Interview
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Über Mitglieder des
RRK (2001)
Berthold Rauth |
"Jetzt sollen sich andere beweisen"
Berti Rauth ist froh, im RRK einen
familiären Rückhalt zu haben / Auch in Hamburg 110 Prozent?
Das Gespräch führte Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom
25.09.2001)
Unerwartet als
"Spaziergang" entwickelte sich das
DM-Viertelfinale gegen Eintracht Braunschweig für die Hockeyspielerinnen des
Rüsselsheimer RK. Trotz der runden Vorstellung seines Teams tritt Berti Rauth
die Euphoriebremse. Wir unterhielten uns mit dem langjährigen Trainer aber nicht
nur über die Aussichten bei der DM-Endrunde in Hamburg.
MAIN-SPITZE: Der 5:0-Sieg gegen Braunschweig muss doch auch Sie ob der
Höhe überrascht haben, oder?
Rauth: Wer so konzentriert ins Spiel geht und so einen tollen Start
erwischt, bekommt ein Spiel eben manchmal auf diese Weise in den Griff.
Natürlich hat uns die Siegermentalität einer Nicole Hardt sehr geholfen. Und die
Eintracht hat durch die schnellen Treffer bestimmt einen Stich gekriegt. Wir
haben auch während der Punktrunde zum Teil gut gespielt, aber eben das zweite
Tor nicht gemacht. Auf ein entsprechendes Ziel lässt sich das Team aber immer
gut hinführen. Und wenn es gilt, können viele Spielerinnen 110 Prozent aus sich
herausholen.
MAIN-SPITZE: Am 6. Oktober wartet in Hamburg der SC 80 Frankfurt. Wussten
Sie, dass der RRK immer deutscher Meister geworden ist, wenn dies der
Halbfinalgegner war?
Rauth: Nein, aber darüber mache ich mir auch keine Gedanken. Wir müssen die
Aufgabe konzentriert angehen, denn dass der SC 80 zweimal gegen Titelverteidiger
Berlin remis gespielt hat, kommt bestimmt nicht von Ungefähr. Und ein
Hockeyspiel ist schnell verloren. Also werden wir die Sache ernst nehmen, aber
den Gegner keinesfalls überschätzen. Eine Endrunde ist immer ein besonderes Ziel
und verlangt besondere Leistungen. Aber was man da erreicht, hat auch viel mit
Herz zu tun.
MAIN-SPITZE: Gibt es einen Wunschgegner für ein mögliches Endspiel?
Rauth: Das ist grad' egal. Wir sind zuerst einmal froh, wieder in die
Phalanx der Großen eingedrungen zu sein. Das deutsche Damenhockey ist
ausrechenbar, sprich die spielentscheidenden Persönlichkeiten in den Teams sind
bekannt. Das gilt für Rot-Weiß Köln wie für den Berliner HC, wobei sich hier
natürlich zwei Topteams gegenseitig weghauen.
MAIN-SPITZE: Sie waren bis Dezember Damen-Bundestrainer. Interessiert es
sie noch, was sich da jetzt tut?
Rauth: Natürlich interessiert mich das
internationale Hockey noch. Ich habe mir Videocassetten von der Juniorinnen-WM
und der Champions Trophy besorgt. Und ich registriere auch, wen mein
Nachfolger so aufstellt oder im Blickfeld hat.
MAIN-SPITZE: Würden Sie ausschließen, noch einmal Bundestrainer zu sein?
Rauth: Es war noch nie der Fall, dass einer irgendwann zurückgekommen
ist. Und wenn man sich nicht scheut, wegen einer Niederlage bei Olympia fünf
Jahre intensiver Arbeit in Frage zu stellen, muss ich sagen, ist das auch nicht
mein Ding. Daher sollen sich jetzt andere beweisen. Ich bin froh, dass ich im
RRK einen familiären Rückhalt habe und mich wieder ausschließlich auf die Arbeit
hier konzentrieren kann.
Hockeytrainer will in Rüsselsheim
Talente sichten und fördern / 5:4 gegen SC 1880
Rauth widmet sich
verstärkt der Vereinsarbeit
Von DANIEL SCHLEIDT (aus "FAZ" vom
22.01.2001)
Anfangs Oktober 2001
gewinnt Berti Rauth mit den Damen des RRK die Deutsche
Meisterschaft 2001 auf dem Feld (hinten: Betreuer Thomas Blivier,
"Physio" Hanne Zöller, Jennifer Lutz, Tanja Dickenscheid, Bettina Edlefsen,
Sybille Breivogel, Nicole Hardt, Lisa Jacobi, Mandy Haase, Maren
Pfefferkorn, Annika Martin, Berthold Rauth; vorn: Denise Klecker, Irene
Balek, Silke Müller, Elena Christl, Nina Günther, Lotte Schwärzel, Jana
Schwärzel) |
RÜSSELSHEIM. Als das Spiel in seine entscheidende Phase kommt, läuft der
Trainer der Hockeydamen vom Rüsselsheimer RK, Berti Rauth, zu Hochform
auf. 5:4 führt seine Mannschaft zu diesem Zeitpunkt im Bundesliga-Spiel
gegen den SC 1880 Frankfurt. Und das kurz vor Schluß. Rauth hält da längst
nichts mehr auf seinem Platz. In der einen Sekunde springt er auf und tobt
wegen eines Fehlpasses. Im nächsten Moment klatscht er ob einer gelungenen
Aktion begeistert Beifall. Dann wieder erregt er sich über eine
vermeintliche Fehlentscheidung der Schiedsrichter. "Ich muß mich dafür
entschuldigen, daß ich so laut geworden bin", sagte Rauth nach dem Spiel
zu seiner Mannschaft. Zu diesem Zeitpunkt hat er sich schon wieder
beruhigt. Schließlich hatten die Rüsselsheimerinnen den knappen Vorsprung
über die Zeit gerettet und den Klassenkonkurrenten der Bundesliga-Süd 5:4
besiegt. Die Tore für Rüsselsheim erzielten Lisa Jacobi, Tanja
Dickenscheid (je 2) und Nina Günther. Für Frankfurt waren Anna Hautzel
(2), Julia König und Franziska Hentschel erfolgreich.
