Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Berthold Rauth

 

 

 

 

 

 

 

 

Porträtzeit

Würdiger Abgang nach einmaliger Ära

Aus "Hockeyzeit" (Juli 2007)
 

Der Abschiedstournee fehlte eigentlich nur noch das allerletzte Sahnehäubchen. "Das Leben ist kein Wunschkonzert", benutzte Berti Rauth eine Floskel, um die 1:2-DM-Endspielniederlage im letzten Spiel als Trainer der Rüsselsheimer Damen zu beschreiben. Trotzdem war es ein würdiger Abschluss der einmaligen Rauth-Ära beim RRK.

"Die Vizemeisterschaft ist ein großer Erfolg. Ich bin stolz, mit solch einer Leistung und mit der Gesamtentwicklung der Mannschaft nach schwachem Saisonstart gehen zu können", meinte Rauth, der mit der DM-Feldendrunde 2007 das Kapitel Rüsselsheimer Ruder-Klub nach 28 Jahren abgeschlossen hat, um beim Club an der Alster in Hamburg als sportlicher Jugendkoordinator einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen Der 48-Jährige hätte es als "Makel" angesehen, mit einer schwachen Platzierung oder gar einem Bundesliga‑Abstieg, wie er im Frühjahr als Tabellenvorletzter kurzzeitig drohte, abzudanken. Das hätte auch gar nicht zu der Bilanz gepasst, die Rauth nach knapp drei Jahrzehnten hinterlässt. Mit 33 Titeln hat der Hockey-Fanatiker die Rüsselsheimer Damen zur erfolgreichsten Vereinshockeymannschaft der Welt geformt. Eine Siegerliste, die fast sprachlos macht: 15 Hallen-Europacup, zwei Feld-Europacup, ein Pokalsieger-Europacup, neun Hallen-DM, sechs Feld-DM. Und da sind die 22 DM-Titel für den RRK im Jugendbereich, für die Rauth verantwortlich zeichnet, noch gar nicht mit eingerechnet.

Begonnen hatte alles mit einem kleinen ersten Erfolg in der Hallensaison 1977/78, nachdem sich der 20-jährige Rüsselsheimer Bundesligaspieler einem brach liegenden Bereich des bis dahin nur vom Männerhockey bestimmten RRK gewidmet hatte. Mit seiner B-Mädchen-Truppe gewann Rauth die hessische Hallenmeisterschaft. In den Schulen guckte sich der Sportstudent nach den größten Talenten um, begeisterte sie für das Hockeyspiel und baute kontinuierlich die Basis für größere Erfolge auf. Der RRK wurde attraktiv für zahlreiche Talente aus der Umgebung. Nur eines von vielen Beispielen: Tanja Dickenscheid, die spätere Olympiasilbermedaillengewinnerin (1992), begann beim pfälzischen SV Gau Algesheim, ehe sie durch Rauth beim RRK zur Nationalspielerin mit 189 Länderspieleinsätzen entwickelt wurde.

Von und über Berti Rauth

"Das Leben ist zu kurz für eine lange Leitung. Ich handle sehr impulsiv und treffe viele Entscheidungen aus dem Bauch heraus" Berti Rauth über sein Wirken als Trainer

"Ich bin nicht bereit, Niederlagen ohne weiteres zu akzeptieren. und diese Einstellung erwarte ich auch von meinen Spielerinnen." Berti Rauth, der von 20 DM-Endspielen mit seiner Rüsselsheimer Mannschaft nur fünf verlor

"Hier konnte ich mich hockeymäßig austoben. Dem RRK bin ich dankbar, diese Möglichkeiten bekommen zu haben" Berti Rauth zum Abschied aus Rüsselsheim

"In der einen Sekunde war er wie ein Kind, und ehe du dich versehen hast, wie eine Furie. Von konzentriertem Trainer bis beleidigte Leberwurst war alles dabei. Das Schöne: Er ist niemals nachtragend, weiß aber alles noch wie ein EIefant" Hanne Zöller, die langjährige Physiotherapeutin des RRK, über den Chefcoach

"Er war Tyrann und Choleriker, und zwischen uns beiden war es immer eine Art Hassliebe − aber jetzt mögen wir uns" Denise Rutschmann (geb. Klecker) über ihre 16 Jahre beim RRK mit Berti Rauth

"Er lebt halt Hockey. Ein Verrückter, aber im positiven Sinne" Thomas Blivier, Teammanager des Rüsselsheimer RK, über Rauth

1987 schaffte der Self-Made-Man, der in dieser Phase über zehn Jahre hinweg auch als DHB-Honorartrainer im männlichen Nachwuchsbereich Erfahrung sammelte, mit seinen Damen den Bundesliga-Aufstieg (Feld). Schon zwei Jahre später stand Rauth mit seinem Talentschuppen in einem DM-Finale (Halle). Der SC Brandenburg konnte 1989 den ersten Ansturm des RRK höchstens noch aufhalten. Im folgenden Jahr schon begann die unheimliche Rüsselsheimer Titelsammlung.

Das Rauth'sche Erfolgsheimnis? Fraglos eine Mischung aus exzellentem Fachwissen ("Keiner kann so schnell eine gegnerische Taktik erkennen und dann schnell eine Gegentaktik ausgeben wie er", hat Hanne Zöller, RRK-Physiotherapeurtin und selbst Trainerin, im Lauf der Jahre festgestellt), der Kunst des Talente‑Entwickelns und des Mannschaft-Formens sowie alles, was in den Bereich der Motivation fällt. "Berti konnte wirklich das letzte bisschen Leistungsbereitschaft aus einem herauskitzeln, und er hat es immer wieder geschafft, seine Teams auf eine andere Art zu motivieren", sagt Denise Rutschmann. Unter ihrem Mädchennamen Klecker gehörte sie 16 Jahre lang den RRK-Damen an und empfand keinerlei Langeweile, "weil der Berti immer entwicklungsfähig war und nie in einen Alltagstrott verfallen ist". Das ständig lodernde Feuer im Trainer konnte RRK-Teammanager Thomas Blivier, Rauths Doppelzimmer-Partner bei Auswärtsreisen, auch mal auf den Geist gehen: "Erst hat er bis tief in die Nacht Spiele per Video analysiert. Und als dann endlich mal das Licht aus war, ging es mit Diskussionen über einzelne Szenen weiter." Erst ein mürrisches Machtwort Bliviers ermöglichte wenigstens noch eine minimale Schlafzeit für beide.

