Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Über Mitglieder des RRK (1966)   

Fritz Brumme, Werner Alt, Dieter Lang, Reinhard Scholta

Fritz Brumme

 

 

 

 

 

 

Alt/Lang vor dem großen Abenteuer Amsterdam

Rüsselsheim wieder im Ruderglanz Fritz Brumme und das gute Omen Schweiß vor dem Erfolg

Von Karl-Heinz Schüßler (aus "Rüsselsheimer Echo" vom 23.06.1966)
 

Sie wohnen nicht in Essen oder Ratzeburg, sie haben weder Baldeney- noch Küchensee samt "Kalli" Adam vor der Haustür. Und, dennoch ist ihr Stern kometengleich aufgegangen, ist eingedrungen in die so scheinbar geschlossene Phalanx der deutschen Spitzenklasse im Rudersport. Erlebt der so traditionsreiche Rüsselsheimer Ruder-Klub mit seinem gesteuerten Zweierboot eine neue Blüte? Zieht am Firmament des RRK eine neue Glanzzeit herauf, deren sich so viele noch so gerne erinnern? Der auf den Regattastrecken gefürchtete und begeistert gefeierte Achter der Rudergemeinschaft Flörsheim-Rüsselsheim war ein letzter ganz großer Höhepunkt des im Jahre 1908 ins Leben gerufenen Ruder-Klubs. Wohl kaum schlugen aber die Herzen der Rudersportfreunde am Untermain höher als in diesen Tagen: am Baum der Hoffnung grünt es wieder, blüht gar schon. "Es ist erst der Anfang", meint Altmeister Fritz Brumme, dem einmal das Prädikat verliehen wurde, er sei der beste Amateurtrainer der Welt.

Zunächst Hoffnungen ...

Dieter Lang, Werner Alt Und ihr kleiner Steuermann Reinhard Scholta fuhren bei den Deutschen Meisterschaften 1965 als Dritte über die Ziellinie im Mannheimer Mühlauhafen. "Wir sind sehr stolz auf unsere jungen Leute", sagte uns noch vor kurzem RRK-Vorsitzender Günter Schmitt, "und wir hoffen, daß sie auch in diesem Jahr so gut abschneiden." Unüberhörbare Skepsis. Trainer Fritz Brumme, der Lang und Alt aus einem Vierer herausholte, "der eigentlich nie etwas geworden wäre, obgleich er über dem Durchschnitt lag", ist jetzt noch skeptisch: "Die beiden sind noch zu jung, um ganz Großes von ihnen erwarten zu können. Der Leistungszenit von Lang und Alt ist noch längst nicht erreicht. Wir müssen systematisch weiter Stein auf Stein fügen und dürfen nicht nachlassen." Zweckpessimismus? Bei Fritz Brumme kann man solche Überlegungen getrost beiseite schieben. Der schlaue Fuchs, dem eine schwere Krankheit vorübergehend das Megaphon aus der Hand nahm, weiß ganz genau um Stärken und Schwächen, um Leistungsvermögen  und  psychologische Verfassung seiner Schützlinge, die in den bisherigen großen Konkurrenzen derart Furore gemacht haben, dass sie der Deutsche Ruderverband hinter den „großen" Zumkeller/Jordan, einer Renngemeinschaft aus Konstanz und Frankfurt-Höchst, als zweites Boot für den Länderkampf mit den starken Holländern am Wochenende in Amsterdam nominierte. Dort sollen sie auch noch die Internationale Amsterdamer Ruderregatta mitfahren. Die Rüsselsheimer werden damit in ein Feuer geschickt, das Trainer Fritz Brumme gar nicht so behagt. "Ihr seid dort die Küken", sagt der sympathische Fabrikant aus Raunheim den drei Rüsselsheimern und sorgt sich darum, ob in solcher Umgebung physische und psychologische Verfassung des Trios stark genug sind. "Wenn wir in Duisburg nicht so gut abgeschnitten hätten, brauchten wir jetzt nicht solche Sorgen zu haben. Aber es ist halt anders gekommen." Ein leichtes Lächeln kräuselt sich um die Mundwinkel Fritz Brummes.

