Auf der Pressetribüne im EM-Stadion von Barcelona wurde vor
acht Tagen aus der Hamburger Ecke kolportiert, sie wäre wieder schwanger. An
diesem Wochenende indes greift die 30 Jahre alte Britta Becker abermals für
ihren Heimatverein Rüsselsheimer RK in der Bundesliga zum Hockeyschläger. Anlass
genug, sich bei der ehemaligen deutschen Rekordnationalspielerin, die seit drei
Jahren in Hamburg lebt, nach den Beweggründen für ihr zweites Comeback im RRK-Trikot nach der Hallensaison 2001/2002 zu erkundigen.
FRAGE: Ist es beschlossene Sache, dass Sie am Sonntag um 12 Uhr bei
Eintracht Frankfurt das erste Mal seit 1999 wieder für den RRK zu einem
Feld-Bundesligaspiel auflaufen?
Becker: Ich hätte den Aufwand bestimmt nicht betrieben, wenn ich nicht auch
spielen würde. Aber ich habe mich keinesfalls aufgedrängt. Der Berti (RRK-Coach
Berti Rauth) hat seit Saisonbeginn immer mal wieder angerufen und angefragt. Vor
14 Tagen hat es sich dann ergeben, dass ich bei meinen Eltern zu Hause war und
Lust hatte, ins Training zu gehen. Es hat viel Spaß gemacht und ging auch
überraschend gut. Zum Vorbereitungsturnier nach Leverkusen bin ich nur
mitgefahren, weil sich einige RRK-Spielerinnen verletzt hatten. Überhaupt - ich
hänge die ganze Sache nicht so hoch auf.
FRAGE: Es war zu lesen, Sie hätten eigentlich gar nicht mehr spielen
wollen. Wie kam es zu dem Sinneswandel?
Becker: Das habe ich nie gesagt. Ich habe nur gesagt, nicht mehr
Nationalmannschaft und vorerst auch nicht mehr für den Großflottbeker THGC
spielen zu wollen. Mit Rüsselsheim ist das aufgrund der besonderen Verbindung
immer etwas anderes. Aber - mit zwei kleinen Kindern hat man jede Menge Sachen
zu tun und merkt nicht unbedingt, dass das abendliche Training fehlt.
FRAGE: Sie haben zwei Mal beim RRK mittrainiert. Wie würden Sie ihren
Leistungsstand einschätzen?
Becker: Für mich war es interessant zu sehen, dass ich wesentlich fitter
bin, als nach den beiden Schwangerschaftspausen. Da ich nach der Hallen-WM zwar
kein Hockey mehr gespielt, aber fast jeden Tag etwas für meine Kondition getan
habe, ist eine gewisse Grundfitness da. Und was die Technik angeht, war es schön
zu sehen, nichts verlernt zu haben. Was nicht heißt, dass das mit mehr Übung
nicht noch besser werden könnte.
FRAGE: Da Ihr Pass bereits im Frühjahr umgeschrieben worden ist, dürften
Sie acht Tage später auch die Endrunde um die deutsche Meisterschaft in Hamburg
mitspielen. Denken Sie über die Begegnung in Frankfurt hinaus?
Becker: Dass der RRK es noch zur Endrunde schafft, ist von sehr vielen
Faktoren abhängig. Ich hätte zwar momentan große Lust und würde bestimmt auch so
viele Spiele wie möglich mitmachen, wenn ich hier wohnen würde. So aber ist das
schwer zu realisieren. Am Endrunden-Wochenende hätte ich Zeit, danach geht's für
14 Tage in den Urlaub.
FRAGE: Wie bewerten Sie den dritten EM-Platz der deutschen Damen?
Becker: Das ist das, was man erwarten konnte, und daher total okay. Dass
die Vorrundenniederlage gegen England am Ende wieder wettgemacht wurde, war
erfreulich. Eigentlich ist das ja auch ein gutes Team, und daher sollte man auch
immer den Anspruch haben, ins Finale zu kommen.
FRAGE: Sie haben 231 Länderspiele bestritten. Könnte der neue
Bundestrainer Markus Weise diese geballte Erfahrung auf dem kniffligen Weg nach
Athen nicht gut gebrauchen?
Becker: Das muss man ihn selbst fragen. Ich schätze ihn jedenfalls sehr,
und wenn er anrufen sollte, würden wir uns sicherlich gut und angeregt
unterhalten. Und sollte er mich wirklich wegen eines Comebacks ansprechen, würde
ich ganz bestimmt zucken. Ich weiß jedenfalls, dass, wenn ich wirklich
zurückkehren möchte, ich das auch organisiert bekommen kann.
FRAGE: Welche Erwartungen haben Sie an das Hessenderby am Sonntag in
Frankfurt und wie geht's aus?
Becker: Ich glaube, dass das wieder so ein typisches
Eintracht-Rüsselsheim-Gegurke geben wird. Das waren oft keine schönen Spiele mit
viel Krampf. Obwohl die Eintracht Tabellenletzter ist, wird es bestimmt
unangenehm und schwer für uns. Ich hoffe aber, dass wir unsere Tore machen und
gewinnen.
"Ist diese
Zeit zunächst einmal vorbei oder ist der Griff zum Schläger bei Britta
Becker mehr als ein kurzes Intermezzo?" |
Britta Becker soll RRK zu einem guten
Start verhelfen
"Britta war bei ihren Eltern,
hat bei uns mittrainiert, von unseren Personalsorgen gehört und von sich aus
angeboten, auszuhelfen. Und auf solch eine Spielerin sollte man nicht
verzichten", sagt Thomas Blivie
r, Betreuer der
Hockey-Damen des Rüsselsheimer RK. Mit Britta Becker (zuletzt Großflottbeker
THGC) streift die wohl noch immer bekannteste deutsche Hockey-Spielerin am
Sonntag (21.09.,12 Uhr) bei Eintracht Frankfurt den RRK-Dress über. Bei ihrem
Comeback soll ihrem Stammverein zu einem erfolgreichen Start nach der Pause
verhelfen.
Denn personell sieht es beim fünffachen deutschen Feld-Meister aus Rüsselsheim
nicht rosig aus. Stürmerin Lisa Jacobi und Mittelfeldspielerin Tanja
Dickenscheid fehlen, während Jana und Lotte Schwärzel angeschlagen ins Derby
gehen. Da überdies Spielführerin Denise Klecker, Silke Müller und Mandy Haase
mit dem Nationalteam an der Europameisterschaft in Barcelona teilnahmen, war für
den RRK eine geordnete Vorbereitung kaum möglich. In Testspielen wurde der Kader
mit Spielerinnen aus der weiblichen B-Jugend aufgefüllt, die aber durchaus
überzeugten.
Der sonntägliche Gegner Eintracht rangiert derzeit mit
zwei Zählern aus acht Spielen auf Rang neun. Mit einem dreifachen Punktgewinn
will Blivier vor allem die Grundlage für eine erfolgreiche Rückrunde legen, die
Chancen auf eine Halbfinalteilnahme stuft er vor diesem letzten Hinrundenspiel
ohnehin als eher gering ein. "Da müsste einiges passieren",sagt Blivier.
Der RRK ist mit zwölf Zählern Sechster. Um noch auf Platz vier
zu rücken, müssten die Rüsselsheimerinnen gewinnen und Klipper Hamburg sein
Heimspiel gegen Spitzenreiter RW Köln verlieren. Außerdem dürfte Eintracht
Braunschweig gegen Schlusslicht Mannheim nicht höher gewinnen als der RRK in
Frankfurt – allzu wahrscheinlich ist der Einzug in die Vorschlussrunde gegen
Köln also nicht.