Irgendwann kam auch der Deutsche Hockey-Bund nicht mehr an dem Motivationskünstler aus Rüsselsheim vorbei. Obwohl Rauth damals nur eine B-Trainer-Lizenz hatte, wurde er 1995 in einer Nacht-und-Nebel-Aktion der damaligen DHB-Verantwortlichen Fritz Klein (Sportwart) und Mike de Vries (Generalsekretär) zum Damen-Bundestrainer gemacht. Fünf interessante Jahre folgten, die als größte Erfolge eine WM-Bronzemedaille (1998) und zwei Champions‑Trophy-Endspielteilnahme (1997, 2000) brachten. Wären die beiden Olympiaturniere (Platz 6 in Atlanta 1996, Platz 7 in Sydney 2000) besser gelaufen, hätte die Rauth-Ära wahrscheinlich länger gedauert. Den RRK hatte er auch in dieser Zeit nie aus den Augen verloren, sondern ein Doppelpensum zwischen Bund und Verein absolviert.

Einen Abschied mit vielen Emotionen haben sie ihrem Berti, der eigentlich Berthold heißt, in Rüsselsheim beschert. Vor dem offiziellen Servus durch die Vereinsführung hatte es ein internes Fest im Kreis der ehemaligen und aktuellen RRKSpielerinnen gegeben. Eine Überraschungsparty, die Ex-Nationaltorhüterin Bianca Heinz (Weiß) organisierte − und die Hauptperson zu Tränen rührte. "Das war wirklich ergreifend. Wenn man wie ich immer so im Tagesgeschäft drin steckt, dann ist man irgendwann selbst überrascht, wie sein Gesamtwerk ausschaut", so Rauth über die lange Gästeliste und beim Betrachten der vielen Bilder und Zeitungsausschnitte, die ihm an diesem Abend in hübsch bereiteter Zusammenfassung als Geschenk überreicht wurden.

Dass Berti Rauth eines Tages aus Rüsselsheim weggehen und ein lukratives Angebot eines großen Clubs annehmen könnte, hatte man beim RRK irgendwann nicht mehr geglaubt. Zu sehr war er Inventar geworden. Er hat sie mit seiner im Frühjahr bekannt gewordenen Entscheidung, die sicher mehr aus dem Kopf als aus dem Herzen kam, alle überrascht. Die Nestwärme des beschaulichen Untermain tauscht er aus gegen das Flair des mondänen Weltclubs an der Alster. "Bei den Kleinsten will ich ansetzen, eigene Jugendteams haben und ein Trainerteam aufbauen", sagt Rauth über seine ersten Pläne für die neue Zeit. Hamburg darf sich freuen auf einen Hockeyverrückten.

Ende der Ära Rauth nach 29 RRK-Jahren

Aus "Main-Spitze" vom 14.07.2007

 
Nach einem fast 29 Jahre währenden Wirken, das von 33 internationalen und nationalen Titelgewinnen mit dem RRK-Damenteam gekrönt war, hat Hockeytrainer Berti Rauth in dieser Woche seine Zelte in Rüsselsheim abgebrochen. Am Mittwoch stand der Umzug nach Hamburg an, wo der 48-Jährige künftig beim Club an der Alster ausschließlich Basisarbeit leisten will. Auf einer Sonderseite lässt der gebürtige Flörsheimer in einem Interview diese einzigartige Ära am Untermain noch einmal Revue passieren. Dazu beziehen sechs Hockey-Persönlichkeiten zum Weggang Rauths Stellung und beschreiben dessen besondere Gaben aus ihrem speziellen Blickwinkel.


"Man darf nie denken, dass man fertig ist"

Nach fast 29 RRK-Jahren will Berti Rauth beim Club an der Alster Hamburg Basisarbeit leisten

Das Gespräch führte Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 14.07.2007)
 

Nach fast 29-jährigem Wirken hat Hockeytrainer Berti Rauth nach dem 1:2 gegen Rot-Weiß Köln verlorenen DM-Finale in Mönchengladbach seine Zelte in Rüsselsheim und beim RRK abgebrochen. Anlass genug, diese einzigartige Ära mit dem 48 Jahre alten gebürtigen Flörsheimer noch einmal intensiv zu beleuchten.  

Herr Rauth, finden Sie Ihre neue Wohnung schon ohne Navigationssystem?

Rauth: Kurz vor dem Umzug habe ich es mal ohne versucht, es aber nicht ganz geschafft. Mitten in Hamburg musste ich ihn wieder anstellen. Richtig ortskundig bin ich noch nicht.

Sie werden künftig beim Club an der Alster als Jugendkoordinator arbeiten. Was ist an dieser Aufgabe so reizvoll, dass der mit 33 nationalen und internationalen Titeln weltweit erfolgreichste Vereinstrainer seine vertraute Umgebung verlässt?

Berthold Rauth

Rauth: Mein Credo war und ist, immer mit Jugendlichen zu arbeiten, Talente zu sichten und zu fördern und daraus leistungsstarke Teams zu formen, die oben mitspielen. Bei Alster bekomme ich die Möglichkeit, an der Basis zu beginnen.

Als Sie sich vor gut 28 Jahren beim RRK des bis dato quasi unbeachteten Damenteams und des weiblichen Nachwuchses annahmen, wurden Sie intern zum Teil belächelt. Wie lässt sich rückblickend eine derart beispiellose Erfolgsgeschichte erklären?

Rauth: Die Leute konnten sich teilweise einfach nicht vorstellen, mit welcher Energie und Kontinuität ich da drangehen würde. Als DHB-Jugendcoach bin ich beim Finale der süddeutschen Meisterschaft mit der Nase drauf gestoßen worden, was alles möglich ist. Entscheidend für eine so lange Strecke ist, dass die Begeisterung nie nachlassen darf und auch nicht aufhört, wenn man vom Platz geht. Man darf nie denken, dass man fertig oder perfekt ist und sich schon gar nicht nach Titelgewinnen zufrieden zurücklehnen. Und man sollte quer denken, sich bei anderen Sportarten umsehen. So kann es gelingen, seine eigene Hockey-Verrücktheit auf andere zu übertragen.

Gibt es eine Meisterschaft, die für Sie einen besonderen Stellenwert hat?