Fritz Brumme mit Werner Alt und Dieter Lang

Urlaub zum Training

Dieter Lang, 21 Jahre alt und Physiklaborant im Betrieb seines Trainers, Werner Alt, zwölf Monate älter. Bundeswehrsoldat in Wiesbaden-Schierstein und durch heimische Bemühungen und einen sportfreudigen Kompaniechef mit der notwendigen Trainingszeit bedacht, gehen zusammen mit dem vierzehnjährigen Rüsselsheimer Schüler Reinhard Scholta mit ein wenig Beklemmung in das große Abenteuer von Amsterdam. "Auf der Strecke kann sich Nervosität sehr schnell legen", so Fritz Brumme.

Für Lang/Alt und den kleinen Scholta hatte die Saison in Heidelberg recht gut begonnen, man war mit dem Abschneiden recht zufrieden. Und dann ging es erstmals in Mannheim, der Meisterschaftsstrecke des Vorjahres, gegen Zumkeller/Jordan, ohne Zweifel die großen Favoriten für die Meisterschaften dieses Jahres. Keiner kennt dieses Boot besser als Fritz Brumme, der Neuß/Jordan, die große Höchster Kombination, zur zweifachen Europameisterschaft geführt hat, der mit ihnen Weltmeister wurde. Und erstmals gab es in Mannheim ein Raunen in der Fachwelt, als die Rüsselsheimer keine Furcht vor den großen Namen zeigten und recht forsch rangingen. Über diesen zweiten Platz gab es einige Verwunderung.

Ja, und dann brachte die Duisburger Wedau-Strecke die Rüsselsheimer gar in die nächste Nachbarschaft einer faustdicken Überraschung. Selbst den Experten blieb der Mund offen, als die „jungen Leute" aus Rüsselsheim bei der 1200-Meter-Marke klar vor den Favoriten führten. Dann aber zogen sie einen Spurt an, der alte Fuchs Jordan hörte das Kommando, und so entschied letztlich die taktisch klügere Fahrweise für die Favoriten. Noch einmal - denn nur eine Länge hinter ihnen zogen die Rüsselsheimer über die Ziellinie. "Eine oder zwei Längen im Zweier, das ist nichts", bestätigt Fritz Brumme, dem wie gesagt, das Abenteuer Amsterdam indes nicht so recht geheuer ist.

Eine "Kostprobe"

 "Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt". Die Mühsal spricht schon aus dem geflügelten Wort, aber sie spricht sich leicht. Wie die Wirklichkeit aussieht, die Spitzensportler von nationaler und internationaler Klasse durchwandern müssen, davon erlebten wir am Mittwoch Abend auf dem Altrheinarm bei Erfelden eine für uns mehr als eindrucksvolle "Kostprobe". "Manchmal können einem die Leute leid tun", bestätigt Fritz Brumme, der mit dem Megaphon in der Hand wie ein Feldherr auf dem Motorboot die Szenerie beherrscht, "aber wer heute im großen Ruderkonzert mitspielen will, der muss sich nach diesen Bedingungen richten."

Dieter Lang und Werner Alt haben sich denn auch der Prozedur unterworfen, deren Ergebnisse sich in den bisherigen Erfolgen bereits abzeichnen. Fritz Brumme, der im Winter ein ausgeklügeltes Krafttraining durchführt, geht auf dem Wasser im Intervallsystem vor. Kurze und lange Spurts im 42er- oder gar 44er-Schlag wechseln mit einem anscheinend „gemächlichen" Tempo. "Das sieht gemütlich aus, aber machen Sie's mal", kommt die Empfehlung von vorn. Wenn Dieter Lang und Werner Alt nach eineinhalb Stunden ihr Boot aus dem Wasser heben – "In der letzten Woche waren sie so fertig, dass es nicht mehr ging" –, haben sie rund zwei Kilo an Gewicht verloren.

