Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Britta Becker

Britta Becker bei der Europameisterschaft 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

An den Juni 1989 erinnert sie sich wie gestern

Seit ein paar Tagen ist Britta Becker deutsche Rekord-Nationalspielerin. Die DHZ hat im Archiv ihre Stationen aufgearbeitet und die Jubilarin nach Erinnerungen aus 214 Länderspielen befragt.

Von Uli Meyer (aus "Deutsche Hockey Zeitung" vom 17. Juni 2000)
 

Die alte und die neue Rekordhalterin wohnen nicht so weit auseinander. Gaby Reimann (42) ist seit Jahr und Tag Hamburgerin, Britta Becker (27) führte der Umzug ihrer jungen Familie im vergangenen Herbst in die Hansestadt. Man kennt sich. Die Hockeyfamilie eben. Der Glückwunsch Reimanns an die Nachfolgerin, die die zwölf Jahre alte Bestmarke übertraf, steht noch aus, "aber Gaby wird sich bestimmt noch melden. Vor einiger Zeit haben wir uns schon mal locker über das Thema unterhalten", so Becker.

Blumen gab es von der Mannschaft, als die Mittelfeldspielerin am 27. Mai mit dem 210. Einsatz den "ewigen" Rekord Reimanns (seit 27. 10. 1985 war die unter ihrem Mädchennamen Appel bekannte Stürmerin Deutschlands am meisten eingesetzte Spielerin) überboten hatte. Zu viel Bedeutung wollte Britta Becker auch nicht in diese Partie legen ("man spielt ja nicht, um einen Rekord aufzustellen. Es passiert einfach"), wenngleich sie wichtig war im Sinne der Turnierentwicklung bei der Champions Trophy.

Deutschland hat gegen Südafrika 3:1 gewonnen, auch "BB" hat mal wieder einen Treffer beigesteuert. Insgesamt 104 Tore sind es jetzt. Da naht im Übrigen schon der nächste Rekord: Denn die Trefferbestmarke in der Nationalmannschaft hält Franziska Hentschel mit 110 Toren. Noch ...

Erinnerungen? "Das allererste Turnier ist mir noch erstaunlich gut im Gedächtnis. Ich war erst fünf Wochen zuvor 16 Jahre alt geworden und durfte mit zu einer USA-Reise. Ich war überrascht. dass ich gleich in die Anfangsformation kam. Auf Rechtsaußen habe ich zweimal die gesamte gegnerische Abwehr ausgespielt, aber dann beides Mal am leeren Tor vorbeigeschossen", redet Becker vom Juni 1989, als sei es gestern gewesen.

Ansonsten sind es natürlich die Highlights wie Weltmeisterschaften und Olympische Spiele, die im Gedächtnis fest verankert sind. "Beim ersten Mal ist es natürlich einfach toll, überhaupt dabei zu sein", so Becker über das olympische Turnier 1992, als Deutschlands Damen u. a. nach 1:0-Vorrundensieg über Goldverteidiger Australien ("Eines meiner Lieblingsspiele", so Becker, die auch das Siegtor schoss) überraschend ins Endspiel einzogen. Ans Finale (1:2 nach Verlängerung gegen Spanien) sind die Erinnerungen dagegen eher nicht so intensiv, weil verdrängt. Wann steht man schon mal in einem olympischen Endspiel, hat die Goldmedaille zum Greifen nahe − und verliert?

Britta Becker ist realistisch genug, um einzuschätzen, dass das in ihrer Karriere möglicherweise die einzige Gelegenheit war, auf dem höchsten Gipfel der Sportwelt zu stehen. Die Konkurrenz in der Weltspitze ist größer und umkämpfter geworden. Und Enttäuschungen (Platz 6 in Atlanta − "da haben wir eigentlich gut gespielt, aber schlechte Ergebnisse eingefahren") gab es mindestens genau so viele wie Topplatzierungen unter den ersten vier.

Auch wenn das jüngste Abschneiden in Amstelveen (umstrittenes Siegtor der Niederländerinnen − "das war sehr enttäuschend, weil es kein sportlich faires Ende war") wieder vage Hoffnungen nährte, so bleiben für Becker Australien und Niederlande die Topfavoriten für Sydney. Der dritte Platz auf dem Medaillentreppchen wäre bereits eine Klasseleistung für die DHB-Damen.

Gut möglich also, dass der Gewinn der Juniorinnen-Weltmeisterschaft 1989 der einzige internationale Titel von Britta Becker bleibt. Aber die Titeljagd sei nicht das allein motivierende Element. Spaß muss es machen, so wie bisher. Sie habe zwar noch "nie daran gedacht, aufzuhören", und Britta Becker will auch kein Karriere-Ende nach einem großen Turnier (wie Sydney ...) planen. Vielmehr könne es sein, dass sie "irgendwann spontan, aus dem Bauch heraus" der internationalen Bühne auf Wiedersehen sagt.


"Alle schwärmten von Britta Becker"

Von Frank Sieber (aus "Deutsche Hockey Zeitung" vom 17. Juni 2000)
 

So lautete eine Überschrift in der DHZ vom Juni 1989, als Britta Becker ihr Länderspieldebüt im A-Nationaltrikot gab. Die erst 16-Jährige absolvierte ihr erstes Spiel bei den Damen auf einem Turnier im amerikanischen Trenton am 20. Juni 1989 gegen die UdSSR (Endergebnis 1:1). Voll des Lobes über ihr Talent sprach der damalige Damen-Bundestrainer Paul Lissek in der DHZ: "Mit dieser Leistung hat sie sich schon jetzt fest in den A-Kader gespielt." Auch die Berichterstattung vom Turnier kürte sie zur "spektakulärsten Spielerin aufgrund ihrer exzellenten Leistungen".