Rauth: Nach 19 Jahren beim Europacup der Landesmeister in Brüssel die Siegesserie der Niederländerinnen beendet zu haben, davon war ich echt sehr beeindruckt. Ein paar Jahre vorher war ich bei diesem Turnier in Frankfurt gewesen und hatte gesehen, auf welchem Niveau da gespielt, wie geschlagen und welche Athletik verlangt wird. Da stand für mich fest: "Das schaffst du nie".

Sie haben etliche Talente beim RRK zu Nationalspielerinnen geformt. Gibt es eine, die Ihrer Vorstellung der perfekten Spielerin am nächsten gekommen ist?

Rauth: Wenn ich mir etwas aussuchen könnte, würde ich mir aus Britta Becker, Björn Emmerling und Oliver Domke das Beste ziehen. Aber - die Verschiedenheiten machen ja den Reiz aus, und jeder hat seine Qualitäten. Man braucht auch keine perfekten sondern eher Teamspieler. Meine internationalen Erfahrungen haben mich gelehrt, die Spielanlage beim RRK in den letzten Jahren mehr aufs Team auszurichten.

Wie sehr ist es Ihnen an die Nieren gegangen, immer wieder namhafte Spielerinnen zu besser aufgestellten Vereinen aus Großstädten ziehen lassen zu müssen?

Rauth: Ältere Kollegen habe mir früh prophezeit, dass ich Talente verlieren würde. Ich war naiv und dachte, das läuft in Rüsselsheim anders. Irgendwann habe ich begriffen, dass alles im Leben im Wandel ist und es darauf ankommt, sich immer wieder aus sich selbst heraus zu erneuern. Dennoch ist es mir unheimlich schwer gefallen, Leute ziehen zu lassen. Als Anke Wild nach Berlin gegangen ist, habe ich gedacht, dass es ohne so einen Spielmachertyp schwer für uns wird. 15 Monate später waren wir das erste Mal deutscher Meister.

Der RRK hat unter Ihrer Ägide aber auch viele andere Spielerinnen verloren. Was hätte trotz aller Erfolge besser laufen können?

Rauth: Wenn man klare Leistungssport-Maßstäbe anlegt, wollen oder können diese nicht alle erfüllen. So muss unweigerlich irgendwann ein Schnitt gemacht werden. Dass man die Basis hätte verbreitern müssen, habe ich erst später erkannt und mich dann auch um die Ib-Damen gekümmert. Anfangs hatte ich den Blick und die Energie dafür nicht.

Was muss ein Trainer haben, um fast 29 Jahre hintereinander an der gleichen Stätte erfolgreich zu wirken?

Rauth: Man braucht vor allem ein Umfeld, das einen rückhaltlos unterstützt. Und es muss einem gelingen, die Begeisterung auf alle zu übertragen. Sehr prägend war für mich die Zusammenarbeit mit dem leider schon verstorbenen Jugendleiter Kurt Becker, aber auch mit Betreuern und Eltern.

Haben Sie jemals daran gedacht, die Brocken beim RRK hinzuwerfen?

Rauth: Ans Aufhören habe ich nie gedacht. Ich habe aber immer wieder hinterfragt, ob ich auf dem richtigen Weg bin und sich das Ganze vielleicht irgendwann verbraucht. Wichtig war für mich, wieder ganz nahe an die Basis heranzurücken und die C-Mädchen zu übernehmen. Die Angebote, die es zwischenzeitlich gab, waren nicht relevant für mich. Der RRK konnte mir alles bieten, um mit Spaß und Freude meinem Beruf nachzugehen.

War es ein Fehler, fünf Jahre gleichzeitig als Bundestrainer zu arbeiten?

Rauth: Die Doppelbelastung hat während meiner Abwesenheit hohes Engagement und Eigenverantwortlichkeit in Rüsselsheim verlangt. Dass wir uns trotz der Zweiteilung immer recht schnell wieder gefunden haben, war eine positive Erfahrung. Das internationale Hockey hat mich nachhaltig geprägt und die Begegnungen mit Persönlichkeiten wie dem australischen Nationalcoach Rick Charlesworth möchte ich nicht missen. Das war die Zeit, wo ich am meisten Gas gegeben habe, und natürlich kann man das nicht über Jahre machen. Deshalb bin ich rückblickend froh, dass mir 2000 die brutale Entscheidung abgenommen wurde, entweder DHB oder RRK.

Was wird aus dem RRK ohne Rauth und was raten Sie Ihrem Nachfolger?

Rauth: Mein Nachfolger sollte seinem eigenen Stil treu und auf jeden Fall authentisch bleiben. Die Leistungsdichte beim RRK-Nachwuchs ist so groß, dass das Team auf nicht absehbare Zeit immer gut mitspielen kann. Und selbst wenn der fatalste Fall eintreten und der Abstieg nicht zu vermeiden sein sollte, müsste es eigentlich sofort wieder hoch gehen. Der zweite Kunstrasen sollte Antrieb genug sein, die Talentförderung nie schleifen zu lassen.

Mal angenommen, Sie erfüllen die Erwartungen Ihres neuen Arbeitgebers nicht und der Vertrag wird nach fünf Jahren nicht verlängert. Was machen Sie dann?

Rauth: Ich werde mich weiterhin im Welthockey-Geschehen umgucken und bin überzeugt, dass es für mich Tätigkeiten geben wird. Allein im Umfeld von Hamburg gibt es 30 Vereine, aber auch im Ausland gibt es interessante Jobs.

Wann werden Sie das erste Mal bei Ihrem neuen Verein auf dem Platz stehen?

Rauth: Mittwoch bin ich umgezogen, am Donnerstag habe ich schon beim Alster-Hockeycamp vorbeigeschaut.


Aus "Main-Spitze" vom 14.07.2007:

Stimmen zum Abschied von Berti Rauth beim RRK

Bernhard Peters (bis Ende 2006 Hockey-Bundestrainer / nun beim Fußball-Zweitligaverein 1899 Hoffenheim): Ich kann den Berti zu dieser Entscheidung nur beglückwünschen. Für seine Entwicklung ist es wichtig, diesen Schritt zu wagen und sich etwas anderen Aufgaben mit anderen Schwerpunkten in einem neuen Umfeld zu stellen. Der Club an der Alster hätte niemand Besseres finden können. Der Berti ist mit einem unglaublichen Fach- und Detailwissen gesegnet, das er mit seiner ihm eigenen Besessenheit auf dem Platz optimal umsetzt.

