Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Christopher Reitz

Der Rüsselsheimer hat im Tor dazugelernt

"Ein richtiger Titel" für Christopher Reitz

Von Peter Penders (aus "FAZ" vom 29.08.1995)
 

DUBLIN. Christopher Reitz entschied sich für die rechte Seite, die Kugel flog in die linke Ecke. Das daraufhin folgende Geräusch gehört zu den schönsten Tönen für einen Torwart. Der Siebenmeterball des niederländischen Kapitäns Marc Delissen war an die Torlatte gekracht, die deutsche Hockey-Nationalmannschaft wieder Europameister. Ein besonderes Gefühl auch für den Rüsselsheimer, der sich immerhin auch schon die olympische Goldmedaille in Barcelona umhängen lassen durfte. "Das ist mein erster richtiger Titelgewinn mit der Nationalmannschaft. Und deshalb hat er einen besonderen Wert." In Barcelona hatte Reitz nur einen Kurzeinsatz und ansonsten einen Stammplatz in der ersten Reihe.

Daß Deutschland ausgerechnet im Siebenmeterschießen seinen Titel verteidigen konnte, hat den 22 Jahre alten Medizinstudenten besonders gefreut. Vor einem Jahr in Sydney war den Deutschen der Einzug ins Endspiel genau in dieser Sonderschicht verwehrt worden. Auf Anweisung von Bundestrainer Paul Lissek hatte sich Reitz damals gegen die pakistanischen Schützen bei allen fünf Siebenmetern für die Schlägerseite entschieden - und lag fünfmal daneben. "Wir hatten es so abgesprochen, und es hat sich als falsch erwiesen."

Nach sechsjähriger "Verbannung" in die Regionalliga ist den Hockeymännern des RRK 1994 der Wiederaufstieg in die Hallen-Bundesliga gelungen (hinten: Abteilungsleiter Fritz Schneider, Patrick Honnef, Holger Klein, Jan-Erik Reitz, Volker Schädel, Torben Stalmach, Björn Emmerling, Masseur Pit Bulajic, Betreuer Martin Müller, Trainer Berti Rauth; vorn: Glenn Eifert, Thomas Susenburger, Oliver Domke, Klaus Eberts, Christopher Reitz, Jens George)

Für Reitz hatte dies unangenehme Folgen. Ihm haftete das Etikett an, daß er im Siebenmeterschießen keine verläßliche Größe sei. Schwächen räumt er in dieser Sonderprüfung zwar gerne ein, nachdem den Deutschen auch die Champions Trophy vor einem Jahr im Siebenmeterschießen gegen Pakistan verlorengegangen war. "Natürlich benötigt man als Torhüter Glück im Siebenmeterschießen, aber vor allem hilft einem Erfahrung weiter. Die beiden Siebenmeterschießen gegen Pakistan waren die ersten für mich überhaupt." Im August hat Reitz seine interne Bilanz ausgleichen können. Das vorolympische Turnier in Atlanta entschied Deutschland im Siebenmeterschießen gegen Australien für sich - Reitz konnte zwei Schüsse abwehren. Gegen die Niederlande blieb es zwar bei einer erfolgreichen Rettungstat, dafür verfehlten zwei weitere Schüsse ihr Ziel. "Damit mußt du als Torhüter spekulieren. Schließlich muß der Schütze schon genau schießen, wenn er an dir vorbei will." Und der Bundestrainer überläßt Reitz inzwischen die Taktik beim Siebenmeterschießen.

In Dublin mußte er zumeist tatenlos zusehen, wie seine Vorderleute ihm die Arbeit abnahmen. "Es ist schwierig, wenn du siebzig Minuten angespannt bist und kaum etwas auf das Tor kommt." Dennoch wertet er den Titelgewinn als weiteres Mosaiksteinchen auf dem Weg zum ganz großen Triumph. "Der Olympiasieg war wunderschön, aber man muß das richtig einordnen. Ich bin erst im letzten Moment dazugekommen, habe nicht jahrelang dafür ackern müssen und war ohnehin nur zweiter Torhüter."

Mit 22 Jahren ist der deutsche Stammtorhüter der jüngste Schlußmann im Vergleich der führenden Hockeynationen. Daß er stets mit seinen immer zur Weltklasse gehörenden, aber durchwegs wesentlich älteren Vorgängern verglichen wird, stört ihn nicht. "Dazu muß ich mich stellen. Ich will ja so gut sein, also muß ich mich auch vergleichen lassen." Wieviel Lissek von ihm hält, machte schon die Nominierung für Barcelona deutlich, als sich der Bundestrainer für den unerfahrensten der möglichen Kandidaten entschied. Das erste Länderspiel am 1. April 1992 war nicht als Scherz gemeint, "5:0 haben wir gegen die GUS gewonnen. Ich habe keinen Ball berührt", sagt Reitz. Inzwischen ist er bei 44 Einsätzen angelangt und als Stammtorhüter etabliert. Die Position könnte ins Wackeln geraten, denn Lissek hat angekündigt, daß Michael Knauth, der erste Mann in Barcelona, im kommenden Jahr wieder ins Bundesligator des Limburger HC zurückkehrt. Für Reitz kein besonderer Grund zur Besorgnis. Der Rüsselsheimer hat seit 1992 dazugelernt - nicht nur im Siebenmeterschießen.