Dietmar Klausen: Es sind die
außerordentlichen sportlichen Erfolge unseres relativ kleinen Klubs. Diese
gründen sich vor allem auf eine intensive und schon mehrfach ausgezeichnete
Jugendarbeit. Insbesondere ist die Hockeyabteilung hervorzuheben, in der
beispielsweise über 200 Jugendliche in gut einem Dutzend Jugendmannschaften
überaus erfolgreich spielen. 50 deutsche Meisterschaften und unzählige
süddeutsche und hessische Meisterschaften konnten insbesondere in den letzten 25
Jahren gewonnen werden. Aus der Hockeyabteilung sind Olympiasieger, Welt- und
Europameister hervorgegangen.
Auch die Ruderabteilung kann
herausragende Erfolge vorweisen, wenngleich die große Zeit des Rüsselsheimer
Rudersports schon einige Jahre zurückliegt. Und bei allen diesen sportlichen
Erfolgen sind wir ein Klub mit reinen Amateuren geblieben. Unsere Sportler
erhalten keine finanziellen Zuwendungen.
Bis auf die beiden Trainer der
Bundesliga-Mannschaften, die vertraglich an den RRK gebunden sind, arbeiten die
übrigen Trainer und Betreuer, die vielen Helfer und die Mitglieder in den
Vorständen ehrenamtlich. Neben dem Spitzen- pflegen wir aber auch den
Breitensport.
ECHO: Wie kann ein solcher
Erfolg im sportlichen Bereich ehrenamtlich realisiert werden?
Klausen: Man braucht als
Vorsitzender natürlich ein hohes Maß an Idealismus und muss gewillt sein, diesen
auch in den Klub einzubringen. Und man braucht ein gutes Team, das mit dem
gleichen Idealismus einsatzfreudig ist. Auch die Kommunikation untereinander
muss stimmen.
Aber wir stehen, wie andere Vereine
auch, vor einem grundsätzlichen Problem: Obwohl das Ehrenamt in unserer
Gesellschaft einen hohen Stellenwert besitzt, was bei jeder sich bietenden
Gelegenheit immer wieder betont wird, verhallen die hehren Worte doch meist
ungehört.
Fakt ist, dass für viele,
insbesondere jüngere Menschen, die Ausübung eines Ehrenamtes wenig zeitgemäß und
dazu noch zu zeitaufwändig ist. Es gibt zu viele Alternativen, wie man, ohne
Verantwortung zu übernehmen, seine Freizeit gestalten kann.
ECHO: Sie sind seit 26 Jahren
Vorsitzender. Wie lange möchten Sie dieses Amt noch ausüben?
Klausen: Diese Frage ist nicht
leicht zu beantworten. Zunächst sehe ich mich in der Pflicht, das Jubiläumsjahr
mit allen Veranstaltungen mit zu gestalten und alle Mitarbeiter nach Kräften zu
unterstützen und zu motivieren. Zwar gibt es noch keine konkreten Hinweise auf
meinen Nachfolger, aber verschiedene Möglichkeiten habe ich schon eruiert.
Natürlich könnte man einen großen
Teil der im administrativen Bereich zu leistenden Arbeit einem zu bezahlenden
Geschäftsführer zuweisen. Dies tun andere Vereine schon lange. Das Problem ist
nur, dass der RRK die dafür erforderlichen Mittel nicht zur Verfügung stellen
kann. Die vor allem durch die Mitgliedsbeiträge eingehenden Gelder kommen
weitestgehend dem Sport im RRK zugute. Und daran soll sich auch in Zukunft
nichts ändern.
ECHO: Wie wirkt sich die
derzeitige Situation auf den Sportbereich aus?
Klausen: Ich sehe vor allem
den bezahlten Sport als Problem an. Jede Tätigkeit – eine Leistung ist oft nicht
erkennbar – wird sofort vergolten, und immer mehr Sportler orientieren sich an
einem möglichen Verdienst. Dabei bleiben die persönlichkeitsbildenden Werte
gerade des Mannschaftssports wie Kameradschaft und Teamgeist auf der Strecke.
Leider konzentriert sich zudem das
Interesse der Medien und damit auch die Möglichkeit, Sponsoren zu finden, auf
die populären und medienwirksamen Sportarten – Hockey und Rudern gehören leider
nicht dazu.
ECHO: Wenn Sie zurückblicken:
Was haben Sie erreicht?
Klausen: Eine meiner Absichten
war es, die Distanz des Klubs zu einigen Gruppen in der Rüsselsheimer
Bevölkerung zu überwinden. Historisch bedingt bestehen oder, besser gesagt,
bestanden oft Berührungsängste und Vorbehalte. So hieß es, der RRK pflege einen
Elitegedanken. Dazu muss man wissen, dass der 1908 gegründete Ruderverein
Rüsselsheim keine Arbeiter und Handwerker aufnahm und Rudern sowie Hockey als
aristokratische Sportarten pflegte.