Was mich besonders gefreut hat, ist, dass er mich im Vorfeld kontaktiert und um Rat gefragt hat. Ich habe mit ihm beim DHB sehr gerne zusammen gearbeitet. Wir haben uns mit unseren Fähigkeiten super ergänzt und unsere Stärken im Team optimal ausspielen können. Er hat mir in meiner Zeit als Junioren-Bundestrainer immer auch taktisch sehr gut ausgebildete Jugendspieler übergeben. Schade, dass der DHB es nicht verstanden hat, Bertis Stärken vernünftig zu lenken.

Uschi Schmitz (DHB-Generalsekretärin): Ich habe Berti in meinen vier Jahren als Trainerin beim Berliner HC sehr intensiv erlebt und ihn als hoch kompetenten und unglaublich engagierten Trainer kennen gelernt. Für meinen Geschmack ist er bei der Ansprache an sein Team manchmal etwas übers Ziel hinausgeschossen, aber die vielen Erfolge verdienen allergrößten Respekt. Besonders schön fand ich, dass seine Damen bei der Endrunde in Mönchengladbach speziell im Halbfinale ganz klar für ihn gespielt haben.

Natürlich überrascht es einen, wenn jemand nach so langer Zeit geht. Aber wenn noch mal eine Veränderung angesagt war, dann ist jetzt bestimmt der richtige Zeitpunkt. Ich bin gespannt, wie er in einem so großen und mit einer anderen Klientel versehenen Klub zurecht kommt, zumal die neue Aufgabe ja auch mehr konzeptionelles Arbeiten bedeutet. Sein bekannt starker Wille wird ihm sicher helfen.

Hans Jürgen Pabst (Ehrenvorsitzender des HHV): Ich kenne den Berti schon aus der Zeit, als er bei mir in der Jugend-Hessenauswahl gespielt hat und ein glühender Schalke-Fan war. Ich habe auch die Zeit erlebt, als er in Rüsselsheim begann, mit kleinen Mädchen zu arbeiten und dafür intern belächelt wurde. Schon bald sollte sich aber herausstellen, dass er für Rüsselsheim und ganz Hessen ein Glücksfall war. Durch die vielen Titel und die von ihm so zahlreich geformten Auswahlspielerinnen hat unser Verband eine Menge an Fördergeldern erhalten.

Deshalb habe ich es damals auch mit einem lachenden und einem weinenden Auge betrachtet, als er nicht mehr Nationaltrainer war. Für Hessen war es wichtiger, dass er sich wieder ausschließlich auf diesen Bereich konzentrieren konnte. Sein Weggang ist wirklich ein ganz herber Verlust. Jemand, der derart beseelt von seiner Sportart ist, findet man nur ganz selten.

Britta Becker (Ex-Nationalspielerin): Ich hätte nie gedacht, dass der Berti mal aus Rüsselsheim weg geht. Deshalb sehe ich das auch mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Für meinen jetzigen Verein Alster ist das super, aber da mein Herz noch immer für den RRK schlägt, finde ich das ehrlich gesagt nicht so schön. Und der Wechsel in eine andere Stadt und zu einem anderen Klub stellt immer eine reizvolle Herausforderung, aber auch ein gewisses Risiko dar.

Als Trainer ist Berti für mich ein Phänomen. Ich kenne niemanden, der so kreativ ist, sich ständig neue Sachen ausdenkt und bei der Einstellung des Teams alles so optimal auf den Punkt bringt. Und er hat nicht nur die besondere Gabe, Talente zu finden und auszubilden, sondern auch fertige Spielerinnen noch fertiger zu machen. Er hätte es verdient gehabt, beim DHB mehr Anerkennung zu finden. Schließlich waren wir nur bei Olympia nicht so weit vorne wie erhofft.

Martin Müller (RRK-Abteilungsleiter): Berti hat bei uns über Jahre viel geprägt, und natürlich ist der nachhaltige sportliche Erfolg im weiblichen Bereich ganz wesentlich sein persönlicher Verdienst. Doch es war auch immer eine Symbiose zwischen seiner Person und dem Club. Wir haben ihn immer bestmöglich unterstützt. Nach 28 Jahren intensiver Zusammenarbeit wird sich die Gewöhnungszeit an den neuen Zustand sicherlich noch etwas hinziehen. Doch wir müssen die Situation auch als Chance sehen, uns neu zu strukturieren. Der Nachfolger Benedikt Schmidt-Busse bringt die Qualität mit, um das gerissene Loch zu stopfen - vielleicht nicht sofort, aber mit der Zeit. Wenn die Qualität stimmt, kommt auch irgendwann der Erfolg. Außerdem denke ich, dass ein jeder irgendwo ersetzbar ist.

Thomas Blivier (Betreuer und Wegbegleiter der ersten Stunde): Ich habe zwar nicht so viele Trainer erlebt, aber in seiner Art ist der Berti einmalig. Er ist taktisch unheimlich kreativ, bringt ständig neue Ideen rein und erkennt sehr schnell, wie er Fehler des Gegners für sich nutzen kann. Dazu besitzt er ein Riesengeschick als Motivator, die Mädels immer nach vorne zu pushen, ganz egal, wie´s steht. In den Anfangsjahren, als wir die ersten Male bei DM-Endrunden oder beim Europacup dabei waren, ist es nicht selten vorgekommen, dass er mitten in der Nacht das Licht angemacht und eine Diskussion über taktische Dinge begonnen hat. Was ich am meisten vermissen werde? Das wird sich erst herausstellen, wenn ich den neuen Trainer erlebt habe


Berti Rauth, scheidender Hockeytrainer des Rüsselsheimer RK

"Man geht, und alle sind traurig"

Das Gespräch führte Daniel Schleidt (aus "FAZ" vom 11.07.2007)
 

Meistertrainer Berti Rauth hat am vergangenen Sonntag mit dem knapp verlorenen Finale um die deutsche Feldhockey-Meisterschaft der Frauen seine Arbeit beim Rüsselsheimer RK nach 28 Jahren beendet - es war der Abschluss einer Ära. An diesem Donnerstag beginnt seine Tätigkeit als Jugendkoordinator beim Club an der Alster Hamburg. Rauth gilt als einer der führenden Köpfe im deutschen Frauenhockey.

FRAGE: Herr Rauth, sind Sie schon auf dem Weg nach Hamburg?

ANTWORT: Nein, ich bin derzeit noch am Packen und muss noch einige Dinge erledigen. Zudem versuche ich, Revue passieren zu lassen, was am Wochenende in Mönchengladbach passiert ist.