Spätestens seit dem Spiel am Samstag
steht fest, daß der erstklassige Hockeyklub aus Rüsselsheim weiterhin mit den
Diensten von Rauth rechnen kann. Und zwar in verstärktem Maße. Da sein am
Monatsende auslaufender Vertrag als Damen-Bundestrainer wegen des enttäuschenden
siebten Platzes bei den Olympischen Spielen in Sydney nicht verlängert wird,
will sich der Erfolgstrainer wieder verstärkt der Vereinsarbeit widmen. Zwar
habe es Angebote von anderen Bundesligavereinen gegeben, doch Rauth fühlt sich
wohl in Rüsselsheim, "auch wenn das hier keine Weltstadt ist". Seit 24 Jahren
ist er beim RRK tätig und hat mit den Frauen in dieser Zeit jeweils fünf
Meistertitel auf dem Feld und in der Halle geholt und zudem den Europapokal der
Landesmeister gewonnen. "Ich will wieder in die Schulen gehen, Talente sichten,
sie fördern und begleiten", sagte Rauth nach dem Spiel gegen Frankfurt, während
er die Partie der Rüsselsheimer B-Mannschaft verfolgte. "Da sind viele junge
Nachwuchsspielerinnen dabei." Nach den Abgängen von Britta Becker (Klipper
Hamburg) und Friederike Barth (Club an der Alster) will Rauth mittelfristig aus
Routiniers wie Tanja Dickenscheid oder Denise Klecker sowie jungen
Nachwuchstalenten ein ambitioniertes Team aufbauen. Doch dafür braucht es Zeit
und Ruhe. Beides glaubt Rauth in Rüsselsheim zu bekommen. "Der Verein weiß, was
er an mir hat", sagt er, "und umgekehrt." Einzelne Siege sind für ihn derzeit
nur Momentaufnahmen, "ich werde nicht nur an Erfolgen gemessen." Nur absteigen
darf seine Mannschaft nicht.
Ein ähnliches Konzept verfolgt auch
sein Frankfurter Kollege Volker Knapp. Ein Großteil seiner Spielerinnen ist noch
nicht einmal 20 Jahre alt, doch an der Seite von Spielerinnen wie Franziska
Hentschel haben einige von ihnen im vergangenen Jahr einen "tollen
Leistungssprung gemacht", wie Knapp zufrieden feststellte. Weitere "exzellente
Spielerinnen" werden in den kommenden Monaten zur Bundesliga-Mannschaft
hinzustoßen. Ein Verdienst, das Knapp seinem Jugendtrainer Jörg Schiller
anrechnet, der "tolle Arbeit" leistet. Aufgrund des niedrigen
Durchschnittsalters war für Knapp die Niederlage in Rüsselsheim kein Beinbruch.
"Für uns wäre mehr drin gewesen", sagte er nach der Partie, trotzdem war er mit
der Leistung seiner Mannschaft insgesamt zufrieden. Für den SC 1880 ist die
Chance, das Viertelfinale zu erreichen, wohl in unerreichbare Ferne gerückt. Der
Abstand zu den ersten zwei Tabellenplätzen in der Südgruppe der Bundesliga, die
zur Teilnahme an den Play-offs berechtigen, ist mit fünf Punkten wohl zu groß.
Hingegen haben sich die Rüsselsheimerinnen durch den Sieg im Derby wieder auf
Platz zwei der Tabelle gespielt, nachdem Favorit Eintracht Frankfurt
überraschend beim TSV Mannheim 6:9 verlor. Die Mannheimerinnen müssen am
kommenden Samstag als neuer Tabellenführer in Rüsselsheim antreten. Der Sieger
dürfte sich sicher im Viertelfinale wähnen, der Verlierer muß noch einmal
bangen. "Wenn wir es nicht schaffen, ist das keine Katastrophe", sagte Rauth.
Der Trainer hat den Europapokal der Landesmeister, den es Ende Februar zu
verteidigen gilt, zur Priorität erklärt. "Das ist unser Highlight." |