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Über Mitglieder des
RRK (2011)
Anne Schröder |
Hockey-Talent mit Perspektive: Anne Schröder |
Prima Klima soll bis
nach Rio de Janeiro tragen
Wiesbadenerin Anne Schröder wird in Utrecht Vize-Europameisterin
mit der deutschen U18 / Ziel sind die Olympischen Spiele 2016
Aus
"Main-Spitze" vom 20.07.2011
(röd). Ihr Spiel provoziert. Wenn
Anne Schröder den Ball eng am Hockeyschläger führt, mit Blick nach vorn, zwei,
drei Gegenspielerinnen umkurvt und sich dem Tor gefährlich nähert, endet der
Alleingang nicht selten mit dem Foul einer Verteidigerin. Das kennt die 16 Jahre
alte Wiesbadenerin, die für den Rüsselsheimer RK seit elf Jahren Hockey spielt,
schon lange. Aufregen kann sie sich immer noch darüber, wenn ein Stockschlag von
den Schiedsrichtern unentdeckt bleibt.
Beim Europameisterschafts-Endspiel in
Utrecht gegen die gastgebenden Holländerinnen am Sonntag hat es aber daran nicht
gelegen. Sehr aufmerksam pfiffen die Unparteiischen, wenn technisch versierte
Spielerinnen wie die blonde Anne unsauber attackiert wurden. Am Ende hieß es
dennoch 4:1 für die U18-Nationalmannschaft der Niederlande, den Deutschen blieb
der ehrenvolle Vize-Titel. Für Anne, die 2000 mit ihren Eltern nach Mainz und
später nach Wiesbaden zog, war es die erste internationale Auszeichnung. Lohn
für unzählige Trainingseinheiten, die sie seit dem Alter von fünf Jahren
absolviert hat.
Hochgerechnet beschäftigt sich die
RRK-Spielerin mit Wohnsitz in der Landeshauptstadt rund die Hälfte des Jahres
mit ihrem Sport. Obwohl sie erst zum Jahrgang 1994 zählt, gehört die
Mittelfeldakteurin nach einer halben Spielzeit zum festen Bundesliga-Kader des
Rekordmeisters vom Main. Das bedeutet drei Mal in der Woche Training. Hinzu
kommen die Meisterschaftsspiele am Wochenende mit Bus- oder Zugreisen nach
Hamburg, Berlin, Köln, München. Da wird schon mal mit dem Schulbuch auf den
Knien im Abteil des ICE für die nächste Klassenarbeit gelernt. Lange Pausen gibt
es nicht, denn nach der Feldsaison folgt sogleich das Hallenhockey. Was keiner
zählt, sind die Laufrunden durch den Kurpark oder über die Bierstadter Höhe − in
dem Fall schon mal mit dem Familienhund −, die der Ausdauer und der Vorbereitung
auf den gefürchteten Laktattest dienen. Geteiltes Leid ist besser erträglich,
also läuft Schwester Christina (19) mit, zumal sie sich als ebenfalls
erfolgreiche Bundesliga- und Jugendnational-Spielerin genau so fit halten muss.
Bis 2010 spielte Anne in der
Hessenauswahl, mit der sie den Hessenschild, den Titel der inoffiziellen
Bundesländer-Meisterschaft der weiblichen Jugend erkämpfte. Hessenmeister wurde
sie mit den Rüsselsheimer Mädchen fast im Abonnement, sehr zum Leidwesen der
Wiesbadenerinnen vom WTHC , die in den letzten Jahren allerdings merklich
aufgeholt haben. Doch die Konkurrenz wich stets dem Teamgeist, wenn die
Spielerinnen gemeinsam für Hessen antraten.
Seit 2009 ruft der deutsche
Hockeyverband das Talent zu Lehrgängen. Die Krönung war der eine Woche währende
Aufenthalt in Utrecht, bei dem die acht besten Teams des Kontinents den
Europameistertitel unter sich ausmachten. Während der Gruppenspiele wurden
Frankreich, England und Spanien, im Halbfinale dann Irland deutlich geschlagen.
"Wir hatten so etwas erwartet, aber es ging leichter, als wir dachten", zog Anne
kurz vor dem Finale Bilanz. Die Antwort, warum der Kader aus 16 bis 18 Jahre
alten Spielerinnen so erfolgreich abschnitt, klingt bei allen Befragten ähnlich.
Die Harmonie im Nationalteam stand im Vordergrund. Alte Rivalitäten der
Erzkonkurrenten Rüsselsheim und Mannheim oder der Städtestreit zwischen
Wiesbadenern und Mainzern wurden allenfalls im Spaß thematisiert.
Trainer Valentin Altenburg (Hamburg)
macht ein klasse Klima für die guten Leistungen verantwortlich. Er lässt der
Mannschaft extrem viel Freiraum, was den Verbandsfunktionären nicht immer
gefällt. Individualität, Kreativität und eigenverantwortliches Handeln machen
seine Philosophie aus. Er wolle, dass seine Spielerinnen auf dem Feld in der
Lage seien, etwas Überraschendes zu tun. Da könne er außerhalb des Spielfeldes
nicht allein entscheiden, was zu tun sei, sagt er.
Anne passt in dieses Konzept. Sie hat
ihren eigenen Kopf, und für eine Überraschung ist sie immer gut. Ihre Soli in
Richtung Schusskreis sind gefürchtet, vor allem der tödliche Steilpass ins
Sturmzentrum. Ihre Gegnerinnen müssen bisweilen gute Nerven haben, wenn Anne
ihrem Ärger über einen vergebenen Ball laut Luft macht. Fünf Minuten später sind
Zorn und Frust bei ihr vergessen, die Gegnerin bekommt zum Abschied eine Hand
oder eine Umarmung. Wer so hartnäckig am Ball bleibt, muss ein Ziel haben. Bei
Anne heißt es Rio. Dort, in der brasilianischen Metropole, werden 2016 die
übernächsten Olympischen Spiele stattfinden. Und sie möchte für Deutschland
auflaufen. |