|
Über Mitglieder des
RRK (2009)
Britta Becker |
Britta Becker-Kerner in ihrer aktiven Zeit
2003 |
Interview mit Britta Becker-Kerner
"Ich bin mit mir wirklich im Reinen"
Aus "Kölnische Rundschau" vom 23.06.2009
Drei Kinder, ein viertes ist unterwegs. Die ehemalige
Hockeyspielerin, ist eine viel beschäftigte Frau, die mitten im Leben spielt.
Matthias Hendorf sprach mit Ex-Hockeyspielerin Britta Becker-Kerner, Ehefrau von
TV-Moderator Johannes B. Kerner.
Britta
Becker-Kerner muss nur noch kurz klären, wer ihren Sohn Nik David gleich von der
Schule abholt. Sekunden später meldet sie sich wieder, sagt: "Alles klar" und
gibt den Startschuss zum Interview: "Kann losgehen."
Frau
Becker-Kerner, Sie haben drei Kinder, sind momentan schwanger und mit Johannes
B. Kerner, einem viel beschäftigten TV-Moderator, verheiratet. Wie schwer fällt
es Ihnen, für ein solches Interview Zeit freizuschlagen?
Natürlich kann ich das einrichten,
aber genug zu tun hätte ich auch so ...
Genug zu tun
heißt vermutlich: Die Familie am Laufen zu halten?
Genau. Wie man das eben so klassisch
sagt: Ich führe ein kleines Familien-Unternehmen.
Sind Sie eine
ehrgeizige Mutter?
Nein. Ich bin zwar ein ehrgeiziger
Mensch für mich selbst, aber als Mutter ist das anders. Meine Kinder müssen mir
nichts beweisen.
Spielen Ihre
Kinder schon Hockey?
Ja, die beiden Ältesten, die haben
auch noch Spiele von mir als Aktive gesehen. Grundsätzlich machen sie überhaupt
viel Sport. Meine Tochter hat sich jetzt allerdings auf Hockey festgelegt.
Also eifert Sie
ihnen nach?
Na ja, das würde ich nicht sagen. Ich
versuche, das fern von mir zu halten. Sie hat für sich entschieden, dass das
ihre Sportart ist. Aber ob sie mir nacheifert, das weiß ich nicht.
Es ist ja mittlerweile durchaus
ungewöhnlich, eine Großfamilie zu haben. Geben Ihnen Ihre Kinder auch Kraft?
Ja. Aber es ist ja so: Wer keine
Kinder hat, dem kann man es nicht erklären. Und wer Kinder hat, dem muss man es
nicht erklären. Kinder sind für mich so etwas wie der Sinn des Lebens.
Das war ja lange
Zeit auch das Hockey-Spielen. Wann haben Sie zuletzt einen Schläger in der Hand
gehabt?
Das habe ich eigentlich noch relativ
häufig. Ich trainiere hier in Hamburg das Hockey-Team meiner Tochter. Aber das
heißt nicht, dass ich im kurzen Rock über den Platz renne und selbst aktiv bin.
Ich mache eben die Übungen vor.
Aber Sie treiben
schon Sport?
Klar. Ich versuche jeden Tag Sport zu
machen.
Und was?
Joggen, Schwimmen, Fitness im
Allgemeinen eben.
Vermissen Sie das
leistungsorientierte Hockey-Spielen?
Wenn man das sein Leben lang gemacht
hat, fehlt einem Hockey natürlich. Schließlich hat sich mein ganzes Leben darum
gedreht. Aber ich habe den Abschluss meiner Karriere eigentlich ganz gut
hinbekommen.
Also blieb Ihnen
das ominöse Loch nach der Karriere erspart?
Ja. Ich kann zwar verstehen, dass es
für gewisse Athleten nicht leicht ist, mit ihrer Sportart aufzuhören. Als
Leistungssportler dreht sich ja von Kindesbeinen an alles nur um den Sport,
alles wird dem untergeordnet. Bei mir war das anders, da ich das auch ein
bisschen schleichend gemacht habe durch die Baby-Pausen. Und dadurch, dass ich
Kinder habe, ist mir das sicherlich auch leichter gefallen. Klar, ab und zu
zuckt es, wenn man bei Spielen zuguckt. Ich habe ja mit 31 Jahren auch
verhältnismäßig jung aufgehört. Hätte mir das einer früher gesagt, hätte ich das
nie geglaubt. Und manchmal macht mich das schon nachdenklich, weil das Leben,
das ich damals geführt habe, ja auch ganz schön war.
Bereuen Sie es
also, so früh aufgehört zu haben?
Nein, das war total in Ordnung so.
Viel besser, als wenn man den Absprung nicht schafft.