Mitgeatmet

Man ist sehr schnell von allen Zweifeln bekehrt, wenn man die zwei mit ihrem kleinen Steuermann, dessen helles Stimmchen über das Wasser schalt, durch den Altrheinarm rudern sieht. Rudern - die Vorstellung vom Mainkahn kann man getrost beiseite lassen. Das sind Geschwindigkeiten zwischen achtzehn und zwanzig Kilometern in der Stunde! Als die beiden zum vierten Male ihren 500-Meter-Spurt anzogen, als der Rhythmus gefunden ist, da fiebert auch Willi Hamm, der an diesem Abend vor der romantischen Kulisse des romantischen Kühkopfs vom Boot aus seine Fotos schießt, "Ich habe direkt mitgeatmet", gesteht er hinterher.

Werner Alt und Dieter Lang im Zweier, mit Stm. Reinhard Scholta im Bug, unterwegs

Es ist erstaunlich, wie Fritz Brumme, der sich seit vierzig Jahren dem Rudersport, dem Sport allgemein, verschrieben hat, jede Bewegung kontrolliert, wie er auch das kleinste Nachlassen registriert und korrigiert. "So muss es sein, und nicht anders. Halbheiten gibt es im Spitzensport nicht." Zwischendurch beschäftigt sich der Trainer, der in seiner Erfolgsliste eine Weltmeisterschaft, zwei Europatitel, vierzehn Deutsche Meisterschaften und einen Sieg bei der Henley-Regatta, dem Mekka des Rudersports stehen hat, noch mit dem ebenfalls zu großen Hoffnungen berechtigenden Vierer des RC Neptun aus Darmstadt, in dem an diesem Abend Weltmeister Steffes-Mies als Nummer zwei sitzt, und mit Adolf Theiner, einem ungeheuer fleißigen Rüsselsheimer Skuller, der vor kurzem erst angefangen hat. Ein Blick zu Lang und Alt, und schon sieht der Trainer, was sich hier tut. "Tief weiteratmen, nicht hängen lassen."  

Kein Tomatensalat

Als wir nach eineinhalb Stunden am Bootshaus des RC Neptun anlegen, ist uns klar geworden, was es heißt, hinter Zumkeller/Jordan, nur knapp  geschlagen, Zweiter zu werden. Eisenhartes Training, Tag für Tag, einen Lebenswandel, der mit dem Begriff "spartanisch" nur symbolisch zu umreißen ist. Nur einen Blick in den Speiseplan, den Fritz Brumme selbstverständlich auch unter "Kontrolle" hat: viel gebratenes Fleisch a la English, viel Kopfsalat. Keine Mehlspeisen, kein Kuchen. Kein Gurkensalat, kein Tomatensalat. Und noch so einiges mehr.

Ob solcher Kraftnahrung sind Dieter Lang und Werner Alt denn auch wahrhaft athletische Erscheinungen. "Das müssen Athleten sein. Sie können nicht einfach zwei in ein Boot setzen, und dann sagen, jetzt rudert mal schön. Da muss alles stimmen. Die beiden müssen zueinander passen wie ein paar Schuhe."

Plan für Amsterdam

Fritz Brumme, der außer Rudern noch eine ganze Menge mehr kann, auf dessen Namen zahlreiche bedeutende Erfindungen lauten, der 1928 im RRK eine Revolution entfachte und sie eisern durchstand, er gibt Dieter Lang, Werner Alt und dem kleinen Scholta einen Plan mit nach Amsterdam, für dessen minutiöse Einhaltung RRK-Boß Günter Schmitt und natürlich die Ruderer selbst verantwortlich sind. "Wir können nicht gewinnen, aber wir wollen hoffen, dass der Abstand zu Zumkeller/ Jordan nicht zu groß wird."

Ein Kollege schrieb vor einiger Zeit im Hinblick auf den Austragungsmodus des Amsterdamer Länderkampfes, die Holländer hatten es leichter, zwei gleichwertige Boote zu nominieren als die Deutschen, hinter deren Spitzenklasse zunächst ein, "Loch klaffe". Fritz Brumme stimmt dieser Meinung zu. Nur für den gesteuerten Zweier scheint es nicht mehr zuzutreffen. "Sieh da, ein zweiter Zweier", schrieb das Anderthalbgroschenblatt in diesen Tagen.

