
Natürlich ist "Schimmi" dem Hockey
und dem RRK treu geblieben. Regelmäßig kommt er zu den Heimspielen der
Rüsselsheimer - falls nicht das Golfspielen dazwischen kommt. Das wird auch der
Fall an seinem 60. Geburtstag sein, den er mit der Familie im sonnigen Südeuropa
verbringt. In der Nähe gibt es viele Golfplätze. Was bedeutet: Und "Schimmi"
ging zum Golfspielen.