Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Über Mitglieder des RRK (2013)                                  

Berthold "Berti" Rauth

Siegertyp: Berti Rauth, Trainer und Jugendkoordinator des Clubs an der Alster, gewann mit den Mädchen A des Vereins vor zehn Tagen die deutsche Feldhockey-Meisterschaft. Sechs Jahre nach seinem Amtsantritt in Hamburg war es der erste DM-Sieg unter der Ägide Rauths, der in seiner Zeit beim Rüsselsheimer RK über dreißig nationale und internationale Titel gesammelt hatte.

 

 

 

 

 

 

 

 

"Nach 30 Jahren Vollgas ist das legitim"

Interview – Hockey-Trainer Berti Rauth erwägt nach dem ersten DM-Titel mit dem Club an der Alster kürzer zu treten

Von Heiko Weissinger (aus "Rüsselsheimer Echo" vom 6. November 2013) 

Der ehemalige, langjährige Hockey-Trainer des Rüsselsheimer RK, Berti Rauth, wurde kürzlich mit den Mädchen A des Clubs an der Alster Deutscher Feldhockey-Meister. Beim Kurt-Becker-Cup am Wochenende sprach der 55-Jährige über seine Arbeit in Hamburg und die Situation beim RRK.

 

ECHO: Herr Rauth, sechs Jahre nach Ihrem Amtsantritt als Jugendkoordinator hat der Verein die erste nationale Meisterschaft unter Ihrer Ägide geholt. Lagen Sie damit im Zeitplan?

Rauth: Es gab keinen Zeitplan. Mein Engagement in Hamburg war sinnvoll, weil ich immer mit der Aufbauarbeit bei der Jugend und der Talentsichtung zu tun hatte und damit in Rüsselsheim sehr erfolgreich war. Alster wollte eine Lücke schließen und eigene junge Spieler an die Bundesliga heranführen. Der Verein hatte Titel bei Damen wie Herren geholt, aber Talente aus der eigenen Jugend waren selten.

ECHO: Und heute?

Rauth: In dieser Feldsaison standen wir in in acht von zehn Jugend-Endspielen des Hamburger Landesverbandes, waren mit der männlichen B-Jugend DM-Dritter und haben den Titel mit den Mädchen A geholt. Das ist ein Riesen-Ausrufezeichen und dokumentiert eine kontinuierlich gute Arbeit.

 "In Karrieredenke stecke ich schon lange nicht mehr"

ECHO: Es war der erste DM-Titel der Vereinsgeschichte im weiblichen Nachwuchsbereich. Der Anfang einer neuen Ära wie vor 30 Jahren beim RRK, als Sie erstmals Deutscher Meister mit den A-Mädchen in der Halle wurden?

Rauth: In so einer Karrieredenke stecke ich schon lange nicht mehr drin. Ich weiß, dass ich noch einiges bewegen kann, und genieße das auch, aber es ist nicht so, dass ich Titel an Titel reihen möchte. So eine Meisterschaft macht mich allerdings immer noch stolz.

ECHO: Beim RRK haben Sie anschließend über dreißig Titel geholt. Hatten Sie in den vergangenen sechs Jahren schon Entzugserscheinungen?

Rauth: Als ich in Hamburg begonnen habe, auf einer Trainingsanlage, die nicht so toll ist wie die in Rüsselsheim, mit vielen verwöhnten Kindern, habe ich – ehrlich gesagt – nicht geglaubt, dass ich ganz nach oben kommen kann. Auch wenn meine Co-Trainerin Britta Becker-Kerner und ich mit viel Herzblut gearbeitet haben, konnte man das nicht erwarten. Es ist auch nicht leicht, da noch was draufzusetzen. Ab einem gewissen Alter geht die Hälfte der Mannschaft ins Ausland, da muss man sehen, wer noch übrig bleibt.

ECHO: Beim Club an der Alster spielt auch die älteste Tochter von Britta Becker-Kerner. Die Mutter reifte unter Ihnen beim RRK zur Nationalspielerin. Hat die Tochter das Talent geerbt?

Rauth: Emily Kerner ist jetzt 14 und wurde bei der DM unter die fünf besten Spielerinnen des Turniers gewählt. Sie hat am Wochenende zum ersten Mal einen Nationalmannschafts-Lehrgang besucht und hat absolut das Format, um eine außergewöhnliche Spielerin zu werden. Sie bringt den Willen und die mentale Stärke mit. Es macht Spaß, mit solchen Talenten zu arbeiten.