SC Opel als Vorbild

Fritz Brumme, der für Rüsselsheim einen noch größeren sportlichen Aufschwung sieht, wenn einmal die Ingenieurschule steht (er selbst ist Mitglied der Gesellschaft zur Förderung der Ingenieurschule e.V.), und der Rüsselsheims Herauswandern aus der sportlichen Provinz am Beispiel des SC Opel lobend misst, wird selbst nicht mit nach Amsterdam fahren können. Er gibt seinen Schützlingen vom RRK 08 aber das Beste mit auf den Weg: das Boot, in dem Neuß/Jordan Welt- und Europameister wurden, in dem sie Henley gewannen und das seinen – Fritz Brummes – Namen trägt.

Drücken wir Lang, Alt und dem kleinen Scholta die Daumen, dass sie im Fegfeuer der großen Ruderwelt so gut bestehen, wie ihnen das in Mannheim und Duisburg gelungen ist.  


Dieter Lang, Werner Alt und Reinhard Scholta am Wochenende in Amsterdam

Ein "Zweier mit" trägt Rüsselsheims Ruderhoffnungen

Die Länderkampf-Neulinge in der Obhut von Fritz Brumme, der sie auf die Spuren von Neuß/Jordan führen möchte – Ein Besuch am Altrhein bei Erfelden – "Zehnkämpfer" der Ruderer – Gurken und Tomatensalat sind verpönt

Von Winfried Britscho (aus "Main-Spitze" vom 24.06.1966)
 

Werner Alt und Dieter Lang

" ..., drei, vier, fünf, sechs, sieben." Eine junge Stimme schallt über das Wasser des Altrheinarms bei Erfelden, im anpeitschenden Rhythmus, bestimmt die Schlagzahl zweier junger Männer im schnittigen Boot, treibt sie an zu noch näherem Tempo. Und während die Bewegungen des Duos, das sich immer deutlicher vom Horizont abhebt, zu einem herrlichen Gleichmaß zusammenfließen, die Blätter kraftvoll ins Wasser gestochen werden, verwandelt sich für den eingeweihten Betrachter plötzlich die Szenerie. Aus der idyllischen Flusslandschaft mit den grünen Inseln, den Schwänen und gleichmütigen Anglern an den Ufern mit den verwaschenen Kähnen wird mit einem Male eine natürliche "Versuchswerkstatt" des modernen Sports. Wir sind bei den Ruderern. Wir sind in den stillen Winkeln des Sports. Und der da im abgetragenen "Trainingsanzug" aus dem Motorboot klettert, kurz nachdem die großen, starken Männer ihr Boot hochgehievt und ins "Trockendock" gebracht haben, ist Fritz Brumme, als einer der erfolgreichsten deutschen Amateurtrainer genauso bekannt wie als Raunheimer Fabrikant mit weltweiten Beziehungen. Der Herr, schon um die Sechzig, aber immer noch schlank und rank, hatte noch vor kurzer Zeit den Pressemännern, die ihn bestürmten, strikt verboten, seinen Namen im Zusammenhang mit dem Rudern zu nennen. Denn es ist noch nicht lange her, dass er von einem schweren Krankenlager aufstand. Das Wasser der weiten Regattastrecken schien weit, damals, fast unerreichbar. Aber der "Meistermacher" der Ruderei mit vierzehn deutschen, einem Welt- und zwei europäischen Titeln auf der Visitenkarte ist wieder in die „Werkstatt" zurückgekehrt. Ein "Zweier-mit" hat es ihm angetan, und dass er aus Rüsselsheim kommt, vom RRK, beflügelte nur seinen Tatendrang. Mit Dieter Lang, Werner Alt und dem Steppkes Reinhard Scholta, dem stolzen Steuermann, will er noch einmal in jene schwindeligen Höhen des Erfolges hinauf wie vor ein paar Jahren mit Neuß/Jordan von Nassovia Höchst. Das Nahziel des Zweiers ist der Länderkampf am kommenden Wochenende in Amsterdam gegen Holland, die erste internationale Berufung, das Fernziel eine deutsche Meisterschaft, der ersten, nach den Triumphen des großen Opel-Achters, nach den einsamen Siegen des Georg von Opel Anfang der fünfziger Jahre. Eine Meisterschaft, mit der der weise Ruderpädagoge aus Raunheim eine neue erfolgreiche Zeit der Ruderei in Rüsselsheim einleiten möchte.