Wenige Wochen später war Britta Weltmeisterin − mit den DHB-Juniorinnen U21. Höhepunkt einer Nachwuchslaufbahn mit insgesamt 50 Jugendländerspielen (zwischen 1986 und 1993).

Es dauerte auch nicht lange, bis Britta Becker ihr erstes Tor für Deutschlands Damen schoss. Bei zwei Länderspielen gegen Spanien am 26. und 27. August 1989 erzielte sie im zweiten Spiel den entscheidenden Tiefer zum 2:1-Sieg. In der DHZ von damals war zu lesen: "Die hübsche Rüsselsheimerin explodierte förmlich Sekunden vor dem Abpfiff, ließ zwei Spanierinnen und Torfrau Gonzales-Laguillo aussteigen und markierte das 2:1 im Stile eines Champions."

Zu diesem Zeitpunkt steckte ihre Hockey-Karriere noch in den Kinderschuhen. Aber es war schon abzusehen, dass aus diesem überdurchschnittlichen Talent mit der begnadeten Technik eine große Spielerin werden kann. Es folgten viele internationale Spiele und Turniere für den DHB, auf denen sie reichlich Erfahrung und Spielpraxis sammeln konnte. Allein im Jahr 1991 absolvierte sie insgesamt 27 Länderspiele und bestritt darunter am 21. September ihr 50. Jubiläumsspiel. Drei Jahre später hatte sie die Zahl bereits verdoppelt. Am 18. Juni 1994 wurde sie beim 5:0-Sieg über Spanien von den Präsidiumsmitgliedern Magda Esser, Michael Krause und Walther Lonnes für das 100. Spiel im DHB-Trikot geehrt.

Am 1. Juni 1997 beim Vorrundenspiel der deutschen Damen gegen Australien während der Champions Trophy in Berlin verkündete Stadionsprecher Dieter Schuermann über Mikrofon: "Britta Becker bestreitet im blühenden Alter von 24 Jahren ihr 150. Länderspiel". Die Partie endete 1:1, und Becker erzielte fünf Minuten vor Schluss per Siebenmeter den Ausgleich.

In der Liste der meisten Länderspieleinsätze hatte sie zu der Zeit nur noch Gaby Reimann (209) und Christina Moser (164) vor sich. Letztere war schnell eingeholt, trotz kompliziertem Daumenbruches bei der WM 1998 und der anschließenden Schwangerschaftspause. Schon bald nach Geburt von Töchterchen Emily (Januar 1999) streifte die junge Mutter das Nationaltrikot wieder über und kam so der 200er-Marke immer näher.

Im spanischen Terrassa trug die inzwischen 26-Jährige zum 200. Mal das Trikot der A-Nationalmannschaft. Im Jubiläumsspiel am 8. Januar 2000 war ihr allerdings kein Sieg vergönnt, weil sich Großbritannien als schwerer Gegner präsentierte (2:3).

Insgesamt erzielte Britta Becker in ihrer bisher knapp zwölfjährigen A-Nationalmannschaftskarriere 104 Tore, die sich in 67 Feld- und 37 Hallentreffer aufteilen. Ihr 100. Treffer war ein ganz wichtiger für die DHB-Auswahl: Denn durch ihre beiden Tore zum 2:1-Sieg über Irland bei der Olympia-Qualifikation im März in Milton Keynes ebneten sie den DHB-Damen den Weg zu den Olympischen Spielen nach Sydney. Dies wäre dann gleichzeitig ihre dritte Olympiateilnahme nach Barcelona (1992; Silbermedaille) und Atlanta (1996; Platz sechs).

Bei der Champions Trophy in Amstelveen hat sie in der zweiten Turnierpartie am 27. Mai (3:1 gegen Südafrika) ihr 210. Länderspiel bestritten und damit die bisherige Rekordhalterin Gaby Reimann überboten. Britta Beckers Rekord (214 mit Abschluss der Champions Trophy) wird nicht so leicht zu überbieten sein. Zwar sind mit Melanie Cremer (200), Nadine Ernsting-Krienke (194) und Heike Lätzsch (193) drei andere aktuelle Nationalspielerinnen im "nahen Verfolgerfeld", doch Britta hat ebenso wie die genannten Kolleginnen das internationale Karriereende noch nicht fest terminiert.

Den deutschen Rekord hat die Mittelfeldspielerin nun inne, an die Weltrekordmarke der Engländerin Karen Brown, die vergangenes Jahr bei der Europameisterschaft in Köln im Alter von 36 Jahren nach 355 Länderspielen den Schläger (international) an den Nagel hängte, wird Becker bestimmt nicht denken.

An dieser Stelle sei ein Vergleich mit dem Fußballer Lothar Matthäus gestattet, der mit 39 Jahren Rekordnationalspieler ist (mittlerweile sogar Weltrekordhalter mit 148 Länderspielen). Mit 27 Jahren stehen der Neu-Hamburgerin − wenn Körper und Geist weiterhin willig sind − noch viele internationale Hockeyspiele bevor, und nimmt man das Beispiel Matthäus, hätte sie dazu noch zwölf Jahre Zeit.