ECHO: Mit welchen Gefühlen kehren Sie – wie jetzt zum Kurt-Becker-Cup – nach Rüsselsheim zurück?

Rauth: Ich wurde sehr herzlich aufgenommen und bekam viele Gratulationen zum DM-Titel. Alte Mitstreiter aus dem Herren- und Damen-Bereich sind gekommen, auch einen alten Schulfreund habe ich getroffen und die Atmosphäre sehr genossen.

ECHO: Der 2005 verstorbene Kurt Becker war beim Rüsselsheimer RK 15 Jahre Jugendleiter. Wie beurteilen Sie rückblickend seine Arbeit, nachdem Sie nun in gleicher Position in Hamburg tätig sind?

Rauth: Kurt Becker, der mich jahrelang super unterstützte, hat mir mal erzählt, wie oft er Eltern im Umfeld der Mannschaft beruhigen muss. Damals hatte ich das gar nicht wertgeschätzt. Aber jetzt merke ich selbst, wie wahnsinnig viel Energie und Liebe man aufbringen muss, um die ganzen Dinge voranzutreiben.

ECHO: Die Hockey-Frauen des RRK sind derzeit im Mittelfeld der Bundesliga platziert, die DM-Endrunde ist kaum noch erreichbar. Wie beurteilen Sie die Entwicklung Ihrer ehemaligen Mannschaft?

Rauth: Ich habe mir am Samstag das Spiel gegen Mannheim angeschaut und halte die junge Mannschaft für sehr talentiert. Spielerinnen wie Celina Hocks, die ich selbst noch in der Schulhockey-AG gesichtet hatte, stehen für die Zukunft des RRK. Momentan ist ein Generationswechsel im Gang. Ich bin froh, dass schon genügend Punkte eingefahren wurden, so dass die Talente ohne Abstiegsangst Erfahrungen sammeln können.

Erfolgsduo: Berti Rauth und seine Co-Trainerin Britta Becker-Kerner – hier am Wochenende beim Kurt-Becker-Cup in der Sporthalle Bauschheim – haben die Hockey-Mädchen A des Clubs an der Alster Hamburg an die nationale Spitze geführt.

ECHO: Die RRK-Männer, mit denen Sie als Spieler von 1976 bis 1978 dreimal Deutscher Meister wurden und die Sie später in der Ersten Liga trainiert haben, sind inzwischen nur noch Mittelmaß in der drittklassigen Regionalliga. Schmerzt Sie das?

Rauth: Ja, das tut weh. Vieles im Werdegang dieser Mannschaft ist unglücklich gelaufen. Ich glaube aber, dass man über die immer noch extrem engagierte Jugendarbeit Zugpferd bleiben kann, um Zugänge aus anderen Klubs zu bekommen. Man muss aus einer gewissen Bescheidenheit und Stabilität heraus Schritt für Schritt wieder nach oben kommen. Das geht nur über eine famose Jugendarbeit. Und Jammern hilft nicht. Alle müssen mit anpacken, und ich habe beim Kurt-Becker-Cup super Ansätze im Nachwuchsbereich gesehen.

ECHO: Sie sind jetzt sechs Jahre in der Hansestadt: Fühlen Sie sich mittlerweile schon als Hamburger oder sind Sie im Herzen Rüsselsheimer geblieben?

Rauth: Meine Heimat ist Rüsselsheim, zuhause bin ich momentan in Hamburg. Ich genieße die Stadt, mit ihrem kulturellen Leben, und weiß die Möglichkeiten dort zu schätzen. Aber ich komme jedes Mal gerne nach Rüsselsheim und genieße diese Zeit.

ECHO: Früher hat Hockey Ihr ganzes Leben bestimmt. Ist das immer noch so oder haben Sie jetzt mehr Zeit für Hobbys?

Rauth: Das hat sich mit den Jahren gewandelt. Ich bin jetzt sehr naturverbunden, interessiere mich für Pflanzen. Und ich habe gute Kontakte in die Kunstszene, bin mit ein paar Künstlern befreundet. Das lenkt ein bisschen vom Hockey ab und öffnet den Horizont. Heute bin ich weitaus breiter aufgestellt als früher. Ich musste mich anfangs total dem Hockey verschreiben, um weiterzukommen, und das hat sich auch für meinen beruflichen Werdegang gelohnt. Aber ich bin keine 25 mehr, und im Alter sollte man auch mal über den Tellerrand hinausblicken.