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Wir kamen gerade zur letzten großen Lagebesprechung, in der Bootshalle von Neptun Darmstadt, dessen Vierer von Fritz Brumme so nebenbei mitbetreut wird. Und Fritz Brumme redete wie ein Vater zu seinen Söhnen. "Ihr müßt euch vorkommen wie Küken, und die seid ihr auch in Amsterdam bei der erfahrenen Konkurrenz, drum haltet euch abseits, geht eure eigenen Wege und laßt euch nicht verrückt machen." Fritz Brumme kennt seine Pappenheimer "Den Jordan habe ich schließlich fünf Jahre lang trainiert, das ist ein kluger Bursche, der weiß, wie er es anstellen muss.", Der Trainer hat zu alledem auch gleich eine Episode parat. Am letzten Wochenende bei der großen Generalprobe auf der Strecke in Duisburg-Wedau spielte dieser Jordan, den der DRV auf der Suche nach einem starken Zweier nach der Pleite im letzten Jahr mit einem anderen Europameister, Zumkeller, eine neue starke Crew bilden ließ, den Rüsselsheimern einen bitteren Streich. Als Reinhard Scholta bei 200 Metern, für seine Kameraden unvorbereitet, einen Spurt ansagte, hörte Jordan mit und kam den Opelstädtern zuvor. Aber die lagen dann am Ziel doch nur eine halbe Länge hinter den klaren Favoriten; Fritz Brumme: "Eine halbe Länge ist beim Zweier überhaupt nicht viel." Sein Ziel für Amsterdam: Den Abstand zu Zumkeller/Jordan so gering wie möglich halten. Brummes neue "Waffe" im deutschen Rudersport hat bereits Lob aus berufenem Mund erfahren. Der anerkannte Ratzeburger Ruderprofessor Adam, ein guter Freund des Raunheimer Ruderchefs: "Keine Frage, mit den Rüsselsheimern haben wir einen zweiten starken deutschen ,Zweier mit' ". In fünf Wochen, bei der deutschen Meisterschaft auf dem Maschsee bei Hannover, nehmen die jungen Rüsselsheimer, die Brumme für genauso talentiert wie Neuß/Jordan hält, ihren ersten großen Anlauf auf den Titel, nachdem sie im Vorjahr noch Dritte geworden waren. "Wenn es nicht klappt, sind wir auch nicht böse, denn die Zeit ist mit uns."

Harter Bord-an-Bord-Kampf im "Zweier-mit" auf der Mannheimer Regatta 1966 zwischen Dieter Lang, Werner Alt und Steuermann Reinhard Scholta (vorn) vom RRK, dem späteren Dritten der Meisterschaft 1966, sowie Dr. Peter Stephan, Dietrich Besch und Steuermann Hans-Heinrich Beiersdorf (hinten) von der Rgm. RC Worms / Stuttgart-Cannstatter RC von 1910, dem späteren Deutschen Vizemeister 1966.

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Dieter Lang, beim Training in langen, schwarzen Strumpfhosen, und Werner Alt, mit bärtigem, seemännischem Gesicht, sind fast gleich in der Statur. Der Dieter ist 21, sein Freund Werner 22 Jahre jung. Lang arbeitet bei Fritz Brumme im Betrieb, als Physiklaborant, Werner leistet dagegen zur Zeit seinen Dienst bei der Bundeswehr in Wiesbaden-Schierstein. "Wir haben einen sportfreundlichen Kommandeur erwischt, der Werner bekommt fünfmal in der Woche frei zum Training, besonders jetzt, nachdem er in die deutsche Nationalmannschaft berufen worden ist."  "Jungmann" Reinhard Scholta, der Fritz Brumme besonders ans Herz gewachsen ist ("Ein stiller bescheidener Junge") kam an Ostern aus der Schule. Er gehört zu jenem kleinen Kreis junger Leute, die noch im Kindesalter zu "Besitzern des sportlichen Ruhmes werden", aber bei dem aufgeweckten Reinhard hat man nie den Eindruck, dass ihm der Ruhm in den Kopf steigen könne.