Sie hätten auf
Bitten des damaligen Bundestrainers Markus Weise 2004 sogar noch mit zu den
Olympischen Spielen fahren können, nachdem Sie 2003 eigentlich schon aufgehört
hatten und dann ein Comeback gaben. Eine Knieverletzung stoppte Sie ...
Da habe ich sehr viel trainiert, um
mich fit dafür zu machen − wahrscheinlich zu viel. Mein Knie, das mir vorher nie
und auch danach nie Probleme gemacht, hat sich gerade in dem Moment gemeldet.
Und hat Sie damit den möglichen
Olympia-Sieg gekostet, den das Team geholt hat und den Sie vorher drei Mal
verpasst hatten.
Na ja, das weiß man ja nicht. Das
würde ich für mich niemals so sehen. Ich war drei Mal bei Olympischen Spielen,
habe ein Mal die Silbermedaille gewonnen und auch sonst sehr viel erreicht: Da
wäre es mir zu einfach zu sagen, ich hätte den Olympia-Sieg verpasst.
Empfang im Rathaus für
Rüsselsheims Olympioniken 1992: den Hockeyspieler Christopher Reitz, die
Hockeyspielerinnen Bianca Weiß, Susanne Müller, Eva Hagenbäumer, Tanja
Dickenscheid und Britta Becker
sowie die Judokas
Kerstin Emich und Daniel Lascau |
Na ja, für viele
ist das ein Lebensziel als Sportler. Sie wachen demnach nicht morgens auf und
denken: "Oh Gott, ich bin nicht Olympia-Siegerin?"
Das wäre ja schlimm. Nein, das ist
bei mir nicht so, weil ich mit dem Leben, das ich geführt habe − mit allen Aufs
und Abs − zufrieden bin. Sicher, direkt nach dem verlorenen Endspiel 1992 war
mein Empfinden auch: Ich habe Gold verloren und nicht Silber gewonnen, aber das
relativiert sich mit der Zeit. Ein Olympia-Sieg macht mich nicht zum besseren
oder schlechteren Menschen. Ich bin mit mir wirklich im Reinen. Ich habe mit
meinem Sportler-Leben abgeschlossen und bin jetzt einfach in einem anderen
Lebensabschnitt angelangt.
Was sagen Sie
Menschen, die behaupten, ein Olympia-Sieg oder Erfolg allgemein sei im Hockey
leichter zu erreichen als in anderen Sportarten?
Ich bin ja eben keine
Olympia-Siegerin und deshalb der beste Beweis für die Schlichtheit solcher
Aussagen. Zwei Dinge dazu: Erstens ist es respektlos gegenüber allen
Hockey-Spielern, die Olympia-Gold oder eine Medaille geholt haben. Und zweitens:
Wer das derart gedankenlos dahersagt, hat keine Idee davon, was es bedeutet,
seine Jugend und auch sein frühes Erwachsenendasein dem Sport zu widmen -
vielleicht sogar zu opfern. Der Humus, auf dem solche Gedanken gedeihen, ist
Unsportlichkeit und deshalb schade.
Haben Sie noch
Kontakt zu Ihren Teamkolleginnen von damals?
Ja, ich habe mich gerade erst mit
meiner ehemaligen Zimmerkameradin und Freundin Kathrin Kauschke getroffen. Das
ist mir wichtig, selbst wenn man sich mal länger nicht gesprochen oder gesehen
hat. Da ist ganz schnell wieder eine Ebene da.
Sie sollen nach
Ihrer Karriere einen Einstieg in eine Werbeagentur geplant haben. Stimmt das?
Nein, das war überhaupt kein Thema
für mich. Ich hatte in den 90er Jahren zwar Werbeverträge, aber mehr nicht. Gut,
ich mache Werbung für Gutfried mit meinem Mann.
Also sind Sie ja
schließlich doch in der Werbebranche gelandet.
Ja, aber geplant war auch das nicht
direkt nach dem Karriereende.
Sie malen und
zeichnen sehr gerne in Ihrer Freizeit. Wo kann man Ihre Werke käuflich erwerben?
Ich hatte früher mehr Zeit dazu, als
ich noch aktiv war. Aber seitdem ich Kinder habe ...
... so ähnlich
klagen auch Rentner, die im Ruhestand weniger Zeit haben als vorher.
Ja, so ist das. Und in zehn Jahren,
wenn Sie mal in so einer Situation sind, sprechen wir uns wieder. Für mich
persönlich habe ich jetzt eben weniger Zeit. Als Aktiver dreht sich alles um
einen selbst. Das ist jetzt anders: Die Familie steht im Vordergrund.
Und wo gibt es
Ihre Bilder jetzt?
(lacht)
Nirgendwo. |