FRAGE: Ihre Mannschaft hat dort das Finale um die deutsche Meisterschaft gegen Köln 1:2 verloren. Es ist nichts geworden mit einem Abgang als deutscher Meister.

ANTWORT: Natürlich bin ich als sehr erfolgsorientierter Mensch mit der Finalniederlage nicht zufrieden. Aber wenn man die Entwicklung im Laufe dieser Saison betrachtet sowie in meiner gesamten Karriere, dann fühle ich mich reich belohnt für meine Arbeit.

FRAGE: Was waren die Gründe dafür, dass es im Finale gegen Köln nicht zum Sieg gereicht hat?

ANTWORT: Selbst Sommermärchen enden ja manchmal mit dem dritten Platz. Und hinter unserem "Vize" steht immerhin noch der Begriff "Meister". Meine Mannschaft hatte weite Teile der Saison eine ganz andere Blickrichtung als die Meisterschaft. Bei der Aufholjagd auf Platz vier hat sie dann wohl am Limit gearbeitet. Die Krönung war das unglaubliche Halbfinale gegen Titelverteidiger Berliner HC, das wir 3:1 gewonnen haben. Da haben wir etwas Substanz gelassen, die uns im Finale gefehlt hat.

FRAGE: Also sehen Sie die Saison insgesamt positiv?

ANTWORT: Die Mannschaft hat noch einmal das gezeigt, was sie immer ausgezeichnet hat: ihre Leidenschaft. Es ist schön, dass ich das zum Abschluss noch mal sehen konnte.

FRAGE: Glauben Sie, dass das Team auch für den Trainer gespielt hat?

ANTWORT: Ja, ich denke schon. Die ganze Stimmung beim Finalwochenende war auf den Abschied ausgerichtet. Ein letztes Mal in dieser Formation aufzutreten war eine besondere Motivation für alle. Das hat auch mir noch mal den letzten Kick gegeben. Ich war sehr emotional bei der Sache, habe das aber auch genossen.

FRAGE: Wie haben Sie den Abschied nach dem Finale am Sonntag erlebt?

ANTWORT: Wir haben nach der Rückkehr noch lange im Rüsselsheimer Bootshaus zusammengesessen. Bei den Verabschiedungen von einzelnen Spielerinnen sind ein paar Tränen geflossen. Das war eine Situation, die man sich als Trainer nur wünschen kann: Man geht weg, und alle sind traurig.

FRAGE: Sie kennen viele Spielerinnen schon von klein auf.

ANTWORT: Es ist einfach großartig, mit Spielerinnen, die ich selbst als kleine Schülerinnen gesichtet habe, zum Abschluss ein deutsches Endspiel zu spielen. Das war emotional schon sehr beeindruckend.

FRAGE: Was nehmen Sie für sich persönlich aus den vielen Jahren Rüsselsheim mit?

ANTWORT: In erster Linie, dass die Eigenmotivation das Entscheidende ist. Man kann andere nur motivieren, wenn man sich selbst für dieses Spiel begeistern kann. Zudem muss man wissen, dass die Arbeit immer an der Basis beginnt, mit Kinderhockey und dem Fördern von Talenten. Ich habe immer versucht, Talente nachhaltig zu prägen und zu begleiten und daraus meine Motivation zu ziehen.

FRAGE: Werden Sie das in Zukunft in Hamburg auch tun können?

ANTWORT: Ich versuche dort, an der Basis aufzutreten, an den Wurzeln anzusetzen und strukturiert etwas aufzubauen. Das Sichten und Fördern von Talenten ist der Reiz, der mich immer angetrieben hat.

FRAGE: Welchen Moment aus Ihrer Zeit in Rüsselsheim werden Sie in besonders guter Erinnerung behalten?

ANTWORT: Was mich total beeindruckt hat, war die erste deutsche Jugendmeisterschaft mit den Mädchen A 1986 sowie der erste Sieg beim Europapokal der Landesmeister auf dem Feld 1993.

FRAGE: Gibt es einen günstigen Zeitpunkt für einen Wechsel?

ANTWORT: Nein. Aber es ist natürlich schön, wenn man sich an einem Höhepunkt verabschieden kann, von daher ist dieser Abgang nun schon nahezu optimal.

FRAGE: Muss man sich nach Ihrem Weggang und angesichts begrenzter finanzieller Mittel um den RRK Sorgen machen?

ANTWORT: Rüsselsheim hat nie von dem Faktor Geld gezehrt, sondern immer viel mit Enthusiasmus und Begeisterung sowie einer hervorragenden Jugendarbeit wettmachen können. Der Verein ist nach wie vor ein Talentschuppen mit guten Trainern, zudem entsteht aktuell ein zweiter Kunstrasenplatz. Man muss in Rüsselsheim immer wieder versuchen, aus der breiten Basis zu schöpfen, um so andere Defizite zu kompensieren.

FRAGE: Ist das Kapitel Rüsselsheim für Sie endgültig abgeschlossen, oder bleibt die Tür offen?

ANTWORT: Ich kann mir mittlerweile ziemlich viel vorstellen. Aber wo mich die Wege in Zukunft hinführen, kann ich derzeit nicht absehen. Jetzt geht es erst mal nach Hamburg.


"Der RRK ist immer wiedergekommen"

Frauenhockey: Angesichts des Reservoirs an Talenten ist dem scheidenden Trainer nicht bange

Von Jörg Monzheimer (aus "Rüsselsheimer Echo" vom 10.07.2007)
 

Beim Rüsselsheimer RK ist am Sonntag eine Ära zu Ende gegangen. Nach 28 Jahren hat Trainer-Legende Berti Rauth (48) den Verein verlassen, den er im Damenbereich zum erfolgreichsten Klub der vergangenen beiden Jahrzehnte formte. Ab sofort wird Rauth beim Club an der Alster Hamburg als Jugendkoordinator wirken. Bei den Herren haben die Hanseaten gerade die deutsche Meisterschaft gewonnen, die vom früheren Rüsselsheimer Jens George trainierten Damen belegten in dieser Spielzeit Rang fünf. Das ECHO sprach mit Berti Rauth über die 1:2-Finalniederlage gegen Rot-Weiß Köln, die Perspektiven des RRK und die nächsten Aufgaben des Neu-Hamburgers.

ECHO: Herr Rauth, erst mal herzlichen Glückwunsch zu einem fantastischen Endspurt in der Liga und zum Einzug ins Finale. Wie tief aber sitzt die Enttäuschung über die Niederlage gegen Köln?

