Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Peter Kraus, Fritz Schmidt, Rainer Seifert

Reinbeißen wollte keiner: Rainer Seifert, Peter Kraus und Fritz Schmidt präsentieren aber erkennbar stolz ihre olympischen Goldmedaillen von 1972.

 

 

 

 

Goldener Schuss verdrängt die Trauer

MÜNCHEN 1972   RRK-Hockeytrio Fritz Schmidt, Rainer Seifert und Peter Kraus erlebt nach dem Attentat finales Glück

Von Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 10.09.2012)
 

Zum Glück waren die Torschüsse damals noch nicht reglementiert. Sonst wäre Deutschlands Hockeyspielern am 10. September 1972 in München womöglich der finale Jubel beim olympischen Turnier verwehrt geblieben. So aber zappelte die kleine Kugel − bei der vierten Strafecke von Michael Krause halbhoch abgefeuert − in der 60. Spielminute im Netz des Topfavoriten Pakistan. Zehn Minuten später bejubelten die 18 Spieler und Trainer Werner Delmes gemeinsam mit 15.000 Zuschauern den 1:0-Erfolg und gleichzeitig ersten deutschen Olympiasieg. Zumindest für einige Augenblicke rückte die Trauer darüber in den Hintergrund, dass wenige Tage zuvor elf israelische Sportler nach einem Überfall palästinensischer Terroristen ihr Leben ließen und die Fortsetzung der Olympischen Spiele infrage stand.

Beides, die unbändige Freude über das Ende der 44 Jahre andauernden asiatischen Hockey-Vorherrschaft bei Olympia wie das Entsetzen über den schrecklichen Ausgang des Anschlags, hat ein Trio des Rüsselsheimer RK vor 40 Jahren live miterlebt. Mittelfeldspieler Fritz Schmidt, damals 28 Jahre alt und schon 1968 in Mexico-City dabei, Stürmer Rainer Seifert (24) und Torwart Peter Kraus (31) hatten den Sprung in die DHB-Auswahl geschafft.

"Wir haben eine Straße weiter gewohnt und die Terroristen auf dem Weg zum Trainingsplatz auf dem Balkon stehen sehen", erinnert sich Schmidt, "doch im Nachhinein war es vollkommen richtig, sich denen nicht gebeugt zu haben." Seifert und Kraus sehen das genauso, "aber dass der Bundestrainer am 6. September morgens zu uns kam und sagte, dass wir zur Trauerfeier müssten, war echt hart. Am Abend zuvor hatte es noch geheißen, alles sei gut ausgegangen", erinnert sich Seifert.

Heute Besuch der Gedenkstätte

Denkbar, dass die Bilder und Erinnerungen heute noch einmal klarer als sonst wachgerufen werden. Seit 1997, dem 25. Jahrestag des Olympiacoups, kommen die noch lebenden, beziehungsweise interessierten Helden von einst alljährlich mit ihren Frauen für ein paar Tage zusammen. Zunächst in Garmisch-Partenkirchen, nun schon zum siebten Mal am Walchsee in Österreich.

Anlässlich des besonderen Datums ist das Wiedersehen in diesem Jahr von vier auf acht Tage ausgedehnt worden. Neben den von Fritz Schmidt ausgeheckten sportlichen Aktivitäten in Tirol, zu denen auch Rafting gehören soll, steht an diesem Montag eine Busfahrt zur Gedenkstätte im olympischen Dorf oder im Olympiapark auf dem Programm. "Es ist vorgesehen, dass wir auch etwas hinbringen und dort ablegen", berichtet Seifert. Der einst trickreiche Angreifer verfolgt aber noch andere Pläne: "Ich werde mal in unserem damaligen Quartier in der Straßberger Straße klingeln. Vielleicht macht ja einer auf."

Überhaupt erinnert sich Seifert besonders gerne an die unbeschwerten Auftakttage im Dorf. "Wir hatten immer ein zusammengerolltes Blatt Papier dabei, um beim Essen in der Mensa von den ganzen Assen Autogramme zu sammeln." Rund 30 Unterschriften weise das Erinnerungsstück auf, "auch Mark Spitz und Uli Hoeneß sind darunter". Superstar Spitz hatte sieben Goldmedaillen erschwommen, Hoeneß gehörte wie Ottmar Hitzfeld als Amateurkicker dem DFB-Team an. "Nach dem Anschlag war die schöne Stimmung dahin", erzählt Seifert.

Die deutsche Hockey-Nationalmannschaft wird Olympiasieger 1972 (hinten: Masseur Hans-Jürgen Montag, Michael Peter, Peter Trump, Uli Vos, Werner Kaessmann, Michael Krause, Eduard Thelen, Wolfgang Strödter, Kapitän Carsten Keller, Eckardt Suhl, Ulrich Klaes, DHB-Sportwart Werner Delmes; vorn: Rainer Seifert, Fritz Schmidt, Detlef Kittstein, Horst Dröse, Peter Kraus, Wolfgang Rott, Wolfgang Baumgart, Dieter Freise)

Libero als Erfolgsgeheimnis

Sportlich lief es im RRK-Trio nur bei Kraus richtig rund. Die eigentliche Nummer zwei hielt beim 2:1-Erfolg im Gruppenspiel über Titelverteidiger Pakistan zwei Siebenmeter und im Halbfinale gegen Holland sein Tor sauber (3:0). "Bis dahin hatten wir uns immer abgewechselt, aber danach konnte der Bundestrainer wohl nicht anders", glaubt Kraus. Dass Werner Delmes ein glückliches Händchen hatte, kann als gesichert gelten. "Im Finale hat der Peter mehrmals super gehalten", lobt Schmidt. Und: "Wir hatten einfach das bessere System. Die ,Pakis‘ haben immer noch auf fünf Stürmer gesetzt, während wir einen Libero zur Absicherung hinten hatten."

Er selbst erlebte die finalen 70 Minuten von der Bank aus. "Ich hatte mir drei Tage vor dem Turnier in einem Testspiel gegen Holland die Hand gebrochen", erzählt Pechvogel Schmidt. Der Bäcker und langjährige RRK-Mannschaftskapitän versuchte es im letzten Gruppenspiel gegen Frankreich mit einer Spezialmanschette eine Halbzeit lang, "und es ging auch irgendwie. Aber vor dem Halbfinale bin ich zum Trainer hingegangen und habe ihm geraten, die Mannschaft nicht zu verändern. Wenn wir da verloren hätten, wäre das Geschrei groß gewesen." Auch Seifert, Doppel-Torschütze beim 2:1 über Argentinien, war in der entscheidenden Phase nicht am Ball: "Da waren einige, die konnten nur ganz schwer zurückstehen. Ich war einfach froh, dabei sein zu können." Und daran hat sich beim "goldigen" RRK-Trio bis heute nichts geändert.