Sportbund-Info-Veranstaltung relativ gut besucht −
Missbrauch in Sportvereinen − Wie gehen wir damit um?
Die Info-Veranstaltung "Missbrauch in Sportvereinen" des
Sportbunds Rüsselsheim am 5. November 2011 war mit 15 Teilnehmern relativ
gut besucht. Darüber hinaus steht der Sportbund für alle Fragen zu diesem
Thema als Gesprächspartner zur Verfügung. Selbstverständlich werden alle
Infos vertraulich behandelt.
Hier der Bericht des
"Rüsselsheimer Echo" über die Veranstaltung vom 12.11.2011:
Hinschauen und Frühwarnsysteme entwickeln
Sportbund:
DFB-Trainer Michael Köcher referiert zum Thema "Missbrauch in
Sportvereinen – Wie gehen wir damit um?"
Öffentlich bekannt gewordene
Vorfälle von sexuellem Missbrauch in Berlin und in der hessischen
Odenwaldschule sowie sein alljährliches Round-Table-Gespräch mit den
Mitgliedsvereinen nahm jetzt der Sportbund Rüsselsheim zum Anlass für eine
Informations- und Seminarveranstaltung "Missbrauch in Sportvereinen – Wie
gehen wir damit um?".
Als Fachreferent war dazu der
Sportlehrer und DFB-Trainer Michael Köcher eingeladen, der als Experte
auch bei der Sportjugend und bei den Landessportbünden Rheinland-Pfalz und
Hessen tätig ist. Zuhörer im Stadion Am Sommerdamm waren 16 Betreuer,
Trainerinnen, Jugendvertreter und Übungsleiterinnen aus hiesigen Vereinen.
Anhand von Fallbeispielen,
echten und fiktiven, machten Referent und Seminarteilnehmer deutlich, ab
wann im Sport von sexueller Belästigung oder von sexuellem Missbrauch
ausgegangen werden kann. Da ging es etwa um einen erfolgreichen
Leistungstrainer, der nach gewonnenen Spielen die Mädchen seiner
Mannschaft gerne auf seinen Schoß zieht und mit ihnen Zärtlichkeiten
austauscht. Grapschen oder Grenzüberschreitung? "Siegesfreude lässt sich
auch harmloser ausdrücken, etwa mit verbalem Lob oder einem Händedruck",
gab der Referent zu bedenken.
Sportvereine, riet der
Referent, dürften und sollten auch in Fällen, in denen Anzeichen auf
Missbrauch in den Familien der Kinder auftauchten, nicht wegschauen,
sondern sie sollten fachlichen Rat und Unterstützung einholen.
Dachverbände (www.sportjugend-hessen.de) oder Hilfsorganisationen wie
Wildwasser und Zartbitter, Jugendamt, Polizei oder
Pro-Familia-Beratungsstellen seien offen für Gespräche und Ratschläge.
Bei der Polizei in Rüsselsheim
etwa stehe eigens eine erfahrene Fachkraft zur Verfügung, so ein Hinweis
von Judoka Peter Kreuzer, der als stellvertretender Sportbundvorsitzender
dieses Seminar angeregt hatte, organisierte und betreute. Gerade in
Sportvereinen seien Fälle von Vernachlässigung, Misshandlung (zu denen
auch Demütigungen und Beleidigungen wie "Du bist zu fett, das schaffst Du
nie" gehören), von Kindeswohlgefährdung und von sexuellem Missbrauch nicht
selten, hieß es in der lebhaften Diskussion. Eine Kultur des Hinschauens
praktizieren, den Sportvereinen einen Verhaltenskodex an die Hand geben
sowie Frühwarnsysteme entwickeln, lauteten die Lösungsvorschläge.
Juristische Grundlage seien
stets Jugendhilfegesetz und Strafrecht. "Sich kümmern" riet Michael
Köcher, der mit Flipchart, Laptop und Beamer seine Ausführungen
verdeutlichte. Köcher empfiehlt den Vereinen, bei der Einstellung von
Trainern nach dem Beispiel des DFB außer einem polizeilichen
Führungszeugnis neuesten Datums auch ein erweitertes polizeiliches
Führungszeugnis zu verlangen, zwar ein kleiner Mehraufwand, der jedoch
mehr Sicherheit biete. Denn die Erfahrung lehre, dass sich mitunter
Trainer andienten, die wegen Zugriffen bereits mehrfach die Vereine
wechselten, dies aber dem neuen Verein verschwiegen. Trainer und Betreuer,
empfahl Köcher, sollten ihre Schützlinge ohnehin nicht allein für den
Sport, sondern "auch fürs Leben betreuen" und Vorbilder sein. Das falle
zwar mitunter schwer, wenn die Eltern etwa zu Punktspielen ihre Kinder
"auf dem Parkplatz einfach nur aus dem Auto werfen" und ansonsten für die
Trainer und Betreuer unsichtbar blieben. Einmal monatlich, empfahl der
Referent, sollte deshalb eine Kontaktaufnahme im persönlichen Gespräch
oder am Telefon möglich sein.
Auch ein "Tag der offenen Tür"
sei eine gute Gelegenheit, zu zeigen, was im Training mit den Kindern
geschehe. Grundsätzlich sei auch im Sportverein ein verantwortungsvoller
Kinderschutz zu gewährleisten, der außerdem für jeden Verein eine gute
Imagepflege sei.
"Einfach nur ärgerlich und enttäuschend!"
Der RRK bietet für seine Trainer und Betreuer
das Kurzseminar "Kindeswohlgefährdung" an, doch die Angesprochenen haben
offensichtlich kein Interesse. Nur so ist zu erklären, dass sich von 66
angeschriebenen Personen (Trainer, Betreuer, Abteilungsleitungen und
Gesamtvorstand) nur 8 Personen gemeldet haben − 6 Zusagen und 2
Absagen. Die Zusagen kamen allesamt von Mitgliedern des
Gesamtvorstands. Der Großteil der Angesprochenen hat es somit nicht
einmal für nötig gefunden, zu antworten.
Ist das Thema "Kindeswohlgefährdung" für
Trainer und Eltern von jugendlichen Sportlern im RRK wirklich so
uninteressant, glaubt der angesprochene Personenkreis, dass er die
Problematik dieses Themas, das
betrifft, schon kennt und daher auf weitere
Information verzichten kann. Natürlich ist "Kindeswohlgefährdung" nicht
nur ein Thema für Sportvereine, aber auch für Sportvereine. Selbst wenn
wir keine Veranlassung haben, eine Gefährdung in unseren Reihen zu
vermuten, sollten wir dennoch Alles tun, um Kinder und Jugendliche zu
schützen. Alle Angesprochenen, die unser Angebot negiert haben, sollten
sich fragen, ob das die richtig Entscheidung war.
Für den RRK-Vorstand ist das Ergebnis einfach nur
ärgerlich und enttäuschend. Das Seminar wurde abgesagt!
Rüsselsheim, 29.09.2011
Wilfried Hoffmann, Schatzmeister des RRK
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