Berti Rauth: Nach einer Niederlage im Finale bricht man nicht in Jubel aus, das ist schon schmerzlich. Man muss aber die Gesamtsaison sehen, und da ist die deutsche Vize-Meisterschaft schon ein Traum. Das habe ich der Mannschaft auch so gesagt und versucht, die Enttäuschung abzufedern. Wie wir noch einmal die Kurve gekriegt haben, das ist schon großartig. Für mich persönlich war es eine Genugtuung, dass das Team noch einmal um die deutsche Meisterschaft gespielt und vor allem am Samstag im Halbfinale gegen den amtierenden Meister eine herausragende Leistung gezeigt hat. Kampfgeist, Leistungswillen, Leidenschaft: All das, was den Rüsselsheimer RK auszeichnet, war da.

Berti Rauth mit Mandy und Lydia Haase

ECHO: Sie haben 33 Titel allein mit der ersten Damen-Mannschaft gewonnen, dazu kamen weitere 22 mit Jugendteams. An welchen dieser Erfolge aus 28 Jahren Trainertätigkeit erinnern sie sich besonders gern?

Rauth: Das sind die erste deutsche Meisterschaft mit den A-Mädchen in Braunschweig und der erste Europapokalsieg bei den Landesmeistern auf dem Feld 1993 in Brüssel. Wir haben damals eine neunzehnjährige Siegesserie der Niederländerinnen beendet. Jede Meisterschaft war für sich ein Kracher, aber die beiden sind ganz besonders hängen geblieben. Zwei Mal (Anmerkung der Redaktion: 1993 und 1997/98) haben wir außerdem alle vier zu vergebenden Titel inne gehabt, das war schon eine einzigartige Vormachtstellung.

ECHO: Jetzt verlassen nicht nur Sie den Verein. Mit Barbara Vogel, Mandy und Lydia Haase sowie Katharina Schultz gehen gleich vier Stammspielerinnen. Befürchten Sie einen Einbruch?

Rauth: Für mich persönlich ist das eine einschneidende Situation, die Mannschaft aber hat sich immer wieder behaupten müssen. Umbrüche hat es immer gegeben. Als Britta Becker, Eva Hagenbäumer, Tanja Dickenscheid oder Denise Klecker, um nur einige zu nennen, aufgehört haben, stand da auch ein Fragezeichen, und so mancher hat geglaubt, jetzt geht es nach unten. Die Mannschaft aber hat die richtige Antwort auf dem Platz gegeben. Den RRK zeichnet es aus, immer wiederzukommen. Diese Mentalität ist hier gesetzt. Dank der leistungsorientierten Jugendarbeit konnten viele Talente in die erste Mannschaft eingebaut werden. Wenn ich mir jetzt die Leistungen von Hannah Pehle oder Eva Frank bei der Endrunde ansehe, dann waren sie weit mehr als Ergänzungsspielerinnen.

ECHO: Ihnen ist also nicht bange?

Rauth: Nein, auf keinen Fall. Der RRK hat es immer geschafft, mit seiner Jugendarbeit Erfolg zu haben. Ich weiß, was für talentierte Spielerinnen wir bis zu den B-Mädchen hinunter haben, habe die Mannschaften ja selbst trainiert. Da ist mir nicht bange. In den vergangenen Jahren haben wir die Zahl der Jugendlichen fast verdoppelt. Der Weg erfordert viel Arbeit und Energie, aber der RRK verfügt über gute Trainer im Jugendbereich. Das Feld ist bereitet.

ECHO: Was steht für Sie in den nächsten Tagen an?

Rauth: Am Mittwoch geht es hoch nach Hamburg, ab Donnerstag werde ich ein zweiwöchiges Hockey-Camp für Kinder anbieten und danach erst mal eine kurze Pause einlegen. Mal sehen, wie ich mich dort oben einlebe.

ECHO: Kehren Sie eines Tages zum RRK zurück?

Rauth: Da gibt es keine Prognose. Vor ein paar Jahren hätte ich auch nicht geglaubt, eines Tages in Hamburg zu landen. Für meine Persönlichkeitsentwicklung ist das in wichtiger Schritt. Jetzt freue ich mich erst einmal auf die Arbeit beim Club an der Alster.


Friesennerz und Frisuren-Vers

Hockey: Emotionaler Abschied beim Rüsselsheimer RK von Erfolgstrainer Berti Rauth, der zu Alster Hamburg wechselt

Von Jörg Monzheimer (aus "Rüselsheimer Echo" vom 26.6.2007)

Es waren ergreifende Momente am Sonntag im Hockey-Stadion am Sommerdamm. Nicht nur Nachwuchskräften und Nationalspielerin Silke Müller standen bei ihren Ansprachen die Tränen in den Augen, auch der Sportliche Leiter Glenn Eifert rang kurzzeitig mit der Fassung, und selbst Berti Rauth war einen Augenblick sprachlos. Nach 28 Jahren in Diensten des Rüsselsheimer Ruder-Klubs nahm die Trainer-Legende vom Heimpublikum Abschied, um künftig beim Club an der Alster Hamburg als Jugendkoordinator Aufbauarbeit zu leisten.

Als Spieler errang Berti Rauth mit dem RRK drei deutsche Meisterschaften. Sein erster Titel als Trainer war die Hessen-Meisterschaft mit den B-Mädchen.

Was danach folgte, ist eine beispiellose Erfolgsgeschichte: 1990 glückte den RRK-Damen der Aufstieg in die Bundesliga, seitdem gab es fast jedes Jahr mindestens einen Titel zu feiern.

Sechs deutsche Meisterschaften auf dem Feld, neun in der Halle, zwei Europapokalsiege im Feld bei den Landesmeistern, einen bei den Pokalsiegern, dazu 15 Europacup-Erfolge unter dem Hallendach – das sind die Zahlen.

"Das ist kein glücklicher Tag für uns", befand RRK-Vorsitzender Dietmar Klausen. Ein Trainer diesen Formats, mit derartiger Ausstrahlung und solchem Engagement sei in ganz Deutschland nicht zu finden. Rauth habe in Schulen für den Hockeysport geworben, Leistungsdruck zur Maxime erhoben und Stadt und Verein mit Erfolgen nur so verwöhnt.

