Mit der Deutschen
Meisterschaft in Essen wurde die Rudersaison 1963 abgeschlossen. Die
Mannschaften des Rüsselsheimer Ruder-Klubs werden nur noch bei einigen
Herbstregatten auf der Mosel und auf dem Rhein an den Start gehen. Diese Rennen
sind nach der harten Zeit des Leistungssports eine regelrechte Erholung, zumal
sie meist mit Volksfesten verbunden sind. Aus Anlaß der zu Ende gehenden Saison
hielt Trainer Dr. Alfred Buch eine kleine Rückschau auf die Entwicklung, die der
RRK in den letzten Jahren zu verzeichnen hat. Es gelang den Rüsselsheimern, in
die Seniorenklasse vorzustoßen und Erfolge über den süddeutschen Raum hinaus zu
erzielen.
Im Herbst 1960 übernahm
Dr. Buch das Training der Aktiven beim RRK. Mit zwei Jungmann-Vierern wurde bei
kleineren Regatten gestartet. Meist kamen die Rüsselsheimer nicht über letzte
Plätze hinaus. Zu diesem Zeitpunkt stand der traditionsreiche Rüsselsheimer
Sportverein an einem Tiefpunkt seiner Geschichte. Kennzeichnend für die innige
Sportkameradschaft bei den Ruderern war es, daß auch in dieser Krisenzeit alle
Freunde und Inaktiven dem Klub die Treue hielten und am Wiederaufstieg
mitarbeiteten.
ln der Saison von 1962
versuchten die Rüsselsheimer Ruderer, mit einem intensiven Training wieder den
Anschluß an die Spitzenklasse zu gewinnen und einige Boote in der
Senioren-Klasse starten zu lassen. Trotz großer Schwierigkeiten gelang es, zehn
Rennen bei starker Konkurrenz zu gewinnen. Diese Erfolge gaben den Jungen in den
Booten Auftrieb, noch mehr an sich zu arbeiten.
Wieder schallt es
"Jumbo, Jumbo"
Das folgende Jahr war
eine entscheidende Etappe auf dem Weg des Wiederaufstiegs. Der
Leichtgewichts-Vierer mit Ludwig Dörsam, Rudi Reitz, Wolfgang von zur Mühlen,
Walter Eberle und Steuermann Karl-Heinz Wagner startete nach dem Aufstieg aus
der Junioren- zur Seniorenklasse bei der Deutschen Meisterschaft in Mainz. Damit
war seit der ruhmreichen Zeit der Flörsheim-Rüsselsheimer Rudergemeinschaft zum
ersten Male wieder ein Rüsselsheimer Boot bei einer Deutschen Meisterschaft
vertreten. In den fünfziger Jahren hatten die Vierer und Achter der beiden
Nachbarorte mit ihren großartigen Erfolgen die Grundlage für den internationalen
Aufstieg des deutschen Rudersportes in den folgenden Jahren gelegt.
Der Ruf "Jumbo, Jumbo ..." - in jener
Zeit auf allen Regatten weithin zu hören - spornt auch heute wieder die jungen
Ruderer des Rüsselsheimer Klubs zu höchsten Leistungen an. Wie damals begleitet
eine kleine Gruppe von Schlachtenbummlern den RRK zu allen Regatten. Neben dem
erfolgreichen Leichtgewichts-Vierer, der sich als jüngste Mannschaft tapfer
schlug und einen vierten Platz erreichte, waren auch in der schweren Klasse
wieder zwei Boote vorhanden. Die Rüsselsheimer begannen als Jungmannen, gewannen
auf Anhieb 15 Rennen und konnten sich über die Junioren bis in die
Senioren-Klasse vorkämpfen. Eine beachtliche Leistung von Trainer und Ruderern,
wenn man berücksichtigt, daß das Durchschnittsalter der Aktiven bei 20 Jahren
lag.
Bester süddeutscher
Nachwuchsachter
Das herausragende Ereignis für den
RRK war 1962 neben dem Start bei der Meisterschaft die Teilnahme am
Eichkranzrennen in Mainz, bei dem seit Jahren die besten Jungmann-Achter ihre
Kräfte vergleichen. Das Rüsselsheimer Boot kam als bester süddeutscher
Nachwuchsachter hinter dem Berliner Ruder-Club und Hamm aber vor Lübeck und
Oberrad auf den zweiten Platz.
RRK-Trainer Dr. Alfred
Buch im Motorboot bei einem letzten Training vor dem Rennen mit "seinem" schweren
Seniorvierer (Stm. Helmut Schumacher, Wilfried Hoffmann, Klaus Köppen,
Klaus Hartmann, Dietmar Klausen) auf der Großen Züricher Ruderregatta im
Jahr 1963 |
Zu Beginn der letzten Saison nahmen
etwa 25 aktive Ruderer außer der Jugend viermal in der Woche am Training teil.
Kraftschulung mit schweren Hanteln und Gewichten und Konditionstraining standen
im Mittelpunkt der Winterarbeit. Sobald es die Witterungsverhältnisse zuließen,
ging es auf das Wasser. Das Rudern verlangt noch mehr als andere Disziplinen des
Spitzensports ein hohes Maß von Enthaltsamkeit und Gemeinschaftsdenken. Jeder
Ruderer wird im Verlauf eines Rennens mehrmals an die Grenze seiner
Kraftreserven getrieben. Daneben muß immer der Rhythmus der Mannschaft erhalten
bleiben.
Zürich bleibt unvergeßlich
Die harte Trainingsarbeit wurde durch
eine erfolgreiche Teilnahme an zwölf Regatten belohnt. Der Aufenthalt in Zürich
gehört zu den unvergeßlichen Erinnerungen der Rüsselsheimer in diesem Jahr. Bei
ungewohnt hohem Wellengang starteten sie auf dem Züricher See im Senior-Vierer
mit Steuermann und im ersten Senior-Achter. In einem Sieben-Boote-Feld erreichte
der Achter des RRK trotz ungünstigen Außenstarts den zweiten Platz hinter dem
Schweizer Meister Blau-Weiß Basel. In Zürich und bei der nachfolgenden
Schweinfurter Regatta erreichte der RRK seine Höchstform. Auf dem Main gelang
wieder einmal ein Sieg im Ersten Senior-Achter. Insgesamt stehen in dieser
Saison 16 Siege in der Rekordliste, darunter drei im Senior-Achter, neun im
Senior-Vierer und vier im Jungmann-Vierer.
Der Schlagmann des Rüsselsheimer
Achters, Wilfried Hoffmann, meinte, daß es für seine Mannschaft in diesem Jahr
besonders schwer gewesen sei, gute Leistungen zu erreichen. Einmal habe man zwei
Ruderer eines anderen Vereins mit ins Boot nehmen müssen, die sich erst
allmählich in die Mannschaft hineinfanden. Zum anderen werden die
Trainingsmöglichkeiten auf dem Main immer ungünstiger. "Die ständige Zunahme des
Schiffsverkehrs macht ein gezieltes Intervalltraining unmöglich", erklärt
Wilfried Hoffmann, Student der TH Darmstadt, der seine ganze Freizeit dem Sport
widmet. Die See- und Hafenvereine mit einer eigenen Trainingsstrecke seien
gegenüber den Flußvereinen immer im Vorteil.
Die Mitglieder des
RRK werden die Winterpause zu fleißigem Training benutzen. Auch im 56. Jahr
seines Bestehens hofft der Rüsselsheimer Ruder-Klub auf den Stufen des Erfolges
weiter emporzusteigen. hg