ECHO: Bei Ihrem Abschied vom RRK 2007 hatten Sie eine Rückkehr nicht ausschließen wollen. Wie wahrscheinlich ist es heute, dass Sie irgendwann noch einmal für ein Team des Ruderklubs die Verantwortung tragen?

"Eine Rückkehr zum RRK möchte ich nicht ausschließen"

Rauth: Ich hatte mir es niemals vorstellen können, von Rüsselsheim wegzugehen. Deshalb möchte ich auch eine Rückkehr zum RRK nicht ausschließen. Das Leben ist dafür zu überraschend, zumal ich auch ein impulsiver Typ bin.

ECHO: Wie sehen Sie Ihre berufliche Zukunft?

Rauth: Ich bin momentan unentschieden und weiß nicht, wo es für mich hingeht. Hockey wird immer Teil meines Lebens sein, aber ich weiß nicht, ob es so umfangreich bleibt.

ECHO: Was heißt das?

Rauth: Es könnte sein, dass ich überhaupt nichts mehr machen möchte und nächstes Jahr mit dem Wohnwagen zur Weltmeisterschaft der Damen und der Herren nach Holland fahre. Das ist ein bisschen Kopfkino, aber in meinem Alter ist es erlaubt, darüber nachzudenken.

ECHO: Würde Sie ein Job als Nationaltrainer im Ausland noch einmal reizen?

Rauth: Als ich Bundestrainer war, hatte ich das schon ausgeschlossen, weil mir das Zuhausesein, das Häusliche, doch sehr gefehlt hat. Ich genieße die Zeit mit meiner Freundin in Hamburg und will nicht ins Ausland.

ECHO: Können Sie sich vorstellen, "Hockey-Rentner" zu sein?

Rauth: Rentner kann ich von meinem Naturell her schon nicht sein. Dafür bin ich viel zu wuselig und brenne noch zu sehr. Das komplette Runterfahren wird mir gar nicht gelingen. Aber so ein Job ist kräftezehrend. Und nach 30 Jahren Vollgas ist das legitim, durchzuschnaufen und darüber nachzudenken, ob ich die Intensität meines Engagements runterschraube. Weil ich nie auf großem Fuß gelebt habe, könnte ich es mir jedenfalls leisten.


Berti Rauth

Im Alter von neun Jahren begann der am 9. Oktober 1958 in Flörsheim geborene Berti Rauth mit dem Hockeyspielen beim Rüsselsheimer RK. 1976 wurde er mit den RRK-Männern Deutscher Hallenmeister, 1977 und 1978 folgten zwei DM-Titel auf dem Feld.

Schon als Jugendlicher war Rauth an einem Trainerjob interessiert. Mit 20 führte er die B-Mädchen des RRK zur hessischen Hallenmeisterschaft. Er beendete daraufhin seine Aktivenlaufbahn und konzentrierte sich ganz auf die Trainertätigkeit.

Die systematische Nachwuchsarbeit Rauths, der Biologie und Sport für das Lehramt an Gymnasien studierte, schlug sich in den achtziger Jahren in zahlreichen Titeln seiner Mädchen-Mannschaften nieder. Dem Aufstieg des Rüsselsheimer Damen-Teams in die Bundesliga 1987 folgte 1990 der Gewinn der ersten deutschen Meisterschaft – der Beginn einer langen Ära. Bis zu seinem Abschied 2007 holte Rauth über 30 nationale und internationale Titel mit RRK-Teams. Von 1995 bis 2000 war der heute 55-Jährige parallel auch Trainer der deutschen Damen-Nationalmannschaft.

Es schien unvorstellbar, dass Berti Rauth einmal den Rüsselsheimer RK verlassen könnte. Doch als ihm der Club an der Alster Hamburg 2007 die gut dotierte Stelle als Jugendleiter offerierte, konnte er das Angebot nicht abschlagen. Rund 500 Kinder spielen derzeit Hockey bei dem Traditionsklub. Rauth ist Nachwuchskoordinator und trainiert selbst die Mädchen A und B, die weibliche B-Jugend und die B-Knaben.