Zugleich sei er ein kritischer Kopf, der Diskussionen mit dem Vorstand nicht gescheut habe. In Anerkennung von Rauths Verdiensten überreichte Klausen ihm die goldene Ehrennadel und eine Uhr, auf deren Rückseite "Danke Berti. Dein RRK" eingraviert ist.

"Wir verlieren ungern Persönlichkeiten aus dem Sport", meinte auch Oberbürgermeister Stefan Gieltowski, der seit langer Zeit zu den Freunden des Hockeysports zählt. Da es in Hamburg häufig regnet, hatte er als Geschenk einen knallgelben "Friesennerz" und einen Reiseführer "Hamburg für Hamburger" mit im Gepäck.

Der RRK-Nachwuchs würdigte, dass Berti Rauth für seine Teams mehr als nur ein Hockeytrainer gewesen sei. Immer wieder habe er auch Entertainer-Qualitäten unter Beweis gestellt, die Teams vor schwierigen Spielen mit frechen Sprüchen beruhigt und Unterstützung außerhalb des Felds geleistet. Selbst ohne die vielen Erfolge hätte die Arbeit mit ihm ungemein viel Spaß gemacht.

Nationalspielerin Silke Müller blickte in Versen auf Rauths Karriere zurück und ließ auch die Frisur nicht außer Acht. "Früher eine Lockenmatte, heute grau und fast 'ne Platte", hieß es da über den 46 Jahre alten Rauth, der von 1995 bis 2000 auch als Bundestrainer tätig war. Zugleich gab sie ihm einen Ratschlag für den Fall mit auf den Weg, dass es ihm in Hamburg nicht gefallen sollte: "Hast Du dort die Schnauze voll, komm zurück, das wär doch toll."

"Ich hatte mir das so emotional nicht vorgestellt. Ich dachte, es gibt hier ein Hockeyspiel, und wir holen den einen Punkt, den wir noch brauchen. Aber jetzt bin ich ziemlich mit den Nerven zu Fuß", sagte Rauth, dem von den Rängen stehend Applaus gespendet wurde. Sein Dank galt den vielen ehrenamtlichen Helfern, Eltern und Trainern, ohne die seine Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Namentlich nannte Rauth den viel zu früh verstorbenen RRK-Jugendleiter Kurt Becker.

"Dass es ein Schlusspunkt ist, wurde mir erst nach dem Abpfiff richtig klar. Während des Spiels schiebt man so etwas weg, aber jetzt ist es auch im Kopf vollzogen", erklärte ein noch sichtlich bewegter Berti Rauth wenige Minute nach seiner Verabschiedung. Froh zeigte er sich, "nicht mit einem Hänger rauszugehen".

Zur Mannschaft, zum Verein habe er nach wie vor ein gutes Verhältnis, ohne die großartige Unterstützung wäre er nie so weit gekommen. "Ich habe dem RRK meinen Werdegang zu verdanken. Als Einzelkämpfer bist du verloren, ich aber habe hier immer eine gute Resonanz gespürt. Das werde ich am meisten vermissen."

Seinen Abschied begreift Berti Rauth auch als Chance für den Verein, sich weiter zu entwickeln. Nach nahezu drei Jahrzehnten als Coach müsse man irgendwann auch loslassen können, meint er, schließlich seien mittlerweile längst die ersten Kinder von früheren Spielerinnen im Training.

Auch wenn es Berti Rauth nicht so ausdrückt – in gewissem Sinne ist "sein RRK" erwachsen geworden. "Mir ist nicht bange um den RRK. Hier gibt es ein gutes Fundament, eine tolle Jugend und prima Trainer. Für mich ist jetzt der Zeitpunkt, noch einmal etwas Neues zu wagen."


Ende einer Erfolgsgeschichte

Nach 28 Jahren mit 33 Titeln verlässt Hockeytrainer Berti Rauth den Rüsselsheimer RK in Richtung Hamburg

VON ANNETTE SEITZ (aus "Frankfurter Rundschau" vom 25.06.2005)

Es sind Momente, die man erst genießen kann, wenn sie vorbei sind. Berti Rauth war gestern jedenfalls anzusehen, dass er während seiner offiziellen Verabschiedung nach dem 1:1 (1:1) des Hockey-Bundesligisten Rüsselsheimer RK (RRK) gegen den Berliner HC lieber woanders gewesen wäre. Der Erfolgstrainer, der nach 28 Jahren seinen hessischen Heimatverein verlässt, um beim Club an der Alster Hamburg Sportlicher Leiter Jugend zu werden, hat während der vielen Abschiedsreden nach dem Schlusspfiff versucht, seine Tränen zurückzuhalten. Geschafft hat er es nicht. Spätestens in jenem Moment, als zwei Jugendspielerinnen stellvertretend für viele junge Talente des Vereins das Wort ergriffen und ihren Lehrmeister würdigten, war es um Rauth geschehen. Der oft nur als harter Hund wahrgenommene Trainer, der am Spielfeldrand immer für einen markigen Spruch gut ist, ist auch sehr sensibel. Und schämte sich gestern seiner Gefühle nicht.

Berti Rauth, mehr als ein Erfolgstrainer! Bei seiner Verabschiedung ließen viele Spielerinnen ihren Gefühlen freien Lauf. So flossen reichlich Tränen.

Playoffs in Reichweite

Das Kapitel "Berti Rauth und der Rüsselsheimer RK" ist vorbei. Beinahe zumindest. Denn gestern stand für den akribischen Arbeiter und hockeyverrückten Erfolgsmenschen nur das letzte Heimspiel als Trainer des RRK an. Am Sonntag wird er bei Eintracht Frankfurt seine letzte Partie in der Hauptrunde machen, und die Voraussetzungen sind gut, dass Rauth auch noch mit seinem Team eine Woche später bei den Playoffs dabei ist.

Es passt ins Bild, dass die Zeit Berti Rauths beim RRK mit einem Erfolg zu Ende gehen könnte. Galt doch der Start in den Playoffs nach einer wechselhaften Saison lange Zeit als ungewiss. "Für mich ist das eine runde Sache", sagte Rauth. "Ich bin froh, dass ich hier nicht mit einem Hänger rausgekommen bin."