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Fritz Brumme fasste seine Männer in den letzten Wochen nicht gerade mit Glacehandschuhe an. Zum Trainer seines Schlages und seiner Erfolge muss man geboren sein. "Es hat schon ausgezeichnete Ruderer gegeben, die trotzdem nie zu guten Trainern geworden sind." Wenn die Schützlinge Brummes, der seine Befehle auf dem Motorboot gar nicht befehlsmäßig weitergibt und dem auch die winzigste Kleinigkeit in seinem Boot auffällt, nach eineinhalb Stunden Intervalltraining mit ständig wechselnden Schlagzahlen aus dem Boot klettern, sind die geschlaucht. Aber das Lächeln verlernen sie auch dann nicht. "Wir tun es ja freudig", meint Werner Alt. Die Insassen eines Zweiers kann man nach den Worte Fritz Brummes mit den Zehnkämpfern der Leichtathletik vergleichen. "Sie müssen stark und gleichzeitig schnell sein." Im Winter hatten die beiden von Trainer Brumme schon wichtige "Hausaufgaben" gestellt bekommen, die ganz auf die Schnellkraft ausgerichtet waren. Der Fleiß im Winter beginnt sich auszuzahlen, und nicht nur das. Ruderer müssen einen asketischen Lebenswandel führen. Das ist für sie, die sich schon immer harten Trainingsmethoden unterworfen haben, so selbstverständlich, dass man gar nicht mehr darüber zu sprechen braucht. Das geht so weit, dass sie eine besondere Kraftnahrung zu sich nehmen, Fleisch, das noch nicht ganz durchgebraten ist. Gurken und Tomatensalat haben sie zu meiden wie das gefährlichste Gift.

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Die Strecke auf dem Altrhein ist günstiger als die auf dem Main bei Rüsselsheim, wo derzeit noch ein Achter trainiert. Hier gibt es keinen Schiffsverkehr und auch keinen großen Wellengang. Fritz Brumme, seit 40 Jahren auf das engste mit dem Rudersport in Raunheim, Rüsselsheim und Flörsheim verbunden, erhofft sich von der Ingenieurschule in Rüsselsheim ein immenses Reservoir für den Leistungssport in der Opelstadt. "Auch für die Ruderei wird das positive Auswirkungen haben." Brumme wohnt zwar in Raunheim, aber sein Interesse gilt nichtsdestoweniger auch dem Leistungsstand des Rüsselsheimer Sports auf allen Gebieten. Wo die Fußballer, Handballer und Hockeyspieler in die erste Reihe vorgeprescht sind, will Fritz Brumme mit den Ruderern nicht hintanstehen.

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Im Einer, Doppelzweier, Vierer ohne und Achter beherrschte die Rudergemeinschaft Rüsselsheim-Flörsheim Anfang der fünfziger Jahre den deutschen Rudersport. Jetzt ist der RRK mit dem "Zweier mit" wieder auf dem Wege, das einstmalige Ansehen zurückzuerobern. Mit Fritz Brumme hätte man sich dafür keinen besseren Schrittmacher holen können. Ein bisschen Eigennutz ist für Fritz Brumme freilich auch dabei. Wenn er abends seine andere Kluft überzieht und draußen zu seinen Freunden ans Wasser fährt, nimmt er für ein paar Stunden Abschied vom betrieblichen Alltag. Und auf dem Wasser, leger die "Sprachtüte" vor dem Mund, wechselt er in eine ganz ändere Welt hinüber, die bei aller Anstrengung und allen ehrgeizigen Plänen doch von einer Heiterkeit ist, die aus jugendlichen Quellen strömt.