Hockey und Rudern, dazu Tennis,
stehen sich heute nicht mehr als streitbare Konkurrenten gegenüber, sondern die
Sparten gedeihen in einem konstruktiven Miteinander. Wie überhaupt die Harmonie
zwischen den Abteilungen und die gegenseitige Achtung der Leistungen zum Erfolg
des RRK in den zurückliegenden Jahren beigetragen haben. Auch hierzu habe ich
einen nicht unerheblichen Beitrag geleistet.
ECHO: Wie sehen Sie die
Zukunft des Rüsselsheimer RK?
Klausen: Auf längere Sicht
werden wir immer mit finanziellen Problemen konfrontiert sein – und auch deshalb
werden wir wohl ein eher kleiner Verein mit derzeit rund 630 Mitgliedern
bleiben. Auch die Struktur des Klubs wird sich nicht groß ändern, denn mein
Bestreben war es immer, lediglich die beiden Sportarten Hockey und Rudern
anzubieten, dies dafür aber richtig. Die Tennissportler, die den reinen
Breitensport pflegen, kommen dazu.
Ein Stück Nostalgie: Nach dem
großartigen Sieg im Seniorachter bei der Flörsheimer Regatta 1963 von
links Dietmar Klausen, Günter Müller, Jochen Zimmermann, Klaus Zander,
Andreas Hartmann, Klaus Hartmann, Klaus Köppen und Wilfried Hoffmann |
Den Gedanken, eine Golfabteilung im
RRK zu installieren, finde ich mittlerweile aber reizvoll. Im Rudersport werden
wir in Zukunft wohl eher kleinere Bootsgattungen wie Einer und Zweier besetzen.
Rudern ist ein unglaublich trainingsintensiver Sport, die Mannschaft muss
eingespielt sein. Diesen Aufwand will kaum einer mehr auf sich nehmen. Deshalb
werden wir vermehrt Startgemeinschaften mit anderen Vereinen bilden, um auch in
den größeren Gattungen vertreten zu sein. Für den Hockeysport im Ruder-Klub sehe
ich eine glänzende Zukunft – vorausgesetzt wir finden Lösungen für die
steigenden finanziellen Anforderungen, sprich: Wir können neue Förderer und
Gönner gewinnen.
ECHO: An welche sportlichen
Erfolge erinnern Sie sich gerne?
Klausen: Natürlich gerne an
die eigenen Erfolge in meiner kurzen Wettkampfzeit, auch wenn sie in der
ruhmreichen Geschichte des RRK eher eine geringe Bedeutung haben. Ich erinnere
mich noch, dass in den Fünfzigern unsere Ruderer die gefeierten Sportler waren.
Als beispielsweise 1951 der Männer-Achter der Rudergemeinschaft
Flörsheim/Rüsselsheim als Deutscher Meister aus Mainz zurückkehrte, gab es einen
großen Empfang auf dem Rüsselsheimer Marktplatz.
Im gleichen Jahr besuchten etwa 35
000 Zuschauer die 1. Internationale Regatta in Flörsheim – eine
Zuschauerresonanz, die heute nicht einmal bei olympischen Wettbewerben erreicht
wird. Natürlich war auch der Gewinn der ersten deutschen
Feldhockey-Meisterschaft der Herren im Jahr 1968 etwas Besonderes.
ECHO: Als Hommage an den
Verein haben Sie ein Jubiläumsprojekt gestartet. Zur akademischen Feier heute
kommt ein Buch "100 Jahre RRK" heraus. Mit welchem Anspruch haben Sie diese
Aufgabe in Angriff genommen?
Klausen: In den vergleichbaren
Schriften zum 50- und 75-jährigen Jubiläum vermisste ich die Einbettung der
Klubgeschichte in den jeweiligen gesellschaftlichen Kontext. Das gleiche gilt
für die im RRK hauptsächlich betriebenen Sportarten Rudern und Hockey. Aus
diesem Grund war es meine Absicht, über Daten, Fakten und Statistiken hinaus
zunächst den sozialpolitischen Hintergrund zu eruieren, der zur Vereinsgründung
führte.
Weiterhin beobachtete ich die
Entwicklung des Klubs in Relation zu den jeweiligen politischen Strömungen in
Deutschland. Dies schließt natürlich auch die NS-Zeit ein, die bei den meisten
Beschreibungen von Vereinsgeschichten ausgeklammert wird.
Natürlich kommt auch die Beschreibung
der letzten 25 Jahre Klubgeschichte nicht zu kurz. Im Gegenteil: Sie bildet
zusammen mit umfangreichen Statistiken und über 450 Fotos den umfangreichsten
Teil des Buches.