Talentsuche in den Schulen

33 nationale und internationale Titel hat er als Trainer in Rüsselsheim geholt. Kein anderer hat Hockey bei einem einzigen Verein derart geprägt wie der 48-Jährige, der die Gabe besitzt, ein Spiel lesen zu können. Zudem ging Rauth schon früh in die Schulen, brachte Hockey zu den Kindern. Die Quelle der Talente des RRK schien dank des Engagements des Trainers nie zu versiegen. Immer wieder entdeckte Rauth Rohdiamanten, machte sie zu Nationalspielerinnen, holte Titel um Titel, auch in der Jugend. Doch auch in der Stunde des Abschiedes versäumte er es nicht, seinen Mitstreitern zu danken, ohne die der Erfolg nicht möglich gewesen wäre: "Als Einzelkämpfer bist du verloren", sagte Rauth.

Der Abgang des Berti Rauth im Stadion am Sommerdamm führte durch ein Spalier von Jugendspielerinnen. "In diesem Moment habe ich es vollzogen im Kopf", sagte der Trainer hinterher. Und doch ist ein Rüsselsheimer RK ohne seinen Erfolgstrainer im Moment nur schwer vorstellbar.


Rauth-Abschied mit Tränen

Den Dankesworten und Würdigungen folgt die Zeit der Emotionen

Aus "Main-Spitze" vom 25.06.2007

dt. RÜSSELSHEIM Am Ende gab auch Berti Rauth seinen Gefühlen nach. Lange Zeit hatte sich der Damen-Trainer des Rüsselsheimer RK bei seiner Verabschiedung am Sonntag wacker geschlagen und die zahlreichen Glückwünsche und Dankesworte tapfer entgegengenommen. Aber als nach den Verantwortlichen die Spielerinnen das Wort ergriffen, da wischte sich auch Rauth Tränen aus den Augen. Ihm erging es aber längst nicht alleine so. Zahlreiche Spielerinnen ließen beim hochemotionalen Abschied des Erfolgstrainers ihren Gefühlen freien Lauf.

"Wir danken dir für alles, was du für den RRK geleistet hast", sagte der stellvertretende Abteilungsleiter Glenn Eifert und überreichte Rauth eine Fotokollage mit Bildern aus dessen bewegter Karriere beim RRK. "Vielleicht kommen noch weitere Fotos hinzu", spielte Eifert auf die restliche Saison an, in der sich die RRK-Damen noch für das DM-Halbfinale qualifizieren können. RRK-Präsident Dietmar Klausen würdigte Rauth als "Glücksfall für unseren Verein". Er habe mit seiner besonderen Ausstrahlung, unermüdlichem Engagement und neuen Methoden das Frauenhockey zu dem gemacht, was es jetzt sei. "Wir lassen dich nur ungern nach Hamburg ziehen", so Klausen, "aber dein Name wird stets untrennbar mit Rüsselsheims Frauenhockey verbunden bleiben."

Besondere Verdienste hat sich Rauth um die Jugendarbeit erworben. "Du warst für uns mehr als nur Trainer", sagten die Jugendspielerinnen Franziska Eckhard und Victoria zu Dohna über den gerührten Rauth. Zwar habe manch eine Übung mit der Zeit genervt, doch hätten ihm die ungezählten Erfolge Recht gegeben. "Doch wir glauben, dass wir auch unheimlich viel Spaß gehabt hätten, wenn wir nicht so erfolgreich gewesen wären", sagten die Schülerinnen. Rauth habe viel gefordert, aber auch viel gegeben. "Deshalb wirst du uns nicht nur als Trainer, sondern auch als Mensch sehr fehlen." Diese Aussage unterstrich Silke Müller, die im Namen des Teams ein Gedicht vortrug. Es sei eine schöne Zeit mit Rauth gewesen, hieß es darin, nun sei Hamburg das Ziel des Trainers. "Doch hast du dort die Schnauze voll", so Müller, "dann komm zurück, das wär´ doch toll."


Aus "Main-Spitze" vom 22.06.2007:

Bleibt "Guru" Rauth acht Tage länger?

Wichtige letzte Heimspiele für RRK-Damen

kri. - Läuft der Countdown kontinuierlich ab, oder werden noch einmal acht Tage draufgepackt? Die Frage, ob Berti Rauths Zeit beim Rüsselsheimer RK früher oder später endet, wird an diesem Wochenende am Sommerdamm weitgehend beantwortet.  

Fest indes steht, dass die Bundesliga-Hausaufgaben gegen TuS Lichterfelde und Berliner HC die letzten Heimspiele des "Trainergurus" nach 28 beispiellos erfolgreichen Hockeyjahren am Untermain sein werden. Und deshalb steht nach der Partie gegen den BHC die offizielle Verabschiedung des künftigen Hamburgers Rauths nebst der ebenfalls in die Ferne (Berlin?) ziehenden Barbara Vogel und Katharina Schultz durch den Ruder-Klub 08 auf dem Programm.

Während beiden Spielerinnen nur wenige Jahre blieben, um in hiesigen Gefilden Wurzeln zu schlagen, wäre es verwunderlich, sollte Rauth der Gang zum Sommerdamm aktuell nicht extrem schwer fallen. "Schumi hat´s deutlich schwieriger, denn ich kann wenigstens weiter Hockey machen", sagt Rauth. Obwohl die neue Aufgabe beim Club an der Alster in Form zweier Nachwuchscamps im Juli bereits feste Konturen annimmt, würde der 48-Jährige sich gerne mit einem weiteren Erfolg verabschieden: "Dass wir deutlich vor Rundenende nur noch Ambitionen nach oben haben, ist schön fürs Team und für mich."

An die DM-Endrunde in Mönchengladbach (7./8. Juli) mag er trotz der guten Ausgangsposition - es folgt noch das finale Gastspiel bei Absteiger Eintracht Frankfurt - momentan nicht denken. Denn: "Lichterfelde steht mit dem Rücken zur Wand und ist mit dieser Situation vertraut". Auf keinen Fall, so Rauth, dürfe gegen den abstiegsbedrohten Tabellenvorletzten nur mit langen Bällen operiert werden, da dies Konter provozieren würde. Da der RRK diesen Gegner in der Hinrunde 2:0 besiegt hat, dürften die Trauben am Sonntag höher hängen. Der BHC nimmt nur aufgrund der Tordifferenz Rang zwei hinter Spitzenreiter Rot-Weiß Köln ein und hat den RRK zu Hause 2:1 bezwungen. "Das war in der zweiten Halbzeit ein offener Schlagabtausch, den wir unglücklich verloren haben", sagt Rauth. Wie immer gilt es, speziell Nationalstürmerin Natascha Keller (zehn Tore) nicht aus den Augen zu lassen.